Palästina-Israel-Konflikt: Die Hintergründe der blutigen Auseinandersetzungen
Erstellt von Dinah Rachko
14.04.2024 23.57
Dem Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 geht ein jahrelanger Konflikt voraus, der sich durch umstrittene politische Entscheidungen und blutige Auseinandersetzungen beiderseits mit zahlreichen zivilen Opfern immer weiter verschärft. Erst in diesem Jahr wurden weitere völkerrechtswidrige israelische Siedlungen in Gaza legalisiert.
Der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern begann bereits 1947
Seit der Gründung des Staates Israel kommt es immer wieder zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit den Nachbarn. Der erste Nahostkrieg war für Israel ein Unabhängigkeitskrieg - für die Palästinenser hingegen der Beginn der "Nakba" (Katastrophe), ihrer Flucht und Vertreibung.
Noch vor dem Ersten Weltkrieg zählt Palästina zum Osmanischen Reich, in das es im 16. Jahrhundert eingegliedert wird. Nach dem Ersten Weltkrieg wird es dann von Großbritannien besetzt und zum britischen Mandatsgebiet. Großbritanniens einstiger Premierminister Arthur Balfour zieht bereits 1917 in Erwägung, in Palästina eine "nationale Heimstätte für das jüdische Volk" zu errichten, wie die Bundeszentrale für politische Bildung schreibt.
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Errichtung des Staats Israel: 1948 wurde Palästina ein jüdischer und ein arabischer Staat
Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs und dem Holocaust, bei dem durch Deutschland mehr alssechs Millionen Juden ermordet wurden ruft dieVollversammlung der Vereinten Nationen am 29. November 1947 dann tatsächlich zur Teilung des britischen Mandatsgebiets Palästina in einen jüdischen und einen arabischen Staat auf (Resolution 181). Die Juden stimmen zu, die Araber in Palästina und die arabischen Staaten lehnen den Plan ab. Dennoch verliest David Ben Gurion wenige Monate später am 14. Mai 1948 Israels Unabhängigkeitserklärung. Am Tag darauf erklären die arabischen Nachbarn Ägypten, Jordanien, Libanon, Irak und Syrien den Krieg. Im Kampf kann der neue Staat Israel sein Territorium vergrößern und den Westteil Jerusalems erobern. Rund 700 000 Palästinenser fliehen.
Israel erobert und besetzt weitere Gebiete im Sechstagekrieg
In den darauffolgenden Jahren folgen weitere Auseinandersetzungen und geografische Veränderung. Im Oktober 1956 kämpfen israelische Truppen an der Seite Frankreichs und Großbritanniens in der Suez-Krise um die Kontrolle des Suez-Kanals, den Ägypten zuvor verstaatlicht hatte. Im Sechstagekrieg im Juni 1967 erobert Israel den Gazastreifen, die Sinai-Halbinsel, das Westjordanland, Ostjerusalem und besetzt auch die syrischen Golanhöhen.
Überfall auf Israel amhöchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur und Friedensvertrag
Sechs Jahre später, im Oktober 1973, überfällt eine Allianz arabischer Staaten unter Führung von Ägypten und Syrien Israel an Jom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag. Nur unter schweren Verlusten gelingt es Israel, den Angriff abzuwehren.
Neun Jahre später schließen Israels Regierungschef Menachem Begin und Ägyptens Präsident Anwar al-Sadat einen von den USA vermittelten Friedensvertrag. Doch es kommt zu weiteren gewalttätigen Auseinandersetzungen: 1982 beginnt die Operation "Frieden für Galiläa". Israel greift Stellungen der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO im Libanon an und marschiert ins Nachbarland ein. Im selben Jahre verüben Christliche libanesische Milizionäre in einem palästinensischen Flüchtlingslager das Massaker von Sabra und Schatila - in Sichtweite israelischer Kontrollposten. Israels Verteidigungsminister Ariel Scharon wird eine politische Mitverantwortung angelastet. 1987 gibt es den ersten Palästinenseraufstands ("Intifada").
Im September 1993 unterzeichnen Israels Ministerpräsident Izchak Rabin und PLO-Chef Jassir Arafat die Oslo-Friedensverträge, doch nur zwei Jahre später wird Rabin nach einer Friedenskundgebung in Tel Aviv von einem jüdischen Fanatiker erschossen. 2000 bricht die zweite Intifada aus, als Israels damaliger Oppositionsführer Ariel Scharon den Tempelberg in Jerusalem besucht.
Israel baut Sperranlage rund ums Westjordanland
Israel beginnt 2002 mit dem Bau einer 750 Kilometer langen Sperranlage rund ums Westjordanland, doch Zäune und Mauern verlaufen zum Teil auf palästinensischem Gebiet. Drei Jahre später räumt Israel alle Siedlungen im Gazastreifen gegen den Widerstand der Siedler und zieht seine Truppen aus dem Palästinensergebiet am Mittelmeer ab
In den darauffolgenden Jahren liefern sich Israel und die libanesische Hisbollah-Miliz sich einen einmonatigen Krieg (2006) und die islamistische Hamas vertreibt in einem blutigen Machtkampf unter Palästinensern die Fatah von Mahmud Abbas aus dem Gazastreifen (2007).
