Durch die Legalisierung des Online-Glücksspiels 2021 erleben Casinos sowie Anbieter von Sportwetten und Lotterien in Deutschland einen echten Boom. Fakt ist, dass das Glücksspiel im Internet heute so sicher und reguliert ist wie noch nie. Trotz des Hypes gilt es aber weiterhin, auch ein Auge auf die negativen Auswirkungen der Glücksspielsucht zu haben.
Diese ist trotz der vielen Verbesserungen weiterhin ein echtes Problem, das wohl nie komplett verschwinden wird.
International führend und immer wieder Ausgangspunkt der Diskussionen um die Prävention von Glücksspielsucht ist die Lancet Public Health Commission on Gambling. Angesichts des hohen Ansehens, welches die Fachzeitschrift genießt, haben wir uns einmal angesehen, welche Initiativen die Kommission vorantreibt und wie diese die Zukunft des Internet-Glücksspiels prägen könnten.
Lancet Public Health Commission on Gambling – das gilt es zu wissen
The Lancet ist ein weltweit anerkanntes Medical Journey, in welchem Forscher neueste Ergebnisse mit der Öffentlichkeit teilen. Diese Erkenntnisse umfassen alle möglichen Bereiche rund um das Thema Gesundheit, darunter auch Suchterkrankungen, zu welchen auch die Glücksspielsucht zählt. Für viele Mediziner ist The Lancet aus diesem Grund die erste Anlaufstelle für das Einholen von neuen Informationen und Weiterbildung. Interessanterweise reicht die Historie des Medical Journeys bis ins Jahr 1823 zurück, was die Zeitung zu einer der ältesten medizinischen Veröffentlichungen überhaupt macht.
Die Bildung von Kommissionen ist dabei eine relativ neue Initiative, so wurde die Commission on Gambling erst im Januar 2021 gegründet. Dennoch gibt es heute über 110 Ausschüsse, die es sich zum Ziel gesetzt haben, wissenschaftlich belegbare Informationen zu verschiedenen Themen zu liefern. So gibt es z. B. eine Kommission zu Asthma, Antibiotikaresistenzen und Brustkrebs. The Lancet ist schon seit langem zudem für seine medizinpolitischen Ambitionen bekannt, weshalb es wenig verwunderlich ist, dass das Medical Journey sich heute auch vielen oft diskutierten Themen annimmt, wie etwa dem Einfluss des Klimawandels auf die Weltgesundheit[1] oder gar dem Krieg in Israel/Gaza.
Diese politischen Ambitionen[2] sind auch ein Grund für die Gründung der Commission on Gambling. So verfolgt The Lancet offen das Ziel der Umsetzung einer progressiven Glücksspielpolitik, welche einen bestmöglichen Schutz der Spieler bieten soll. Positiv ist dabei zu erwähnen, dass der Fokus der Kommission nicht einfach nur auf dem Glücksspiel als solchem liegt, sondern auch die technischen Neuerungen thematisiert werden, welche die Ursache für den globalen Glücksspiel-Boom darstellen. Gerade in dieser Hinsicht fehlen klare wissenschaftliche Erkenntnisse, da die gesundheitlichen Auswirkungen der Glücksspielsucht über viele Jahrzehnte ignoriert wurden. Fakt ist, dass das Glücksspiel heute komplett anders ist als noch vor 20 Jahren und man sich aus gesundheitlicher Sicht an diese Änderungen anpassen muss.
Beschäftigt man sich mit der Arbeit der Kommission, so wird relativ schnell klar, dass der Fokus einzig und allein auf dem potenziellen Schaden liegt, der vom Glücksspiel ausgeht. Als Folge erscheint die Berichterstattung wenig ausgewogen. Bei allen negativen Auswirkungen und Gefahren sollte man nicht vergessen, dass es viele Spieler gibt, die ganz ohne negative Auswirkungen Glücksspiel betreiben und dieses als Entertainment durchaus einen Mehrwert bieten kann. Dennoch sind die Informationsmaterialien der Fachzeitschrift durchaus wertvoll und beleuchten mögliche Risiken.
