Vor dem Nato-Gipfel erhöht Kiew den Druck, ein positives Signal für eine Mitgliedschaft zu bekommen. Derweil plant Putin den Ausbau seiner Schwarzmeerflotte. Das sind alle aktuellen News zum Ukraine-Krieg.
Tag 499 im Ukraine-Krieg: Während Ukraine-Präsdient Wolodymyr Selenskyj bei einer neuen Auslandsreise um Unterstützung für sein von Russland angegriffenes Land und für eine Nato-Mitgliedschaft wirbt, warnt der ukrainische Geheimdienstchef, dass Russland ein Bürgerkrieg droht. Zudem plant Putin offenbarden Ausbau seiner Schwarzmeerflotte.
Ukraine-Krieg im News-Ticker - alle aktuellen Geschehnisse am 07.07.2023 im Überblick
- Vorstoß verlangsamt! Russische Truppen sollen "allmählich zermürbt" werden
- Ukraine-Krieg bald beendet? Putin verliert mehr als 2.000 Panzer
- Verschwunden, verhaftet, eliminiert: Hat Putin "General Armageddon" kaltgestellt?
- Belarus-Diktator Lukaschenko schockt Kreml: "Putin ist sicher kein Held"
+++ US-Regierung will der Ukraine Streumunition liefern +++
Die US-Regierung will der Ukraine Streumunition zur Verteidigung gegen Russland liefern. Es sei eine schwierige Entscheidung gewesen, aber US-Präsident Joe Biden habe sich entschieden, diesen Schritt zu gehen, sagte der nationale Sicherheitsberater Bidens, Jake Sullivan, am Freitag im Weißen Haus.
+++ Nato-Generalsekretär: Streumunition dient der Ukraine zur Abwehr +++
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat Verständnis für die Überlegungen der USA signalisiert, der Ukraine Streumunition für den Kampf gegen die russischen Invasionstruppen zu liefern. Der Norweger verwies am Freitag in Brüssel darauf, dass auch Russland Streumunition einsetze. Das Land nutze sie allerdings nicht im Rahmen der Selbstverteidigung, sondern um in die Ukraine einzudringen. "Wir sind mit einem brutalen Krieg konfrontiert", unterstrich der Norweger.
Stoltenberg machte zugleich deutlich, dass die Nato als Organisation keine gemeinsame Position zum Thema hat. Dies ist nach seinen Angaben der Fall, weil ein Teil der Nato-Staaten einen Vertrag zur Ächtung von Streumunition unterschrieben hat, ein andere Teil aber nicht. "Es ist Sache der einzelnen Verbündeten, Beschlüsse über die Lieferung von Waffen und militärischen Gütern in die Ukraine zu fassen", sagte er. Die Entscheidungen müssten Regierungen treffen und nicht die Nato als Bündnis.
Die «New York Times» und andere Medien hatten zuvor unter Berufung auf Regierungsquellen berichtet, dass die US-Regierung die Lieferung von Streumunition an die Ukraine plane. Das Pentagon wollte dies zunächst nicht bestätigen.
Als Streumunition werden Raketen und Bomben bezeichnet, die in der Luft über dem Ziel bersten und viele kleine Sprengkörper - sogenannte Submunition - verstreuen oder freigeben. Der Munitionstyp wird kritisiert, weil ein erheblicher Prozentsatz der Sprengkörper oft nicht detoniert, sondern als Blindgänger vor Ort verbleibt und so die Bevölkerung gefährdet.
+++ Nato schnürt Gipfelpaket für die Ukraine +++
Die Nato bereitet für den bevorstehenden Gipfel in Litauen ein umfassendes Unterstützungspaket für die Ukraine vor. Nach Angaben von Generalsekretär Jens Stoltenberg wird bei dem Spitzentreffen in Vilnius ein mehrjähriges Programm vereinbart werden, um künftig eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen den Streitkräften der Ukraine und des Bündnisses zu ermöglichen. Zudem soll das bereits 2008 gegebene Versprechen erneuert werden, dass die Ukraine Mitglied der Nato werden kann. Bis dahin ist geplant, die politischen Beziehungen über die Schaffung eines neuen Nato-Ukraine-Rates zu vertiefen.
