Tino Chrupalla wurde vor einer Veranstaltung im bayerischen Landtagswahlkampf in ein Krankenhaus gebracht. Seine Partei sprach von einem "tätlichen Vorfall". Die Polizei sieht dafür aber keine Hinweise.
AfD-Chef Tino Chrupalla wird während einer Wahlkampfveranstaltung ins Krankenhaus gebracht. Schnell ist von einem "tätlichen Vorfall" die Rede. Doch gab es wirklich einen Angriff auf den Parteivorsitzenden?
Keine Zeugenhinweise für Angriff auf Tino Chrupalla
Nach dem Vorfall um AfD-Chef Tino Chrupalla mit anschließendem Krankenhaus-Aufenthalt gibt es laut Staatsanwaltschaft weiter keine Zeugen-Aussagen, die auf einen Angriff hindeuten. Für Angaben in einem vorläufigen Arztbrief des Krankenhauses, denen zufolge Chrupalla "beim Selfies schießen in einer Menschenmenge mit einer Spritze in den rechten Oberarm gestochen worden" sei, gebe es in den bisher aufgenommenen Zeugenaussagen, "darunter die Zeugenaussage von Herrn Chrupalla und seiner Personenschützer, keine Grundlage", teilte die Ermittlungsbehörde am Freitag mit.
"Die Beibringung einer Spritze oder einen körperlichen Angriff haben diese Zeugen nicht wahrgenommen", hieß es in der Mitteilung. "Durch Zeugen wurde beobachtet, dass sich Herr Chrupalla nach kurzer Zeit an den Oberarm gegriffen hat." In dem vorläufigen Arztbrief, den Chrupallas Büro der Deutschen Presse-Agentur zur Einsicht zur Verfügung gestellt hatte, war auch ein "Nadelstich" im rechten Oberarm erwähnt worden. Zuvor hatte die Zeitung "Junge Freiheit" darüber berichtet.
Die kriminaltechnische Untersuchung der Blutproben Chrupallas sei aber unauffällig gewesen, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Es sei nur die "Aufnahme von Schmerzmitteln im therapeutischen Bereich" festgestellt worden. Dem Arztbrief zufolge war auch ein toxikologisches Screening im Krankenhaus negativ verlaufen.
Die Ermittlungen wegen des Anfangsverdachts der Körperverletzung gingen der Staatsanwaltschaft zufolge weiter. Unter anderem gehe es um die Vernehmung weiterer Zeugen, die Untersuchung von Chrupallas Kleidung und die Auswertung weiterer Beweismittel.
Tino Chrupalla nicht mehr auf Intensivstation - Einstichstelle gefunden
AfD-Chef Tino Chrupalla hatte nach dem bisher ungeklärten Vorfall bei einer AfD-Wahlkampfveranstaltung am Mittwoch in Ingolstadt nach Angaben seiner Partei die Stadt wieder verlassen. "Tino Chrupalla konnte mittlerweile Ingolstadt verlassen und wird sich in weiterführende ärztliche Behandlung begeben", hieß es am Donnerstagabend in einer Pressemitteilung der AfD. Alle geplanten Wahlkampftermine in Bayern seien abgesagt worden. Im Freistaat wird an diesem Sonntag ein neuer Landtag gewählt.
Die Ermittlungen werden laut laut einem Sprecher der Polizei noch mehrere Tage dauern. Ergebnisse von Chrupallas Blutproben und den Tests an seiner Kleidung würden diese Woche wohl nicht mehr vorliegen, sagte der Polizeisprecher zunächst. "Es werden auch noch weitere Zeugen vernommen. Nach dem Vorfall haben wir eine Vielzahl von Personalien aufgenommen."
AfD-Chef Tino Chrupalla wurde nach Angaben seines Büros intensivmedizinisch in einem Ingolstädter Krankenhaus behandelt. Er habe auf einer Intensivstation gelegen, sei aber nach wie vor ansprechbar gewesen, sagte ein Sprecher. Chrupalla habe Schmerzen im Oberarm verspürt und sei "wegen weiterer gesundheitlicher Beschwerden" ins Krankenhaus gebracht worden. Er sprach von einer "Einstichstelle". Polizei und Staatsanwaltschaft teilten dagegen nur mit, an Chrupallas Oberarm sei eine "oberflächliche Rötung bzw. Schwellung" festgestellt worden. Es liefen Untersuchungen auf mögliche Substanzen im Körper, die Polizei ermittele. Konkreter wurde er auf Nachfrage nicht. Die Ermittler werteten auch Bildmaterial von der Veranstaltung aus, das über ein eigenes Portal eingereicht worden war. Eine Ermittlungsgruppe zum Fall sei aber nicht geplant, sagte der Polizeisprecher. Zur Spurenlage vor Ort wollte er sich auf Nachfrage nicht äußern.
