Von news.de-Redakteurin Ines Weißbach - Uhr

Karrierefrauen im Osten: Mit der Firma verheiratet

Frauen in Ostdeutschland werden als Karrieredurchstarterinnen gelobt. Sie fassen in Männerberufen Fuß, haben keine Angst vor Veränderungen. Nur eines können sie angeblich noch nicht: Ordentlich netzwerken.

Im Osten gibt es laut einer Studie mehr Karrierefrauen als im Westen. (Foto) Suche
Im Osten gibt es laut einer Studie mehr Karrierefrauen als im Westen. Bild: dpa

«Wenn sie keine haben, hier liegen Blankovisitenkarten aus», sagt Moderatorin Tatjana Jury bei der Konferenz «Frauen machen neue Länder» in Leipzig. Die 200 anwesenden Frauen wollen ihresgleichen kennen lernen: Erfolgreiche Unternehmerinnen, Managerinnen oder Selbstständige – die gibt es im Osten häufiger als im Westen. Laut einer Studie sind anteilig 30 Prozent der ostdeutschen Führungskräfte auf oberster Eben weiblich, im Westen sind es 24.

Eine von ihnen ist Birgit Mayer aus Chemnitz. Die Krise hat ihr Unternehmen, die WF Wabenfabrik geschüttelt. Die 46-Jährige ist Gründerin und Geschäftsführerin. Statt 20 hat sie nun noch 16 Mitarbeiter. Sie erzählt, wie sie ihre eigene Firma in einem männerdominierten Berufsfeld gegründet hat. Sie hat alles selbst in die Hand genommen - vom Businessplan, über die Finanzierung bis hin zum Aufbau ihrer Firma. Ihre Wabenkartonagen werden zumeist in Autokarosserien verwendet, um diese leichter zu machen. Dennoch ist sie überzeugt, die Wirtschaftskrise zu überstehen.

Die Firma ist ihr Lebensinhalt. «Ich habe keine Kinder und bin logischerweise mit meiner Firma verheiratet», sagt Mayer. Das ist allerdings auch ein Grund, warum Netzwerke für sie nur schwer aufzubauen sind. «Ich war immer eine Einzelkämpferin und bin von früh bis abends in der Firma.»

Für ihre beiden Kinder hat Romy Harnapp täglich Zeit. Die 33-Jährige hat vor drei Jahren das Blech- und Technologiezentrum Linda in Jessen vom Alteigentümer übernommen. Nun ist die gelernte Steuerfachgehilfin und Buchhalterin Geschäftsführerin der Firma mit 56 Mitarbeitern, nur sieben davon sind auch Frauen. Versucht sie bei Verbandstreffen Netzwerke aufzubauen, wird sie zunächst immer für die Sekretärin des Unternehmens gehalten. Sie kämpft darum als Chefin wahrgenommen zu werden. Schwer sei es dennoch Beruf, Familie und Netzwerke unter einen Hut zu bringen.

«Frauen kümmern sich mehr um die Arbeit und wollen darin gut sein, als um ein strategisches Netzwerk», sagt Microsoft-Managerin Anke Domscheit, die die Eröffnungsrede der Konferenz hält.

Dass Frauen einen anderen Führungsstil haben, davon ist Ingrid Weinhold überzeugt. Sie kommt aus Wolfen und ist Geschäftsführerin einer Maschinenbaufirma. Ruhiger sei sie als ihre männlichen Kollegen. «Man schreit nicht und händelt das Unternehmen eher wie eine Familie», sagt Weinhold. «Und die Männer muss man als Frau mit Fachwissen überzeugen, denn sie haben oft Probleme mit selbstbewussten Frauen.» Wenn es sein muss, nimmt sie auch schon mal eine Mitarbeiterin in den Arm.

In der emotionaleren Herangehensweise sehen viele allerdings ein Problem - gerade bei der Zusammenarbeit zwischen Frauen. Zickerei ist das Stichwort, ein Hindernis für Netzwerke. Anke Domscheit kennt das aus ihrem Berufleben nicht. «Wir Frauen sind vielleicht überdurchschnittlich kritisch mit uns und anderen. Bei Männern wird das als Ehrgeiz ausgelegt, bei Frauen als Stutenbissigkeit», sagt die 41-Jährige.

Xenia Mohr, Personalmanagerin beim schwedischen Möbelhaus Ikea erkennt andere Ziele von Frauen in Führungspositionen: «Sie suchen nach Sinnhaftigkeit in ihrem Beruf, während Männer eher nach Statussymbolen suchen.»

«Das Standing einer Frau als Führungsfigur im Osten ist zwar natürlicher als Westen», sagt Uta Bauer, Autorin der Studie «Frauen machen neue Länder – Stark durch die Krise». «Durch die Männernetzwerke gibt es allerdings immer noch einen Automatismus, dass Männer die Führungspositionen ergattern.» Auch deshalb sprechen sich diese Frauen für eine bessere Vernetzung untereinander aus. Und sie besitzen garantiert eine eigene Visitenkarte.

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