«Seit 500 Tagen bringt Moskau Tod und Zerstörung ins Herz Europas, um die Ukraine zu zerstören und die Nato zu spalten», erklärte Stoltenberg am Freitag bei einer Pressekonferenz zum Gipfel. Von dem Treffen am kommenden Dienstag und Mittwoch werde allerdings das klare Signal ausgehen, dass die Nato geeint sei und sich Russlands Aggression nicht auszahlen werde.
Um die Abschreckung und Verteidigung der Nato zu stärken, sind nach nach Angaben von Stoltenberg neue regionale Verteidigungspläne vorgesehen. Um diese umsetzen zu können, sollen künftig bündnisweit rund 300 000 Soldatinnen und Soldaten in hoher Einsatzbereitschaft gehalten werden.
+++ US-Institut: Ukraine mit Gegenoffensiven an drei Abschnitten +++
Die ukrainische Armee führt nach Einschätzung von US-Experten an mindestens drei Abschnitten Gegenoffensiven durch und versucht, russische Soldaten und Logistikressourcen schrittweise zu schwächen. Die Streitkräfte hätten nach Angaben des ukrainischen Militärs Gebiete in Richtung Bachmut sowie im Westen der Gebiete Donezk und Saporischschja im Visier, schrieb das in Washington ansässige Institut für Kriegsstudien (ISW) in seinem Bericht vom Donnerstag (Ortszeit). Es gebe geolokalisierte Aufnahmen vorgerückter ukrainischer Truppen rund fünf Kilometer südwestlich der monatelang umkämpften Stadt Bachmut.
Das ISW verwies dabei auf Aussagen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in einem Interview des US-Senders CNN, denen zufolge seine Streitkräfte ihre Gegenoffensiven verlangsamt hätten und weitere westliche Waffensysteme bräuchten, um neue Angriffe entlang der Front starten zu können.
Die russischen Streitkräfte hätten ihrerseits in der Südukraine mit erheblichen Einschränkungen zu kämpfen und Teile ihrer defensiven Operationen seien möglicherweise nicht so effektiv wie offiziell dargestellt, heißt es weiter im ISW-Bericht. Die Denkfabrik bezieht sich damit auf Aussagen einer russischen Militärbloggerin, dass die Streitkräfte in Saporischschja schon seit Oktober 2022 nicht mehr ausgetauscht worden seien, weil es an qualifiziertem Personal in der Reserve mangele. Die Aussagen der Bloggerin stützen gleichzeitig frühere Einschätzungen der ISW-Experten.
Der Bericht des US-Instituts gab zudem eine Vermutung darüber ab, warum sich der russische Söldnerchef Jewgeni Prigoschin nach dem gestoppten Aufstand der Wagner-Gruppe weiter frei in Russland bewegen könne. Dies spreche dafür, dass es einerseits eine Art von Garantie für ihn gebe müsse. Und andererseits könnte es sein, dass der Kreml der Unterminierung von Prigoschins Ruf Vorrang vor dessen physischer oder rechtlicher Verfolgung einräume.
+++ Selenskyj setzt seine Reise in der Slowakei fort +++
Nach seinem Besuch in Prag ist der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Freitag in der slowakischen Hauptstadt Bratislava eingetroffen. Dieses nächste Reiseziel gab er selbst auf Twitter bekannt: "Slovakia is next", schrieb er auf Englisch und kündigte Gespräche mit seiner Amtskollegin Zuzana Caputova und Regierungsvertretern an. Es werde um weitere militärische Unterstützung und die Integration der Ukraine in EU und Nato gehen.
Eingeladen hat ihn Caputova. Die Präsidentin gehört zu den entschlossensten Unterstützern der Ukraine unter den Staatsoberhäuptern Europas. Unter anderem forderte sie schon im vergangenen Jahr eine klare EU-Beitrittsperspektive für die von Russland angegriffene Ukraine. Sie war seit Beginn der russischen Invasion bereits zweimal in Kiew und hatte gemeinsam mit Selenskyj Orte besucht, an denen sich die Brutalität des russischen Angriffskriegs besonders drastisch zeigte.
