Bankkunden und Sparkassen-Chefs blicken gebannt nach Karlsruhe: Dort entscheidet der Bundesgerichtshof (BGH) über Nachzahlungen in Millionenhöhe, die Sparkassen an ihre Kunden leisten müssen. Wem steht eine Zahlung durch seine Bank zu?
Für Bankkundinnen und Bankkunden wird es spannend, denn der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entscheidet am Mittwoch über Nachzahlungen, die Sparkassen an ihre Kund:innen leisten müssen. Im Streit über Zinsnachforderungen von Prämiensparern zeichnet sich vor dem Bundesgerichtshof in zentralen Punkten ein Erfolg der klagenden Verbraucherschützer ab.
BGH-Urteil zu Sparkassen-Rückzahlungen erwartet
Die Karlsruher Richterinnen und Richter machten am Mittwoch in ihrer Verhandlung über die erste Musterfeststellungsklage zum Thema deutlich, dass sie vor allem bei den Sparkassen weit verbreitete Klauseln in alten Prämiensparverträgen für unwirksam halten. Sie kündigten an, wichtige Fragen zur Berechnung von Nachzahlungen direkt selbst beantworten zu wollen, und zwar im Sinne der klagenden Verbraucherzentrale Sachsen. Das Urteil sollte voraussichtlich um 15.00 Uhr verkündet werden.
Banken-News: BGH beschließt über Sparkassen-Zahlungen an Kunden
Wie die "Bild" berichtet, dreht es sich bei dem BGH-Urteil um die Prämiensparverträge, die die Sparkassen in den 1990er-Jahren für eine Laufzeit von bis zu 25 Jahren angeboten haben. Ab dem 15. Jahr würden Bankkund:innen eine Prämie in der Höhe von 50 Prozent auf ihr jährlich eingezahltes Kapital erhalten. Ein Kunde, der pro Jahr 1000 Euro einzahlen würden, hätte ab dem 15. Jahr eine Prämie von 500 Euro erhalten. Zusätzlich bekamen Kund:innen Zinsen.
Sparkassen-News aktuell: Zinsnachzahlungen an Sparkassen-Kunden möglich
Der Anwalt für Banken- und Kapitalmarktrecht der Kanzlei Roessner aus München, Dr. Jochen Weck, erklärte gegenüber "Bild", dass ausgerechnet in den Zinsklauseln das Problem liege. "Während ein Kunde die Höhe seiner Prämienzahlungen leicht errechnen konnte, blieb die Berechnung der Zinsen für ihn undurchsichtig. Dabei hatten die Sparkassen zunächst im Kleingedruckten der Verträge eine einseitig zu ihren Gunsten wirkende Zinsklausel aufgenommen", so der Experte zu "Bild".
Sparkassen tricksten nach BGH-Urteil von 2004
Bereits im Jahr 2004 bemerkte der Bundesgerichtshof die Unstimmigkeiten und erklärte die Zinsklauseln für unzulässig. "Die Sparkassen änderten zwar danach ihre Zinsklauseln in den Prämiensparverträgen. Dabei versuchten sie allerdings erneut, ihre Kunden über den Tisch zu ziehen", so Dr. Jochen Weck. "Denn trotz der beabsichtigten langen Laufzeit der Prämiensparverträge legten sie einen Zins-Mix mit kurzfristigen und damit niedrigeren Zinssätzen zugrunde."
Zinszahlungen der Sparkassen zu niedrig: Nachzahlungen an Kunden
Wie "Bild" berichtet, wurde die Verbraucherzentrale Sachsen misstrauisch und verklagte die Kreissparkasse Leipzig, weil diese nur Zinsen in einer Höhe von um die 0,01 Prozent gezahlt hatte. Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden urteilte zu Gunsten der Verbraucherschützer und erklärte den zu niedrigen Zinssatz für unzulässig. Laut dem Finanzrechtsexperten Dr. Weck werde der BGH nun darüber entscheiden, "ob das Urteil des OLG Dresden zutreffend ist. Sollte dies der Fall sein, hätten Hunderttausende Kunden von Sparkassen in ganz Deutschland Ansprüche auf eine Neuberechnung und Nachzahlung ihrer Zinsen."
Musterklagen sollen Sparkassen zur Rückzahlung zwingen
Für die Sparkassen könnte dies Rückzahlungen in Millionenhöhe bedeuten. Trotzdem ist es für Betroffene bis heute schwierig, entgangenes Geld nachträglich ausgezahlt zu bekommen. Die Verbraucherzentralen werfen den Sparkassen vor, hier bewusst auf Zeit zu spielen und versuchen, mit mehreren Musterklagen Bewegung in die Sache zu bringen.
Allerdings wird auch das BGH-Urteil aller Voraussicht nach keine vollständige Klärung bringen. Der Vorsitzende Richter Jürgen Ellenberger sagte, dass die Frage, welcher Zinssatz nun genau der richtige sei, mit Hilfe eines Sachverständigen am Oberlandesgericht Dresden geklärt werden müsste. Auch zur Frage, wann Ansprüche möglicherweise verjährt sind, wird es zunächst wohl keine höchstrichterliche Entscheidung geben. (Az. XI ZR 234/20)
Allein zu der Musterklage am BGH, die sich gegen die Stadt- und Kreissparkasse Leipzig richtet, haben sich mehr als 1300 Betroffene angemeldet. Nach den Berechnungen der Verbraucherschützer hat ihnen die Sparkasse im Durchschnitt 3100 Euro zu wenig gezahlt.
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sig/bua/news.de/dpa
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