Eine Fußball-Legende hat Geburtstag: Franz Beckenbauer wird am 11. September 2020 75 Jahre jung. Wie es dem "Fußball-Kaiser" in den letzten Jahren ergangen ist, welcher Verlust ihn hart traf und wie sein Leben heute aussieht, verriet er im Interview.
Franz Beckenbauer ("Meine Gegner. Meine Freunde. Stationen einer Karriere") wird am 11. September 2020 75 Jahre alt - und alle werden ihm gratulieren wollen. Doch wird es sich anders anfühlen als in den Jahren davor. Auch anders als an seinem 70. Geburtstag. Der "Kaiser" ist nicht mehr der alte. Das Bild von ihm leuchtet nicht mehr so unvergleichlich.
Franz Beckenbauer feiert 75. Geburtstag im September 2020
Rein äußerlich hat er sich gar nicht mal so sehr verändert. Sein Lächeln ist noch genauso freundlich wie ehedem, das Haar ist schütterer und ein bisschen weißer, die Gesichtshaut ein wenig blasser. Er wirkt zierlicher, verletzlicher. Und seine Stimme ist brüchiger geworden, etwas höher, wie ältere Herren eben oft sprechen, wenn sie unweigerlich in die Jahre kommen.
Er sagt, dass alle anderen Geburtstage "leichter" an ihm vorübergegangen seien. "Ich muss sagen, dass mich dieses Alter zum ersten Mal in meinem Leben ein bisschen nachdenklich macht", erklärte er dem Mitglieder-Magazin "51" des FC Bayern München.
Fußball-"Kaiser" wird 75: Mit dem Alter wird er nachdenklich
Er denke, das gehöre zum Leben, "dass man zwangsläufig mal an den Punkt kommt, an dem man darüber nachdenkt, dass das Leben endlich ist: Wann ist es so weit, dass du entschwindest? Und in welche Sphären? Das Weltall da draußen ist groß genug, es gäbe jedenfalls genug Möglichkeiten, wohin es einen verschlagen könnte."
Es ist ihm nicht besonders gut ergangen in den letzten Jahren. Er wurde am Herzen operiert, er hatte eine Leisten-OP und bekam ein künstliches Hüftgelenk, er erlitt einen Augen-Infarkt, der die Sehkraft des rechten Auges einschränkte.
Jubilar Beckenbauer zu privatem Schicksalsschlag: "Der Tod von Stephan war der größte Verlust"
Das schlimmste Schicksal ist der Fußball-Legende jedoch im Jahr 2015 widerfahren: Sein ältester Sohn Stephan starb mit nur 46 Jahren an einem Hirntumor. In einem Interview mit der "Bild" sprach Franz Beckenbauer über den Schmerz, den er beim Tod seines Sohnes Stephan verspürt hat.
"Ich hatte zuvor in meinem Leben Probleme nie kennengelernt. Es ging ständig bergauf und es gab wenig Widerstand. Deshalb trifft dich ein solcher Schicksalsschlag dann ganz besonders, weil ich nicht gelernt hatte, mit Problemen umzugehen", sagte Beckenbauer der "Bild" und fügte hinzu: "Der Tod von Stefan war der größte Verlust in meinem Leben. Ich weiß nicht, ob man den Tod seines Kindes jemals verarbeiten kann. Wahrscheinlich nicht."Bei seiner Beerdigung hatte man einen gebrochenen Vater gesehen. Ein in Trauer und Leid erstarrtes Gesicht. Er hat sich nie davon erholt.
Zu bereuen hat Beckenbauer heute nichts. "Bereuen? Was denn? Nein! Ich hätte einiges werden können, sogar FIFA-Präsident. Aber ich hab's nicht gemacht. Und heute sage ich, Gott sei Dank! Ich bin ohnehin nicht der Typ, der viel zurückschaut", sagte er.
Beckenbauer zieht sich immer mehr zurück
Franz Beckenbauer hat sich im Laufe der Jahre mehr und mehr aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Die Lichtgestalt, die auf alle anderen, die ihn umgaben, einen mächtigen Schatten warf, stand auf einmal selbst im Schatten. Dabei war er seit Jahrzehnten die Lieblingsfigur der Deutschen. Das lag nicht nur an seiner überragenden sportlichen Bilanz als Spieler und Trainer (zweimal Weltmeister, Europameister, Weltpokalsieger, dreifacher Europapokalsieger der Landesmeister, zehn nationale Meisterschaften). Wegen seiner unvergleichlich eleganten Spielweise hatte man ihn "Kaiser" getauft.