Die direkt an die Ukraine grenzende Slowakei gehört zu den vehementesten Unterstützern des dortigen Abwehrkampfs. Unter anderem schenkte die slowakische Armee kurz nach Kriegsbeginn der Ukraine ihr eigenes Raketenabwehrsystem und übergab ihr inzwischen auch alle einsatzfähigen MiG-29-Kampfflugzeuge.
+++ Kreml: Putin könnte Erdogan in absehbarer Zeit treffen +++
Der Kreml hält ein persönliches Treffen des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan in absehbarer Zeit für möglich. Ein konkreter Termin stehe aber noch nicht fest, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Freitag nach Angaben russischer Agenturen. «Perspektivisch» schließe Moskau ein Treffen der beiden Staatschefs nicht aus. Über eine solche Begegnung wird seit Wochen spekuliert.
Peskow äußerte sich mit Blick auf ein am Freitag geplantes Treffen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit Erdogan. Moskau werde die Gespräche genau verfolgen, sagte der Kremlsprecher. Selenskyj wurde nach türkischen Angaben am Freitag in Istanbul erwartet.
Peskow betonte, dass Moskau und Ankara ihre "konstruktiven partnerschaftlichen Beziehungen" beibehielten und diese sehr schätzten. Daher sei Moskau natürlich interessiert daran, was zwischen Erdogan und Selenskyj besprochen werde.
Bei dem Treffen soll es nach türkischen Angaben unter anderem um das Abkommen zur Verschiffung von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer gehen, das am 17. Juli ausläuft. Russland droht damit, die unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei im Sommer vorigen Jahres geschlossene Vereinbarung nicht zu verlängern.
Peskow wies daraufhin, dass Erdogan "mehrfach große Anstrengungen für eine Beilegung verschiedener Probleme im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt unternommen" habe. Russland führt seit Februar 2022 einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Putin und Erdogan gelten als befreundet. Die Türkei hat sich nach Beginn des russischen Angriffskrieges als Nato-Staat nicht an den westlichen Sanktionen gegen Moskau beteiligt und sieht sich selbst als Vermittler.
+++ Litauens, Polens und Lettlands warnen vor Lage in Belarus +++
Die Staatspräsidenten von Litauen, Polen und Lettland haben in einem gemeinsamen Schreiben an die Nato ihre Besorgnis über die Entwicklungen im benachbarten Belarus zum Ausdruck gebracht. Hintergrund sind die Verlegung russischer taktischer Atomwaffen und die mögliche Stationierung von Kämpfern der Söldnertruppe Wagner. Die Zusammenarbeit zwischen Moskau und Minsk untergrabe die Sicherheit der Region und des gesamten euroatlantischen Raums, hieß es in dem am Freitag veröffentlichten Brief von Gitanas Nauseda (Litauen), Andrzej Duda (Polen) und Egils Levits (Lettland).
Kurz vor dem Nato-Gipfel in der kommenden Woche in Vilnius forderten die drei Staatschefs "Solidarität und Einigkeit", um allen Bedrohungen entgegenzuwirken, die sich aus der Lage in Belarus ergeben. Weiter heißt es, Russland nutze das Territorium und die Ressourcen von Belarus für seinen illegalen und brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Verdeutlicht werde das durch die immer engere militärische Integration zwischen den beiden Ländern, deren jüngste Manifestation die Stationierung taktischer Atomwaffen in Belarus sei.
Nauseda, Duda und Levits warnten weiter auch vor den möglichen Auswirkungen einer Verlegung von Wagner-Söldnern und deren Chef nach Belarus. Dies "würde Risiken für die politische Stabilität in Belarus und in der Folge einen potenziellen Kontrollverlust über konventionelle und nukleare Waffen mit sich bringen", schrieben sie. Die Ankunft der Wagner-Gruppe könnte der autoritären Führung in Minsk zudem als Anreiz dienen, erneut verstärkt Migranten aus Drittstaaten in organisierter Form an die EU-Außengrenze zu bringen, um Druck auf den Westen auszuüben.
