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Europawahl 2024: Frustration und Rassismus: Warum die Jugend so oft rechts gewählt hat

Bei dieser Europawahl durften erstmals junge Menschen ab 16 mitmachen. Das Ergebnis zeigt: Die jungen Menschen haben häufig AfD gewählt, die Grünen sind dagegen abgerutscht. Warum?

Eine riesiges Transparent mit der Aufschrift "Utilisez votre voix, use your voice, nutze Deine Stimme" wirbt am Europäischen Parlament für die Europawahlen vom 6. bis 9. Juni 2024. (Foto) Suche
Eine riesiges Transparent mit der Aufschrift "Utilisez votre voix, use your voice, nutze Deine Stimme" wirbt am Europäischen Parlament für die Europawahlen vom 6. bis 9. Juni 2024. Bild: picture alliance/dpa/AP | Jean-Francois Badias

Sie sind jung, politisch interessiert und begeistert von der AfD: Bei der Europawahl haben deutlich mehr junge Wähler als 2019 ihr Kreuzchen bei der Partei gemacht, deren Spitzenkandidaten zuletzt vor allem durch Skandale aufgefallen waren. Auch die Union konnte bei den 16- bis 24-Jährigen zulegen - im Gegensatz zu den einstigen Lieblingen der Jugend, den Grünen, und der FDP. Sind junge Wähler "rechter" als andere?

Elf Prozentpunkte mehr für die AfD

17 Prozent der teilnehmenden 16- bis 24-Jährigen wählten diesmal CDU oder CSU - bei der vorangegangenen Europawahl 2019 waren es noch 12 Prozent, ein Plus also von fünf Prozentpunkten. Für die AfD haben in der Altersgruppe 16 Prozent gestimmt - das sind sogar satte elf Punkte mehr.

Experte: Junge Menschen sind "grundfrustriert"

"Das hat mich gar nicht überrascht", sagt der Hamburger Politikberater und Social-Media-Experte Martin Fuchs. Er nehme bei jungen Leuten schon länger eine "Grundfrustration" wahr. Das habe schon zu Zeiten der Finanzkrise begonnen und sich bis nach der Corona-Pandemie durchgezogen: Es seien immer die Jüngeren gewesen, für die "am wenigsten Politik gemacht" worden sei. Ein weiterer Grund sei der Umgang der Bundesregierung mit Kriegen und Krisen. Der habe zu einer "maximalen Ernüchterung" auch von Anhängern progressiver Ideen geführt, analysiert Fuchs. Die AfD habe hier einfache Antworten zu bieten. "Populismus ist anschlussfähig - nicht nur bei jungen Leuten."

Den Erfolg der Union erklärt Fuchs auch mit der Arbeit von CDU-Chef Friedrich Merz. Der habe es geschafft, seine Partei zu einen und jungen Wählern das Gefühl zu vermitteln, dass es auch jenseits der Ampel-Koalition eine demokratische Alternative gibt.

"Struktureller Rassismus" helfe der AfD

Und dennoch bleibt die Frage: Warum wählt ein Teil der jungen Menschen dann nicht eher die Union und letztendlich doch die AfD - eine Partei, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall und in drei Ländern sogar als gesichert rechtsextrem eingestuft wird? "Junge Menschen sind nicht unbedingt links-progressiv eingestellt, sondern haben auch teilweise ein vielleicht antisemitisches, rassistisches Weltbild", sagt Fuchs. Einigen sei die CDU "zu mittig" und "zu wenig nationalistisch". Die AfD habe es geschafft, das Potenzial von strukturellem Rassismus in Deutschland zu heben - dieser sei schon seit 20, 25 Jahren durch Studien belegt. Das Sylt-Video mit "Ausländer-Raus"-Parolen sei nur die Spitze des Eisbergs.

