Was passierte wirklich in dem Leipziger Hotel, als der Sänger Gil Ofarim einchecken wollte? Offiziell laufen die Ermittlungen zu der mutmaßlichen antisemitischen Diskriminierung noch - der Präsident des Zentralrats der Juden äußert jedoch zaghafte Zweifel an den Darstellungen des Sängers.
Einen Monat liegt die Veröffentlichung eines Instagram-Videos zurück, das für viel Wirbel sorgte: Der Sänger Gil Ofarim hatte sich in einem emotionalen Clip bei seinen Fans gemeldet, um einen Fall von alltäglichem Antisemitismus mitten in Deutschland zu schildern. Der Musiker gab zu Protokoll, in einem Leipziger Hotel aufgrund seiner Kette mit Davidstern am Einchecken gehindert worden zu sein - der Aufschrei ließ nicht lange auf sich warten.
Gil Ofarim äußert Antisemitismus-Vorwürfe - doch was geschah wirklich in der Hotellobby?
Nach den Anschuldigungen wurden seitens des betroffenen Hotels und der Staatsanwaltschaft Ermittlungen eingeleitet, die auch Wochen nach dem Vorfall noch nicht offiziell abgeschlossen sind. Zeugenaussagen zogen die Behauptungen von Gil Ofarim jedoch in Zweifel - eine mögliche Wendung in dem Antisemitismus-Fall, der auch den Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland nicht kalt lässt.
Zentralratspräsident Josef Schuster: Hemmschwelle für antisemitische Äußerungen sinkt
Schuster äußerte sich vor dem 9. November, an dem der judenfeindlichen Pogrome der Nationalsozialisten 1938 gedacht wird, zu aktuellen Situation von Juden in Deutschland sowie zu immer wieder gemeldeten antisemitischen Zwischenfällen.In Deutschland sinkt Josef Schusters Ansicht zufolge die Hemmschwelle, Antisemitismus offen zu zeigen. "Ich glaube nicht, dass die Anzahl der Menschen mit antijüdischen Vorurteilen zugenommen hat", sagte Zentralratspräsident Josef Schuster. "Sondern man traut sich eher, Dinge zu sagen, die man früher nicht ausgesprochen hätte."
Zentralratspräsident Josef Schuster äußert leise Zweifel an Aussagen von Gil Ofarim
Einen Monat nach Antisemitismusvorwürfen des Sängers Gil Ofarim gegen ein Leipziger Hotel äußerte sich Schuster zurückhaltend. Ofarim hatte erklärt, ein Hotelmitarbeiter habe ihn am Check-In aufgefordert, seine Kette mit einem Davidstern einzupacken. Schuster hatte kurz darauf eine Entschuldigung des Hotels verlangt. Später tauchten Zweifel an Ofarims Darstellung auf.
Schuster sagte: "Zunächst habe ich keine Zweifel gehabt an der Darstellung von Gil Ofarim." Er halte seine damaligen Stellungnahmen nicht für voreilig. Er stehe zum Grundsatz, immer auch die andere Seite zu hören, und wolle das Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen abwarten. Doch fügte Schuster hinzu: "Wenn der Vorfall sich nicht in ähnlicher Form abgespielt hat, wie er von Gil Ofarim dargestellt wurde, dann muss ich sagen, hätte ich für sein Verhalten überhaupt kein Verständnis. In diesem Fall hätte Gil Ofarim dem Kampf gegen Antisemitismus einen Bärendienst erwiesen."
Josef Schuster ist Arzt in Würzburg und seit 2014 Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland.
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loc/news.de/dpa
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