+++ London: Russland baut Marinefähigkeiten im Asowschen Meer aus +++
Die russische Marine will nach Angaben britischer Militärexperten ihre Fähigkeiten im Asowschen Meer ausbauen. Dazu sei bereits ein neuer Marine-Distrikt mit Hauptquartier in der besetzten ukrainischen Stadt Mariupol gegründet worden, hieß es am Freitag im täglichen Geheimdienst-Bericht des Verteidigungsministeriums in London. Der neue Flottenverband werde sich wahrscheinlich auf logistische Aufgaben und Partisanenbekämpfung konzentrieren, um der Schwarzmeerflotte unter anderem für Langstreckenschläge den Rücken freizuhalten, hieß es weiter.
Das Asowsche Meer ist ein Nebenmeer des Schwarzen Meeres, mit dem es über die Straße von Kertsch verbunden ist. Es liegt zwischen Russland, der schon 2014 von Moskau annektierten ukrainische Halbinsel Krim und von russischen Truppen besetzten Gebieten in der Südostukraine.
Geplant sei, dass der Verband, der Teil der Schwarzmeerflotte sein werde, aus acht Kriegsschiffen bestehen solle. Darunter seien auch drei moderne Korvetten der Karakurt-Klasse, die in der Lage seien, Marschflugkörper vom Typ SS-N-30A Kalibr abzufeuern.
"Das Asowsche Meer ist ein entscheidendes Seegebiet für Russland, weil es seine inländischen Wasserwege mit internationalen Schifffahrtsrouten verbindet", hieß es in der britischen Mitteilung weiter. Im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine biete das Nebenmeer auch eine alternative militärische Nachschubroute, sollten Russlands Landrouten in die Südukraine abgeschnitten werden.
+++ Ukrainische Armee reklamiert Erfolge bei Bachmut für sich +++
Die ukrainische Armee hat nach eigenen Angaben nahe der russisch kontrollierten Stadt Bachmut im Donezker Gebiet weitere Erfolge verzeichnet. "Im Bereich von Klischtschijiwka haben sie einen Teilerfolg, setzen sich auf den erreichten Positionen fest", sagte der Sprecher des Generalstabs, Andrij Kowaljow, am Freitag laut einer Mitteilung. Bei Klischtschijiwka südlich von Bachmut befinden sich wichtige Anhöhen, die russischen Angaben nach von den Ukrainern jedoch bisher nicht erobert werden konnten.
Auch nördlich von Bachmut übe ukrainisches Militär Druck auf die russischen Truppen aus, hieß es weiter. Der Sprecher der ukrainischen Ostgruppierung, Serhij Tscherewatyj, sagte im Fernsehen, dass die ukrainischen Einheiten die Frontlinie um einen Kilometer verschoben hätten.
Bachmut wurde von russischen Truppen nach monatelangen Kämpfen im Mai erobert. Die Stadt mit einst über 70 000 Einwohnern wurde dabei komplett zerstört. Die Ukraine wehrt seit mehr als 16 Monaten eine russische Invasion ab. Anfang Juni hatten die ukrainischen Truppen eine Gegenoffensive begonnen, die aber nur langsam vorankommt.
+++ Selenskyj: "Sollten uns nicht wundern, wenn Kadyrow auf den Kreml marschiert" +++
Bei einem Treffen mit bulgarischen Politikern hat Wolodymyr Selenskyj über Russlands Präsident Wladimir Putin gesprochen. "Der derzeitige russische Staatschef ist so schwach, dass er nicht in der Lage ist, die russischen Oblaste vor seinen eigenen Kämpfern zu schützen", sagt der Präsident der Ukraine. "Wir sollten also nicht überrascht sein, wenn jemand - Prigoschin oder, sagen wir, Kadyrow - auf den Kreml marschiert."
+++ Zahl der Toten nach Raketenangriff auf Lwiw steigt auf zehn +++
Die Zahl der Toten nach dem Raketenangriff auf die westukrainische Stadt Lwiw (Lemberg) ist auf zehn gestiegen. Das zehnte Todesopfer - die Leiche einer Frau - sei am Freitagmorgen aus den Trümmern eines Wohnhauses geborgen worden, teilte Bürgermeister Andrij Sadowyj bei Telegram mit. Nach Angaben des ukrainischen Innenministeriums wurden bei dem Raketenangriff in der Nacht zum Donnerstag in einem Wohngebiet 42 Menschen verletzt, unter ihnen drei Kinder.