2014 scheitert bisher letzter Versuch von Israel und Palästina, Frieden zu schließen
Von 2008/2009 bis August 2014 bekriegen sich das israelische Militär und die Hamas im Gaza-Streifen in drei Konflikten. Kurz vor dem Krieg 2014 scheitert der bisher letzte Versuch Israels und der Palästinenserführung von Abbas, am Verhandlungstisch einen Frieden zu vereinbaren. US-Präsident Donald Trump gießt 2017 zusätzliches Öl ins Feuer als er verkündet, dass die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem umzieht.
Palästinenser demonstrieren für das Recht auf Rückkehr auf das Gebiet des heutigen Israels
Im Frühjahr 2018 beginnen am Grenzzaun zwischen Israel und Gazastreifen wochenlange Demonstrationen von Palästinensern für das Recht auf Rückkehr auf das Gebiet des heutigen Israels. Mehr als 100 werden von der Armee erschossen. Die USA eröffnen ihre Botschaft in Jerusalem. Zwei Jahre darauf präsentieren Trump und Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu präsentieren einen Nahost-Friedensplan, in dem die Palästinenser jedoch das Völkerrecht verletzt sehen und ablehnen.
Bei Eskalation sollen 255 Palästinenser und 14 Israelis gestorben sein
2021 eskaliert der Konflikt erneut unter anderem nach Zusammenstößen zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften am Tempelberg (Al-Haram al-Scharif) in Jerusalem und im arabischen Osten der Stadt. Bei einem elftägigen Schlagabtausch sterben palästinensischen Angaben zufolge 255 Menschen, in Israel nach israelischen Angaben 14. Ägypten vermittelt eine Waffenruhe.
Ein Jahr darauf sterben bei einer Serie von Anschlägen auf Israelis 18 Menschen. Danach unternimmt Israels Armee im Westjordanland vermehrt Razzien. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Ramallah werden 2022 mehr als 170 Palästinenser in Zusammenhang mit Militäreinsätzen, bei Zusammenstößen oder eigenen Anschlägen getötet. Noch im selben Jahr startet das israelische Militär eine großangelegte Militäraktion gegen die militante Palästinensergruppe Islamischer Dschihad. Dutzende Menschen sterben. Palästinenser feuern daraufhin Raketen auf israelische Ortschaften. Der Eskalation vorangegangen war die Festnahme eines Anführers der von der EU und USA als Terrororganisation eingestuften Gruppe. Nach dreitägigen Kämpfen tritt eine Waffenruhe in Kraft.
Israels Premier Netanyahu genehmigt Siedlungen in Gaza - sie sind laut UNO völkerrechtswidrig
Im Juli 2023 rücken einem der größten Militäreinsätze im Westjordanland seit 20 Jahren mehr als tausend Soldaten in die Stadt Dschenin ein. Auf israelischer Seite stirbt ein Soldat durch israelisches Feuer, auf der Gegenseite werden mindestens zwölf Palästinenser getötet und mehr als 100 verletzt. Die Armee begründet die Operation damit, terroristische Infrastruktur zu zerschlagen.
Voran geht eine höchst umstrittene und kritisierte Entscheidung des israelischen Premiers Benjamin Netanyahu. Er gibt im Februar 2023 nicht nur bekannt, mehr Sicherheitskräfte in Jerusalem einsetzen zu wollen, sondern legalisiert auch nachträglich illegal erbaute israelische Siedlungen im Westjordanland der Palästinenser. "Im seit 1967 besetzten Westjordanland leben 2,8 Millionen Palästinenser und 475.000 Israelis in Siedlungen, die von der UNO als völkerrechtswidrig eingestuft werden", heißt es in einem Bericht der "Tagesschau". Neun "wilde" Siedlungen, die ohne Genehmigung der israelischen Regierung errichtet wurden, genehmigte Netanyahu mit seiner Entscheidung. Zudem soll damals der Bau neuer Wohnungen in bestehenden Siedlungen im Westjordanland in den darauffolgenden Tagen genehmigt werden.
Nach Human Rights Watch und B'Tselem verwendet auch die internationale Menschenrechtsorganisation Amnesty International zuvor im Jahr 2022 hinsichtlich Israels Politik gegenüber den Palästinensern den Begriff "Apartheid". Diese gelte dem Bericht zufolge sowohl für Palästinenser innerhalb Israels als auch in den besetzten Gebieten, sowie solchen, die 1948 aus dem Land flohen. Jüdische Israelis würden bei der Verteilung von Land und Ressourcen bevorzugt und die palästinensische Präsenz und der Zugang zu Land minimiert. Wie "taz.de" berichtet, wirft Israels Außenminister Yair Lapid der Organisation damals daraufhin eine antisemitische Agenda vor. Der Bericht der Menschenrechtsorganisation, die 1977 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde, leugne Israels Recht, "überhaupt zu existieren".
Blutiger Großangriff der Hamas auf Israel - zahlreiche zivile Todesopfer und Verschleppte
Überraschend feuern am 07. Oktober 2023 militante Palästinenser aus dem Küstenstreifen Tausende von Raketen auf israelische Ortschaften. Gleichzeitig dringen zahlreiche bewaffnete Palästinenser über Land, See und Luft nach Israel vor. Israels Armee beschießt als Folge der Großangriffe den Gazastreifen. Auf beiden Seiten sterben am ersten Tag des Konflikts zahlreiche Menschen. Mehr dazu erfahren Sie hier.
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rad/news.de/dpa