Am 6. März berieten die Ministerpräsidenten mit dem Bundeskanzler über die Migrationspolitik. Der amtierende Konferenzchef verlangte von Scholz klare Auskünfte. Welche Entscheidungen wurden beim Bund-Länder-Gipfel getroffen?
Die Regierungschefs der Länder wollen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 6. März 2024 darüber sprechen, wo sie in der Asylpolitik noch Handlungsbedarf sehen. So konfrontativ wie beim letzten Mal im November dürfte es diesmal nicht werden. Damals hatten die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten dem Bund eine Pro-Kopf-Pauschale als zusätzliche Beteiligung an den Asylkosten abgerungen.
Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin: Was sind die Themen heute beim Bund-Länder-Gipfel?
Einige mögliche Streitpunkte wurden vorab aus dem Weg geräumt: Die Ampel-Koalition hatte vor einigen Tagen dem Drängen der Länder nach einer bundesgesetzlichen Regelung zur Bezahlkarte für Asylbewerber nachgegeben. Damit Asylverfahren schneller bearbeitet werden, hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kürzlich mehr Personal für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) angekündigt.
Die Länderchefs wollen bei ihrem Treffen in der hessischen Landesvertretung in Berlin auch über wirtschaftspolitische Weichenstellungen sprechen. Da wird der Kanzler aber nicht dabei sein. Konkret geht es wohl um das im Bundesrat noch blockierte Wachstumschancengesetz, Maßnahmen gegen hohe Energiepreise, die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie die Frage, ob Versicherungen gegen Elementarschäden verpflichtend werden sollten.
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Alle Entscheidungen und Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz auf einen Blick
Welche Entscheidungen beim Bund-Länder-Gipfel am 6. März 2024 getroffen werden, erfahren Sie zeitnah nach der Ministerpräsidentenkonferenz hier im News-Überblick.
+++ 06.03.2024: Söder nach Bund-Länder-Beratungen: Das reicht nicht +++
Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) hat die Ergebnisse der Ministerpräsidenten-Beratungen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zur Migrationspolitik als unzureichend kritisiert. "Das reicht nicht: Die heutige MPK war wieder nur eine Bestandsaufnahme und hat nichts Neues gebracht", schrieb Söder am Mittwoch auf X (ehemals Twitter). Er forderte: "Es braucht endlich eine grundlegende Wende der Migrationspolitik in Deutschland." Länder und Kommunen seien überfordert - und die Ampel unternehme zu wenig dagegen. "Die politische Stabilität des Landes darf nicht aus ideologischen Gründen in Gefahr geraten. Es müssen umgehend Maßnahmen gegen die illegale Migration getroffen werden", argumentierte der CSU-Vorsitzende.
Das reicht nicht: Die heutige #MPK war wieder nur eine Bestandsaufnahme und hat nichts Neues gebracht. Es braucht endlich eine grundlegende Wende der #Migrationspolitik in Deutschland. Länder und Kommunen sind überfordert – und die Ampel unternimmt zu wenig dagegen. Die… pic.twitter.com/MHNmCTPV7F
— Markus Söder (@Markus_Soeder) March 6, 2024
In einer gemeinsamen Protokollerklärung von Bayern und Sachsen zur Migrationspolitik heißt es: "Der Freistaat Bayern und der Freistaat Sachsen fordern die Bundesregierung unvermindert und mit steigender Dringlichkeit zu einem sofortigen und grundlegenden Richtungswechsel in der Migrationspolitik auf. Länder und Kommunen sind schon längst an ihren Belastungsgrenzen und darüber hinaus. Die politische Stabilität des Landes ist in Gefahr. Es müssen umgehend Maßnahmen gegen unbegrenzte irreguläre Migration ergriffen werden."
Leider sei festzustellen, "dass sich die Bundesregierung nicht nur einer solchen Wende zur Steuerung und Begrenzung der Migration aus ideologischen Gründen weiter verweigert", kritisieren die beiden unionsgeführten Länder. Sie setze sogar die im November 2023 vom Bund zugesagten Maßnahmen nicht, nur zögerlich oder nur unzureichend um. "Mit dieser Halbherzigkeit werden die Zugangszahlen im Sommer kaum sinken."
"Deutschland benötigt eine realistische Integrationsgrenze, die sich an unserem Leistungsvermögen orientiert", so die Forderung von Bayern und Sachsen. "Das Recht auf Asyl muss grundlegend reformiert werden, indem es von einem individuellen Grundrecht zu einer objektiven Garantie wird."
+++ 06.03.2024: Wüst nach Migrationsgipfel: Liste unerledigter Aufgaben ist ellenlang +++
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) ist mit den Ergebnissen der Bund-Länder-Konferenz zur Asylpolitik nicht zufrieden. "In der Migrationspolitik braucht es Tempo statt Zeitspiel", sagte Wüst am Mittwoch nach dem Treffen der Ministerpräsidenten mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin.