Was genau zur Krankenhaus-Einweisung Chrupallas führte, ist immer noch unklar. Der AfD-Chef hatte am Mittwoch eine Wahlkampfveranstaltung in Ingolstadt besucht. Vor Beginn einer geplanten Rede musste er hinter der Bühne medizinisch versorgt werden und kam dann in die Klinik. Die Polizei hatte mitgeteilt, dass zu diesem Zeitpunkt "eine offensichtliche Verletzung" nicht erkennbar gewesen sei.
AfD spricht von "tätlichen Vorfall" - Polizei hat keine Hinweise auf Angriff
Weiter hieß es zunächst: "Um die näheren Umstände dieses medizinischen Vorfalls abzuklären, wurden die weiteren Ermittlungen durch die Kriminalpolizeiinspektion Ingolstadt übernommen." Ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord in Ingolstadt sagte am Donnerstagmorgen, es gebe keinen neuen Erkenntnisstand. Laut Polizei und Staatsanwaltschaft gibt es weiter keine Hinweise auf einen Angriff. Zwar hätten "nach dem derzeitigen Kenntnisstand mehrere Personen Selfies mit Herrn Chrupalla gefertigt, bei denen es zu einem leichten Körperkontakt kam", teilten die Ermittler am Donnerstag mit. "Es liegen zum jetzigen Zeitpunkt keinerlei Erkenntnisse vor, dass Herr Chrupalla angegangen oder angegriffen wurde."
Ein Sprecher der bayerischen AfD-Landtagsfraktion sagte, kurz vor Chrupallas Rede sei es in einer Menschenmenge zu einem Vorfall gekommen. Besucher, die im Umfeld der Veranstaltung Fotos oder Videos gemacht haben, wurden von der Polizei gebeten, diese den Ermittlern zur Verfügung zu stellen.
Ermittlungen nach Vorfall bei Veranstaltung mit AfD-Chef Chrupalla
Nach einem Vorfall bei einer Wahlkampfveranstaltung mit AfD-Chef Tino Chrupalla in Bayern ist ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Körperverletzung eingeleitet worden. Das Verfahren laufe gegen unbekannt, einen konkreten Verdächtigen gebe es nicht, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Ingolstadt am 05.10.2023. Mehrere Medien hatten zuvor darüber berichtet.
Bereits bei einem Anfangsverdacht werde ein solches Ermittlungsverfahren eingeleitet, sagte die Sprecherin. Details zu den bisherigen Ermittlungen nannte sie nicht. Die Staatsanwaltschaft wollte im Laufe des Donnerstags eine Pressemitteilung veröffentlichen.
Chrupalla fällt für Wahlkampf-Endspurt wohl aus
Angesichts des Krankenhaus-Aufenthalts von AfD-Bundeschef Tino Chrupalla ging der bayerische Landeschef Stephan Protschka davon aus, dass Chrupalla für den Wahlkampf-Endspurt ausfällt. "Am Samstag hätte ich eigentlich einen gemeinsamen Auftritt mit ihm in Niederbayern gehabt", sagte Protschka am 5. Oktober der Deutschen Presse-Agentur. "Nach aktuellem Stand wird er bis zur Wahl wohl keine Auftritte mehr wahrnehmen können." Laut einem Sprecher der AfD-Landtagsfraktion steht auch die Teilnahme Chrupallas an der Wahlparty in München am Sonntagabend auf der Kippe.
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Bayerns Innenminister Herrmann macht AfD schwere Vorwürfe
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann machte der AfD am Donnerstag schwere Vorwürfe. Es sei erschreckend, "wie infam und hinterfotzig die AfD im Landtagswahlkampf versucht, aus den Vorfällen bei ihrer eigenen Klientel Kapital zu schlagen, ohne die Ermittlungen abzuwarten", kritisierte der CSU-Politiker.
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bos/news.de/dpa
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