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Promi-News: "Alles überstanden?" Drosten und Mascolo über Lehren aus der Pandemie

Eines ist sicher: Ein nächstes Mal wird es geben. Haben wir genug gelernt aus der Corona-Pandemie? Darüber sprach der Virologe Christian Drosten mit dem Journalisten Georg Mascolo. Im daraus entstandenen Buch geht es auch um soziale Gerechtigkeit.

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Die Welt der Stars im Blick: Aktuelle Promi-Nachrichten lesen Sie auf news.de (Symbolbild). Bild: picture alliance / dpa | Sebastien Nogier

Kaum ein Experte stand während der Corona-Pandemie so im Fokus der Öffentlichkeit wie Christian Drosten. Sehr viele Menschen und auch die Politik maßen den Einschätzungen des langjährigen Experten für Coronaviren große Bedeutung zu. Doch auch Anfeindungen gab es. Im Buch "Alles überstanden?" blickt der Virologe im Gespräch mit Georg Mascolo, dem früheren Chefredakteur des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel", zurück auf die Jahre der Pandemie.

Um das politische Krisenmanagement und die Rolle von Wissenschaft und Medien geht es dabei ebenso wie um die Herkunft von Sars-CoV-2 und die Frage: Wie verhindern wir die nächste Pandemie? "Ein überfälliges Gespräch zu einer Pandemie, die nicht die letzte gewesen sein wird", verspricht der Untertitel. Was lief gut, was lief schlecht? Welche Entscheidungen waren übertrieben, welche wurden zu spät getroffen? Fragen wie diesen haben sich Drosten und Mascolo in dem im Herbst vergangenen Jahres begonnenen Gespräch gewidmet.

"Naturkatastrophe in Zeitlupe"

Eine Pandemie sei "eine Naturkatastrophe in Zeitlupe", vergleichbar mit einem Vulkanausbruch oder einem Kriegsausbruch, sagt Drosten, Direktor des Instituts für Virologie der Charité Berlin. "Letzteres ist körperlich und physikalisch schlimmer und unmittelbarer, man denke nur an die Menschen in der Ukraine. Doch von der Auswirkung, also was die Anzahl der Toten, die Einschnitte ins Leben, die wirtschaftlichen Verluste angeht, ist sie vergleichbar. Es kann alles kaputtgehen, aber es geschieht eben langsam."

Drosten beschreibt, wie ab Ende Januar 2020 Beratungsrunden anliefen, zu denen er mit anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eingeladen wurde. "Einer der ersten Spitzenpolitiker, die sich mit einem Beratungswunsch meldeten, war die Kanzlerin Angela Merkel." Für das Vieraugengespräch in ihrem Büro sei er mit dem Fahrrad zum Kanzleramt gefahren. Viel Hilfe bei der Verdeutlichung der möglichen Entwicklung habe Merkel nicht gebraucht: "Sie hat sofort verstanden, worum es rechnerisch ging."

Vieldiskutiert: Schulschließungen

Ausführlich sprechen Drosten und Mascolo über das vieldiskutierte Thema der Schulschließungen, unter anderem darüber, welche Entscheidung zu welcher Zeit in welchem Kreis fiel. Um potenzielle negative Folgen der Schließungen sei es schon anfangs gegangen, sagt Drosten - "aber zugegeben weniger um verpasste Bildungschancen oder andere Folgen für Kinder". Im Fokus habe vielmehr gestanden, dass viele junge Eltern gerade im wichtigen Medizin- und Pflegebereich nicht zur Arbeit kommen können, wenn ihre Kinder nicht in die Schule oder die Kita gehen können. "Da gab es große Befürchtungen, dass dann plötzlich unentbehrliche Arbeitskräfte nicht mehr zur Verfügung stehen."

