Schuld der Modeindustrie: «Meist sind die Sachen angesagt, die nur sehr Schlanke tragen können», sagt Andreas Schnebel, Geschäftsführer des Bundesfachverbandes für Essstörungen in München. Untergewichtige Models und Fotobearbeitungsprogramme bauten zudem unrealistische Schönheitsideale auf: «Das sind ziemliche Kunstfiguren.» Wenn im Frühjahr die Fotos mit Bikinis in die Zeitschriften kämen, steige bei vielen der Angstpegel, dass man sich so zeigen müsse.
Magermodel-Schwemme: «Wir haben eine totale Schwemme von Models aus Moldawien, der Ukraine und Weißrussland. Da laufen dann unschuldig aussehende Engelchen mit dürren Beinchen über den Laufsteg», sagt René Lang vom Verband deutscher Mode- und Textildesigner in Düsseldorf. In seinem Ehrenkodex fordert der Verband seine Mitglieder auf, nur Models mit einem Body-Mass-Index von mindestens 18 zu engagieren, was im Bereich leichten Untergewichts liegt.
Fixiertheit aufs Dünnsein: «Heute sehen sich ja schon Sieben- bis Achtjährige Castingshows im Fernsehen an», so Schnebel. Jeder wolle begehrenswert erscheinen und keine Angriffspunkte für Mobbing bieten: «Wenn ein Mädchen dann in der Schule zu hören bekommt, dass sie einen dicken Po hat, dann hört sie auf zu essen. Das kann sich so verselbstständigen, dass sie nicht mehr aufhören kann mit dem Abnehmen.»
Vor allem Jugendliche betroffen: Magersucht (Anorexie) und Ess-Brech-Sucht (Bulimie) sind vor allem bei jugendlichen Mädels verbreitet. Bei einem Fünftel der 11- bis 17-Jährigen in Deutschland liegt ein Verdacht auf eine Essstörung vor. Vor allem unter 11- und 12-Jährigen ist die Tendenz steigend.
Auch Männer mit Essstörungen: Die Männerwelt hat der Schlankheitswahn ebenfalls erreicht: «Es kommen immer mehr Jungs mit Essstörungen, seit die Sixpack-Figur mit genau definierten Bauchmuskeln propagiert wird», sagt Schnebel.
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Julia Stegner hat eine klassische Laufsteg-Figur: 1,80 Meter groß, 48 Kilo leicht.
Foto: dpa
Welche Maße qualifizieren Sie als unser Model?
Topmodel Julia Stegner ist 1,80 Meter groß und wiegt 48 Kilo; ihre Maße: 84-61-89, Konfektionsgröße 34. Sie sei der Standard für High Fashion, die in Berlin, Mailand, Paris über die Runways stolziert. So begründet Louisa von Minckwitz, Chefin der Agentur «Louisa Models», warum die «GNTM»-Gewinnerinnen Lovelyn (Maße laut Pro7 bei Staffelbeginn 88-66-96, 1,78 m), Maike (82-65-94, 1,76 m) und Luise (89-67-99, 1,83 m) im Sommer 2013 nicht bei der Modewoche in der Bundeshauptstadt mitlaufen durften. Das berichtete die «BZ Online».
Bis zu zehn Zentimeter weniger als die «GNTM»-Models hat Stegner auf den Hüften, auch der Taillenumfang ist geringer; nur Maike kann das Runway-Model in der Oberweite unterbieten.
Was wurde aus Heidis Topmodels?
"Germany's Next Topmodel"
2006: Lena Gercke ist das erste deutsche "Topmodel". Nachdem sie die österreichische Variante der Model-Show moderiert hat, durfte sie für RTL in der «Supertalent»-Jury sitzen und für ProSieben "The Voice of Germany" präsentieren. Hinzu kam die öffentlichkeitswirksame Beziehung zu Fußball-Nationalspieler Sami Khedira.
