Erstellt von Corina Lingscheidt - Uhr

Alle Körperformen sind schön: Wie beeinflusst Body Neutrality das mentale Wohlbefinden?

Durch die Akzeptanz des eigenen Körpers und dem Fokus auf die eigene Persönlichkeit ermöglicht Body Neutrality ein entspannteres und selbstbewussteres Auftreten, unabhängig von äußeren Merkmalen.

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Foto: Tobias Hase/dpa-tmn Bild: Tobias Hase/dpa

Zudem setzt sich die Bewegung gegen Kleiderklischees und -vorschriften ein und ermöglicht es jedem individuell, sich in seinem persönlichen Stil wohlzufühlen und auszudrücken.

Wie wir unseren Körper wahrnehmen sollen, davon scheint die Body-Positivity-Bewegung auf Instagram und Co. eine genaue Vorstellung zu haben. Man schaue in den Spiegel und feiere jedes Fältchen, Pickelchen oder Pölsterchen ohne Wenn und Aber. Das mag an manchem Tag gelingen, am nächsten dann wieder nicht. Denn sich selbst zu jedem Zeitpunkt zu 100 Prozent zu supporten, ist schwer. Es verlangt von uns viel inneres und nach außen ausgestrahltes Selbstbewusstsein. Selbst dann, wenn wir darauf gerade keine Lust haben. Aber ist das wirklich der ursprüngliche Sinn von Body Positivity?

Die Body-Positivity-Bewegung nahm ihren Ursprung während der zweiten Welle des Feminismus. In den 1960er- und 1970er-Jahren kämpften vornehmlich weiße Frauen für mehr Rechte unter Männern. Schwarze und hochgewichtige Frauen hatten dagegen kaum eine Chance, sich in der Gesellschaft sichtbare Präsenz zu verschaffen. Aus ihrem Wunsch heraus, gegen strukturelle Diskriminierung – vor allem „Fat discrimination" – vorzugehen, entstand die Body-Positivity-Bewegung.

Zu Beginn ging es also nicht darum, sich selbst mit aller Macht schön finden zu müssen. Dass dieser Ansatz unterbewusst ständig die Auseinandersetzung mit dem eigenen Aussehen und damit Druck erzeugt, ist inzwischen vielen klar. Denn so sehr man (oder frau) die eigenen Kurven feiert – es reicht ein negativer Kommentar von außen, um das teils aufgesetzte Selbstvertrauen wie ein Kartenhaus einzureißen. In solch einer Situation fällt es nicht leicht, den eigenen Körper und seine vermeintlichen Makel mental mit Lob zu überschütten. Dass das auch gar nicht sein muss, zeigt die Body-Neutrality-Bewegung.

Was ist Body Neutrality und warum tut es unserer Gesundheit gut?

Grob übersetzt bedeutet Body Neutrality nichts anderes, als ein neutrales Verhältnis gegenüber dem eigenen Aussehen zu entwickeln. Statt sich mit Adleraugen im Spiegel zu betrachten und auch wirklich jeden Zentimeter Haut – ob raue Stelle, Hornhaut oder Orangenhaut – toll finden zu müssen, geht der Fokus weg vom Äußeren. Der Sinn dahinter besteht darin, das Selbstwertgefühl nicht aus dem äußeren Erscheinungsbild und seiner Wirkung auf die Umwelt zu ziehen. Vielmehr sollen wir uns auf uns, unsere mentale Gesundheit und unser Wohlbefinden konzentrieren.

Bei Body Neutrality soll es gezielt um die Beschäftigung mit dem eigenen Ich gehen. Dadurch wird das Hauptaugenmerk vom Äußeren auf das Innere gelenkt. Statt uns über Dehnungsstreifen, Fältchen oder unser Gewicht zu ärgern, respektieren wir unseren Körper als das, was er ist: das (meist) zuverlässige Zuhause des eigenen Ichs. Was zunächst esoterisch klingen mag, heißt in einfachen Worten: Unser Körper ist tagtäglich für uns da. Er verdient daher auch ohne ständige Optimierung Akzeptanz und Respekt.

