Gerade hat sie Schülern aus Alexander von Humboldts Südamerikareise vorgelesen und unaufmerksame Quatscher gerüffelt. Die Moderatorin Enie van de Meiklokjes findet Lesen besser als glotzen - und engagiert sich für Bücher aus Recyclingpapier.
Und, konnten Sie die Jugend begeistern für Alexander von Humboldt?
Van de Meiklokjes: Für Humboldt wahrscheinlich nicht, aber für den Regenwald. Wir hatten noch eine Führung durch die Ausstellung, und ich finde es immer ganz toll, wenn einem jemand Beispiele erklärt. Dann bleibt es leichter im Kopf, als wenn man nur stumpf Bilder anguckt und die Unterschriften liest.
Sie haben gerade bei der Lesung selbst gesagt, dass Sie noch nie im Dschungel waren und auch nicht hin wollen, wegen der Mücken. Wieso ist der Regenwald dann Ihr Thema?
Van de Meiklokjes: Ich wurde gefragt, ob ich die Aktion unterstützen möchte, und ich finde das gut. Dschungel abzuholzen, nur um Papier herzustellen, das bei uns als Klopapier endet - man tötet ein Stück Land und damit auch den Lebensraum von Tieren, damit wir uns den Hintern abwischen können! Früher hat man viel mehr Wert auf recycelte Sachen gelegt. Ich kann mich aus der DDR erinnern, auf dem Klopapier konnte man teilweise die Zeitung noch erkennen. Das war jetzt nicht so gut recycled, aber wir hatten sowas. Und warum sollte man das nicht auch mit Büchern machen. Es werden so viele Taschenbücher hergestellt, die man einmal liest und dann nie wieder.
Sie haben immer verkündet, dass Sie lesen wichtiger finden als Fernsehen. Ist das jetzt der erste Schritt: Vorlesen, und dann bald das eigene Buch?
Van de Meiklokjes: Ach, mittlerweile schreibt ja jeder sein eigenes Buch, da könnt ich ja auch schon drei haben. Schreiben kann ich nicht, ich kann besser lesen. Ich würde gern eine Sendung übers Lesen machen, sowas wie Frau Heidenreich. Ich finde, das fehlt ein bisschen. Wenn man die Sendungen sieht, sind die meist sehr langweilig, und die Menschen sind alle ein bisschen älter und sehr verkopft. Warum kann ich nicht als Otto Normalleser auch mal sowas machen?
Früher haben Sie immer gesagt, Sie lieben Ihren Beruf als Dekorateurin so sehr. Jetzt sind Sie doch beim Fernsehen hängengeblieben. Schaffen Sie den Absprung nicht mehr?
Van de Meiklokjes: Ich weiß gar nicht. Mittlerweile gibt es überall nur befristete Verträge. Du machst 'ne Sendung, keiner guckt sie, wirst du abgesetzt, bist du arbeitslos. Ich bin total gern, mit Leib und Seele, Moderatorin. Deshalb bot sich die Sendung Wohnen nach Wunsch an. Die gibt es im Moment leider nicht mehr. Ich weiß nicht, was die Zukunft bringt, mal gucken.
Sieht es bei Ihnen zuhause denn so poppig aus, wie man es sich vorstellt?
Van de Meiklokjes: Oh – bei mir zuhause ist es sehr schlicht. Viele glauben gar nicht, dass ich da wohne. Es ist nicht alles rosa und hellblau.
Was hat es eigentlich mit dem Lesen für Kinder auf sich? Sie sind doch eigentlich auch gerade im richtigen Alter ...
Van de Meiklokjes: Das finde ich immer eine total blöde Frage. Dass man das immer gefragt wird ... warum?
Naja, Mitte 30 ... irgendwann ist die Uhr abgelaufen.
Van de Meiklokjes: Ja, aber warum?
Vielleicht möchten Sie auch gar keine Kinder haben.
Van de Meiklokjes: Sowas zu sagen, find ich auch blöd. Ich mach mir darüber keine Gedanken. Ich finde, das ist sowas, das passiert oder es passiert nicht. Ich finde auch schwierig, dass man Frauen in der Öffentlichkeit, nur weil sie vielleicht ein Gramm zugenommen haben, immer unterstellt, sie sind schwanger. Das ist sowas Privates, ich finde das ganz unwichtig.
Aber es ist doch ein wichtiger Schritt im Leben.
Van de Meiklokjes: Ja, aber vielleicht hab ich auch Kinder und keiner weiß es.
Noch eine andere Sache, die Sie natürlich total ätzend finden, das Thema Haare ...
Van de Meiklokjes: Über Heike Makatschs Haare spricht keiner mehr, dabei hat die angefangen, sich ständig die Haare umzufärben ...
Ich wollte auch gar nicht nur auf die Haare hinaus, sondern auf Ihre Künstlerpersönlichkeit, auch mit Ihrem Künstlernamen. Haben Sie nicht mal überlegt, wieder als Doreen mit aschblonden Haaren aufzutreten?
