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Olaf Scholz: Rede von Bundeskanzler Scholz zur Vertrauensfrage im Bundestag

Fast 30 Minuten lang hat der Bundeskanzler vor den Abgeordneten im Plenum gesprochen - und dabei vor allem die Wählerinnen und Wähler adressiert. Eine Dokumentation der Rede in Auszügen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht bei einer Pressekonferenz. (Foto) Suche
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht bei einer Pressekonferenz. Bild: picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat im Deutschen Bundestag, wie zuvor angekündigt, die Vertrauensfrage gestellt. Damit will er den Weg zu Neuwahlen im Februar frei machen. Hier die wichtigsten Auszüge aus der Rede des Kanzlers im Wortlaut:

"Es ist das sechste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik, dass ein Bundeskanzler den Antrag nach Artikel 68 des Grundgesetzes stellt. Zweimal wollten sich Vorgänger von mir dadurch den Rückhalt ihrer Regierungskoalition sichern. In den anderen drei Fällen nutzten Willy Brandt, Helmut Kohl und Gerhard Schröder den Artikel 68, um Neuwahlen zu ermöglichen. Die Bundestagswahl vorzuziehen: Das ist auch mein Ziel. (...) Die Vertrauensfrage richte ich deshalb heute an die Wählerinnen und Wähler. Sie lautet: Trauen wir uns zu, als starkes Land kraftvoll in unsere Zukunft zu investieren? (...) Oder setzen wir unsere Zukunft aufs Spiel? (...)

Diese Entscheidung ist so grundsätzlich, dass ich die Uneinigkeit darüber in der von mir geführten Regierung nicht länger dulden konnte. (...) Politik ist kein Spiel (...). In eine Regierung einzutreten, dafür braucht es die nötige sittliche Reife. Wer in eine Regierung eintritt, der trägt Verantwortung für das ganze Land.

(...) Über drei Jahre hinweg habe ich diese Koalition immer wieder zu Ergebnissen und Kompromissen zusammengeführt. Dafür brauchte es viel Kraft - und Kraft brauchte schließlich auch meine Entscheidung, die Koalition zu beenden, weil es so nicht mehr weiterging. Und damit meine ich nicht nur die wochenlange Sabotage der eigenen Regierung durch die Freien Demokraten. Die Wahrheit über dieses Schauspiel ist inzwischen ans Licht gekommen. So etwas schadet nicht nur dem Ansehen einer Regierung, sondern dem Ansehen der Demokratie insgesamt. (...) Diesen Schaden bedauere ich zutiefst.

(...) Ursächlich für meine Entscheidung, die Regierungskoalition zu beenden, (...) war eine noch viel bedeutendere Frage: nämlich die Frage, ob und wie wir in unser Land investieren. (...) Wir brauchen mehr Wachstum. Aber dann müssen wir uns doch fragen: Wie viel stärker könnte unsere Wirtschaft wachsen, wenn unsere Infrastruktur auf Vordermann wäre? Wenn wir schon heute die Stromnetze, Windräder und Solarparks hätten, die wir für eine saubere, sichere und bezahlbare Energieversorgung brauchen. (...) Heute sind wir mit schweren wirtschaftlichen Verwerfungen konfrontiert: Energiekrise, Abschottung, unfairer Wettbewerb. (...)

Wenn es ein Land gibt auf der Welt, das es sich leisten kann, in die Zukunft zu investieren, dann sind wir das. (...) Wir müssen den Hebel umlegen, und zwar jetzt. Ich habe Vorschläge gemacht, wie wir unser Land auf Vordermann bringen (...). Auch indem wir die Schuldenregel im Grundgesetz klug modernisieren. Mein Vorschlag ist eine maßvolle Öffnung, klar begrenzt auf Investitionen. (...) Schon in der kommenden Legislaturperiode müssen wir unsere Verteidigung vollständig aus dem laufenden Haushalt finanzieren. Das macht 30 Milliarden mehr pro Jahr, spätestens ab 2028. Dazu kommt die Tilgung der Corona-Kredite und der Kredite für die Ahrflut (...). Wem bürden wir diese Kosten auf (...)? Erleben wir harte Einschnitte bei Pflege und Gesundheit oder Rentenkürzungen (...)? Ja. Ich sage ganz bewusst Rentenkürzung. Denn nichts anderes ist es, was manche hier vorhaben. (...) Und das ist hochgradig ungerecht. (...) Politik zugunsten der einen auf dem Rücken der anderen: Das lehne ich entschieden ab. (...)

Lassen Sie uns im Wahlkampf ehrlich miteinander sein, wenn es um Arbeitskräfte aus dem Ausland geht. Wir alle wissen: Es geht nicht ohne sie. (...) Ich bin deshalb heilfroh, dass wir Deutschland endlich ein modernes Einwanderungsrecht gegeben haben. (...) Wer hier wohnt und arbeitet, wer unsere Sprache spricht, wer gut integriert ist, der und die soll auch zu unserem Land gehören (...).

Ich habe darüber gesprochen, dass wir in einer grundlegend anderen Zeit leben als vor fünf oder zehn Jahren. Ich habe Russlands brutalen Angriffskrieg erwähnt. (...) Deutschland ist der größte Unterstützer der Ukraine in Europa. Ich will, dass das so bleibt. (...)

Das Bekenntnis zum vereinten Europa und zur transatlantischen Partnerschaft. Das Bekenntnis zu einer Außenpolitik, die das Völkerrecht achtet und verteidigt, das waren Grundkonstanten der Bundesrepublik Deutschland. (...) Lassen Sie uns die Errungenschaften bewahren, die Deutschland stark und wohlhabend gemacht haben. (...)

Und ich bitte Sie, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, heute um Ihr Vertrauen und um Ihre Unterstützung. Um Ihre Unterstützung dafür, dass wir kraftvoll in unser Land investieren, in sichere Arbeitsplätze und eine gute Zukunft. Um Ihre Unterstützung dafür, dass Respekt herrscht gegenüber jeder und jedem von uns und das Leben bezahlbar bleibt mit guten Löhnen und sicheren Renten. Um Ihre Unterstützung dafür, dass wir in Fragen von Krieg und Frieden standhaft bleiben und besonnen. Und um Ihre Unterstützung dafür, dass wir unseren Zusammenhalt stärken und uns die Zuversicht nicht abhandenkommt (...). In unserem Land steckt so viel Gutes. (...) Für Deutschland werde ich jeden Tag weiter alles geben. Und dafür bitte ich Sie, liebe Bürgerinnen und Bürger, um Ihr Vertrauen.

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+++ Redaktioneller Hinweis: Diese Meldung wurde basierend auf Material der Deutschen Presse-Agentur (dpa) erstellt. Bei Anmerkungen oder Rückfragen wenden Sie sich bitte an hinweis@news.de. +++

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