Durch die geplante Steuerklassen-Reform wird die Debatte um das Ehegattensplitting wieder angeheizt. Was eine Abschaffung für Ehepaare und Familien bedeutet, zeigen neue Berechnungen. So viel müssten Familien ohne das Steuer-Modell mehr zahlen.
- Streit um Ehegattensplitting
- Lisa Paus sieht neue Steuerklassenreform als Weg für eine Abschaffung des Ehegattensplittings
- Christian Lindner betont, dass das Ehegattensplitting bleibt
- Finanzminister sieht finanzielle Nachteile für Familien, wenn das Ehegattensplitting abgeschafft wird
- Berechnungen zeigen wie hoch die steuerlichen Mehrbelastungen für Familien ausfallen können
Mit dem Entwurf eines zweiten Jahressteuergesetzes 2024 hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) eine Reform bei den Steuerklassen auf den Weg gebracht. Das heizte die Debatte um das Ehegattensplitting erneut an. Während Familienministerin Lisa Paus (Grüne) eine Abschaffung als "überfällig" ansieht, betonte Christian Lindner, dass es dazu nicht kommen wird. Der Finanzminister sieht darin finanzielle Nachteile für Familien. Paus hingegen macht auf die negativen Folgen, die mit dem Splitting-Modell einhergehen, aufmerksam. Was würden mögliche Veränderungen für Familien bedeuten? Kommen Mehrbelastungen auf sie zu?
Lesen Sie auch:
- Mehr Netto für Millionen Beschäftigte? Das bringt der dreistufige Steuerplan wirklich
- Mehr Netto für Millionen Arbeitnehmer - in diesen Branchen winkt ein sattes Lohnplus
- Weniger Steuern durch neues Gesetz - Rentner sparen Tausende Euro
Berechnungen zum Ehegattensplitting: Ehepaare müssten bei einer Abschaffung mehr Steuern zahlen
Würde das Ehegattensplitting abgeschafft werden, wäre das "eine Steuererhöhung ausgerechnet für Menschen, die füreinander Verantwortung übernehmen", sagte Lindner im Gespräch mit "t-online". Gerade Ehepaare mit zwei Kindern, bei denen ein Elternteil Alleinverdiener ist, würden mehr zahlen. Das geht aus Berechnungen des Bunds der Steuerzahler für die "Bild"-Zeitung hervor. Demnach müsste eine Familie bei einem monatlichen Verdienst von 3.000 Euro brutto 3.199 Euro mehr Steuern im Jahr zahlen. Wenn beide Ehepartner verdienen, fallen die steuerlichen Mehrkosten geringer aus. Ein Beispiel: Bei Eheleuten, die zusammen 5.000 Euro verdienen, müssen sie 47 Euro im Jahr mehr Steuern zahlen.
Einige Beispielberechnungen zeigen, wie hoch die Steuerzahlungen durch eine Abschaffung des Ehegattensplittings ausfallen können (die Grundlage für die Berechnungen bildet der Bruttoverdienst):
Alleinverdiener-Paar, zwei Kinder
- 3.000 Euro: 3.199 Euro
- 3.500 Euro: 3514 Euro
- 4.000 Euro: 3833 Euro
- 4.500 Euro: 4.190 Euro
- 5.000 Euro: 4589 Euro
- 5.500 Euro: 5066 Euro
- 6.000 Euro: 5.615 Euro
Doppelverdiener-Paar, zwei Kinder
- 2.000 Euro und 3.000 Euro: 47 Euro
- 2.000 Euro und 3.500 Euro: 149 Euro
- 2.000 Euro und 4.000 Euro: 293 Euro
- 2.000 Euro und 4.500 Euro: 481 Euro
- 2.000 Euro und 5.000 Euro: 712 Euro
- 2.000 Euro und 5.000 Euro: 1.011 Euro
- 2.000 Euro und 6.000 Euro: 1.374 Euro
(Quelle: Bild)
Was ist das Ehegattensplitting?
Beim Ehegattensplitting wird das gemeinsame Einkommen eines Paares rechnerisch halbiert, die darauf entfallende Einkommensteuer berechnet und die Steuerschuld anschließend verdoppelt. Davon profitieren bei der Steuer vor allem Paare, bei denen einer viel und der andere wenig verdient. Begründet wird dies mit dem besonderen Schutz von Ehe und Familie.
Hitzige Debatte um das Ehegattensplitting
Über dieses Modell wird seit Jahren diskutiert. Während an dem Splitting festgehalten wird, gibt es viele Rufe nach einer Veränderung des Systems. Die OECD forderte eine Reform. "Im internationalen Vergleich sind in Deutschland die Anreize für Zweitverdiener, mehr zu arbeiten, auch aufgrund des Ehegattensplittings gering", sagte die Leiterin des OECD Berlin Centre, Nicola Brandt, im Juli 2023 der Nachrichtenagentur Reuters. Das könnte gegen den Fachkräftemangel wirken und zur Geschlechtergerechtigkeit "bei bezahlter und unbezahlter Arbeit dienen". Der unabhängige Wirtschaftliche Beirat des Finanzministeriums sah 2018, dass das Splitting " die Erwerbsanreize des Zweitverdieners" verringere und der Sachverständigenrat (SVR) sah "negative Anreize im Hinblick auf die Frauenerwerbstätigkeit":
Lisa Paus sieht das Ehegattensplitting im Hinblick auf Frauen kritisch. "Es setzt falsche Erwerbsanreize für Frauen, führt zu einer hohen Teilzeitbeschäftigung mit Folgen wie geringere Lohnersatzleistungen bei Kurzarbeitergeld oder Erwerbslosigkeit und auch zu geringen Rentenansprüchen und mehr Altersarmut bei Frauen." Eheleute, die heute vom Splitting profitierten, dürften bei einer Abschaffung aber keine Nachteile haben. Dafür seien Übergangsregelungen nötig.
Keine Reform zum Ehegattensplitting geplant
Christian Lindner sagte in Bezug auf seine geplante Steuerreform gegenüber "t-online", dass sie eine Alternative zum Ehegattensplitting sei. Die Reform gewährleiste, dass die Steuer "fair zwischen den Ehegatten verteilt wird" und Steuernachzahlungen vermieden würden. "Leider sind es bisher oft Frauen, die optisch eine überproportionale Steuerlast tragen."
Aus der Politik gibt es derzeit keine Pläne für eine Reform des Ehegattensplittings. Die finanzpolitische Sprecherin der Unionsfaktion im Bundestag, Antje Tillmann (CDU), betonte, es bestehe objektiv überhaupt kein Sachzusammenhang zwischen einer Reform der Steuerklassen und einer Abschaffung des Ehegattensplittings. "Wir werden auch nicht zulassen, dass ein solcher Zusammenhang hergestellt wird", sagte sie der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Über eine Reform des Ehegattensplittings solle erst in der nächsten Legislaturperiode entschieden werden, erklärte Michael Schrodi (SPD) gegenüber "Bild".
Folgen Sie News.de schon bei WhatsApp, Facebook, Twitter, Pinterest und YouTube? Hier finden Sie brandheiße News, aktuelle Videos und den direkten Draht zur Redaktion.
bos/loc/news.de/dpa
Erfahren Sie hier mehr über die journalistischen Standards und die Redaktion von news.de.