Van de Meiklokjes: Da muss ich was erklären. Ich hab drei Vornamen. Einer davon ist auch Doreen. Und wenn jemand drei Namen hat, dann kann er sich einen aussuchen. Ich hab mir Enie ausgesucht, weil ich den am schönsten und freundlichsten fand und weil er eine Verbindung zu Skandinavien hat. Aber ich bin ja auch privat so, wie ich bin. Ich bin niemand, der sich verkleidet, um in die Öffentlichkeit zu gehen. Deshalb bin ich auch Moderatorin, denn ich finde, Moderatoren sind immer sie selbst, während Schauspieler in eine Rolle schlüpfen können. Die haben es natürlich viel einfacher, sie können nach außen manchmal jemanden geben, der sie gar nicht sind. Aber ich bin leider immer ich.
Und versuchen nie, eine Rolle zu spielen?
Van de Meiklokjes: Das kann ich gar nicht. Ich bin ja immer ich. Ich find's nur verrückt, dass man in Deutschland immer in eine Schublade gesteckt wird und immer so festgelegt ist, nach dem Motto, jetzt hat sie keine bunten Haare mehr, jetzt ist sie erwachsen. Oft kriege ich auch zu hören, du hast immer so schräge Sachen an. Die Sachen sind genauso gekauft wie andere, bei H&M und C&A. Gerade in Ostdeutschland gibt es ja so lustige Menschen, da gibt es noch viel lustigere und schrägere als mich. An denen sollte man sich ein Beispiel nehmen, nicht an mir.
Ostdeutschland haben jetzt Sie gesagt. Mauerfall und Einheit sind derzeit ständig Thema ...
Van de Meiklokjes: Furchtbar.
Nervt Sie das?
Van de Meiklokjes: Dieses ganze Ostgedudel nervt mich. Ich war sehr gerne in der DDR, ich hab natürlich nur die gute DDR-Kindheit mitbekommen. Aber dieses ganze Ost, ich find das sowas von anstrengend. So wie ich zu meiner Schulzeit bombardiert wurde mit Ausschwitz und Buchenwald. Du wirst so lange mit etwas bombardiert, bis ein Desinteresse entsteht, und ich finde, das ich ganz gefährlich.
Sie stehen jetzt seit 15 Jahren in der Öffentlichkeit und sind quasi unter Beobachtung erwachsen geworden. Was ist an der Enie von heute anders als an der Bravo-TV-Enie?
Van de Meiklokjes: Ich stehe gar nicht so unter Beobachtung, ich kann mich dem sehr gut entziehen, weil so interessant bin ich ja nicht. Aber ich glaube, ich bin immer noch die gleiche, aber gewachsen an vielen Sachen, ein bisschen schlauer geworden. Bauernschläue. Und ich habe gelernt, auch manchmal nicht so nett zu sein. Früher war ich so, dass ich zurückgesteckt hab, jetzt lass ich das lieber weg. Auch ein Teil egoistischer bin ich geworden, weil ich gemerkt hab, wie kurz das Leben sein kann. Manchmal muss man einfach nur an sich selber denken, und dann is' gut. Soll nicht böse sein, aber man darf sich selber nicht vergessen.
Das ist mir auch aufgefallen. Früher waren Sie die liebe Nette, und heute haben Sie die quatschenden Jungs ganz schön angeraunzt ...
Van de Meiklokjes: Ich bin von Natur aus immer so nett, wie man sein sollte, aber wenn mir was nicht passt, mach ich schon 'ne Bemerkung, und wenn das zwei- oder dreimal nicht fruchtet, dann werd ich böse. Aber ich will ja mit den Menschen auskommen. Gerade wenn man viel dreht, merkt man irgendwann, wie man sich auf Leute einstellen kann. Wenn ich mit Menschen zusammenarbeiten muss, die mir nicht passen, will aber keinen Streit, dann hab ich gelernt, mich zurückzuziehen und zu sagen, ich will nur alleine sein, ich will nicht bei denen sein. Aber das ist ein schwieriger Prozess.
Auch so ein Prozess ist es ja, dass man irgendwann in der Situation ist, die Träume und Wünsche auch mal in Angriff zu nehmen. Sie haben immer gesagt, Sie wünschen sich mal ein Haus mit Garten und Hund ...
Van de Meiklokjes: Ich hab gesagt, ich wünsch mir ein Haus am Meer! Und das ist immer noch so. Ich finde, manche Träume müssen auch Träume bleiben. Wenn ich jetzt irgendwann über ein Haus stolpere und es ist total billig, dann sag ich nicht nee, wenn es dann auch noch am Meer steht. Aber ich drehe nicht jeden Cent dreimal um und sage, ich muss unbedingt sparen, denn ich will ein Haus am Meer. Ich will auch Lebensqualität haben. Und manchmal hat man Träume einfach dafür, dass man, wenn es einem nicht so gut geht, denken kann: Eines Tages ... Und ein bisschen hab ich es mir ja schon verwirklicht. Mein Freund ist aus Skandinavien, seine Mutter wohnt am Meer, und was gibt es besseres, als da immer zu Besuch zu sein. Ich kann da jederzeit hinfahren und da sein und muss nichts machen. Das ist doch noch viel schöner.
Enie van de Meiklokjes' Gesicht kennt man seit 1996, als sie mit 22 Jahren Viva-Moderatorin wurde. Erkennungszeichen: knallpinke Haare. Drei Jahre später wurde sie das Gesicht von BravoTV. Später moderierte sie zum Beispiel eine Bambi-Verleihung und verband seit 2004 bei Wohnen nach Wunsch auf Vox ihren Beruf als Dekorateurin mit dem Moderieren.
voc/reu/news.de
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