Obwohl große Erfolge im Ukraine-Krieg zuletzt ausblieben, gibt sich Wladimir Putin weiter siegessicher. Ein Außenpolitik-Experte analysiert, dass dabei wohl auch das zögernde Vorgehen Europas gegen Russland eine Rolle spielen könnte. Wird Putin dadurch bald noch aggressiver?
Mit massiven Luftangriffen setzt Wladimir Putin auch im Januar 2024 seinen brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine fort. In seiner Neujahrsansprache dankte er den Soldaten an der Front und versprach, dass Russland bald "noch stärker" sein werde. Doch was stimmt Putin angesichts der eher wenigen großen Erfolge auf dem Schlachtfeld im vergangenen Jahr so zuversichtlich? Das analysierte jetzt der außenpolitische Analyst Ulrich Speck (60) auf dem Kurznachrichtendienst X (vormals Twitter).
Wladimir Putin will Ukraine zerstören laut Experte
Ulrich Speck, aktuell Mitglied der Zeitenwende-Arbeitsgruppe der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) sowie Kolumnist bei der "Neue Zürcher Zeitung", schreibt: "Putin wittert Schwäche und geht in die Offensive. Nachdem er der ukrainischen Offensive widerstanden und sich teilweise ins Schwarze Meer zurückgezogen hatte, stimmt Putin angesichts der schwächeren westlichen Unterstützung für die Ukraine zuversichtlich, dass er gewinnen kann: die Ukraine als Nation und Staat zerstören." Der Experte schlussfolgert aus den russischen Angriffen aus den vergangenen Tagen, dass Putin der Ukraine damit zeigen wolle, "dass Widerstand zwecklos ist". Er kritisiert gleichzeitig die unzureichende militärische Unterstützung der Ukraine durch den Westen. Putin Ziele mit seinen "undurchsichtigen Botschaften über 'Verhandlungen' darauf ab, diese auch noch weiter zu schwächen.
Wahre Ziele von Wladimir Putin im Ukraine-Krieg enthüllt
Für Ulrich Speck ist klar: "Der vom KGB ausgebildete Putin spielt mit den westlichen Eliten, die er seit den 1980er Jahren studiert hat, und versucht, die Bereitschaft des Westens, die Ukraine mit allem zu unterstützen, was sie braucht, um Russland aus der Ukraine zu vertreiben, Russlands neuen Imperialismus zu vereiteln und die europäische Friedensordnung wiederherzustellen, weiter zu verringern. Putin verwandelt seine Position der Schwäche in eine Position der Stärke, indem er die Kluft im Westen zwischen denen, die der Ukraine das geben wollen, was sie braucht, und denen, die aus welchen Gründen auch immer dagegen sind, aufdeckt und vertieft." Ein erster Schritt seines großen Ziels - dem "Wiederaufbau eines großen russischen Imperiums" als Weltmacht - würde Putin durch die "Heimholung" Weißrusslands und der Ukraine erreichen wollen. Speck fordert: "Die europäischen Staats- und Regierungschefs, insbesondere in Berlin, London und Paris, müssen ernsthaft gegen Russland vorgehen, indem sie der Ukraine helfen, andere schwache Länder unterstützen und aufrüsten, um Russland davon abzuhalten, andere Länder anzugreifen." Denn Putin sehe sich durch das Zögern und den Mangel an Entschlossenheit aktuell darin bestätigt, dass die Europäer "schwach und unfähig" seien, sich ohne die USA zu verteidigen. Dies könnte den russischen Präsidenten dazu ermuntern, noch aggressiver zu werden und in Zukunft zu einer gefährlichen Konfrontation führen.
Putin is smelling weakness and goes into the offensive. After having resisted the Ukrainian offensive, and partially retreated in the Black Sea, the weakening of Western support for Ukraine makes Putin confident that he can win: destroy the Ukraine as a nation and a state.
— Ulrich Speck (@ulrichspeck) December 30, 2023
Steht Russland im Ukraine-Krieg vor einer Niederlage?
Ulrich Speck bekommt auf X aber auch Widerspruch für seine Thesen. So antwortet zum Beispiel Wolfang Ischinger (77), ehemaliger deutscher Botschafter in den USA, auf seine Analyse: "Nein: Putin weiß, dass er die Ukraine nicht mehr zur Unterwerfung zwingen kann. Seine Kriegsziele sind vor einem Jahr unerreichbar geworden. Aber er tut so, als würde Russland gewinnen – denn solange die Russen ihm glauben, überlebt er. Wir sollten seinen Bluff aufdecken, anstatt unter Tränen zu ringen." Wie weit Putin am Ende wirklich noch in der Ukraine gehen wird, muss wohl die Zeit zeigen.
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