Der Vorschlag, Eltern zur Kasse zu bitten, die mit ihren Kindern abseits akuter Situationen den ärztlichen Notdienst aufsuchen, schlägt hohe Wellen. Was steckt hinter der Forderung aus dem Lager der Kinder- und Jugendärzte?
Das eigene Kind krank zu sehen, bricht wohl jedem Elternteil das Herz - doch nicht selten verursacht die elterliche Sorge um das Wohl des Nachwuchses bei Medizinern große Empörung. Der Grund: Viel zu häufig schlagen Erziehungsberechtigte mit ihren Kindern beim ärztlichen Notdienst oder in der Notaufnahme auf, ohne dass ein entsprechender medizinischer Notfall vorliegt. Nun fordert der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte Konsequenzen für Eltern in Gestalt von Sondergebühren.
Ohne Ernstfall zum Notdienst? Kinder- und Jugendärzte wollen Eltern zur Kasse bitten
Der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, plädierte jüngst angesichts knapper Ressourcen beim Notdienst dafür, von den Eltern in bestimmten Fällen eine Eigenbeteiligung zu verlangen, wenn diese mit ihren Kindern ohne akuten Bedarf den ärztlichen Notdienst konsultieren. "Die Notfallversorgung muss auf Notfälle konzentriert werden und nicht für die Pickel am Po der Kinder, für die die Eltern unter der Woche keine Zeit haben und mit denen man dann am Wochenende beim Notdienst aufschlägt", sagte Fischbach der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (07.08.2023). "Für solche Fälle hielte ich eine Eigenbeteiligung der Versicherten für absolut sinnvoll."
Zoff um Eltern-Gebühr in Notaufnahmen entbrannt
Der Vorschlag einer Sondergebühr für Eltern stößt indes bei der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und dem Spitzenverband der Krankenkassen auf Ablehnung. Auch das Bundesgesundheitsministerium äußerte sich zurückhaltend.Für Helge Dickau vom GKV-Spitzenverband wäre es falsch, "ausgerechnet den Eltern kranker Kinder die Entscheidung aufzubürden, ob der Weg in die Notaufnahme nötig ist oder nicht - und diese dann auch noch mit Gebühren abzustrafen, wenn sie vermeintlich falsch liegen". Auch der DKG-Vorsitzende Gerald Gaß betonte: "Wir brauchen nicht immer wieder neue Vorschläge, die finanzielle Hürden vor der Inanspruchnahme einer Notfallversorgung aufbauen." Notwendig sei stattdessen eine funktionierende Patientenberatung und Steuerung, um echte Notfälle von Bagatellerkrankungen zu unterscheiden.
So reagiert das Gesundheitsministerium auf die Strafgebühr-Idee für besorgte Eltern
Eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums verwies lediglich auf die Vorschläge zur Reform der Notfallversorgung, die kürzlich eine Regierungskommission vorgelegt hatte. Darin sei eine "Strafgebühr" nicht vorgesehen. Die Expertenkommission hatte im Februar 2023 ein Konzept für eine effektivere Notfallversorgung vorgelegt. Darin werden unter anderem neue integrierte Leitstellen vorgeschlagen, die am Telefon eine erste medizinische Einschätzung vornehmen und damit Notdienst-Praxen und Notaufnahmen entlasten sollen.
Idee für Notfallgebühr für Nicht-akut-Patienten bei Karl Lauterbach abgeblitzt
Erst vor wenigen Monaten hatte Kassenärzte-Chef Andreas Gassen eine Notfall-Gebühr für jene Fälle vorgeschlagen, in denen Patienten direkt in die Notaufnahme gehen, ohne vorher die Leitstelle anzurufen oder ohne akute Beschwerden zu haben. Diesem Vorhaben erteilte Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) damals jedoch eine deutliche Absage.
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loc/news.de/dpa
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