Der ukrainische Präsident Selenskyj wirft Moskau geplanten Atomterror vor und fordert die Freigabe des von russischen Truppen besetzten Kernkraftwerks Saporischschja. Alle aktuellen Ukraine-News hier auf einen Blick.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seine Terrorvorwürfe gegen Moskau erneuert und den Abzug russischer Truppen aus dem Atomkraftwerk Saporischschja gefordert. "Die vollständige Räumung des Kernkraftwerks Saporischschja ist erforderlich", sagte er am Abend des 22. Juni 2023 in seiner täglichen Videobotschaft.
Ukraine-Krieg im News-Ticker - Alle aktuellen Entwicklungen am 23.06.2023 im Überblick
+++Russischer Söldnerchef ruft zum Kampf gegen Moskaus Militärführung +++
Der Chef der russischen Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, hat Moskaus Militärführung einen Angriff auf seine Söldner-Einheiten vorgeworfen und mit Gegenmaßnahmen gedroht. Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu habe Wagner-Lager im Hinterland mit Artillerie, Hubschraubern und Raketen angreifen lassen, sagte Prigoschin in einer am Freitag von seinem Pressedienst auf Telegram verbreiteten Sprachnachricht. Er habe 25 000 Männer unter Befehl, die nun aufklären würden, warum solch eine Willkür im Land herrsche. "Wer versucht, uns Widerstand zu leisten, den werden wir als Bedrohung betrachten und sofort töten", drohte Prigoschin. Das russische Verteidigungsministerium bestritt einen Angriff.
Prigoschins Angaben nach ist Schoigu extra an die nahe der ukrainischen Grenze gelegene Millionenstadt Rostow-am-Don gekommen, um die Operation zur Vernichtung Wagners zu leiten. "Um 21.00 Uhr ist er geflohen - feige wie ein Weib - um nicht zu erklären, warum er Hubschrauber hat abheben und Raketenschläge durchführen lassen, um unsere Jungs zu töten. Dieses Biest wird aufgehalten", so Prigoschin. Er sprach von einer "großen Anzahl" an Toten, nannte aber keine genaue Zahl der angeblich bei dem Schlag getöteten Söldner.
Das Verteidigungsministerium hat die Vorwürfe umgehend zurückgewiesen. Alle Anschuldigungen seien falsch und eine "Provokation", hieß es in einer am Abend verbreiteten Erklärung des Ministeriums.
Zwischen Prigoschin und der Moskauer Militärführung herrscht seit Monaten ein sich stetig zuspitzender Konkurrenzkampf. Prigoschins Wagner-Truppe war maßgeblich an der blutigen Eroberung der Stadt Bachmut im Gebiet Donezk beteiligt. Schon dabei klagte er über Sabotage vonseiten der regulären Truppen. Seine Einheiten würden nicht ausreichend mit Munition versorgt, so der Vorwurf.
Zuletzt hatte der Generalstab in Moskau durchgesetzt, dass die vielen Privatarmeen, die aufseiten Moskaus im Angriffskrieg gegen die Ukraine kämpfen, sich per Vertrag dem Verteidigungsministerium unterstellen. Prigoschin hatte sich dagegen stark gewehrt und der Spitze des Ministeriums vorgeworfen, ein falsches Lagebild von der Front zu geben - und damit auch Präsident Wladimir Putin zu täuschen.
+++ Selenskyj lobt westliche Hilfe und schimpft auf Korruption +++
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Londoner Konferenz für den Wiederaufbau seines Landes im Nachgang als Erfolg bezeichnet. Es gebe langfristige Hilfsprogramme von westlichen Staaten und die Ukraine werde zunehmend als künftiges EU-Land wahrgenommen, lobte er am Freitag in seiner täglichen Videoansprache. Zudem sei es auch gelungen, neben staatlichen Akteuren Konzerne zu beteiligen. "Etwa 500 globale, starke Unternehmen sind an Investitionen in der Ukraine interessiert", sagte Selenskyj.
Kritik übte der ukrainische Staatschef nach einem Bericht über einen Korruptionsskandal beim eigenen Militär. Nachdem die "Ukrajinska Prawda" über einen ranghohen Kreiswehrersatzbeamten berichtete, der sich in Spanien Immobilien gekauft haben soll - mutmaßlich mit Bestechungsgeldern - hatte Selenskyj am Freitag dessen Entlassung angeordnet. In seiner Videobotschaft nahm er den Skandal nochmals auf und forderte eine grundsätzliche Überprüfung des Systems der Rekrutierung in der Ukraine.
