Das ZDF hat den Discounter Lidl und seine Praktiken näher beleuchtet. In einer Doku wird Lidl Verbrauchertäuschung durch Apps, Bio-Siegel und andere Strategien vorgeworfen. Trickst der Discounter wirklich? Die Twitter-Reaktionen zur Doku sind gemischt.
Lidl gehört zu den beliebtesten Discountern weltweit. Mit niedrigen Preisen und Top-Angeboten lockt das Unternehmen täglich Millionen Kund:innen in seine Filialen. Doch Lidl soll tricksen, um Gewinn zu machen? Das zumindest will das ZDF mit seiner Doku "Lidl: Die Insider – Verkaufstricks beim Discounter-Riesen" herausgefunden haben. Neue Erkenntnisse? Eher nicht. In einem sehr anklägerischen Ton deckt der öffentlich-rechtliche Sender mit vier maskierten Insidern Geschäftspraktiken auf, die nicht nur bei Lidl gang und gäbe sind. Was die Augen öffnen sollte, brachte dem Zweiten Deutschen Fernsehen aber auch selbst Kritik ein.
ZDF-Doku deckt angebliche Praktiken bei Lidl auf
"Jeden Tag geben Kunden hier viel zu viel Geld aus, weil sie die Tricks von Lidl nicht kennen", heißt es zu Beginn der ZDF-Doku aus dem Off. Welche "Tricks" der Discounter-Riese einsetzt, erklären vier ehemalige Mitarbeiter:innen des Unternehmens. Die Beeinflussung würde bereits mit dem Einkaufswagen beginnen. Dieser sei ein "Goldesel", weil er "auf maximalen Gewinn ausgerichtet" sei. Kund:innen würden so mehr kaufen. Dass aber andere Supermärkte und Discounter auch auf diesen psychologischen Trick setzen, wird nicht erwähnt. Irgendwann forderten Kund:innen kleinere Einkaufswagen und Körbe. Lidl gab nach, aber als der Discounter sah, dass der Umsatz so sank, sollten die Einkaufskörbe an das Zentrallager zurückgeschickt werden, sagte die Insiderin. Die kleinen Einkaufswagen sind aber geblieben. Dafür wurden die Filialen vergrößert.
Preisschilder- und Bio-Täuschung: Trickst Lidl so bei seinen Kunden?
Auch bei den Preisschildern würde Lidl tricksen und so Kund:innen "gezielt verwirren" meint der ehemalige Mitarbeiter. Denn Lidl bringt die Schilder oben und nicht unter den Waren an, wie andere Supermärkte. Somit kaufen sie vermeintlich teurere Produkte. Das wird an einem Beispiel deutlich: So denkt der Kunde, dass eine Marken-Schokolade nur etwa 49 Cent kostet, dabei bezieht sich der Preis auf eine Eigenmarke, die darunter steht.
Wäre das noch nicht genug, setzt Lidl wie andere Mitbewerber auf einen identischen Aufbau in seinen weltweit aktuell 11.550 Filialen. Alles geschickt arrangiert, damit Kund:innen mehr einkaufen. Als Lockmittel dient hier das Obst und Gemüse, dass Lidl unreif verkaufen soll. Dabei kommt Obst wie Bananen aus tropischen Ländern, wo sie unreif geerntet und erst in Deutschland mit einem Gas dazu gebracht werden, zu reifen. Das hat aber auch einen Vorteil. So schmeißt Lidl deutlich weniger weg, als andere Händler. Außerdem gebe es spezielle Backzeiten bei Lidl, um mit dem Duft die Kauflust zu steigern. Auch die prominent platzierten großen Tüten seien nur dazu da, dass die Menschen mehr einpacken.
Lidl will Discounter bleiben, aber auch etwas für das Klima tun. Das Unternehmen hat erkannt, dass viele Menschen lieber biologisch produzierte Produkte kaufen wollen und startete eine Bio-Offensive. Neben seiner eigenen Marke "Bio Organic" ging Lidl auch eine Kooperation mit Bioland ein. Dadurch sind einige Produkte deutlich teurer, aber gut für das Image der eigenen Bioprodukte, suggeriert die Doku. Lidl druckt auch auf die Bioland-Waren das "Bio Organic"-Logo. "Als ich dahinter gekommen bin, hatte ich schon das Gefühl, die Leute zu verarschen", so eine ehemalige Marketingexpertin.
Von wegen Tierwohl: Lidl schockt mit Haltungsform-Regelung
Um dem Wunsch vieler Personen nach mehr Tierwohl nachzukommen, kategorisiert Lidl seit 2018 sein Fleisch nach Haltungsform. Die Eins steht für Stallhaltung und die vier sei Bio-Qualität. Bis 2025 soll dann aber nur noch die Haltungsform zwei als Mindeststandard gelten. Viele Menschen sehen nicht, dass Lidl so das Tierwohl verbessert. "Ich fühle mich "verarscht", meint ein Tester.