Infografik lässt aufhorchen
Im Oktober 2024 veröffentlichte die Lancet Public Health Commission on Gambling eine Infografik, welche die Glücksspielszene aufhorchen ließ. Die Infografik veranschaulicht die Folgen der einfachen Zugänglichkeit zum Glücksspiel durch das Internet und bietet eine Reihe interessanter Statistiken. So leiden laut der Kommission weltweit über 50 Millionen Männer und 25 Millionen Frauen an Spielsucht, wobei The Lancet selbst einräumt, dass die Zahlen derer, die durch das Glücksspiel ihrer Freunde oder Familienmitglieder leiden, noch weitaus höher ist. Als Folgen der Spielsucht sieht die Kommission unter anderem physische Gewalt, der Verlust des Jobs, das Aufbrechen von Familien und ein erhöhtes Suizidrisiko. All diese Informationen sind nicht unbedingt neu, sollten aber dennoch von jedem Spieler, der regelmäßig um Echtgeld spielt, nicht ignoriert werden.
Besonders interessant sind zudem die Analysen der Kommission zum Vorgehen der Glücksspielbetreiber. Diese nehmen durch Werbung nicht nur Einfluss auf die Spieler, sondern betreiben auch intensive Lobbybemühungen, um Politiker für sich zu gewinnen. Außerdem wird das Design moderner Glücksspielplattformen kritisiert. Laut der Kommission fördert dieses Suchtverhalten und erzeugt unnötige zusätzliche Risiken.
Wir empfehlen allen Menschen, die sich für die Auswirkungen des Glücksspiels interessieren, einen Blick auf die Infografik zu werfen. Diese ist sehr kompakt und erfordert deshalb keine langen Lesezeiten, bietet gleichzeitig aber einen sinnvollen ersten Einblick in das Thema. Vorgestellt werden in der Infografik zudem wichtige Empfehlungen für die Politik und die Zivilgesellschaft.
Diese Maßnahmen fordert die Lancet Public Health Commission on Gambling
Auch wenn die Kommission wie bereits erwähnt erst wenige Jahre alt ist, wurde sich bereits auf 7 Empfehlungen geeinigt, deren Umsetzung The Lancet von Regierungen, der Zivilgesellschaft und den involvierten Unternehmen fordert. Diese Maßnahmen basieren auf der Überzeugung der Kommission, dass es sich beim Glücksspiel um eine große Gefahr für die Gesundheit handelt[3], die mit strengeren Regularien bekämpft werden muss.
Die folgende Liste bietet einen Überblick über die Empfehlungen:
1. Der Schutz der Gesundheit muss für Gesetzgeber eine höhere Priorität haben als wirtschaftliche Interessen
2. Die Regulierung des Glücksspiels ist in allen Ländern erforderlich und sollte Verbote, einfachen Zugang zu Suchtbehandlung und Marketing- und Sensibilisierungskampagnen umfassen
3. Sollten sich Länder entscheiden, das Glücksspiel zu legalisieren, sollten diese über eine unabhängige Regulierungsbehörde verfügen, welche Verbraucherschutzmaßnahmen effizient umsetzen kann
4. Wissenschaftliche Forschungen müssen vor wirtschaftlichen Interessen geschützt werden
5. Internationale Organisationen wie die UN sollten die Prävention von Glücksspielsucht zu einem festen Bestandteil ihrer Bemühungen zur Stärkung der öffentlichen Gesundheit machen
6. Die Etablierung einer internationalen Allianz aus Forschern, Zivilgesellschaft und anderen signifikanten Interessengruppen ist notwendig
7. Die Weltgesundheitsversammlung (WHA) sollte einen Prozess zur Verabschiedung einer Resolution über die gesundheitlichen Aspekte des Glücksspiels einleiten
Welche Auswirkungen können die Forderungen der Kommission auf den internationalen Glücksspielmarkt haben?
Angesichts der Legalisierung des Glücksspiels in vielen Ländern sind die Forderungen der Kommission in gewisser Hinsicht eine Überraschung, da man, wenn man sich mit den Details beschäftigt, bemerkt, wie stark der Fokus auf Verboten und der Beschneidung von individuellen Freiheiten liegt. Welche konkreten Auswirkungen diese Forderungen haben könnten, ist heute aber noch nicht abzusehen. Wir gehen aktuell eher davon aus, dass die Legalisierung des Glücksspiels weiter voranschreitet, da sich Verbote weltweit als ineffizient erwiesen haben. Angesichts des Internets, Kryptowährungen und VPNs ist es einfach nicht möglich, Spieler daran zu hindern im Internet, um Echtgeld zu spielen. Besser ist es daher, sichere Rahmenbedingungen zu sorgen, statt die Spieler in die Illegalität zu drängen.