Die oberen Etagen eines großen Wohnblocks mit mehreren Eingängen waren durch den Raketeneinschlag komplett zerstört worden, wie auf Videos zu sehen war. Insgesamt war nach offiziellen Angaben von Schäden an 35 Gebäuden die Rede. In der Stadt wurde für zwei Tage eine Trauer ausgerufen.
Sadowyj hatte von dem schwersten Angriff auf die zivile Infrastruktur von Lwiw seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine vor mehr als 16 Monaten gesprochen. Russland habe Lwiw mit Marschflugkörpern des Typs "Kalibr" angegriffen, die vom Schwarzen Meer aus abgeschossen worden seien, hatte die ukrainische Luftwaffe mitgeteilt. Sieben von zehn russischen Raketen habe die Flugabwehr zerstören können.
+++ Geheimdienstchef: Russland steht vor einem Bürgerkrieg +++
Der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Kyrylo Budanow, hat nach eigenen Angaben Informationen aus Russland, die das Land tief gespalten zeigen. In einem Interview mit der britischen "Times" berief er sich auf einen ihm vorliegenden Bericht des russischen Ministeriums für Innere Angelegenheiten. Dieses hätte während des Prigoschin-Aufstands die Stimmung im Land beobachtet und entsprechende Daten ausgewertet. Demnach habe es in 21 Regionen Unterstützung für Putin, in 17 für Prigoschin gegeben.
Die Daten zeigten laut Budanow, was sein Geheimdienst schon länger sagen würde: "Dass Russland vor einem Bürgerkrieg steht". Die Studie habe auch offenbart, dass Putin zwar in Moskau breite Unterstützung erhalte, nicht aber in seiner Heimatstadt St. Petersburg. In Dagestan habe Prigoschin sogar 97 Prozent Beliebtheit erreicht. Die Angaben Budanows zu der angeblichen russischen Untersuchung lassen sich unabhängig nicht überprüfen.
+++ Selenskyj wirbt bei Reise um Hilfe für Ukraine +++
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wirbt bei einer neuen Auslandsreise um Unterstützung für sein von Russland angegriffenes Land und für eine Nato-Mitgliedschaft. In Prag lobte er am späten Donnerstagabend Tschechien als besonders engagiert bei der militärischen Hilfe. "Die Tschechische Republik und das tschechische Volk helfen uns wirklich, den Sieg näher zu bringen", teilte Selenskyj bei Telegram mit.
Die EU will unterdessen zur Unterstützung der Ukraine finanzielle Anreize für die Rüstungsindustrie schaffen, um Produktionskapazitäten für Munition und Raketen auszubauen. US-Medien berichteten, dass Washington nun auch Kiews Forderungen nach Lieferung von international geächteter Streumunition nachkomme. Selenskyj hatte diese immer wieder gefordert, um möglichst viele Russen zu töten.
Dass die US-Regierung die Lieferung von Streumunition an die Ukraine plant, hatte am Donnerstag unter anderem die "New York Times" unter Berufung auf nicht namentlich genannte Regierungsquellen berichtet. Das Pentagon wollte dies zunächst nicht bestätigen. «Ich habe heute nichts Konkretes zu verkünden», sagte Pentagon-Sprecher Pat Ryder. Zuvor hatte das Weiße Haus erklärt, eine Weitergabe von Streumunition an die Ukraine werde geprüft. Dem Sender CNN zufolge könnten die Pläne nun an diesem Freitag offiziell verkündet werden.
Als Streumunition werden Raketen und Bomben bezeichnet, die in der Luft über dem Ziel bersten und viele kleine Sprengkörper - sogenannte Submunition - verstreuen oder freigeben. Der Munitionstyp wird kritisiert, weil ein erheblicher Prozentsatz der Sprengkörper oft nicht detoniert, sondern als Blindgänger vor Ort verbleibt und so die Bevölkerung gefährdet. Deutschland und viele andere Staaten haben einen Vertrag zur Ächtung von Streumunition unterzeichnet. Die USA haben das Abkommen hingegen nicht unterschrieben.