Drosten betont mehrfach, dass Maßnahmen an den Arbeitsplätzen ebenfalls als sehr effizient einzustufen seien, dort hätten sich aber anders als bei den Schulen starke Interessenvertreter durchgesetzt. "Die Arbeitgeber wollten einen ungehinderten Betrieb, es gab nie eine ähnlich scharfe Regelung zur Homeoffice-Pflicht."

Auch Mascolo erklärt, dass die Emotionalität bei der Frage der Schulschließungen durch ein damit verbundenes größeres Thema entstand: die Verteilung der Lasten während der Pandemie. "Der Satz "Vor der Krankheit sind alle gleich" könnte kaum weiter von der Realität entfernt sein. Während der Pandemie traten die sozialen Ungerechtigkeiten besonders deutlich zutage." Dabei sei allein schon aus vergangenen Pandemien klar gewesen, dass soziale Fragen dann immer von herausragender Bedeutung sind.

Prävention mindert Vorsicht

An anderer Stelle erläutert Drosten, warum das in Deutschland vergleichsweise glimpflich verlaufende Frühjahr 2020 wohl für ein Präventionsparadox sorgte, das die Welle ab dem Herbst umso heftiger ausfallen ließ. "Man sieht die Krankheiten nicht, die man verhindert hat, und ist dann blind für die Folgen, die ohne Präventionsmaßnahmen eingetreten wären", so der Virologe. "Man sieht also nur den Schaden durch die Präventionsmaßnahmen und übersieht den Nutzen."

Auch nach der Pandemie schlage das Präventionsparadox wieder zu. "Jetzt haben viele den Ernst der damaligen Lage vergessen und wollen suggerieren, die Maßnahmen seien in Wirklichkeit alle übertrieben gewesen", so Drosten. "Es ist ein so offensichtlicher Mechanismus, und doch fällt man immer wieder auf ihn herein."

Ein Beispiel dafür ist Mascolo zufolge auch, dass die Politik für eine vermeintlich überteuerte präventive Einlagerung von Schutzausstattung wie Masken rasch mal kritisiert werde. "Man glaubt an das Just-in-time-Prinzip – in der Krise kauft man halt schnell, was man braucht, obwohl das in einer weltweiten Krise dann alle gleichzeitig brauchen", erklärt der Journalist. "So ein Verhalten ist sträflich. Niemand kritisiert die Feuerwehr dafür, dass sie genügend Schläuche kauft, auch wenn es dann gar nicht brennt."

Wo kam das Virus her?

Ausführlich gehen die Autoren auf die noch immer - und wohl auch in Zukunft - unklare Herkunft von Sars-CoV-2 ein. "Für mich ist die Frage nach der Herkunft des Coronavirus eines der großen naturwissenschaftlichen Rätsel unserer Zeit", so Mascolo. "Hat die Natur oder der Mensch diese Büchse der Pandora in Wuhan geöffnet?" Diese Frage sei politisch ungeheuer aufgeladen und er halte es für unverantwortlich, dass China die Suche nach dem Ursprung des Virus bis heute blockiere.

Auch der Weg Chinas in der Pandemie wird von Mascolo kritisiert. Dort habe man lange versucht, das Virus zu unterdrücken, dann plötzlich trotz geringer Impfquote alle Maßnahmen beendet. "Von Null-Covid ging es bruchlos zu Full-Covid." China sei erkennbar unfähig gewesen, den einmal eingeschlagenen Kurs zu korrigieren. "In einem solchen Land verlieren die Menschen eher ihr Leben als das Regime sein Gesicht."

Natürlich würden auch in Demokratien Dinge falsch eingeschätzt, "aber dann gibt es sofort Widerspruch, aus der Opposition, der Wissenschaft, der Zivilgesellschaft und den Medien. Das führt zu Korrekturen", sagt Mascolo. Diktaturen aber verbreiteten Angst, nach außen und vor allem auch nach innen. "Wer unbedingt einen Grund für Demokratiemüdigkeit finden will, muss sich schon etwas anderes als die Pandemie suchen."