Vor allem beim Thema Asylverfahren in Drittstaaten gehe es nur im Schneckentempo voran, bemängelte der CDU-Politiker. Bereits 2021 habe die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag einen entsprechenden Prüfauftrag verankert. "Passiert ist dann nichts", kritisierte Wüst.
Deutschland stehe vor großen Herausforderungen. Dazu gehöre ganz besonders die Frage der Migration und Integration. "In einer solchen Lage braucht es Führung", betonte der Regierungschef des bevölkerungsreichsten Bundeslandes. "Wir erwarten, dass der Bundeskanzler diese Frage zur Chefsache macht."
Wüsts Bewertung unterschied sich damit deutlich von den versöhnlichen Worten seines hessischen Amtskollegen und Parteifreundes Boris Rhein. Dieser ist Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz und äußerte sich nach dem Treffen zufrieden: "Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass wir jemals so viel zusammen hinbekommen, dass wir so viel Geschwindigkeit in das Thema gebracht haben."
Wüst hielt dagegen: "Man muss kein Hellseher sein, um zu wissen: Auch in diesem Jahr wird der Migrationsdruck auf Deutschland enorm sein." In einer großen Kraftanstrengung hätten Bund und Länder Anfang November gemeinsam gute Beschlüsse gefasst. "Das ist jetzt 17 Wochen her", rechnete Wüst vor. Die Inventur der Umsetzung seitens des Bundes sei am Mittwoch ernüchternd ausgefallen. "Die Liste der unerledigten Hausaufgaben durch die Ampel-Regierung ist ellenlang", bilanzierte Wüst. "Die Bundesregierung hat den Ernst der Lage offensichtlich nicht erkannt."
+++ 06.03.2024: Ministerpräsident Weil betont Wechsel in Zuwanderungspolitik +++
In der Migrationspolitik ist nach Einschätzung von Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) mehr Zeit nötig, bis eingeleitete Maßnahmen Wirkung bei den Asylbewerberzahlen zeigen. Bis Systeme - etwa an den EU-Außengrenzen - etabliert seien, werde es noch dauern. "Ich würde mich freuen, wenn es anders wäre, aber es erscheint mir unrealistisch", sagte Weil am Mittwoch in Berlin nach Beratungen der Länderchefs mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). "Niemand soll von unseren Beschlüssen, die wir vor kurzer Zeit getroffen haben, erwarten, dass sie sofort den Schalter umlegen."
Man werde die Zugangszahlen in diesem Jahr weiter intensiv beobachten, sagte Weil. Was sich Bund und Länder vorgenommen hätten, sei ein grundsätzlicher Wechsel in der Zuwanderungspolitik und ein konsequenter Antritt gegen irreguläre Migration, betonte der Ministerpräsident.
Wenn man auch in die Länder abschiebe, "die heute noch ihre Bürger nicht zurückzunehmen, dann werden wir auch in Sachen Rückführungen wesentliche Fortschritte noch weiter zu verzeichnen haben", sagte Weil.
+++ 06.03.2024: Rhein nach Ministerpräsidentenkonferenz mit Kanzler zufrieden +++
Im Ringen um eine Senkung der Flüchtlingszahlen hat sich der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Boris Rhein, nach einem Treffen mit seinen Amtskollegen und Kanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin zufrieden gezeigt. Bund und Länder hätten gemeinsam in den zurückliegenden Monaten sehr viel auf den Weg gebracht, sagte der hessische CDU-Regierungschef am Mittwoch. "Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass wir jemals so viel zusammen hinbekommen, dass wir so viel Geschwindigkeit in das Thema gebracht haben."
Rhein nannte als Beispiele etwa die inzwischen beschlossene Bezahlkarte für Asylbewerber oder die erfolgte Einstufung von Georgien und Moldau als sichere Herkunftsstaaten. Auch andere Themen hätten die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit dem Kanzler in der hessischen Landesvertretung in Berlin besprochen. Dazu zähle insbesondere die angestrebte Prüfung von Asylverfahren außerhalb der EU-Grenzen. Rhein nannte aber auch etwa die Grenzschutzbehörde Frontex, die Frage der deutschen Staatsbürgerschaft bei extremistischen Straftaten sowie anstrebte Rückführungsabkommen.
Bund und Länder hätten gezeigt, dass sie einen gemeinsamen Fahrplan hätten und handlungsfähig seien, betonte Rhein. Jetzt gehe es darum, "all das konsequent umzusetzen".