"Ich möchte anmerken, dass die Russen bereits Streumunition auf dem Schlachtfeld eingesetzt haben", sagte Pentagon-Sprecher Ryder. Die USA hätten Streumunition in ihren Beständen. Ryder verwies darauf, dass ältere Munition eine höhere Rate an Blindgängern aufweise. "Wir würden sorgfältig Geschosse mit einer geringeren Rate an Blindgängern auswählen, für die wir aktuelle Testdaten haben", so Ryder. Menschenrechtsrechtsorganisationen hatten den Einsatz von Streumunition im Krieg in der Ukraine immer wieder kritisiert.
+++ EU will mit viel Geld Produktion von Munition und Raketen ankurbeln +++
Unterdessen einigten sich Vertreter der Regierungen der EU-Mitgliedstaaten und des Europaparlaments in der Nacht zum Freitag auf einen Plan, mit dem die europäische Rüstungsindustrie mit finanziellen Anreizen zu einem schnellen Ausbau der Produktionskapazitäten für Munition und Raketen bewegt werden soll. Er war im Mai von der EU-Kommission vorgeschlagen worden und sieht Ausgaben in Höhe von 500 Millionen Euro aus dem EU-Haushalt vor.
Hintergrund des Vorhabens sind Schwierigkeiten der EU-Staaten, der Ukraine ausreichend Boden-Boden- und Artilleriemunition sowie Raketen für den Abwehrkrieg gegen Russland zu liefern. Ein Ausbau der Produktion soll nun weitere Engpässe der ukrainischen Streitkräfte verhindern und auch dafür sorgen, dass die EU-Staaten selbst verteidigungsfähig bleiben und ausreichend Vorräte vorhalten können. Die Einigung muss noch vom Rat der Mitgliedstaaten und vom Parlament bestätigt werden und könnte noch vor Ende Juli in Kraft treten.
+++ Selenskyj erwartet klares Signal vom Nato-Gipfel in Vilnius +++
Vom bevorstehenden Nato-Gipfel erwartet Selenskyj ein klares Signal für eine Mitgliedschaft in dem westlichen Verteidigungsbündnis. "Was ist für uns ideal? Wir wollen, dass wir in die Nato eingeladen werden" sagte er nach einem Treffen mit seinem tschechischen Kollegen Petr Pavel. Es sei der richtige Augenblick gekommen, die Einigkeit und den Mut des Bündnisses unter Beweis zu stellen. Zugleich räumte Selenskyj Widerstände ein. Manch einer sehe sich noch nach Moskau um, kritisierte der 45-Jährige.
Pavel sprach sich dafür aus, dass die Ukraine unmittelbar nach Kriegsende Beitrittsverhandlungen zur Nato beginnen sollte. "Das ist im Interesse auch unserer Sicherheit, es ist im Interesse der regionalen Stabilität und der wirtschaftlichen Prosperität", betonte der frühere Nato-General. Tschechien werde sich zudem dafür einsetzen, dass Beitrittsverhandlungen der Ukraine zur EU noch in diesem Jahr beginnen sollten.
Selenskyj bedankte sich in Tschechien für die Unterstützung sowohl durch Waffenlieferungen als durch die Aufnahme von Hunderttausenden Kriegsflüchtlingen. Er räumte ein, dass die aktuelle Gegenoffensive nicht schnell vorankomme, aber man gehe voran und weiche nicht zurück, betonte er. Die Ukraine wehrt sich seit fast anderthalb Jahren gegen eine russische Invasion.
Die Staats- und Regierungschefs der Nato kommen am Dienstag und Mittwoch in der litauischen Hauptstadt Vilnius zu einem Gipfeltreffen zusammen.
Nach politischen Gesprächen in der bulgarischen Hauptstadt Sofia teilte Selenskyj mit, dass Kiew beim Nato-Gipfel ein Signal brauche, "um die Ukraine zu motivieren, Europa zu verteidigen". Er zeigte sich überzeugt, dass die Ukraine nach dem Krieg Mitglied in dem Militärbündnis werde. Wichtig sei aber schon jetzt ein Zeichen."Das ist kein so hoher Preis für solch einen Krieg und solches Leid."
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