Skandalakte 2015: Korruption in der Fifa - Fußball-Welt ist erschüttert

Von news.de-Redakteurin - Uhr

Diese Skandale sorgten 2015 für Aufregung. (Foto) Suche
Diese Skandale sorgten 2015 für Aufregung. Bild: news.de-Fotomontage (dpa)

Doch nicht nur die Autoindustrie sorgte mit einem Skandal für Aufsehen. Auch die Fußballwelt musste 2015 gleich mehrere Erschütterungen ertragen. Kurz vor dem Jahreswechsel stehen die Fußballmächte Fifa, UEFA und der DFB ohne ordentlich gewählte Präsidenten da. Die moralische Krise des Weltfußballs ist kaum noch zu toppen. Innerhalb von sechs Monaten ist ein weltweites System kollabiert.

Ex-Fifa-Boss Joseph Blatter hat praktisch alles verloren. Doch trotz seiner ramponierten Reputation, dem kompletten Machtverlust und der merklich angeschlagenen Gesundheit bleibt er sich treu. Und wetterte in einem TV-Interview gegen die von ihm installierte Ethik-Kommission der Fifa: "Als guter Christ muss ich sagen: 'Was die Ethikkommission mit mir macht, das ist wie eine Inquisition.'"

Korruption in der Fifa: Sepp Blatter sieht sich als Opfer

Das Ende der Blatter-Dynastie begann am 27. Mai 2015. Fahnder der Schweizer Polizei nahmen in einem Nobelhotel am Zürichsee hohe Fußball-Funktionäre wegen Korruptionsverdachts fest. Zwei Tage vor der Wiederwahl des ewigen Präsidenten wurde die Fifa in ihren Grundfesten erschüttert. Blatter sieht sich als Verfolgter, als Opfer. "Die Schuldigen, wenn sie denn als schuldig verurteilt werden, das sind Einzelpersonen, das ist nicht die gesamte Organisation", schiebt Sepp Blatter die Schuld auf andere. Die bekannten Fakten belegen jedoch: Über Jahrzehnte wurde im Fußball-Weltverband ein System von massiver Kumpanei bis skrupelloser Korruption praktiziert und toleriert.

Nur vier Tage nach seiner Wiederwahl kündigte Blatter überraschend seinen Rücktritt an. "Wenn man ein neues positives Image der Fifa aufbauen will, dann ist der Umschwung nur überzeugend zu schaffen, wenn auch ein neues Gesicht an der Spitze steht", sagte der damalige DFB-Chef Wolfgang Niersbach als Frontmann der europäischen Anti-Blatter-Koalition. Da wusste er jedoch noch nicht, dass diese Aussage ein paar Monate später auch auf ihn zutreffen würde.

Die Fifa-Korruptionsaffäre im Überblick
Erschütterte Fußball-Welt
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  • 27. Mai: Zwei Tage vor der Wiederwahl von Joseph Blatter als Fifa-Chef nimmt die Schweizer Polizei mehrere Funktionäre fest. Die USA berichten von Ermittlungen gegen ehemalige Spitzenfunktionäre und Geschäftsleute. Die Schweizer Staatsanwaltschaft eröffnet ein Strafverfahren wegen der umstrittenen WM-Vergaben 2018 und 2022.

  • 2. Juni: Blatter kündigt seinen baldigen Rücktritt an.

  • 3. Juni: Das langjährige Exekutivkomitee-Mitglied Chuck Blazer sagt, dass er und mehrere Kollegen Bestechungsgelder bei der Vergabe der Fußball-WM 2010 in Südafrika akzeptiert hätten.

  • 9. Juli: Die Fifa-Ethikkommission sperrt Blazer lebenslang.

  • 17. September: Die Fifa suspendiert ihren Generalsekretär Jérôme Valcke, einen engen Vertrauten Blatters.

  • 25. September: Die Bundesanwaltschaft in der Schweiz ermittelt in der Fifa-Korruptionsaffäre inzwischen auch gegen Blatter.

  • 29. September: Die Ethikkommission des Weltverbands sperrt Ex-Fifa-Vize Jack Warner lebenslang.

  • 2. Oktober: Vier Fifa-Topsponsoren - Adidas ist nicht darunter - fordern in einem öffentlichen Statement den sofortigen Rücktritt Blatters. "Mit jedem Tag, der vergeht, werden das Bild und der Ruf von der Fifa weiter befleckt", heißt es.

  • 7. Oktober: Die Ethikkommission sperrt Blatter und UEFA-Chef Michel Platini, der Blatters Nachfolger werden will, vorläufig für 90 Tage. Im Kern geht es um eine dubiose Zahlung von zwei Millionen Schweizer Franken an Platini. Laut Blatter und Platini eine verspätete Honorarzahlung für Platinis Fifa-Arbeit in den Jahren 1998 bis 2002.

  • 21. Oktober: Die Untersuchungskammer der Fifa-Ethikkommission erhebt Anklage gegen Franz Beckenbauer wegen mangelnder Zusammenarbeit.

  • 26. Oktober: UEFA-Generalsekretär Gianni Infantino bewirbt sich neben UEFA-Chef Platini ebenfalls um Blatters Nachfolge als Fifa-Präsident.

  • 28. Oktober: Blatter berichtet von einer Absprache über Stimmen vor den WM-Vergaben 2018 und 2022. Es habe 2010 eine Einigung gegeben, "dass wir nach Russland gehen, weil wir noch nie in Russland, Osteuropa waren und für 2022, dass wir in die USA gehen", sagt er. "So hätten wir die WM in den Ländern mit der größten politischen Macht gehabt". Die WM 2022 wurde dann aber an Katar vergeben.

  • 12. November: Das Fifa-Ad-hoc-Wahlkomitee lässt fünf Bewerber zur Präsidenten-Neuwahl am 26. Februar zu: neben Infantino den Jordanier Prinz Ali bin al-Hussein, den Franzosen Jérôme Champagne, Scheich bin Ibrahim Al Chalifa aus Bahrain und Tokyo Sexwale aus Südafrika.

  • 18. November: Die Berufungskommission lehnt die Einsprüche von Blatter und Platini gegen ihre 90-Tage-Suspendierungen ab.

  • 23. November: Fifa-Ethikrichter Hans-Joachim Eckert eröffnet offiziell ein Verfahren gegen Blatter und Platini. Lebenslange Sperren sind im Gespräch.

  • 3. Dezember: Zwei weitere Fifa-Offizielle werden in Zürich wegen Bestechungsverdachts festgenommen. Es handelt sich um die Vizepräsidenten Juan Angel Napout (Paraguay) und Alfredo Hawit Banegas (Honduras). Danach bewilligt das Exekutivkomitee ein umfassendes Reformpaket: Das Exko soll künftig durch ein weniger mächtiges Council mit 36 Mitgliedern ersetzt, die Vergütung der Top-Funktionäre jährlich öffentlich gemacht werden. Die Amtszeiten der Mitglieder sollen maximal zwölf Jahre betragen.

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