Die FDP beharrt auf einem Lindner-Papier als Grundlage für entscheidende Gespräche auch über den Fortbestand der Koalition. Doch die Kanzlerpartei geht von einer anderen Verhandlungsbasis aus.
Vor der wohl entscheidenden Spitzenrunde zum Fortbestand der Koalition sind sich FDP und SPD über die konkrete Gesprächsgrundlage uneins. Mit Blick auf ein seit Tagen umstrittenes Papier mit wirtschaftspolitischen Forderungen des FDP-Vorsitzenden Christian Lindner sagte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich: "Egal wer dieses Papier geschrieben hat, es hat nicht alle in Deutschland komplett überzeugt."
Auch Lindner werde das "einsehen müssen", sagte Mützenich vor einer Fraktionssitzung. Deshalb glaube er, die anstehenden Krisen-Gespräche seien nicht über Lindners Papier zu führen, sondern über die richtigen Entscheidungen für Deutschland. Zugleich kündigte der SPD-Fraktionschef an, "dass wir über alles sprechen".
FDP-Fraktionschef Christian Dürr hatte zuvor die Bedeutung des Lindner-Papiers für seine Partei deutlich gemacht und an der Stelle wenig Kompromissbereitschaft gezeigt. Am Mittwoch kommen die Partei- und Fraktionschefs der Koalition bei Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zusammen, um über Wirtschaftsreformen und wohl auch über den aktuellen Fortbestand der Koalition zu beraten.
SPD hält Scholz für unschuldig
Mützenich stellte fest: "Es ist eine Situation, die der Bundeskanzler nicht zu verantworten hat." Scholz habe immer wieder entscheidend dazu beigetragen, die Koalition funktionstüchtig zu halten, sagte Mützenich mit Blick auf vergangene Krisen. In Anspielung auf jüngste Aktionen von Lindner sagte der SPD-Fraktionschef: "Umso irritierter bin ich über manche Kinderei, die wir in den letzten Tagen gesehen haben." Später sagte Mützenich: "Den Begriff Kindereien nehme ich zurück - aus Respekt vor den Kindern."
Mützenich: "Warum nicht?"
Mützenich deutete an, wie die FDP einerseits und SPD und Grüne andererseits tendenziell wieder zusammenrücken könnten. Die SPD halte es für unabdingbar, dass nun über die aktuellen Grenzen der Schuldenbremse hinaus Mittel für Zukunftsinvestitionen zur Verfügung gestellt würden. Hintergrund ist, dass Lindner eine Aufweichung der Schuldenbremse ablehnt. Weiter sagte Mützenich mit Blick auf Lindner-Forderungen aus dessen Wirtschaftspapier, dass sich freidemokratische Positionen in einer möglichen Einigung wiederfinden könnten: "Warum nicht?"
Deutlich machte Mützenich auch, dass die SPD nicht nur wie die FDP Bürokratie-Abbau wolle, sondern auch das bei den Liberalen umstrittene geplante Gesetz für mehr Tariftreue und Tarifverträge.
Generell gelte: "Ich habe Herrn Lindner noch nie uneinsichtig erlebt."
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