Seit Tagen zieht der ukrainische Staatschef Selenskyj Vergleiche zwischen der Gewalt in Israel und dem russischen Angriffskrieg gegen sein Land. Nun erhebt er auch schwere Vorwürfe gegen Moskau. Das sind die aktuellen News zum Ukraine-Krieg.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Russland vorgeworfen, neben dem Angriff auf sein Land nun auch einen Krieg im Nahen Osten entfachen zu wollen. "Wir haben Daten, die klar beweisen, dass Russland daran interessiert ist, im Nahen Osten einen Krieg loszutreten, so dass eine neue Quelle von Schmerz und Leid die Einheit der Welt untergräbt", teilte Selenskyj am Montag im sozialen Netzwerk X (vormals Twitter) mit. Details nannte er nicht. Zudem warnte er in seiner in Kiew verbreiteten abendlichen Videobotschaft vor der Gefahr eines Weltkrieges.
"Die Weltkriege der Vergangenheit haben mit lokalen Aggressionen begonnen", sagte Selenskyj auch mit Blick auf die Angriffe der militanten Hamas auf Israel. Er erklärte nicht, welche Informationen er dazu habe, dass Russland an einem Flächenbrand im Nahen Osten interessiert sei. "Wir sehen Moskaus iranische Freunde, die offen jene unterstützen, die Israel angegriffen haben", sagte Selenskyj, der selbst jüdische Wurzeln hat. Zudem warf er kremlnahen russischen Propagandisten Schadenfreude über die Gewalt gegen Israel vor.
"Und all dies ist eine viel größere Bedrohung als die Welt aktuell erlebt", sagte der ukrainische Präsident. Er hatte dem Iran auch im Zuge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine immer wieder vorgeworfen, Moskau in seinem Terror mit Drohnen und anderen Waffen zu unterstützen.
Wie in seiner Videobotschaft am Sonntag rief Selenskyj erneut zum gemeinsamen Kampf gegen den Terror auf. Das internationale Recht müsse verteidigt werden gegen Versuche einer Machtübernahme durch die Terroristen. "Ich bin allen Anführern und Staaten dankbar, die sich im Klaren sind über die Gefahr und zur Zusammenarbeit bereit sind, die Situation unter Kontrolle zu halten und die Sponsoren des Terrors an einer breiteren Einmischung zu hindern."
Schon am Montagvormittag hatte der Präsident in einer Videoansprache vor Parlamentariern aus den Nato-Mitgliedstaaten in Kopenhagen die Gräueltaten der Hamas gegen Israel mit denen Russlands gegen die Ukraine verglichen. "Der einzige Unterschied ist, dass es dort eine Terrororganisation ist, die Israel angegriffen hat, und hier ein Terrorstaat ist, der die Ukraine angegriffen hat."
Russland hat nach Angaben des Außenministeriums in Moskau auch Kontakte zur militanten Hamas, die von den USA, der EU und Israel als Terrororganisation eingestuft wird. So führte etwa der Nahost-Beauftragte des Kreml, Vizeaußenminister Michail Bogdanow, mehrfach in diesem Jahr Gespräche mit Hamas-Vertretern - am Telefon und bei persönlichen Begegnungen. Der Kreml hatte sich erst am Montag erstmals zur Gewalt in Israel geäußert und sich besorgt gezeigt.
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+++ Russland treibt Pläne für Wiederaufnahme von Atomwaffentests voran +++
Russland stellt mit dem geplanten Ausstieg aus einem weiteren internationalen Sicherheitsvertrag die Weichen für eine mögliche Wiederaufnahme von Atomwaffentests. Innerhalb einer Woche solle ein Mechanismus festgelegt werden, um Russlands Ratifizierung des globalen Vertrags über den Stopp von Nukleartests (CTBT) zurückzuziehen, teilte der Parlamentsabgeordnete Adalbi Schchagoschew am Dienstag der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge mit. Russland schaffe damit Voraussetzungen wie in den USA, sagte in Moskau Vizeaußenminister Sergej Rjabkow.
Die USA haben den Vertrag über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen nie ratifiziert und könnten jeden Moment Atomwaffen testen. Der russische Parlamentschef Wjatscheslaw Wolodin hatte vorige Woche angekündigt, dass die CTBT-Ratifizierung zurückgezogen werde. Das müsste die vom Kreml kontrollierte Staatsduma beschließen.
