Im Streit um das von Russland aufgekündigte Getreideabkommen will der türkische Präsident Erdogan nun einen Schritt auf Putin zu machen. Doch ein Experte warnt vor einer "heiklen Position". Wird der Kreml-Despot im Streit um das Schwarze Meer einlenken?
Das Schwarze Meer ist zum Brennpunkt der türkisch-russischen Beziehungen geworden. Nachdem Russland im Juli das Getreideabkommen mit der Ukraine aufkündigte, will der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan das Gespräch mit Wladimir Putin suchen. Es geht darum, eine Einigung zu finden. Doch die Verhandlungen könnten schwierig werden.
Kreml: Putin empfängt Erdogan am 4. September in Sotschi
Der Kreml hat das bevorstehende Treffen des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan bestätigt. "Die Verhandlungen finden am Montag in Sotschi statt", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am 1. September 2023 der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Demnach sollen die Gespräche gegen Mittag beginnen.
Die Türkei will eine Neuauflage des Abkommens erreichen, das ukrainische Getreide-Exporte über das Schwarze Meer sichert. Der türkische Außenminister Hakan Fidan hat dazu bereits Gespräche mit seinem russischen Kollegen in Moskau geführt. Ankara betont immer wieder, dass das Abkommen wichtig für die sichere Versorgung der Welt mit Lebensmitteln sei. Es sorge zudem für Sicherheit in der Schwarzmeer-Region.
Russland hingegen hat ein Ende der Seeblockade und die Wiederaufnahme der ukrainischen Getreidelieferungen erst unter der Voraussetzung in Aussicht gestellt, dass die eigenen Bedingungen erfüllt werden. Dazu gehören eine Lockerung der westlichen Sanktionen, die nach Angaben Moskaus den Export von russischen Dünge- und Lebensmitteln beeinträchtigen.
Streit um Kontrolle des Schwarzen Meeres: Putin nicht an Einigung mit Erdogan interessiert?
"Es heißt, Erdogan wolle unbedingt eine Einigung erzielen, und die Russen seien einfach nicht daran interessiert", sagte Dimitar Bechev, Türkei-Experte an der School of Global and Area Studies der Universität Oxford gegenüber "Politico" darüber, was Erdogan vorhat. Doch Putin sei nicht in der Lage, sich aufgrund der militärischen Kapazitäten der Türkei Freiheiten herauszunehmen, zitiert der britische "Express" Cihat Yaycı, seines Zeichens ehemaliger Konteradmiral der türkischen Marine.Zudem haben beide eine enge wirtschaftliche Beziehung. "Russland ist der zweitgrößte Wirtschaftspartner der Türkei, die Türkei ist der drittgrößte Wirtschaftspartner Russlands. Beide Parteien könnten sichgegenseitig schaden, was wiederum dazu führen kann, dass sie eine gleichberechtigte und ausgewogene Beziehung aufbauen." Der Türkei sei es gelungen, eine gleichberechtigte Beziehung mit Moskau zu erhalten.
Experte warnt: Türkei sollte sich vor Russland in Acht nehmen
Die Türkei sollte sich aber vor Russland wappnen. Es sei "eine sehr heikle Position, und wenn Russland eine Gelegenheit ergreift, werden sie uns zwingen, Sklaven zu sein. Es gibt ein altes osmanisches Sprichwort. Mit Russland zu paktieren ist, wie mit einem Bären ins Bett zu gehen - man kann jederzeit gekratzt werden", sagt Yayci.
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Treffen zwischen Erdogan und Putin geplant
Kremlsprecher Dmitri Peskow bestätigte Ende August 2023, dass in Kürze ein Treffen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan mit Staatschef Wladimir Putin in Russland geplant sei. Dazu werde es demnächst eine offizielle Mitteilung geben. Medien hatten berichtet, dass die Zusammenkunft für den 4. September in Sotschi am Schwarzen Meer geplant sei. Dabei dürfte es vor allem auch um das derzeit ausgesetzte Abkommen zur Verschiffung von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer gehen, das Putin aufgekündigt hatte. Erdogan werde dazu "in naher Zukunft" nach Sotschi reisen, hatte der Sprecher der Regierungspartei AKP, Ömer Celik, gesagt.
Zuvor treffen sich aber die Außenminister Russlands und der Türkei, Sergej Lawrow und Hakan Fidan. Dabei soll es auch um die Vorbereitung einer Begegnung der Staatschefs beider Länder gehen. Themen bei Fidans Arbeitsbesuch seien zudem die Konflikte in der Ukraine, in Syrien, in Libyen, im Kaukasus sowie die Zusammenarbeit beider Länder im Energiesektor, teilte das Außenministerium in Moskau mit. Auch das türkische Außenministerium kündigte die Reise Fidans an.
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bos/loc/news.de/dpa
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