Dennoch könnten die Forderungen der Kommission Staaten dazu verleiten, das Glücksspiel weiter zu regulieren. Ob dies wirklich einen Mehrwert für die Spieler bietet, ist unserer Meinung nach aber unklar. Die Empfehlung zur globalen Zusammenarbeit[4] macht auf den ersten Blick durchaus Sinn, insbesondere im Blick auf die EU. Es erscheint wenig sinnvoll, dass das Glücksspiel selbst in den Staaten der Europäischen Union völlig unterschiedlich geregelt ist. Ebendiese Unterschiede sind es schließlich, die den Internet-Glücksspielmarkt so unübersichtlich und damit potenziell gefährlich machen.
Klar ist angesichts der noch immer bestehenden Unsicherheiten, dass es sich weiterhin lohnt, einen Blick auf die Zukunft des Online-Glücksspiels zu werfen. Denkbar ist zudem natürlich auch, dass sich die Empfehlungen der Kommission in naher Zukunft ändern könnten. Wie bereits erwähnt, ist das Glücksspiel im Internet noch immer nicht ausreichend wissenschaftlich untersucht worden, weshalb sich die Ansichten der Experten noch stark ändern könnten. Wir werden die Entwicklungen am Glücksspielmarkt weiterhin genau verfolgen.
Kritik an der Kommission – unrealistische Forderungen und wenig Achtung persönlicher Freiheiten
Auch wenn die Arbeit der Kommission durchaus sinnvoll ist und das Glücksspiel eine reale Gefahr darstellt, gibt es auch Kritik an den Forderungen. Das Glücksspiel ist ein sehr kompliziertes Thema, bei dem es die richtige Balance aus individueller Freiheit und dem sich daraus resultierenden Recht auf Zugang zu Glücksspielangeboten und dem Schutz der öffentlichen Gesundheit zu finden gilt. Wenn sich ein Erwachsener dazu entscheidet, mit Echtgeld an Spielautomaten zu spielen, so ist dies sein gutes Recht. Dieses Recht übersieht die Kommission allerdings und gestaltet ihre Bemühungen auf eine Art und Weise, die fast schon autoritär wirkt und so scheint, als ob man den Menschen zu erziehen versucht.
Ein weiterer wichtiger Kritikpunkt ist das mangelnde Verständnis über die Motivationen der internationalen Akteure. Staaten wie Malta[5] oder Curaçao erzielen mit dem internationalen Glücksspiel enorme Einnahmen und haben deshalb kein Interesse daran, neuen internationalen Vereinbarungen zuzustimmen, welche den aktuellen Status-Quo beenden würden. Die Forderungen nach internationaler Zusammenarbeit erscheinen aus diesem Grund als unrealistisch, da die meisten größeren Staaten das Glücksspiel ohnehin nicht erlauben bzw. sehr stark regulieren. Angesichts dieser Ausgangslage ist sehr zweifelhaft, ob die Forderung nach internationaler Kooperation in der Praxis wirklich einen echten Mehrwert erzielen kann. Gleichzeitig wäre eine internationale Kooperation, wie im vorherigen Kapitel erwähnt, natürlich ein sehr guter Schritt zu einem sicheren und transparenten internationalen Glücksspielmarkt.
[1] Lancet-Studie: Klimawandel größte Bedrohung für Gesundheit, geschrieben und veröffentlicht von br.de
[2] Fachzeitschrift kritisiert US-Politik während Corona-Pandemie, geschrieben und veröffentlicht von forschung-und-lehre.de
[3] Lancet-Studie: Glücksspiel bedroht öffentliche Gesundheit, geschrieben und veröffentlicht von br.de
[4] The Lancet Commission recommends global gambling cooperation, geschrieben und veröffentlicht von NewCasinos.com
[5] Online Glücksspiel-Lizenz und Sportwetten-Lizenz: Die Malta Remote Gaming License, geschrieben und veröffentlicht von malta1.de
brc/news.de