Die ukrainische Armee hat bei ihrer laufenden Gegenoffensive Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj zufolge bislang keine Geländeverluste hinnehmen müssen. "In einigen Gebieten bewegen sich unsere Kämpfer vorwärts, in einigen Gebieten verteidigen sie ihre Positionen und halten den Angriffen und intensiven Attacken der Besatzer stand", sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache am Montag. "Wir haben keine Positionen verloren, nur befreit."
Zugleich aber war in Kiew aber auch von erbittertem Widerstand der Russen die Rede sowie von einer "schweren Lage" an der Front. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg geht unterdessen nicht davon aus, dass die Ukraine bereits beim bevorstehenden Gipfel im Juli eine formelle Einladung bekommt.
+++ Kiew spricht von planmäßiger Gegenoffensive - und "schwerer Lage" +++
Das ukrainische Militär sprach von einem planmäßigen Verlauf der eigenen Gegenoffensive - räumte zugleich aber eine "schwere Lage" an der Front ein. Im Süden des Landes sei man auf "erbitterten Widerstand" der russischen Besatzer gestoßen, schrieb der ukrainische Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj bei Telegram. Der Vormarsch der Ukrainer werde durch Befestigungen, dichte Minenfelder und eine "große Zahl an Reserven" behindert. "Die Operation wird nach Plan fortgesetzt", versicherte Saluschnyj aber.
Die ukrainische Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar berichtete derweil von einer "schweren Lage" und heftigen Kämpfen auch in der Ostukraine. Das russische Militär versuche bei Kupjansk im Gebiet Charkiw und bei Lyman im angrenzenden Luhansker Gebiet, die Initiative zurückzugewinnen, teilte sie mit.
Russland hat das Nachbarland Ukraine am 24. Februar 2022 überfallen und führt seitdem einen Angriffskrieg. Vor knapp zwei Wochen hat die ukrainische Armee eine lang erwartete Gegenoffensive begonnen und konnte seitdem eigenen Angaben zufolge acht Dörfer und gut 113 Quadratkilometer Fläche befreien. Während auch internationale Beobachter immer wieder kleinere ukrainische Erfolge konstatieren, behauptet Moskau stets, alle Angriffe abzuwehren.
+++ Stoltenberg: Formelle Nato-Einladung an Ukraine kein Thema mehr +++
Nato-Generalsekretär Stoltenberg geht nicht davon aus, dass die Nato den ukrainischen Wunsch nach einer formellen Einladung in das Bündnis schon beim bevorstehenden Gipfel im Juli erfüllen wird. "Beim Vilnius-Gipfel und in den Vorbereitungen auf den Gipfel diskutieren wir nicht, eine formelle Einladung auszusprechen", sagte Stoltenberg nach einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin. "Was wir diskutieren, ist, wie wir die Ukraine näher an die Nato heranführen können."
Selenskyj hatte in den vergangenen Wochen immer wieder betont, dass er beim Gipfel im litauischen Vilnius eine formelle Einladung erwarte. Nach den Angaben von Stoltenberg wird darüber nun nicht mehr diskutiert. Es bestehe aber Einigkeit unter den Verbündeten, dass die Tür der Nato offen sei und die Ukraine schon beim Gipfel in Bukarest 2008 eine Beitrittsperspektive bekommen habe.
+++ Macron: Flugabwehrsystem Samp/T in der Ukraine im Einsatz +++
Frankreich und Italien haben der Ukraine das Flugabwehrsystem Samp/T geliefert, das inzwischen in dem von Russland angegriffenen Land im Einsatz ist. Das System schütze dort wichtige Anlagen und Menschenleben, sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in Paris. Samp/T ist ein von Frankreich und Italien seit Anfang der 2000er Jahre gemeinsam entwickeltes Luftabwehrsystem. Es gilt als flexibel einsetzbar und effektiv für die Verteidigung gegen Flugzeuge und Raketen.
+++ Was am Dienstag, dem 20. Juni 2023, wichtig wird +++
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier beginnt am Dienstag einen zweitägigen Staatsbesuch in der zentralasiatischen Ex-Sowjetrepublik Kasachstan. Kasachstan ist wirtschaftlich für Deutschland unter anderem wegen seines Ölreichtums interessant. So bezieht die Raffinerie PCK im brandenburgischen Schwedt Erdöl unter anderem aus Kasachstan, nachdem seit Januar wegen des russischen Kriegs in der Ukraine kein russisches Öl mehr über die Pipeline Druschba kommt.
+++ Tote und Verletzte bei Explosion in russischer Schießpulver-Fabrik +++
Bei einer Explosion in einer Schießpulver-Fabrik sind in Russland mehrere Menschen getötet und etliche verletzt worden. "Es gab zwölf Opfer, vier von ihnen starben", teilte das Unternehmen in der Stadt Kotowsk rund 430 Kilometer südöstlich von Moskau am Dienstagnachmittag laut Agentur Interfax mit. Bei den Opfern handele es sich um Arbeiter, zwei von ihnen schwebten in Lebensgefahr. Den Firmenangaben zufolge ereignete sich das Unglück infolge von Montagearbeiten an einem Heißwasserbehälter.
In Russland, das seit rund 16 Monaten einen Angriffskrieg gegen das Nachbarland Ukraine führt, häufen sich seit einiger Zeit Brände und Explosionen in Militär- und Infrastruktur-Einrichtungen. Immer wieder stehen dahinter auch Anschläge, zu denen sich teils russische Partisanen bekennen.
