Die Bundesregierung sieht sich milliardenschweren Risiken durch laufende Rechtsstreitigkeiten über Schutzmaskenbeschaffungen während der Corona-Pandemie ausgesetzt.
Die Bundesregierung steht vor erheblichen finanziellen Risiken in Milliardenhöhe aufgrund anhaltender Rechtsstreitigkeiten, die mit der Beschaffung von Schutzmasken zu Sonderpreisen während der Corona-Pandemie verbunden sind. Nach aktuellen Informationen sind rund 100 Klagen mit einem Gesamtstreitwert von 2,3 Milliarden Euro anhängig, wie aus einer Antwort des Gesundheitsministeriums auf eine Anfrage des FDP-Haushaltspolitikers Karsten Klein hervorgeht. Dieser Sachverhalt wurde erstmals Medien jetzt gemeldet.
Der Streit dreht sich um die staatliche Beschaffung von Schutzmasken in den frühen Tagen der Pandemie, als Masken weltweit knapp waren. Um schnell handeln zu können, nutzte das Gesundheitsministerium unter dem damaligen Minister Jens Spahn (CDU) das sogenannte "Open-House-Verfahren". Dieses Verfahren ermöglichte es, Lieferverträge ohne weitere Verhandlungen zu festen Preisen abzuschließen. In vielen Fällen verweigerte das Ministerium später die Bezahlung und führte Qualitätsmängel als Begründung an. Lieferanten und Händler reichten daraufhin Klagen ein, und es wurde auch Kritik laut, dass zu viele Masken beschafft wurden.
Laut dem Gesundheitsministerium wurden bisher rund 80 Streitfälle durch Vergleiche beigelegt. Der Bund hat acht Verfahren mit einem Gesamtstreitwert von etwa 50 Millionen Euro gewonnen und zwei Verfahren mit einem Streitwert von 230.000 Euro verloren. Insgesamt wurden im Rahmen des "Open-House-Verfahrens" etwa 1,4 Milliarden Euro ausgezahlt.
Fortbestehende Rechtsstreitigkeiten und mögliche finanzielle Folgen
Zu den noch offenen Verfahren erklärte das Ministerium, dass im Falle einer Verurteilung die entstehenden Kosten durch andere Haushaltsmittel gedeckt werden könnten. Dennoch bleibt das finanzielle Risiko erheblich und die Unsicherheit über den Ausgang der Verfahren groß. Der derzeitige Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat eine umfassende Überprüfung der Maskenbeschaffungen während der Pandemie angekündigt.
Diese Ankündigung folgt auf die Kritik des Bundesrechnungshofs an den Beschaffungspraktiken unter Spahn. Der Bundesrechnungshof bemängelte, dass 2020 insgesamt 5,7 Milliarden Schutzmasken beschafft wurden, von denen jedoch nur 2 Milliarden verteilt wurden. Der Rest blieb ungenutzt.
Lauterbach betonte die Notwendigkeit, aus den gemachten Fehlern zu lernen und die Beschaffungsprozesse künftig transparenter und effizienter zu gestalten. "Wir müssen sicherstellen, dass solche Situationen in Zukunft besser gehandhabt werden", sagte Lauterbach in einer Pressemitteilung.
Langfristige Auswirkungen auf die Haushaltsplanung
Die anhängigen Rechtsstreitigkeiten und die möglichen finanziellen Belastungen durch verlorene Prozesse könnten erhebliche Auswirkungen auf die zukünftige Haushaltsplanung des Bundes haben. Finanzminister Christian Lindner (FDP) steht bereits vor der Herausforderung, ein Haushaltsdefizit von rund 25 Milliarden Euro zu schließen. Die zusätzlichen Risiken durch die laufenden Klagen erhöhen den Druck auf die Haushaltsdisziplin weiter.
Diese Situation verdeutlicht, wie wichtig eine sorgfältige und transparente Planung sowie die richtige Einschätzung von Bedarfen in Krisenzeiten sind. Nur durch solche Maßnahmen können milliardenschwere Risiken in Zukunft vermieden und das Vertrauen in staatliche Beschaffungsprozesse gestärkt werden.
lab/news.de