Markus Söder (CSU) und Grünen-Politiker Ludwig Hartmann lieferten sich jetzt kurz vor der Bayern-Wahl ein hitziges TV-Duell. Bei der Frage, ob das Bürgergeld zu hoch angesetzt sei, erhielt Söder eine Lehrstunde.
Weniger als eine Woche vor den Landtagswahlen in Bayern kam es am Dienstagabend zu einem TV-Duell zwischen CSU-Chef Markus Söder und dem Grünen-Spitzenkandidaten Ludwig Hartmann im Bayerischen Fernsehen. Beim Thema Bürgergeld hätten ihre Ansichten nicht unterschiedlicher sein können. Dieses liegt seit Anfang des Jahres bei 502 Euro im Monat und damit knapp zwölf Prozent höher der vorherige Hartz-IV-Regelsatz von 449 Euro. Für Söder ist das deutlich zu hoch, arbeiten sei für viele nicht länger reizvoll - doch Grünen-Politiker Ludwig Hartmann hält dagegen.
Bürgergeld-Debatte vor Bayern-Wahl: Markus Söder (CSU) undGrünen-Politiker Ludwig Hartmann im TV-Duell
"Es wäre übrigens auch ganz gut, wenn das Bürgergeld nicht ständig erhöht würde. Das Bürgergeld ist mittlerweile so hoch, dass der Anreiz, zu arbeiten, reduziert wird", behauptete Markus Söder, der amtierende Ministerpräsident Bayerns, jetzt in seinem TV-Duell. Wer arbeitet, müsse "einfach deutlich mehr haben, als jemand, der nicht arbeitet". Hartmann grätschte jedoch ein: "Wenn einer arbeitet, hat er immer mehr als der Hartz-IV-Empfänger [heute Bürgergeld, Anm. d. Red.], das ist ganz klar." Durch Söders Argumentation entstehe Neid gegenüber den "schwächsten der Gesellschaft". Die Anhebung des Bürgergelds rechtfertigte der bayerische Grünen-Politiker mit der aktuell hohen Inflation. Er sagte zudem: "Wenn die Kinder von Grundsicherungsempfänger im Sommer eine Arbeit aufnehmen, sich was dazu verdienen. Dass das Geld nicht mehr angerechnet wird, sondern den Kindern gehört, damit sie auch lernen, dass sich Leistung wieder lohnt, da müssten wir doch auf einer Linie sein, das war die richtige Entscheidung.
Während Söder auf letzteren Punkt nicht weiter einging, forderte er den Grünen-Politiker hinsichtlich der hohen Preise für Lebensmittel auf: "Tun Sie doch was dagegen, gegen die hohen Lebensmittelpreise. Erhöhen Sie nicht die Gastronomiesteuer von sieben Prozent. [...] Senken Sie die Mehrwertsteuer für Grundnahrungsmittel auf Null." Laut Hartmann sei dieser Gedanke an sich zwar "nicht verkehrt, aber faktisch falsch umgesetzt". Anstatt günstige Preise für alle Gesellschaftsschichten, auch die Superreichen, möglich zu machen, beharrt er darauf, hauptsächlich sozial schwache Personen zu entlasten.
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Markus Söder vs. Ludwig Hartmann: So kam das TV-Duell im Netz an
Wie kam die Debatte bei den Zuschauern an? Für seine Aussagen zum Bürgergeld wurde Söder im Netz von vielen Usern zerrissen. In einem Tweet auf der Plattform X wurde der Moment der TV-Diskussion geteilt. Dazu heißt es: "Nur noch Verachtung für @Markus_Soeder." "Ja schlimm diese Bürgergeld-Empfänger, die jeden Tag einem den Platz im Restaurant streitig machen. Söder ist so lost...", schrieb ein weiterer User. Ein weiterer kommentierte: "Söder weiß, wie recht Hartmann hat, das schmerzt ihn bestimmt besonders." Doch es gab auch Gegenstimmen: "'Hartmann ist einige Nummern zu klein für einen #Soeder. Er redet zwar viel, aber am Ende des Satzes weiß man nicht, was er jetzt wirklich gesagt hat. Hoffentlich weiß er es selbst noch. Komplett überfordert. Offensichtlich sind die anderen bei den @Gruene_Bayern noch schlechter."
