Es ist wohl das dunkelste Kapitel der spanischen Monarchie. 1956 starb der erst 14-jährige Alfonso de Borbón unter mysteriösen Umständen. Der einzige Zeuge, sein Bruder Juan Carlos, schweigt bis heute beharrlich.
Die spanische Dynastie hat in der Vergangenheit schon einige Skandale und Schicksalsschläge ertragen. Eine Frage aber bleibt bis heute ungeklärt.
Starb der spanische Prinz durch einen tödlichen Unfall?
Es ist Gründonnerstag, der 29. März 1956. Die Königsfamilie verbringt die Osterferien in der Villa Giralda in Estoril an der portugiesischen Küste. Alfonsito, wie er liebevoll genannt wird, ist zu dem Zeitpunkt erst 14 Jahre alt.Die blonde Junge mit den wachen braunen Augen ist das Nesthäkchen der Familie. Seine Eltern sind der spanische Königssohn Infant Juan de Borbón y Battenberg (1913-1993) und Maria de las Mercedes de Borbón y Orléans (1910–2000).
Der spätere König Juan Carlos von Spanien(damals 18) besucht derzeit die Militärschule im spanischen Saragossa. Er ist extra nach Estoril gefahren, um Zeit mit seiner Familie zu verbringen.Am Abend geht Alfonso zu seinem großen Bruder ins Zimmer. Gegen 20:30 Uhr kommt es dort zu einem dramatischen Zwischenfall. Im Beisein von Juan Carlos soll sich der 14-jährige beim Reinigen einer Waffe aus Versehen selbst erschossen haben. Das teilt zumindest die Spanische Botschaft am nächsten Tag mit. Doch schnell werden Stimmen laut, die den Tathergang bezweifeln.
Hat Juan Carlos seinen Bruder erschossen?
Denn die Schusswunde des Infanten ist direkt an der Stirn. Für diesen Eintrittswinkel der Kugel müsste der Junge die Waffe beim Reinigen direkt parallel zu seinem Kopf gehalten haben. Ist so etwas wirklich möglich?
Die Damenschneiderin Josefina Caraolo jedenfalls erzählt eine andere Geschichte. Die Angestellte behauptet, dass Juan Carlos die Pistole auf seinen Bruder gerichtet habe und dann abdrückte. Der damals 18-Jährige soll jedoch nicht gewusst haben, dass die Waffe noch geladen war. Ist das wirklich die Wahrheit, oder wollte sich die Schneiderin nur wichtig machen? Immerhin war sie keine Augenzeugin.
Aber auch Bernando Arnoso, ein Freund des späteren Königs, bestätigt diese Version. Nach dem Unfall hat der Vater der beiden Jungen die Tatwaffe angeblich in einen See geworfen haben. Juan soll seinen ältesten Sohn auch dazu aufgefordert haben zu schwören, dass es keine Absicht war. Wieso dieser Schwur? Traute er Juan Carlos etwa wirklich einen Mord zu? Die beiden Brüder sollen jedenfalls sehr nah gestanden haben.
Doña María de las Mercedes de Borbón y Orléans kam mit ihren beiden Söhnen Alfonso (li.) und Juan Carlos. Sie kam nie über den Tod ihres jüngsten Kindes hinweg. Sie starb im Jahr 2000 an einem Herzinfarkt.
Seine Mutter verfiel in schwere Depressionen
Es gibt aber noch eine weitere Version der Geschichte. Pilar, die ältere Schwester der beiden Jungs, soll der griechischen Autorin Helena Matheopoulos, die Wahrheit anvertraut haben. Demnach habe Alfonso seinem Bruder beim Öffnen der Zimmertür einen Stoß verpasst und dabei habe sich der Schuss gelöst.Was ist also wirklich geschehen? Erschoss sich der 14-Jährige selbst beim Reinigen der Waffe oder war es Juan Carlos, der die Kugel unabsichtlich abfeuerte?
Der einziger Zeuge des Geschehens schweigt. Es heißt der damals 18-Jährige sei schwer traumatisiert gewesen. Auch Mutter Maria (†89) konnte den Verlust ihres Jüngsten nie verkraften. Sie verfiel in schwere Depressionen und musste sich in einer Frankfurter Klinik behandeln lassen. Wenige Monate später forderte Jaime de Borbón, Onkel des Verstorbenen, eine gerichtliche Untersuchung des Vorfalls. Doch dazu kam es nie. Und so wird der Tod des kleinen Alfonsito wohl für immer ein Rätsel bleiben.
AH/add/news.de
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