Dass sie Endlosbeine zaubern, ist kein Geheimnis. Doch was macht den Mythos High Heels sonst noch aus? Sind Frauen auf hohen Hacken dominater oder besser im Bett? Und warum denken wir das?
Im Frühling und Sommer tippelt und stöckelt es wieder an allen Ecken. Röcke und Shorts lassen sich perfekt zu High Heels tragen. Aber liegt es nur an den knappen Outfits, die die Damenwelt gern zu hohen Schuhen kombiniert, dass Männer sich nach den klappernden Absätzen umdrehen? Oder haben Stilettos ihren ganz eigenen Reiz?
In der Modepsychologie gibt es zwei recht gegensätzliche Erklärungen dafür, was High Heels so sexy macht. Am weitesten verbreitet ist die Ansicht, dass spitze Absätze eine gewisse verruchte Autorität, Erhabenheit und Unabhängigkeit ausstrahlen. Der Traum vieler Männer sei es, von einer Frau in hochhackigen Schuhen dominiert zu werden. Klassische schwarze Lackpumps erinnern an Fantasien aus Sexfilmen mit der strengen Gouvernante, rote Modelle an selbstbewusste Femmes Fatales, die sich nehmen, was sie wollen.
Eine ganz andere Erklärung bietet die Unterwürfigkeitstheorie vieler Psychologen. Eine Frau auf wackeligen High Heels kann nicht so schnell weglaufen, ist hilflos, verknickt sich schnell die zarten Fesseln und ist dann leichte Beute. So zumindest sehe es in manch einer Männerphantasie aus. Hier greift statt der Lust, dominiert zu werden, der uralte Beschützerinstinkt. Man möchte das unsichere - wenn auch nur unsicher laufende - Frauchen an die Hand nehmen und galant durchs Leben führen.
Bauch rein, Brust raus
Die offensichtlichste und pragmatischste Erklärung für die Beliebtheit von High Heels - sowohl bei männlichen Betrachtern als auch bei den weiblichen Trägerinnen - ist aber ganz klar der ästhetische Faktor. Hohe Absätze verlängern optisch die Beine, pushen den Po, sorgen für eine aufrechte Haltung. Diese wiederum lässt die Schultern automatisch nach hinten nehmen, was den Busen betont und einen flachen Bauch garantiert. Besser lässt sich die weibliche Figur kaum in Szene setzen.
Eine Online-Umfrage des neuen Frauen-Lifestylemagazins Women's Health bestätigt das. 94 Prozent der Männer geben hier an, dass sie Frauen in Stöckelschuhen sexy finden.
Aber was genau macht hochhackige Schuhe so anziehend für Männer? 74 Prozent finden, dass der Gang einer Frau durch Absätze erotischer wirkt. Für 73 Prozent sind Stöckelschuhe sexy, weil die Beine der Frau dadurch länger und ihre Proportionen schöner wirken. 72 Prozent finden, dass die weibliche Körperhaltung mit High Heels eine attraktivere ist, und 53 Prozent sehen die Rundungen einer Frau durch hohe Schuhe besonders betont.
Als Zicke abgestempelt?
Ganz kritiklos blicken die Männer aber nicht auf Stilettos und Co. 86 Prozent räumten in der Umfrage ein, dass Frauen, die in High Heels nicht laufen können, es besser lassen sollten. 53 Prozent zeigen Mitgefühl und sagen, dass Stöckelschuhe zwar super aussehen, aber die Frauen, die sie tragen, ihnen leidtun. Immerhin knapp 25 Prozent haben offenbar ganz schlechte Erfahrungen gemacht und erklären, dass sie Frauen in Stöckelschuhen eher «nervig und anstrengend» finden. Gesundheitsbewusst zeigen sich zumindest 19 Prozent der Befragten: Sie halten High Heels für «übertrieben, ungesund und unnatürlich».
Ganze 41 Prozent gehen aber davon aus, dass Frauen mit High Heels «wahrscheinlich besser im Bett» sind. Wie sie darauf kommen? Es könnte was dran sein: Die italienische Urologin Maria Angela Cerruto von der Uni Verona bewies 2008 in einer Studie: Wer hohe Absätze trägt, hat besseren Sex. Das Laufen auf hochhackigen Schuhen trainiert die Beckenbodenmuskulatur - und die ist fürs Liebesleben entscheidend. Durch einen trainierten Beckenboden erhöht sich das Lustempfinden beim Sex. Die Wahrscheinlichkeit, einen Orgasmus zu erleben, stieg bei den 70 Probandinnen um das Dreifache. Ideal sind laut Cerruto Schuhe, die den Fuß in einem Winkel von 15 Grad bringen. Das entspricht einer Absatzhöhe von fünf bis sieben Zentimetern.
Eine Untersuchung des kalifornischen Harvey Mudd Colleges ergab zudem: Stilettos verhelfen zu schöneren Beinen. Menschen auf Absätzen gebrauchen nämlich ihre Wadenmuskeln gleichmäßiger. Das sorgt dafür, dass die Unterschenkel schöner geformt und symmetrischer aussehen.
Schiefe Zehen, krummer Rücken
Für Füße und Rücken stellen High Heels trotzdem ein beträchtliches Gesundheitsrisiko dar. So ist enges, unpassendes Schuhwerk ein Auslöser des Hallux valgus, dem pathologischen Schiefstand der großen Zehe. Zudem belasten die hohen Hacken die Lendenwirbelsäule und verstärken das Hohlkreuz.
Und auch auf den Sex-Faktor sollte Frau sich trotz allem nicht vollkommen verlassen. Einer Studie der Northumbria University zufolge bemerken Männer nämlich an Gang und Körperhaltung nicht, ob eine Frau High Heels trägt oder nicht. Die Forscher ließen Frauen im Labor auf- und abschreiten, zeichneten die Bewegungen auf und erstellten mit einem Computer 3D-Modelle der Damen. Anschließend sahen sich die männlichen Versuchsteilnehmer die Animationen an. Sie konnten, ohne die Füße zu sehen, nicht erkennen, ob die Frauen flache Schuhe trugen oder stöckelten. Von wegen aristokratische Haltung, endlos wirkende Bein und knackiger Po. Die körperlichen Veränderungen fallen vielleicht doch gar nicht so stark ins Auge.
Lesetipp: High Heel Fitness – Sicher und sexy laufen in hohen Schuhen, WVG Medien GmbH, Oktober 2010, 12,49 Euro.
ham/rzf/news.de