Wer profitiert am meisten von staatlichen Hilfen und Subventionen? Gutverdiener oder ärmere Haushalte? Wissenschaftler haben simuliert, wem vor allem die geplante Gaspreisbremse zugute kommt.
Mit einem 200 Milliarden schweren Rettungspaket will die Ampel-Koalition die Bevölkerung entlasten. Doch offenbar kommen die Strom- und Gas-Hilfen für Millionen Bürger nicht nur zu spät sondern teilweise gar nicht. Damit nicht genug: Eine Untersuchung zeigt, dass eine Gaspreisbremse auch Wohlhabende stark entlasten würde.
Ampelregierung verspricht Entlastung: Verspätete Hilfe durch Gaspreisbremse
Im Dezember übernimmt die Bundesregierung für jeden Haushalt, der mit Gas heizt, die Abschlagszahlung. Während Verbraucher, die einen Vertrag direkt beim Versorger haben, erfolgt die Entlastung unmittelbar. Doch bei Mietern verhält es sich anders. Sie erhalten die Entlastung erst mit der nächsten Betriebskostenabrechnung. Im nächsten Jahr soll dann eine Gaspreisbremse den Gaspreis für den Grundbedarf von Bürgern und Kleinunternehmern auf 12 Cent pro Kilowattstunde deckeln. Diese Hilfe komme jedoch zu spät. "Der Februar ist für die Gaspreisbremse zu spät. Der Winter fängt früher an. Die Menschen müssen jetzt schon heizen und haben hohe Kosten, die sie nicht bezahlen können", sagte Verena Bentele, Chefin vom Sozialverband VdK, gegenüber der "Bild"-Zeitung.
So stark würde die Gaspreisbremse auch Wohlhabende entlasten
Die geplante Gaspreisbremse würde nach Schätzungen des IW Köln in beträchtlichem Umfang Mittelschicht und Besserverdienern zugute kommen. Arme Haushalte und untere Mittelschicht würden zwar gemessen an ihren Einkommen prozentual am stärksten entlastet, doch in absoluten Zahlen würden etwa drei Viertel der benötigten Milliarden an die darüber liegenden Einkommensgruppen fließen. Davon gehen die Ökonomen in einer am Freitag veröffentlichten Studie aus. Auftraggeber war die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw).
Da die Ausgestaltung der Gaspreisbremse noch nicht feststeht und auch die Gaspreise sich im Laufe des kommenden Jahres noch ändern werden, beruhen die Rechnungen des IW Köln auf Annahmen. In einer Beispielrechnung wurde ermittelt, welche Verteilungswirkung die Gaspreisbremse in diesem Jahr haben würde, wenn es diese schon gäbe.
Für einen Grundverbrauch bis 8.000 Kilowattstunden Gas im Jahr unterstellten die Wissenschaftler dafür einen gedeckelten Preis von 7,5 Cent je Kilowattstunde, darüber hinaus einen durchschnittlichen Marktpreis von 15,2 Cent. Laut Simulationsrechnung des IWwürde eine Gaspreisbremse unter den genannten Annahmen Kosten von 11,7 Milliarden Euro verursachen, wovon knapp 2,9 Milliarden an arme Haushalte und untere Mittelschicht fließen würden.
In Relation zum durchschnittlichen Haushaltseinkommen wäre die Entlastung der unteren Einkommensschichten laut IW Köln dennoch höher. Haushalte der oberen Mittelschicht würden im Schnitt um ein halbes Prozent ihres Nettoeinkommens entlastet, armutsgefährdete Haushalte dagegen um etwas mehr als ein Prozent.
Im kommenden Jahr werden die tatsächlichen Gaspreise für die allermeisten Haushalte allerdings über den angenommenen 15,2 Cent liegen. Nach den derzeitigen Plänen der Bundesregierung für die Gaspreisbremse sollen private Haushalte für 80 Prozent ihres bisherigen Verbrauchs einen garantierten Gas-Bruttopreis von 12 Cent pro Kilowattstunde zahlen. Die Studienautoren merken außerdem an, dass die Gaspreisbremse mit einer "deutlichen Minderung der Energiesparanreize" einhergehen dürfte.
Chaos bei Strompreisbremse! Keine Entlastung für mindestens 10 Millionen Bürger
Auch bei der Strompreisbremse droht Chaos. Die geplante Einführung zum Januar 2023 ist aus Sicht der Energiebranche nicht zu schaffen. "Das ist zeitlich völlig unrealistisch. Das Gesetz wird erst kurz vor Weihnachten in Kraft treten. Es geht nicht darum, wie bei einem Radio die Lautstärke und die Klangfarbe zu regeln. Sondern es muss eine umgebaute Stereoanlage für einen Massenmarkt mit 40 Millionen Haushalten entwickelt werden", erklärte die Chefin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft, Kerstin Andreae, am Mittwoch. Sie sprach von einem komplexen System, in dem Millionen von Verbraucherinnen und Verbrauchern mit einer Vielzahl unterschiedlicher Tarifgestaltungen richtig abgerechnet werden müssten. "Entlastung für die Menschen ist notwendig, muss aber auch umsetzbar sein, damit sie auch wirklich ankommt."
Die Bundesregierung plant, dass für Strom für Haushalte wie bei der Gaspreisbremse ein Grundkontingent von 80 Prozent des bisherigen Verbrauchs für einen Brutto-Preis von 40 Cent je Kilowattstunde bereitgestellt werden soll. Wie die "Bild"-Zeitung schreibt, bringt die Strompreisbremse für mindestens zehn Millionen Verbraucher keine Entlastung. In der Grundversorgung zahlen sie im Schnitt lediglich 37 Cent/kWh.
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bua/news.de/dpa
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