2007: Die rothaarige Barbara Meier ist Topmodel Nummer zwei. Heute tummelt sie sich gerne auf den roten Teppichen in München, war sogar mal kurzzeitig mit dem Sohn von Iris Berben liiert und will künftig vor allem schauspielern. Einige Fernsehrollen hat sie bereits ergattert.
2008: Jennifer Hof hat dem Model-Business inzwischen den Rücken gekehrt. Die junge Frau mit den 1,13 Meter langen Beinen entschloss sich stattdessen für eine kaufmännische Ausbildung. Es habe sie gestört, immer nur auf ihr Äußeres reduziert zu werden, sagte sie einmal "Bunte.de". "Ich bestehe aus mehr als nur aus Beinen."
2009: Sara Nuru ist die vielleicht sympathischste "Topmodel"-Gewinnerin. Heute ist die Münchnerin mit äthiopischen Wurzeln Botschafterin der Stiftung Menschen für Menschen.
2010: Alisar Ailabouni ist heute aus der Öffentlichkeit weitgehend verschwunden. Laut ihrer Agentur modelt sie aber noch und lebt in New York.
2011: Jana Beller kündigte den Vertrag Heidis Papa Günther Klum medienwirksam. Den Titel hat sie zwar noch, an ihre Stelle trat aber schnell die Zweitplatzierte Rebecca Mir. Beller betreibt heute einen Backshop im Münchner Hauptbahnhof.
2012: Luisa Hartema modelte unter anderem für eine Dessous-Marke.
2013: Lovelyn Enebechi war 16 Jahre alt als sie das Finale von "Germany's Next Topmodel" gewann. Zuletzt war sie unter anderem auf der Berliner Fashion-Week zu sehen.
2014: Stefanie Giesinger hatte einen Auftritt als Werbefigur für den Autohersteller Opel.
2015: Vanessa Fuchs stammt - wie Heidi - aus Bergisch-Gladbach. Sie bekam wie für die Siegerinnen üblich einen Vertrag bei der Modelagentur von Heidis Vater Günther Klum und 100.000 Euro. Außerdem ein eigenes Titelbild auf dem Cover der Frauenzeitschrift "Cosmopolitan".
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Auch Modegröße Kilian Kerner habe die drei als «zu wuchtig, zu klein, zu breit» abgelehnt. Für das Modelabel, so fasst die Zeitung zusammen, sei Charlotte Nolting mit rund 1,80 Metern Größe und 55 Kilo perfekt - ihre Maße laut «storm models»: 85-61-89. 90-60-90 - im Groben - ist demnach an sich ist noch immer «in». Doch kommt es auf die Körpergröße an, auf die sich das einst weibliche Format verteilt; und bei den Größen auf den Fashion Weeks kommen weit mehr androgyne Körperformen vor als weibliche Rundungen.
Breitere Hüften, weniger Oberweite bei «GNTM»
Solcher Maße können sich die wenigsten Models in Heidi Klums Casting-Show rühmen (oder schämen). Die Maße der Gewinnerinnen gemäß Pro7 zum jeweiligen Staffelbeginn seit der ersten Staffel: Lena Gercke 90-66-89 bei 1,78 m, Barbara Meier 81-61-94 bei «nur» 1,74 m, Jennifer Hof 84-67-93 bei 1,80 m, Sara Nuru 80-66-96 bei 1,76 m, Alisar Ailabouni 86-65-90 bei 1,78 m, Jana Beller 88-58-83 bei 1,73 m, Luisa Hartema 84-64-88 (laut einem Bericht von «Yahoo») bei 1,78 m und Lovelyn 88-66-96 bei 1,78 m. Traummaße sicherlich für Otto-Normalverbraucher; aber auf die mitunter «kleinen» Frauen verteilt sind sie für Paris und Co. noch immer zu rund - oder: zu weiblich. Und während Oberweite und Hüften der «GNTM»-Teilnehmerinnen den einstigen Traummaßen noch immer sehr nahe kommen, ist auffällig: Der Bauchumfang hat, auch bei den anderen Teilnehmerinnen der verschiedenen Staffeln, sogar noch etwas zugenommen.