Body Neutrality unterstützt das seelische Wohlbefinden

Während Body Positivity rund um die Uhr Selbstliebe fordert, ermöglicht Body Neutrality einen entspannten Umgang mit uns selbst. Das bedeutet, wir müssen bestimmte Dinge wie den Gang ins Sportstudio nicht hinter uns bringen, um unseren Körper zu trimmen. Stattdessen halten wir uns fit, weil wir uns damit besser und glücklicher fühlen. Auch müssen wir uns nicht täglich schminken, um unseren Mitmenschen zu gefallen. Vielmehr geht es darum, uns selbst wohlzufühlen – mit Lippenstift oder ohne.

Indem wir gezielt Dinge in den Alltag einplanen, die uns guttun, können wir Körper und Geist gleichermaßen pflegen. Das gelingt mit:

  • Sport
  • gutem Essen
  • Wellness
  • ausgedehnten Schläfchen
  • Zeit zu zweit oder
  • Ausflügen in die Natur

Wer auf sein seelisches Wohlbefinden achtet, fühlt sich entspannter und trägt diese Ausgeglichenheit auch nach außen. Dadurch wirken wir selbstbewusst und von innen strahlend – unabhängig von Körpergröße, -form oder -gewicht.

Gleichzeitig ermöglicht es uns die Body-Neutrality-Bewegung, uns mehr mit unserer Persönlichkeit zu befassen und uns über sie zu definieren. Unser Selbstvertrauen ziehen wir also nicht darüber, wie dick, dünn, blass oder braungebrannt wir sind. Stattdessen können wir uns darauf konzentrieren, wie lustig, energiegeladen und clever wir jedem Tag aufs Neue begegnen. Ganz nach dem Motto: Wahre Schönheit kommt von innen.

Body Neutrality macht Schluss mit Rollenklischees und Dresscodes

„Wer eine breite Hüfte hat, sollte keine Hüfthosen tragen", steht so oder so ähnlich in manchem Moderatgeber. Auch Weisheiten wie „Querstreifen machen dick" oder „kleine Muster tragen auf" halten sich hartnäckig in vielen Köpfen. Allerdings handelt es sich bei solchen Phrasen nicht um unerschütterliche Gesetzmäßigkeiten, an die es sich unter allen Umständen zu halten gilt. Vielmehr sind viele dieser Sätze längst überholt und bauen unnötig Druck von innen und von außen auf.

Die Body-Neutrality-Bewegung setzt sich gezielt gegen Kleiderklischees und -vorschriften ein. Gesellschaftliche Erwartungen hinsichtlich der Kleiderwahl rücken damit in den Hintergrund. Wichtiger wird unser eigenes Verhältnis zu dem, was wir tragen. Womit fühlen wir uns wohl? Welche Farben und Schnitte gefallen uns? Statt fieberhaft zu überlegen, welche Designs vermeintliche Problemzonen kaschieren, leiten uns die eigenen Gefühle bei der Auswahl.

Ob schlank oder kurvig – wer fließende Stoffe und locker fallende Oberteile mag, schaut sich Tuniken in verschiedenen Größen an und wählt das Stück, das ihm oder ihr am besten gefällt. Soll das Outfit lieber sportlich und betont geschlechtsneutral sein, kommt eine Kombi aus schlichtem T-Shirt und Jeans infrage. Der modischen Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Unifarben oder bunt, cool oder verspielt, glatt oder flauschig – optisch darf der Look die eigene Persönlichkeit auf jede erdenkliche Art und Weise widerspiegeln.

Auch durch diese Freiheit in Sachen Kleiderfragen nimmt Body Neutrality Druck aus unserem Alltag. Immerhin geht es nicht länger darum, den eigenen Körper mit optischen Tricks in eine bestimmte Form zu pressen oder – wenn das nicht gelingt – vor den Augen anderer zu verstecken. Nein, wir dürfen uns so zeigen, wie wir uns wohl- und schön fühlen.

lic/news.de

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