Der Kreml hatte erklärt, dass Russlands Ausstieg aus dem Vertrag nicht bedeute, dass die Atommacht sofort loslege mit Kernwaffentests. Präsident Wladimir Putin hatte aber gesagt, dass Moskau wie Washington ebenfalls in der Lage sein müsse, diese Tests durchzuziehen. Vizeaußenminister Rjabkow betonte, dass Russland Nuklearwaffen nur testen werde, wenn dies auch die USA täten.
Russland habe nun 23 Jahre darauf gewartet, dass sich in den USA etwas bewege, das sei ausreichend Zeit gewesen, sagte Rjabkow. "Uns bleibt keine andere Wahl, als hier unsere Position anzupassen." Putin habe zuletzt klargemacht, dass Russland seine Testgelände auf die Wiederaufnahme solcher Tests vorbereiten müsse.
Russland testet immer wieder nuklear bestückbare Interkontinentalraketen und eine Vielzahl anderer neuer Waffen, allerdings ohne Atomsprengköpfe. Künftig wären dann auch wieder Atomwaffentests möglich. Im Konflikt mit den USA war Russland zuletzt aus mehreren Abrüstungsverträgen ausgestiegen.
Der Atomteststopp-Vertrag wurde 1996 verabschiedet, um die Weiterentwicklung von Nuklearwaffen einzudämmen. Das globale Testverbot ist zwar noch nicht in Kraft getreten, doch seit den 1990er Jahren haben sich alle Staaten bis auf Nordkorea daran gehalten. Die CTBT-Organisation in Wien betreibt ein globales Netzwerk an Messstationen, die Atomtests anhand von Druckwellen sowie chemischen und nuklearen Spuren entdecken können. Russland will auch künftig Daten von seinen eigenen 32 Stationen liefern.
+++ Ukrainischer Präsident Selenskyj zu Gesprächen in Rumänien +++
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist zum ersten Mal seit Beginn des russischen Angriffskriegs zu Gesprächen ins Nachbarland Rumänien gereist. "Ein offizieller Besuch bei unseren guten Nachbarn, die uns im schwierigsten Augenblick unterstützten und deren Unterstützung mit der Zeit nur ansteigt", schrieb Selenskyj am Dienstag bei Telegram.
Geplant seien Unterredungen mit Präsident Klaus Iohannis. Thema seien unter anderem die Stärkung der ukrainischen Flugabwehr und die Sicherheitsarchitektur der Schwarzmeerregion. Erwartet wird auch ein Auftritt des Ukrainers vor dem rumänischen Parlament.
Rumänien hilft der Ukraine auch beim Export ihres Getreides auf den Weltmarkt. Der rumänische Schwarzmeerhafen Constanta dient Kiew als Umschlaghafen von den Donauhäfen auf Hochseefrachter für Getreide.
In den vergangenen Wochen waren die ukrainischen Donauhäfen entlang der rumänischen Grenze mehrfach Ziel russischer Drohnenangriffe. Drohnentrümmer landeten auch auf rumänischem Staatsgebiet. Die Ukraine verteidigt sich seit mehr als 19 Monaten gegen die russische Invasion.
+++ Neue russische Angriffe auf Süden und Osten der Ukraine +++
Die russische Armee hat in der Nacht auf Dienstag den Süden der Ukraine erneut mit Dutzenden Drohnen angegriffen. Alleine über der Region Odessa zerstörte die Luftabwehr nach Angaben der regionalen Militärverwaltung 23 sogenannte Kamikaze-Drohnen vom iranischen Typ Shahed. Bei Treffern auf "regionale Objekte der logistischen Infrastruktur" sei niemand verletzt worden, schrieb der örtliche Militärverwaltungsleiter, Oleh Kiper, auf Telegram. Genauere Angaben zu den getroffenen Zielen machte er nicht.
Insgesamt soll Russland dem ukrainischen Militär zufolge in der Nacht 36 Kamikaze-Drohnen abgefeuert haben. Nach dem Start der Drohnen von der russisch besetzten Schwarzmeer-Halbinsel Krim aus hat die ukrainische Luftverteidigung nach eigenen Angaben 27 der Drohnen über den Küstenregionen Odessa, Mykolajiw und Cherson abgeschossen.
Auch aus dem Norden der Ukraine wurde russischer Beschuss gemeldet. In einer Ortschaft nahe der Frontstadt Kupjansk in der Region Charkiw an der Grenze zu Russland wurden am Dienstagmorgen nach Angaben lokaler Behörden zwei Frauen und ein Polizist bei einem Raketeneinschlag verletzt. Ukrainische Behörden vermuteten den Einsatz einer S-300-Rakete. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben nicht.