Nur noch Verachtung für @Markus_Soeder pic.twitter.com/o5GXzY7sA8
— Nurder Koch (@NurderK) October 3, 2023
Faktencheck zur Bürgergeld-Debatte: Lohnt sich noch, arbeiten zu gehen?
Doch wer behält in der Bürgergeld-Diskussion recht, Söder oder Hartmann? Lohnt es sich noch zu arbeiten? Die Bürgergeld-Erhöhung ist erst für das kommende Jahr geplant. Ein "WDR"-Faktencheck aus November 2022 zeigte jedoch, dass zumindest bis dato Geringverdiener in Vollzeit mehr verdienten als Bürgergeld-Empfänger mit einem Minijob. In dem Bericht bezog man sich auf ein offenbar fehlerhaftes Rechenbeispiel, ursprünglich von der "Schweriner Regionalzeitung" aufgestellt, das damals im Netz kursierte. "Ein Arbeitnehmer in Vollzeit arbeitet 160 Stunden pro Monat, ein Bürgergeld-Bezieher mit Minijob kommt auf monatlich 37 Stunden. Nach Abzug von Steuern, Abgaben, Miete und Nebenkosten landen beide bei dem gleichen verfügbaren Einkommen - 780 Euro", hieß es darin.
Laut Holger Schäfer vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft in Köln enthalte die Rechnung jedoch "sachliche Fehler". Laut dem Beispiel erhalte der Bürgergeld-Bezieher 280 Euro netto aus einem 450-Euro-Job, tatsächlich seien die Abzüge aber höher. Lediglich die ersten 100 Euro des Zuverdienstes seien abzugsfrei, danach dürften nur 20 Prozent des Gehalt behalten werden. Allerdings: Seit dem 1. Juli 2023 sind es 30 Prozent bei einem Einkommen zwischen 520 und 1000 Euro. Laut Schäfer würde zudem das Netto-Einkommen (1410 Euro) des Vollzeit-Beschäftigten (2060 Euro brutto) in dem Beispiel in der Realität höher liegen als in der Grafik.
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Reallöhne sind gesunken um 4,0 Prozent gesunken
Während Markus Söder in der TV-Diskussion vor allem ein Problem im vermeintlich zu hohen Bürgergeld sah, könnten dagegen jedoch auch die Löhne von Vollzeit-Beschäftigten im Diskurs eine Rolle spielen. Laut dem Statistischen Bundesamt sei der Nominallohn zwar zwischen 2021 und 2022 stark gestiegen, die Reallöhne in Deutschland jedoch um 4,0 Prozent gesunken. Beim diesen handelt es sich um Gehälter unter Berücksichtigung der Teuerung. Zuvor war man nur von einem Minus von 3,1 Prozent ausgegangen. Wie "ARD" berichtete, handle es sich um die "stärkste Schrumpfung seit Beginn der Statistik im Jahr 2008 und zugleich das dritte Minus in Folge".
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Markus Söder lehnt schwarz-grüne Koalition kategorisch ab
Im TV-Duell ging es jedoch nicht nur um das Bürgergeld. Söder lehnte zudem erneut eine Koalition mit den Grünen kategorisch abgelehnt. "Es wird definitiv mit mir kein Schwarz-Grün in Bayern geben", sagte der amtierende bayerische Ministerpräsident.
Hartmann sagte dagegen, er sei "überzeugt", dass eine schwarz-grüne Regierung die richtige Antwort auf die aktuellen Herausforderungen und auch die gesellschaftliche Spaltung wäre. Hierzu gehöre auch Söders Aussage, die Grünen hätten kein "Bayern-Gen". Diese Kategorisierung "schließt alle aus, die nicht CSU wählen", dies sei eine "Spaltung, die ich so nicht akzeptieren möchte."
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Söder betonte, die Regierung mit den Freien Wählern habe in den vergangenen fünf Jahren gut zusammengearbeitet. Eine bayerische Staatsregierung mit den Grünen wäre zudem nicht mehr unabhängig von der Bundesregierung und könne dann nicht mehr die bayerischen Interessen vertreten. Söder warf den Grünen zudem vor, keine Regierungsfähigkeit zu haben.
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rad/bua/news.de/dpa