Im Oktober herrschte rund um den Zahlungsdienstleister PayPal rege Aufregung. Der Konzern kündigte an, Nutzer mit einer Strafe belegen zu wollen, wenn diese gegen die Nutzungsvereinbarungen verstießen – insbesondere dann, wenn sie Fehlinformationen und verbotene Inhalte unters Volk brachten. Dann wurde diese Änderung zurückgenommen, schließlich wurden doch die AGB verändert. Die Änderungen können weitreichende Folgen haben, wie dieser Artikel aufzeigt.
Was sind die Hintergründe um die Verwirrung und was gilt nun?
Angekündigt, zurückgenommen, aber irgendwie doch anders umgesetzt. Das beschreibt die Hintergründe gut, denn völlig klar ist die Situation auch heute nicht. Aber von Beginn an:
- Anfang Oktober - PayPal unterrichtete seine Kunden darüber, dass die Nutzungsrichtlinie verändert werden würde und künftig Strafzahlungen fällig werden würden, sollten Nutzer »Botschaften, Inhalte oder Materialien verschicken, veröffentlichen oder zu posten, die Desinformationen fördern.« Als Strafe wurden je Verstoß 2.500 Dollar genannt.
- Sechs Tage später - nach einem Sturm der Entrüstung gab PayPal bekannt, dass die Ankündigung ein Versehen gewesen sei. Die Richtlinien sollten so nicht herausgegeben werden, es sei ein interner Fehler gewesen.
- Folgen - PayPal verlor an Börsenwert und natürlich Kunden.
Allerdings änderte er Konzern dennoch seine Richtlinien. Die Strafzahlung von 2.500 Dollar, zahlbar in der jeweiligen Landeswährung, ist darin aufgeführt, doch war dies schon früher der Fall. Auch verweisen die Richtlinien auf einen Passus, der es untersagt, im Zusammenhang mit Zahlungen via PayPal ungenaue oder irreführende Informationen zu verbreiten. Auch diese Richtlinie soll wohl nicht neu sein. Aber was entspricht nun den Tatsachen? Ein Überblick:
- Strafe - PayPal gönnt sich das Recht, eine Strafe in der genannten Höhe vom Nutzerkonto einzuziehen. Dieser Passus ist seit Jahren vorhanden.
- Fehlinformationen - auch sie werden seit Jahren nicht gebilligt. Darunter fällt die Verbreitung der eigenen Meinung und markant falscher und nicht genehmigter Informationen.
- Missinformationen - aktuell gilt die Strafe noch nicht für die Verbreitung dieser Informationen. Ganz klar ist die Sachlage diesbezüglich nicht.
Aber was ist der Unterschied zwischen Fehl- und Missinformationen? Das ist in der Tat ein Streitthema. Klassischerweise kann die Leugnung des Holocausts als Fehlinformation genannt werden, diese Verbreitung ist ohnehin strafbar. Missinformationen könnten Trumps Äußerungen zum Wahlbetrug sein.
Wo gelten sonst noch strenge PayPal-Regelungen?
Klar ist, dass die Regelungen in erster Linie Unternehmen und geschäftliche Accounts treffen. Normale Nutzer, die PayPal rein zu Zahlungszwecken nutzen, unterliegen zwar auch den Nutzungsrichtlinien, doch gelten für sie simplere Regeln. Das bedeutet jedoch nicht, dass nicht auch ein normaler Nutzer mit strengen Einschränkungen konfrontiert wird. Denn wo es ein Unternehmen oder eine Branche trifft, stehen auf der anderen Seite immer gewöhnliche Nutzer. Einige Beispiele wären:
- Online-Glücksspiel – gerade Online-Casinos sind von den PayPal-Richtlinien betroffen, wie hier dargestellt ist. Mittlerweile ist die Zusammenarbeit mit PayPal gar nicht mehr möglich, zudem hatten Gerichte entschieden, dass ein Gambler den Käuferschutz geltend machen könnte, wenn er in einem Casino verliert. Ein wenig simpler sieht es bei Sportwetten aus, es gibt einige Anbieter, die weiterhin mit PayPal zusammenarbeiten.