+++ Russisches Parlament legalisiert Rekrutierung von Straftätern +++
Das russische Parlament hat die Anwerbung von Straftätern zum Kriegsdienst in der Ukraine legalisiert. "Die Gültigkeit des Dokuments erstreckt sich nicht auf diejenigen, die zuvor wegen terroristischer und extremistischer Handlungen verurteilt wurden sowie wegen Vergehen gegen die sexuelle Unantastbarkeit von Minderjährigen", hieß es einschränkend dazu am Dienstag auf der Seite der russischen Staatsduma. Zugleich will das Parlament auch russische Soldaten, die in der Ukraine kämpfen, bei geringen und mittelschweren Verbrechen von der Strafverfolgung befreien. Dazu zählen etwa Diebstahl und Betrug.
Während des Kriegseinsatzes sollen Mobilisierte und Freiwillige nicht von den Behörden behelligt werden. Zudem sei es möglich, sich durch den Erhalt von Orden beim Kriegsdienst oder durch das Ausscheiden aus dem Dienst nach Verletzung beziehungsweise Erreichen der Altersgrenze von Ermittlungen und Vorstrafen zu befreien, heißt es in dem Gesetz.
Bereits im Sommer vergangenen Jahres wurde bekannt, dass die Söldnertruppe Wagner massiv Straftäter aus Gefängnissen angeworben hat. Dabei sollen auch Schwerverbrecher freigekommen sei. Inzwischen klagt Söldnerchef Jewgeni Prigoschin, dass ihm der Zugang zu den russischen Gefängnissen gesperrt worden sei.
Menschenrechtler kritisieren aber, dass Russland weiter massenhaft Strafgefangene für den Kriegsdienst anwirbt. Demnach nutzt inzwischen vor allem das Verteidigungsministerium den Strafvollzug für die Rekrutierung von Soldaten. Eine gesetzliche Grundlage gab es dafür bislang allerdings nicht.
+++ Selenskyj ernennt Melnyk zum Botschafter in Brasilien +++
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den aus seiner Deutschlandzeit bekannten Vizeaußenminister Andrij Melnyk zum Botschafter in Brasilien ernannt. Das entsprechende Dekret wurde am Dienstag vom Präsidentenbüro veröffentlicht. Die Personalie war Mitte Mai bereits bekannt geworden.
Melynk war von 2015 bis 2022 ukrainischer Botschafter in Deutschland. In der deutschen Öffentlichkeit wurde er durch seine verbalen Ausfälle unter anderem gegenüber Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bekannt, den er etwa als "beleidigte Leberwurst" bezeichnete. Nach seiner Abberufung nach Kiew wurde der Diplomat im vergangenen November zum Vizeaußenminister der Ukraine ernannt. Dabei war er bereits für die Beziehungen zu Nord- und Südamerika zuständig. Gründe für die Zurückstufung zum Botschafter wurden nicht bekannt.
+++ London: Wagner-Chef tritt immer konfrontativer gegen Moskau auf +++
Der Streit zwischen der russischen Söldnergruppe Wagner und dem russischen Verteidigungsministerium im Krieg gegen die Ukraine verschärft sich nach Einschätzung britischer Geheimdienste weiter. Das britische Verteidigungsministerium zitierte am Dienstag den Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin mit den Worten, er fordere eine Antwort auf einen "Vertrag", den er dem russischen Verteidigungsministerium vorgelegt habe. Damit reagiere Prigoschin auf das Ultimatum des Ressorts, Wagner und andere "Freiwilligenformationen" sollten sich bis zum 1. Juli vertraglich dem Verteidigungsministerium unterstellen.
Der Inhalt von Prigoschins "Vertrag" sei zwar nicht bekannt, hieß es in London weiter. Doch die Übermittlung an sich erhöhe schon das Risiko in dem internen Konflikt und sei "höchstwahrscheinlich ein weiterer bewusster Versuch, die Autorität der offiziellen Militärbehörden zu untergraben". Prigoschins Tonfall gegenüber dem Verteidigungsministerium sei eindeutig konfrontativ geworden, hieß es vom britischen Ministerium.
Die Behörde veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor bald 16 Monaten täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London Desinformation vor.
+++ Kiew meldet Abwehr massiver nächtlicher Drohnen- und Raketenangriffe +++
Russland hat die Ukraine nach Angaben aus Kiew in der Nacht erneut massiv mit Drohnen und Raketen angegriffen. Dabei habe die Flugabwehr 28 der 30 gestarteten Drohnen vernichtet, teilte der ukrainische Generalstab in seinem Lagebericht am Dienstagmorgen mit. Vor allem Kiew war Ziel der Angriffe. Die dortige Militärverwaltung vermeldete den Abschuss von etwa 20 Drohnen. Informationen über Schäden oder Verletzte gebe es nicht.
Die ostukrainische Großstadt Saporischschja hingegen wurde mit sieben S-300-Raketen attackiert, wie der Generalstab erklärte. Die Folgen des Beschusses würden noch geprüft. Saporischschja liegt weniger als 50 Kilometer von der Front entfernt.
Erstmals seit längerer Zeit war auch die westukrainische Großstadt Lwiw wieder Ziel von Luftangriffen. In der Nacht habe es mehrere Explosionen gegeben, teilte Bürgermeister Andrij Sadowyj auf seinem Telegram-Kanal mit. Der Chef der Militärverwaltung, Maxym Kosytzkyj, gab gegen fünf Uhr morgens Entwarnung. Getroffen worden sei ein Objekt der kritischen Infrastruktur. Menschen seien aber nicht verletzt worden, teilte er mit.
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