Der Erfolg der AfD gehe darüber hinaus nicht allein auf deren Dauerpräsenz auf Plattformen wie TikTok zurück. Beim Wahlkampf hätten die anderen Parteien auch große Fehler gemacht. Sie hätten sich an den rechten Kräften "abgearbeitet" und in der Kommunikation darauf fokussiert, Rechtsextreme im EU-Parlament zu verhindern. Diese Strategie sei nicht aufgegangen. Dadurch hätten nicht nur junge Menschen erst recht die AfD gewählt. "Das ist dann eine Art Trotzreaktion", die auch durch das immer wieder von der Partei bediente "Opfernarrativ" verstärkt werde.

Experte: Absturz der Grünen auch durch Regierungsbeteiligung

Die schwerste Niederlage bei den Jüngeren mussten die Grünen einstecken: 23 Prozentpunkte Verlust seit der letzten Wahl. Nur noch elf Prozent der Wählerinnen und Wähler zwischen 16 und 24 Jahren entschieden sich für die Partei, die einst neben der FDP als Magnet für junge Menschen galt und als Garant für gute Klimaschutzpolitik.

Der Politikwissenschaftler Thorsten Faas verweist zwar darauf, dass das Thema Klima in der medialen Wahrnehmung jüngst nicht mehr so präsent war wie beispielsweise Migration. Eine generelle "Klima-Müdigkeit" sieht er aber nicht. Die Europawahl habe vor allem eines gezeigt: "Keine Gruppe hat so heterogen gewählt wie die Gruppe junger Menschen." Das zeige sich auch am Zuspruch zu Volt und anderen Kleinstparteien. In den westdeutschen Groß- und Universitätsstädten sei Volt mit einer progressiven Agenda verstärkt in die "Lücke gestoßen, die die Grünen hinterlassen haben", analysiert Faas. Seit der letzten Wahl 2019 habe die grüne Regierungsbeteiligung bei jungen Leuten teilweise Enttäuschung hervorgerufen. Debatten wie die um das "Heizungsgesetz" hätten "extrem polarisiert" und den Grünen geschadet.

Luisa Neubauer von Fridays for Future findet "Jugend-Bashing" dagegen nicht angezeigt. Zwar seien die AfD-Ergebnisse "erschütternd". Viele junge Menschen hätten sich "trotz Rechtsrucks" aber auch für den Klimaschutz entschieden, sagt Neubauer der dpa. "Zusammengerechnet haben Volt und Grüne - die beiden Parteien, die offensiv mit Klimaschutz Wahlkampf gemacht haben, mehr Prozent von den unter 24-Jährigen bekommen als die AfD." Und in der Tat: Grüne und Volt kämen laut Forschungsgruppe Wahlen zusammen auf 20 Prozent.

Rolle des Wahlalters 16

Was die Wahlforscher aus Mannheim indes nicht separat aufgeschlüsselt haben: das Abschneiden der Erstwähler - also nur das Wahlverhalten derjenigen, die dieses Mal zum ersten Mal wählen durften. Zur Erinnerung: Bei dieser Europawahl durften junge Menschen erstmals ab 16 Jahren wählen. Eine separate Auswertung für diese spezifische Gruppe sei auch ihm nicht bekannt, sagt der Politikexperte Faas. Es sei aber klar gewesen, dass von der Senkung des Wahlalters nicht nur jene Parteien profitieren würden, die sich auch dafür eingesetzt hätten - sprich FDP, SPD, Linke und Grüne. Nun zu sagen "Das war alles ein Riesenfehler" findet der Experte falsch. Und bei SPD und Grünen sieht es die Führung trotz aller Stimmenverluste genauso. Dadurch würde auch die Bedeutung dieser Gruppe überschätzt, sagt Faas.

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+++ Redaktioneller Hinweis: Diese Meldung wurde basierend auf Material der Deutschen Presse-Agentur (dpa) erstellt. Bei Anmerkungen oder Rückfragen wenden Sie sich bitte an hinweis@news.de. +++

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