+++ 06.03.2024: Scholz und Länderchefs betonen Gemeinsamkeiten in Asylpolitik +++
Die Regierungschefs der Länder und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sehen Deutschland in der Migrationspolitik insgesamt auf einem guten Weg, rechnen aber nicht mit einem schnellen Rückgang der Asylbewerberzahlen. Es seien in den vergangenen Monaten bereits "grundlegende Veränderungen auf den Weg gebracht" worden, betonte der Kanzler nach einer Besprechung am Mittwoch in Berlin. Man dürfe bei der Begrenzung der irregulären Migration jetzt nur nicht die Hände in den Schoß legen, sondern müsse "immer am Thema dranbleiben".
Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) sagte, er persönlich finde die von Parteikollegen angestoßene Debatte über eine Obergrenze für Asylbewerber legitim. Er habe die große Hoffnung, dass beim nächsten Treffen dieser Runde am 20. Juni klar sei, an welchem Tag die Bezahlkarte für Asylbewerber starten werde. Sie soll teilweise Bargeld-Auszahlungen ersetzen. Bei dem für Juni angekündigten Treffen soll die Bundesregierung außerdem vortragen, was bei ihrer Prüfung von Asylverfahren in Drittstaaten herausgekommen ist. Das Bundesinnenministerium ist zu der Frage, ob solche Verfahren außerhalb der EU rechtlich und praktisch möglich wären, mit Juristen und Experten im Gespräch.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte, man müsse realistisch bleiben. Der Effekt der EU-Einigung auf eine Reform der Gemeinsamen Europäischen Asylpolitik werde erst mit einer gewissen Verzögerung spürbar werden.
+++ 06.03.2024: Wüst: Migrationsdruck nicht einfach wegzuverwalten +++
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat vor dem Bund-Länder-Treffen zur Migrationspolitik schnellere Maßnahmen gefordert, um die Ankunft von Asylsuchenden mit geringer Bleibeperspektive in Deutschland zu verhindern. "Der Druck bleibt unglaublich groß", sagte Wüst am Mittwoch im ZDF-"Morgenmagazin". "Das ist ein weltweiter Migrationsdruck, und den kriegen wir hier nicht weg verwaltet." Deswegen müsse die Bundesregierung die Verabredungen von Bund und Ländern vom November umsetzen. Vieles davon sei aber nicht umgesetzt worden, sagte der CDU-Politiker. Deshalb wolle er am Mittwoch erfahren, wie die Bundesregierung an den Themen arbeitet, damit das Ziel der Begrenzung der Migration erreicht werde.
In Deutschland stellten im vergangenen Jahr rund 329.000 Menschen einen Erstantrag auf Asyl - etwa 50 Prozent mehr als 2022. Wüst sagte, allein im Januar hätten 28.000 Menschen einen Asylantrag in Deutschland gestellt.
Angesichts der von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) vorgeschlagenen Begrenzung der Flüchtlingszahl auf 50.000 bis 60.000 Flüchtlinge pro Jahr zeigte Wüst sich skeptisch. Zwar sei das "eine Zahl, die realistisch ist, wo man gut auch Integrationsarbeit leisten kann", betonte er. Allerdings werde es nicht funktionieren, dass die über diese Zahl hinaus gehenden Flüchtlinge dann nicht mehr kommen dürften. Eine Begrenzung werde nur funktionieren, wenn alle Maßnahmen auf europäischer und nationaler Ebene sowie kurzfristige und langfristige Wege umgesetzt würden, um die Zahl der Flüchtlinge mit geringem Bleiberecht zu reduzieren.
+++ 06.03.2024: Rehlinger: Länder drücken in Migrationspolitik gemeinsam aufs Tempo +++
Die Bundesländer drücken nach Worten der saarländischen Ministerpräsidentin Anke Rehlinger in der Migrationspolitik gemeinsam aufs Tempo. "Wir wissen, dass die Belastungen nach wie vor sehr hoch sind - in den Ländern, aber vor allem auch in den Kommunen", sagte die SPD-Politikerin am Mittwoch im Deutschlandfunk. Deswegen sei es klug, zunächst einmal bereits beschlossene Maßnahmen konsequent umzusetzen, bevor ein langer Katalog mit neuen und zusätzlichen Maßnahmen aufgestellt werde, sagte sie.
"Es nützt nichts, neue Maßnahmen auf den Weg zu bringen, wenn man die alten Maßnahmen noch nicht richtig umgesetzt hat", sagte Rehlinger weiter. "Nicht, weil das vertrödelt worden ist, sondern weil manche Punkte etwas länger dauern." Den Vorwurf aus der Union, die Bundesregierung sei in der Asylpolitik untätig, wies die SPD-Politikerin zurück. Die Ampel-Regierung habe bereits einige Punkte auf den Weg gebracht. Die rechtliche Prüfung beispielsweise der Möglichkeit von Asylverfahren in Drittstaaten erfordere aber Zeit, sagte sie.
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loc/news.de/dpa
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