Russland führt seit bald fast 20 Monaten einen Angriffskrieg gegen die Ukraine und überzieht das Nachbarland regelmäßig mit Drohnen-, Raketen- und Artillerieangriffen. Die wegen der dortigen Schwarzmeer- und Donauhäfen strategisch wichtigen Regionen im Süden der Ukraine werden dabei immer wieder zum Ziel.
+++ London: Neue Rekrutierungswelle in Russland vor Wahl unwahrscheinlich +++
Eine neue russische Rekrutierungswelle für den Angriffskrieg gegen die Ukraine ist nach Einschätzung britischer Geheimdienstexperten bis zur Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr unwahrscheinlich. Das ging am Dienstag aus dem täglichen Geheimdienstbericht des Verteidigungsministeriums in London zum Krieg in der Ukraine hervor. Demnach werde der Kreml versuchen, unpopuläre Maßnahmen bis zu der für den 17. März angesetzten Wahl zu minimieren.
Obwohl Russlands Präsident Wladimir Putin seine Absicht zur Kandidatur noch nicht erklärt habe, werde er sich beinahe sicher um eine Wiederwahl bemühen. Der Wahlkampf, der bereits im November beginnen könnte, dürfte sich demnach um die Erzählung drehen, Russland sei eine Zivilisation, die sich gegen äußere Feinde wehren müsse. Obwohl Wahlen in Russland vom Kreml kontrolliert würden, seien sie ein wichtiges Instrument zur politischen Legitimation.
Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des Kriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London Desinformation vor.
+++ Selenskyj wechselt Chef der Gebietsverteidigungskräfte aus +++
In seiner Videobotschaft informierte Selenskyj auch darüber, dass er zum zweiten Mal seit Beginn des russischen Einmarsches den Kommandeur der Gebietsverteidigungskräfte ausgewechselt habe. Er setzte per Erlass Generalmajor Anatolij Barhylewytsch als neuen Chef ein. Zuvor war Ihor Tanzjura im gleichen militärischen Rang entlassen worden. Tanzjura hatte den Posten seit Mai vergangenen Jahres bekleidet. Zu den Gründen der Entlassung wurde zunächst nichts bekannt.
Hauptaufgabe sei es, die Entwicklung der Einheiten nicht zu stoppen, sagte Selenskyj. Die Gebietsverteidigungskräfte sind als Teilstruktur der Armee vor allem für die Organisation der Verteidigung in den Regionen verantwortlich. Barhylewytsch hatte seit 2020 bereits am Aufbau der Gebietsverteidigungskräfte mitgewirkt.
Die Ukraine führt mit westlicher Militärhilfe seit bald 20 Monaten einen Verteidigungskampf gegen den russischen Angriff. Präsident Selenskyj betont immer wieder, dass die Ukraine ihren Kampf gegen die russische Aggression nicht nur für ihre eigene Unabhängigkeit führe, sondern für die Freiheit in ganz Europa. Der Staatschef fordert mehr Unterstützung des Westens für den Verteidigungskampf, um Russland durch eine Niederlage dauerhaft militärisch zu schwächen.
+++ Ukraine sichert Israel Solidarität und bestätigt Tote dort +++
Auch Selenskyj zeigte sich bei einem Gespräch mit dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu solidarisch und betonte das Recht auf Selbstverteidigung des Landes. Der Präsident, der selbst jüdische Wurzeln hat, bestätigte außerdem den Tod von zwei ukrainischen Bürgern in Israel bei den Hamas-Angriffen. Ukrainische Soldaten veröffentlichten ein Video, in dem sie die israelischen Soldaten unterstützten.
Mit Blick auf die Lage im eigenen Land lobte Selenskyj einmal mehr die Verteidiger der Ukraine. "Und heute, heute Abend möchte ich allen unseren Menschen danken, die Leben retten, die alles tun, damit der Terror verliert", sagte er. Die ukrainischen Behörden warfen den russischen Angreifern auch am Sonntag wieder massiven Terror gegen die Zivilbevölkerung vor. Mehrere Menschen starben oder wurden durch russischen Beschuss verletzt.
Die Ukraine führt mit westlicher Militärhilfe seit bald 20 Monaten einen Verteidigungskampf gegen den russischen Angriff. Die Streitkräfte Kiews wollen bei ihrer seit Monaten laufenden Gegenoffensive die von Russland besetzten Teile der Gebiete Cherson, Saporischschja, Luhansk und Donezk befreien. Das Land will dabei auch seine bereits 2014 durch Russland annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim zurückerobern.
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gom/news.de/dpa
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