Mangelnde Aufarbeitung

Aufarbeitung werde es in China sicher nicht geben - doch auch in Deutschland mangelt es Mascolo zufolge noch daran. In Schweden sei der finale Report schon im Februar 2022 vorgelegt worden. Auch Großbritannien stelle sich "einer rigorosen Aufarbeitung" mit einer dafür gegründeten Kommission. Dort kämen auch die Angehörigen der vielen am Virus Verstorbenen zu Wort, ergänzt Drosten. "Und", so Mascolo, "stellen eine Frage, die zwingend zu jeder Aufarbeitung der Pandemie gehört: Wer ist eigentlich gestorben, der nicht hätte sterben müssen, weil politische Entscheidungen eben nicht oder zu spät getroffen wurden?"

Mangelnde Aufarbeitung sieht Drosten auch bei den Medien. Diese hätten während der Pandemie teils stark polarisiert. "Dabei sollten sie doch gerade in solchen Zeiten eine Wächterfunktion haben", kritisiert der Virologe. Mascolo ist ebenfalls der Ansicht, dass Polarisierung auch in klassischen Medien inzwischen zum Geschäftsmodell geworden sei - "eine Entwicklung, die wir aus den USA kennen und die, so fürchte ich, auch in Deutschland eher noch zunehmen wird".

Die Verantwortung dafür, dass Bürgerinnen und Bürger zunehmend ihr Vertrauen in politische Entscheidungen verloren, liege nicht allein bei der Politik, meint Mascolo. Vertrauen schwinde, "wenn Teile der Wissenschaft oder der Medien Seriosität, Faktentreue und Transparenz vermissen lassen". Umso wichtiger sei es, sich der "fatalen Entwicklung zu entziehen und einen Journalismus zu praktizieren, der klüger macht und nicht erregter".

"Würde mich wieder der Verantwortung stellen"

Im Fokus polarisierender Darstellungen stand allzu oft Drosten selbst, was ihm neben etlichen verbalen Anfeindungen auch tätliche einbrachte, wie es im Buch heißt. "Würden Sie sich eigentlich noch einmal so in die Öffentlichkeit begeben?", wird der Virologe deshalb von Mascolo gefragt. "Es waren Millionen Menschen in Gefahr, sollte ich mich da raushalten, nur weil ich zwischendurch auch mal verprügelt wurde?", antwortet Drosten. "Ich würde mich in einer vergleichbaren Situation, wenn ich einer der wenigen Experten wäre, die etwas Wesentliches beizutragen haben, wieder der Verantwortung stellen."

Einer der wichtigsten und gefährlichsten Pandemie-Kandidaten sei aktuell das Vogelgrippevirus H5N1. Das Virus scheine sich bei Kühen einen neuen Infektionsmechanismus erschlossen zu haben. "Im Moment kann man gar nicht abschätzen, was das hinsichtlich der Eindämmung und der potenziellen Gefahr für den Menschen bedeutet." Als weitere mögliche Kandidaten für eine Pandemie nennt Drosten das bei Dromedaren kursierende und auf Menschen übertragbare Mers-Coronavirus, bestimmte Paramyxoviren wie das Nipah-Virus und das Affenpockenvirus.

"Alles überstanden?" ist dank des Gesprächscharakters ein außerordentlich gut und spannend zu lesendes Buch, das neben einer Chronologie zu den für Deutschland bedeutsamen Ereignissen und Entscheidungen auch ein sehr ausführliches Quellen-Register beinhaltet. An vielen Stellen rücken die beiden Autoren schiefe Bilder und Mythen gerade, wobei stets auch erklärt wird, wie sie entstanden. Von persönlichen Erfahrungen und Eindrücken geprägt bietet es einen informativen Schritt der Aufarbeitung.

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+++ Redaktioneller Hinweis: Diese Meldung wurde basierend auf Material der Deutschen Presse-Agentur (dpa) erstellt. Bei Anmerkungen oder Rückfragen wenden Sie sich bitte an hinweis@news.de. +++

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