Franz Beckenbauer wurde als Überflieger der Fußball-Welt zur Legende
Beckenbauer war das Glückskind der Nation. Wo er war, war oben. Als er seine mit Konfuzius-Zitaten garnierten Sprüche zum Besten gab und das "Franzeln" erfunden hat, hingen selbst Intellektuelle an seinen Lippen. Am treffendsten hat ihn der schottische Teammanager Andy Roxburgh (77) beschrieben: "Franz ist der einzige Mensch auf der Welt, der, wenn er aus dem Fenster springt, nach oben fliegen würde."
In der Tat hatten die meisten seiner Lebenszüge einen ausgesprochen spielerisch-eleganten Charakter. Wo andere schwitzten, rackerten, buckelten und sich quälten, da zelebrierte er. Mit einem Lächeln auf den Lippen und einer unnachahmlichen Lässigkeit.
Franz Beckenbauer betet heute regelmäßig - und trinkt keinen Alkohol mehr
"Kaiser" Franz Beckenbauer (74) trinkt seit einer Herz-Operation keinen Alkohol mehr. "Einmal habe ich damit wieder angefangen, da kam sofort das Herzflimmern. Seitdem lasse ich es ganz - und habe festgestellt, es geht auch ohne", sagte der Fußball-Weltmeister von 1974 und Weltmeister-Trainer von 1990 in einem "Bild"-Interview.
Er bewege sich viel, dürfe sich aber nicht mehr belasten. "Ich habe im Haus ein kleines Schwimmbad und eine Sauna. Das tut mir gut. Ich laufe im Wasser gegen den Widerstand an. Das mache ich sehr gerne", sagte der Ehrenspielführer der deutschen Nationalmannschaft.
Auf die Frage, wie man sich kurz vor dem 75. Geburtstag fühle, antwortete Beckenbauer: "Der 50. war mir wurscht. Der 70. war mir auch wurscht. Jetzt, beim 75., ist es das erste Mal, dass ich anfange nachzudenken. 75 ist ein Alter, da kannst du das Ende erahnen. Ich hoffe, dass mir vom Lieben Gott noch viele Jahre gegeben werden. Aber du weißt es nicht. Die Endlichkeit wird dir bewusst. Und das beschäftigt dich natürlich."
Angst vor dem Tod habe er nicht, sagte Beckenbauer, der in der katholischen Kirche ist. "Ich habe nie daran gedacht auszutreten. Gottesdienste besuche ich allerdings kaum noch. Aber ich bete regelmäßig." Dies seien Dankesgebete. "Ich bedanke mich für das schöne Leben, das ich führen durfte. Da ist es schon angebracht, sich jeden Tag zu bedanken", führte der ehemalige Profi aus.
Franz Beckenbauer und die Frauen: Sein Charisma bügelte jeden Fauxpas aus
Auch seine Frauenaffären hat man ihm wie einem Lausbuben verziehen. Drei Ehen, eine langjährige Beziehung - doch was soll's. Deutschland hat geschmunzelt, als Beckenbauer sagte: "Ich habe mal einen Stammbaum machen lassen: Die Wurzeln der Beckenbauers liegen in Franken. Das waren lustige Familien, alles uneheliche Kinder. Wir sind dabei geblieben."
Er war ja nie ein Marktschreier, wie so viele andere Kicker und Ex-Sportler. Er war charmant, großzügig zu den Ex-Frauen und Lebensabschnittgefährtinnen. Er stiftete und spendete, viel mehr im Stillen als in der Öffentlichkeit, gründete die Franz-Beckenbauer-Stiftung zur Unterstützung behinderter, bedürftiger und unverschuldet in Not geratener Menschen, wurde Botschafter des Kindersozialprojekts "Football for Friendship".
Die Vergabe der WM 2006 an Deutschland schien der Höhepunkt im Berufsleben des Franz B. aus München zu werden. "Wahrscheinlich ist er so mächtig, dass er sogar Regierungen stürzen könnte", meinte der Wiener Künstler André Heller, der künstlerische WM-Berater von 2006. Das war die Zeit, wo er selbst glaubte: "Alle Sonntage der Welt sind in mir vereint."
Fran Beckenbauer zieht Resümee zum 75. Geburtstag: "Ich hatte ein schönes Leben"
Dann kamen die dubiosen Nachwehen des Sommermärchens. "Was da alles war in den letzten Jahren. Mit all den Operationen und auch mit der Geschichte 2006. Das hat mich schon sehr mitgenommen. Ich sehe zwar, dass mittlerweile akzeptiert wird, dass da nichts war, aber die letzten Jahre waren schon hart", erklärte Beckenbauer im Geburtstagsinterview mit der "Bild"-Zeitung. Beschweren will er sich jedoch nicht. "Ich hatte ein so schönes Leben, dass ich für immer dankbar sein werde." Nur mit der Gesundheit hätte es besser laufen können, gibt er zu.
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