"Duft-Zwillinge" und Eigenmarken als Verbraucher-Täuschung?
Wie in anderen Märkten bietet Lidl auch Markenprodukte neben seinen Eigenmarken an. Das ist nichts Neues für die Verbraucher, schließlich finden Sie sogar in Supermärkten günstigere Varianten. In der Doku wird aber vermittelt, dass es nur Lidl macht. Laut des Insiders "bewegt sich Lidl in einem ganz grauen Bereich. Am Rande der Legalität, könnte man fast meinen." Aufgrund von Regelungen darf Lidl das aber. Außerdem werden die billigen Sorten oft vom Markenhersteller für Lidl produziert. Billige Dupes gibt es aber auch in der Drogerie. Für weitaus weniger Geld können Kund:innen nachgemachte Markenparfums als "Duft-Zwilling" erwerben.
Am Ende geht das ZDF noch auf frühere Skandale ein. So veröffentlichte die Gewerkschaft Verdi 2004 das Schwarz-Buch, in Anlehnung an den Lidl-Gründer Dieter Schwarz. Darin wird angeprangert, dass die Mitarbeiter:innen schlecht bezahlt und behandelt werden. Außerdem seien sie illegal videoüberwacht worden. Lidl würde seine derzeit 91.000 Beschäftigten nicht mehr mit Kameras überwachen, "aber sie machen es auf andere Weise", sagte ein Insider. Auf die Mitarbeiter:innen übe Lidl Druck aus, meint sie. Auf einem Portal hätten andere Angestellte ebenfalls von Leistungsdruck berichtet. Des Weiteren gebe es ein spezielles Ranking, über das Mitarbeiter:innen bewertet würden. Um nicht unten zu landen, hätten Mitarbeiter länger und ohne Bezahlung gearbeitet.
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Einweg-Lüge: Lidl betreibt Greenwashing mit Pfandflaschen
Auch Lidls Einweg-Lüge wird beleuchtet. Das Unternehmen spricht davon zu recyceln, würde aber mit den Einwegflaschen seiner Getränke einen riesigen Gewinn erzielen. Für den eigenen Recycling-Kreislauf hat Lidl eigene Unternehmen gegründet - und verdient daran mit. Das Unternehmen wirbt damit, dass es das Granulat seiner recycelten Flaschen benutzt. Das ist nur die halbe Wahrheit. Aufgrund der Nachfrage müsse Lidl aber Plastik dazu kaufen, so ein Insider. Andere Experten bezeichnen das als "Greenwashing" und "Verbraucher-Täuschung". "Was Lidl hier macht ist (...) die Leute hier für blöd verkaufen, dass Einweg umweltfreundlich ist". Lidl bestätigt in einer Erklärung, dass sie so vorgehen.
Datenklau dank Lidl-App? So optimiert der Discounter seinen Gewinn
Am Ende wird die Lidl-App genauer beleuchtet. Darin werden Kund:innen zum Kauf verleitet, in dem sie ein Gratisprodukt bekommen. Die Angebote gibt es oft in der nächsten Woche. Die Menschen sparen damit nur zwei Prozent. Für Lidl ist diese App aber gewinnbringend, weil sie Kundendaten sammelt und so Angebote auf die Käufer ausrichten.
"Unglaubwürdige Sendung!" ZDF für Lidl-Doku auf Twitter scharf kritisiert
Die aufgedeckten Maschen überraschen viele Zuschauer:innen nicht. Vielmehr kritisieren sie, dass die Doku Praktiken aufdeckt, die andere Händler auch bereits so machen würden. Unter dem Hashtag #Lidl entbrannte ein heftiger Shitstorm. "Erst mal zu #LIDL nach dieser Sendung, @ZDF. Dass Obst noch unreif verkauft wird, oder dass hinter Eigenmarken oft namhafte Hersteller stecken, habe ich schon vor 10 Jahren in der Schule gelernt. Discounter-Geschäftsmodell ist für manche genauso Neuland wie für andere Internet", erklärt ein User.
"Das #ZDF versucht #LIDL damit zu diskreditieren, was alle anderen Geschäfte wie #EDEKA & Co. ähnlich machen. Das #ZDF nennt es 'Gewinnmaximierung', dass #LIDL zum Beispiel nur 1-2% Obst & Gemüse vernichtet, während andere Läden mindestens 5% und mehr Lebensmittel vernichten", meint dieser User. "Ich denke mal, dass irgendjemand beim #ZDF seinen Frust nicht am Verkäufer rauslassen konnte, weil er ihm vermutlich nicht gewachsen war. Daher diese miserable, unprofessionelle und total unglaubwürdige Sendung über Lidl. Kompletter Quatsch. #LIDL", heißt es in einem weiteren Tweet. Einige verstehen die angesprochenen Punkte, aber Lidl grenzt es nicht deutlich ab, so die Kritik.
Die Doku"Lidl: Die Insider – Verkaufstricks beim Discounter-Riesen" können Sie noch einmal in der ZDF-Mediathek anschauen.
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