- Medikamente besonderer Form – allgemein dürfen über PayPal keine Steroide oder berauschende Substanzen aller Art vertrieben werden. Das Stichwort ist hier die Verbrauchersicherheit, die allerdings in den Nutzungsrichtlinien nicht genauer beschrieben wird. Auch Zigaretten und Utensilien, die zum Konsum benötigt werden, dürfen nicht über PayPal-Zahlungen vertrieben werden. Die Richtlinie wird scheinbar sehr lose ausgelegt, denn viele Shops mit Rauch- und Genussutensilien bieten stets PayPal als Zahlungsmethode an.
- Hass/Verbrechen – Güter oder Produkte, die auf Hass oder Rassismus basieren, sind von dem Vertrieb über PayPal ausgenommen. Das trifft zugleich auf Produkte zu, mit denen Kapital aus einem Verbrechen geschlagen werden soll. Darunter könnten, strenggenommen, auch Sachbücher über Serienmörder fallen, da diese natürlich auf Verbrechen zurückgreifen.
- Sexuelle Dienste – für sexuelle Dienste und erotisches Material kann nicht via PayPal gezahlt werden, jedoch nur, wenn sie »bestimmten sexuellen Materialien« entsprechen. Dieser Passus ist erneut schwammig, denn da gegen das Recht verstoßende Dienste ohnehin ausgeschlossen sind und somit ganz klar Straftaten verboten sind, bleibt recht viel Interpretationsspielraum.
Aber was können Betriebe machen, wenn sie von Änderungen der Nutzungsrichtlinien betroffen sind? Letztendlich gilt, wie so oft: Sich niemals allein auf PayPal als Zahlungsdienstleister verlassen. Das ist für viele kleinere Betriebe natürlich einfacher gesagt als getan, denn Kunden erwarten heute schon die Kaufabwicklung via PayPal. Dennoch sollten stets Alternativen zur Verfügung stehen. Es gibt mittlerweile viele sehr gute Zahlungsdienstleister, die gerade durch den Boom im Online-Glücksspiel Bekanntheit erreicht und sich längst etabliert haben.
Letztendlich kann PayPal relativ einfach Gelder einfrieren
Das größte Problem ist, dass der Passus um die Verbreitung von Fehlinformationen recht schwammig ist. Er kann rein auf Produkte bezogen werden und somit klar falsche Produktversprechen meinen. Allerdings lässt er sich auch auf Aussagen und Meinungen beziehen, was wiederum zu Problemen führt. Ein Unternehmen wie PayPal sollte nicht in der Position sein, ihm unbeliebte Meinungen zu untersagen und somit aktiv in den Markt einzugreifen – zumal keineswegs deutlich ist, welche Meinung nun genehm ist und welche nicht.
Fazit – Aufsehen und schwammige Formulierungen
Mit der Ankündigung Anfang Oktober hat PayPal die Geschäftswelt in Aufruhr versetzt. Sicherlich wurde die Ankündigung irgendwie als Versehen deklariert und für nichtig erklärt, dennoch zeigen die Nutzungsrichtlinien Inhalte der Ankündigung deutlich an. Das größte Problem ist, dass die Richtlinien teilweise so schwammig und doppeldeutig geschrieben sind, dass eine sichere Auslegung der Worte kaum möglich ist. Zugleich sollte und darf sich ein Konzern wie PayPal nicht positionieren und die Meinungshoheit für sich beanspruchen. Natürlich darf der Konzern klipp und klar sagen, was er auf seiner Plattform wünscht und in welchen Bereichen er Grenzen setzt, doch muss er dann den Schritt gehen und solche Bereiche von der Plattform ausgrenzen. Das funktioniert natürlich nur mit ordentlicher Kündigung und einer gesetzlichen Frist.
lic/news.de
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