Der Mercedes-Aufschwung verhilft Lewis Hamilton nach langer Abstinenz wieder auf das Formel-1-Podest. Reicht das schon, um den Wechsel zu Ferrari infrage zustellen? Bei der Scuderia kracht's.
Nach dem Ende seiner Formel-1-Durststrecke legte sich Lewis Hamilton erstmal hin. Der Rekordweltmeister streckte sich mit schwarzer Sonnenbrille auf der Nase und pinkem Mobiltelefon in der Hand auf der weißen Couch aus, auf der die Piloten nach einem Grand Prix nochmal Rede und Antwort stehen - oder wie zunächst in Hamiltons Fall: liegen. 238 Tage nach seinem letzten Podestplatz im Herbst vergangenen Jahres in Mexiko kehrte der Engländer beim Grand Prix von Spanien als Dritter auf das Podium zurück.
Es war ein wichtiger Energieschub auf Hamiltons Mercedes-Abschiedstournee, ehe er ab kommendem Jahr den Platz von Carlos Sainz bei Ferrari einnimmt und die Italiener wieder zum Weltmeister machen soll. "Was für eine Erlösung für den Briten", schrieb der "Blick" in der Schweiz. "Ich fühle mich großartig, ich fühle mich einfach fantastisch", räumte der 39-Jährige nach seinem 198. Podestplatz ein. Kein anderer Fahrer hat mehr. Hamilton hat damit in seinen 18 Saisons immer mindestens einmal das Podium erreicht. Auch das ist Rekord.
Hamilton braucht diesen Stimmungsschub
Ist Hamilton aber wieder siegfähig? "Ich denke, das ist unser Maximum im Moment", sagte er und dämpfte die Hoffnungen seiner Fans. "Wir sind immer, das ganze Jahr hindurch, am Finetuning. Aber wir müssen ein paar zusätzliche Dinge ranschaffen, um mit diesen Jungs mithalten zu können." Mit diesen Jungs waren Red-Bull-Sieger Max Verstappen und der Zweite Lando Norris im McLaren gemeint.
Das Problem trotz des sich immer deutlicher abzeichnenden Aufschwungs bei Mercedes ist für Hamilton aber die Qualifikation. Diese eine schnelle Runde für eine gute Ausgangsposition im Rennen will ihm einfach nicht gelingen. Sein bestes Qualifikationsergebnis 2024? Rang drei eben in Spanien. "Es tut gut, endlich mal ein sauberes Wochenende zu haben", befand Hamilton. "Hoffentlich versetzt uns das für die nächsten Rennen in eine gute Position."
Bereut Hamilton seinen Wechsel?
Zur Schnelllebigkeit des wirklich schnelllebigen Formel-1-Geschäfts gehört es, dass der siebenmalige Weltmeister nach seinem erfolgreichen Barcelona-Wochenende schon gefragt wurde, ob er schon wegen seines Ferrari-Wechsels ins Grübeln gerate?
"Ich bin bei Mercedes, seit ich 13 bin, und ich werde immer ein Fan und Unterstützer von Mercedes sein. Und meine Aufgabe in diesem Jahr ist es, mit der Crew, die ich habe, und den Leuten im Werk so hart wie möglich zu arbeiten, um zu versuchen, das Auto in die richtige Richtung zu bringen und zu entwickeln", erklärte Hamilton.
"Lässt mich meine Entscheidung nicht infrage stellen"
Sein Job laute aber ab 2025: Ferrari. "Ich denke, sie hatten ein paar schwierige Rennen, aber wir dürfen nicht vergessen, dass sie in Monaco ein Rennen gewonnen haben. Ich kann Ihnen nicht sagen, was mit ihrem Auto nicht stimmt und warum sie heute in dieser Position sind", erläuterte Hamilton weiter. "Aber sie machen definitiv Fortschritte. Und das lässt mich meine Entscheidung überhaupt nicht infrage stellen."
Nach Platz eins in Monaco für Charles Leclerc und Platz drei für Teamkollege Carlos Sainz blamierte sich Ferrari mit einem Doppel-Ausfall in Kanada. In Spanien nun landete Leclerc als Fünfter direkt vor Sainz. Auch das entsprach nicht den Ansprüchen der stolzen Scuderia. Hinzukamen gleich mehrere Zoff-Fronten.
Zoff 1: Sainz gegen Leclerc
Ein heftiger Streit entbrannte zwischen Leclerc und Sainz. Als "Kontroverse im Hause Ferrari" erkannte dies "La Gazzetta dello Sport". Auslöser des Stunks war ein Zweikampf Ende der zweiten Runde, als es schließlich zwischen den beiden Fahrern auch zur Berührung auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya kam.
"Es ist schade, denn das Team hatte uns vor dem Rennen gesagt, dass wir zu diesem Zeitpunkt des Rennens die Reifen schonen sollten. Genau das habe ich in der letzten Kurve getan, die eine wirklich gute Kurve dafür ist", erläuterte Leclerc wie ein Musterschüler. Bei der betreffenden Aktion beschädigte er auch den Frontflügel seines Wagens.
"Er beschwert sich zu oft nach einem Rennen"
"Es ist ein bisschen unnötig, aber ich verstehe auch, dass es sein Heimrennen ist und ein wichtiger Moment in seiner Karriere. Also wollte er wohl etwas Spektakuläres machen. Aber ich war wahrscheinlich nicht die richtige Person, um das zu tun", bemerkte Leclerc spitz.
Sainz reagierte angefressen. "Ich glaube, er beschwert sich zu oft nach einem Rennen über irgendetwas", ätzte er in Richtung Leclerc. "Ich bin an Charles vorbeigegangen, weil ich nicht wusste, ob er einen Fehler gemacht hat oder ob er einfach ein bisschen zu viel sein Rennen kontrollieren wollte."
Zoff 2: Sainz gegen Hamilton
Ein Zoff war für Sainz aber nicht genug. In der Boxengasse wäre er nach einem Stopp fast mit Mercedes-Fahrer George Russell kollidiert. Mit Hamilton geriet er nur wenig später auf dem Kurs aneinander. Im ersten Drittel des Rennens fühlte sich Sainz bei einem Zweikampf von diesem abgedrängt und verstand nicht, warum der Brite nicht bestraft wurde. "Wenn man exakt nach den Regeln geht, würde ich sagen: Das ist nicht erlaubt. Wenn man mich aber als Rennfahrer fragt, würde ich sagen: Es war ein harter Move", erklärte Sainz.
Hamilton bewertete den Vorfall mit dem Spanier mit der Gelassenheit eines 103-maligen Rennsiegers. "Ich glaube, alle Überholvorgänge waren sehr knapp. So sollte es doch sein, oder?", meinte er. Wenn Hamilton bei Ferrari anfängt, ist Sainz für ihn längst Geschichte.
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