Die Gaskrise droht sich zu verschärfen. Wegen Wladimir Putin könnte Deutschland ein eiskalter Winter bevorstehen. Markus Söder warnt bereits vor einer "Gas-Triage". Doch wer bekommt was, wenn in Deutschland das Gas knapp wird?
Die Bundesregierung will in der Gaskrise mit der Stützung von Energieunternehmen Verbraucher vor Preisexplosionen bewahren. Dazu könnte der Staat mit Milliarden-Steuergeldern bei angeschlagenen Firmen wie Uniper einsteigen. Um dies zu erleichtern, brachte das Kabinett am Dienstag gesetzliche Änderungen auf den Weg. Geplant ist außerdem als Option ein Umlagesystem, damit Preissprünge beim Gas für Energieversorger gleichmäßiger an Kunden weitergeben werden können. Die Bundesregierung will aber verhindern, dass dieses Instrument zum Einsatz kommen muss.
Deutschland droht Eiskalt-Winter, wenn Putin die Gaslieferungen drosselt
"Die Lage am Gasmarkt ist angespannt, und wir können eine Verschlechterung der Situation leider nicht ausschließen", sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck. "Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass sich die Lage zuspitzt." Deshalb sollten Instrumente nachgeschärft werden. "Es geht darum, alles zu tun, um auch im kommenden Winter die grundlegende Versorgung aufrechtzuerhalten und die Energiemärkte so lange es geht am Laufen zu halten - trotz hoher Preise und wachsender Risiken."
Wartungsarbeiten von Nord Stream 1: Dreht Putin den Gashahn komplett zu?
Hintergrund ist die Drosselung russischer Gaslieferungen durch die Ostseepipeline Nord Stream 1. Dadurch geriet Deutschlands größter Importeur von russischem Erdgas, Uniper, in Turbulenzen und rief nach Staatshilfen. Die Probleme könnten sich verschärfen. Am 11. Juli beginnen jährliche Wartungsarbeiten von Nord Stream 1, die in der Regel zehn Tage dauern. Die große Sorge ist, dass Russland nach der Wartung den Gashahn nicht wieder aufdreht.
Markus Söder warnt vor Gas-Triage: Wer bekommt was, wenn es knappt wird?
CSU-Chef Markus Söder betonte am Montag ebenfalls den Ernst der Lage und warnte vor einer drohenden "Gas-Triage". "Es droht echt eine riesige Energien-Notlage, eine Art Gas-Triage, die dann kommen wird", so der bayerische Ministerpräsident. Er befürchtet einen "eiskalten Winter". Der Begriff Triage ist aus der Medizin bekannt: In Notfallsituationen müssen Ärzte entscheiden, welcher Patient gerettet wird und welchen Patienten man notfalls sterben lässt. Bezogen auf die Energie-Notlage stellt sich die Frage: Wer bekommt was, wenn Putin die Gaslieferungen drosselt und das Gas in Deutschland knapp wird?
Staat greift erst in Gasverteilung ein, wenn Notfallstufe 3 ausgerufen wird
Vorab: Eingreifen darf der Staat erst, wenn die Notfallstufe des Notfallplans Gas ausgerufen wird. Dann würde die Bundesnetzagentur in einer Gasmangellage zuteilen, wer noch Gas bekommt, um die Gasversorgung zu sichern. Dafür müsste laut "Bild" "eine außergewöhnlich hohe Nachfrage nach Gas, eine erhebliche Störung der Gasversorgung oder eine andere beträchtliche Verschlechterung der Versorgungslage" vorliegen, weil "einschlägige marktbasierte Maßnahmen" nicht mehr greifen.
Energie-Notlage in Deutschland: Private Haushalte werden bis zuletzt mit Gas versorgt
Die Priorisierung in der Gasversorgung ist ebenfalls im Notfallplan Gas und im Bundeswirtschaftsgesetz geregelt. Bestimmte Gruppen sind besonders geschützt und werden bis zuletzt mit Gas versorgt. Dazu zählen unter anderem private Haushalte. Sie sollen so lange wie möglich versorgt werden. Ebenso wie Supermärkte und soziale Einrichtungen wie Krankenhäuser, Kindergärten, Schulen und Altenheime. Die Abschaltungen oder Kürzungen erfolgen in drei Stufen: nicht geschützte Kunden, systemrelevante Gaskraftwerke, geschützte Kunden.
Wer gehört zu den geschützten Gruppen bei der Gas-Versorgung?
Zu den geschützten Kunden gehören laut "Bild" private Haushalte mit einem Jahresverbrauch von maximal 10.000 kWh pro Jahr. Außerdem Kleingewerbe und landwirtschaftliche Betriebe sowie die bereits erwähnten Supermärkte, kleinere Krankenhäuser sowie Kindergärten, Schulen und Altenheime. Zuletzt zählen auch noch Großkunden, "wenn sie dem Bereich der grundlegenden sozialen Dienste zuzurechnen sind". Dazu zählen etwa Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Feuerwehr, Polizei, Bundeswehreinrichtungen und Justizvollzugsanstalten.
Zuerst müsste sich also die Wirtschaft sprich Industrie und Unternehmen auf Kürzungen einstellen. Unklar ist jedoch, in welcher Reihenfolge dies erfolgen würde. Für die Abschaltung gibt es laut "Bild" sechs Kriterien:Größe der Unternehmen, Dringlichkeit der Maßnahme, benötigte Vorlaufzeit, um den Verbrauch herunterzufahren, Volks- und betriebswirtschaftliche Schäden so gering wie möglich halten, Kosten der Wiederinbetriebnahme und Dauer der Wiederinbetriebnahme.
Eine abstrakte Abschalt-Reihenfolge gibt es laut Bundesnetzagentur allerdings nicht. Es werde sich im Falle eines Falles auch immer um Einzelfallentscheidungen handeln.
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fka/bua/news.de/dpa