Beim Anstieg nach San Luca kommt es zum ersten Kräftemessen der Stars - ohne Sieger. Das Gelbe Trikot geht trotzdem an Tadej Pogacar. Der Franzose Kevin Vauquelin gewinnt die Etappe.
Wie entfesselt stürmte Tadej Pogacar die steile Rampe zur Wallfahrtskirche nach San Luca hinauf, doch sein großer Rivale Jonas Vingegaard ließ sich nicht abschütteln. Der erste atemberaubende Schlagabtausch der beiden Radstars blieb auf italienischem Terrain ohne Sieger, lässt aber auf einen großen Kampf bei der 111. Tour de France hoffen. Das Gelbe Trikot trägt trotzdem vorerst Pogacar, der auf der nächsten schweißtreibenden Etappe bei Temperaturen von über 30 Grad nach 199,2 Kilometern in Bologna den französischen Auftaktsieger Romain Bardet an der Spitze der Gesamtwertung ablöste.
Der Tagessieg ging indes an den Franzosen Kevin Vauquelin, der aus einer größeren Ausreißergruppe das größte Stehvermögen bewies und der Grande Nation bereits am zweiten Tag den zweiten Etappensieg bescherte.
Pogacar und Vingegaard fahren aber in einer eigenen Liga, wie sich bei der ersten Klettershow zeigte. Damit wischten beide Stars die Zweifel an ihrer Fitness erst einmal beiseite. Bei Pogacar hatte die Corona-Erkrankung vor gut zwei Wochen offenbar keine Spuren hinterlassen und Vingegaard, der seit seinem schweren Sturz im Baskenland Anfang April keine Rennen mehr gefahren ist, scheint rechtzeitig in Form gekommen zu sein.
Pogacar im Angriffsmodus
Es war das erste kleine Spektakel der 111. Tour. Auf dem 1,9 Kilometer langen und durchschnittlich 10,6 Prozent steilen Anstieg, der gleich zweimal überquert werden musste, ging Pogacar in den Angriffsmodus. Primoz Roglic vom deutschen Red-Bull-Team konnte wie Mitfavorit Remco Evenepoel nicht mehr folgen, dabei hatte der Slowene eigentlich gute Erinnerungen an den Aufstieg zum Heiligtum der Madonna mit seinen beeindruckenden 666 Säulengängen. 2019 hatte Roglic hier das Auftaktzeitfahren beim Giro gewonnen.
Auf der Abfahrt konnte immerhin Evenepoel wieder aufschließen, der damit Gesamtzweiter ist. Vingegaard folgt auf Platz drei. Alle drei Stars sind aber zeitgleich. Roglic liegt 21 Sekunden im Hintertreffen.
Bereits am Samstag hatte Pogacar, der als erster Radprofi seit Marco Pantani 1998 das Double aus Giro d'Italia und Tour schaffen könnte, auf der Berg- und Talfahrt nach Rimini "die Beine etwas angetestet", beim vierten Platz aber die ersten Bonussekunden verpasst. Die Etappe sei nicht schwer genug, um Chaos anzurichten, lautete Pogacars Urteil. Dem konnte der leidende Altstar Mark Cavendish kaum zustimmen. Mit 39 Minuten Rückstand war der Ex-Weltmeister gerade noch in der Karenzzeit geblieben, nachdem er sich zwischenzeitlich übergeben hatte. Auch am Sonntag kam er wieder mit deutlichem Rückstand ins Ziel.
Degenkolb mit Tour-Vorbereitung in der Sauna
Zu schaffen machte den Fahrern wieder die große Hitze. Wie am Vortag zeigte das Thermometer zum Teil Temperaturen von weit über 30 Grad an. "Ich bin froh, dass ich viel Hitze-Anpassung in der Sauna gemacht habe. Das war sehr unangenehm, scheint aber geholfen zu haben. Ich habe mich gar nicht so schlecht gefühlt", sagte Klassiker-Spezialist John Degenkolb, der gleich über den Doppelsieg seiner beiden Teamkollegen Bardet und Frank van den Broek jubeln durfte.
Ansonsten traten die deutschen Radprofis - fast schon erwartungsgemäß - am schweren Auftakt-Wochenende kaum in Erscheinung. Mehr als ein Etappensieg dürfte für die acht Starter kaum drin sein. Am Montag auf der vermeintlich ersten Sprintetappe über 230,8 Kilometer von Piacenza nach Turin wird sich zeigen, ob Phil Bauhaus und Pascal Ackermann bei Massenankünften gegen hochkarätige Konkurrenz wie Sprintkönig Jasper Philipsen etwas ausrichten können.
Cavendish hat Sterne gesehen
Ob dann auch Ex-Weltmeister Cavendish eine Rolle spielen kann, erscheint eher fraglich. Der Mann von der Isle of Man, der bei einem weiteren Erfolg zum alleinigen Rekord-Etappensieger aufsteigen könnte, hatte jedenfalls in der Hitze Italiens schwer gelitten. Sterne habe er gesehen, räumte Cavendish ein, der mit 34 Tagessiegen zusammen mit Eddy Merckx die Rangliste anführt.
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kns/roj/news.de
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