Wegen des russischen Angriffskriegs sind alle Ukrainer zwischen 18 und 60 Jahren grundsätzlich wehrpflichtig. Viele Männer kaufen sich aber von dieser Pflicht bei Militärärzten und den Kreiswehrersatzämtern mit falschen Bescheinigungen frei.
+++ Selenskyj entlässt Militärbeamten wegen Korruptionsverdacht +++
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Entlassung eines Militärbeamten gefordert, der sich zu Kriegszeiten Immobilien in Spanien gekauft haben soll. Einer Mitteilung des Präsidialamts vom Freitag zufolge wurde Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj die "unverzügliche" Anweisung gegeben, den Chef des Kreiswehrersatzamtes Odessa zu entlassen, "über den das ganze Land redet". Am Donnerstag hatte die Internetzeitung Ukrajinska Prawda berichtet, dass Familienmitglieder des Militärbeamten Immobilien für über drei Millionen Euro an der spanischen Küste und Luxusautos gekauft hätten.
Die Erwerbungen sollen Ende 2022 nach Kriegsausbruch getätigt worden sein. Der Fall war bereits im April durch einen Ex-Abgeordneten publik gemacht worden. Kiew reagierte jedoch erst nach dem Pressebericht. Ob es über die Entlassung hinaus auch strafrechtliche Konsequenzen gibt, ist bislang nicht bekannt.
Seit knapp 16 Monaten wehrt die Ukraine eine russische Invasion ab. Seitdem gelten eine Generalmobilmachung und eine Ausreisesperre für Männer im wehrfähigen Alter zwischen 18 und 60 Jahren. Viele kaufen sich jedoch bei Musterungsärzten und den Kreiswehrersatzämtern frei oder fliehen gegen Schmiergeldzahlung aus dem Land. Berichten des Geheimdienstes SBU zufolge sollen dafür jeweils mehrere Tausend Euro gezahlt werden. Gemäß der Nichtregierungsorganisation Transparency International gehört die Ukraine zu den korruptesten Länder Europas.
+++ Bericht: Russland errichtet provisorische Brücke zur besetzten Krim +++
Nach der Beschädigung der wichtigen Tschonhar-Brücke vom ukrainischen Festland zur Halbinsel Krim durch Kiews Militär soll Russland dort laut Medienberichten einen Ponton-Übergang errichtet haben. Ein solche Schwimmbrücke sei auf den vom US-Unternehmen Planet Labs zur Verfügung gestellten Satellitenfotos erkennbar, berichtete ein ukrainisches Investigativteam von Radio Swoboda, dem ukrainischsprachigen Dienst des US-Auslandssenders Radio Liberty, am Freitag. Satellitenbilder von vergangener Woche zeigten so eine Konstruktion noch nicht.
Die Tschonhar-Brücke ist eine von drei Anfahrtsrouten von der russisch besetzten Halbinsel Krim ins nördlicher gelegene und ebenfalls zu Teilen okkupierte Gebiet Cherson. Sie gilt als Teil einer für die Russen wichtigen Nachschubroute, um die eigenen Truppen an der Front zu versorgen. Die Brücke sei deutlich schwerer beschädigt als ursprünglich angenommen, räumte der Moskauer Statthalter des Gebiets Cherson, Wladimir Saldo, am Freitag ein. Zumindest die nächsten zwei bis drei Wochen - "vielleicht auch länger" - sei sie völlig unbefahrbar, sagte er.
Die Halbinsel Krim, die Russland bereits im Jahr 2014 annektiert hat, ist außerdem über die Kertsch-Brücke mit dem russischen Festland verbunden. Auch sie wurde im vergangenen Herbst bei einem Angriff beschädigt.
Russland führt seit 16 Monaten einen Angriffskrieg gegen das Nachbarland Ukraine. Auch mithilfe westlicher Waffen versucht die ukrainische Armee derzeit, besetzte Gebiete zu befreien.
+++Ukrainische Armee: Hauptkräfte noch nicht gegen Russen eingesetzt +++
Im Rahmen ihrer Gegenoffensive steckt die ukrainische Armee nach eigenen Angaben weiter in der Abtastphase und hat die Hauptkräfte noch nicht eingesetzt. "Jeder will augenblicklich und sofort einen großen Sieg", sagte der Kommandeur der ukrainischen Landstreitkräfte, Olexander Syrskyj, im Interview der britischen Zeitung "Guardian" am Freitag. Der zum Sieg führende Prozess brauche jedoch eine gewisse Zeit, da auf beiden Seiten viele Kräfte und viel Material konzentriert seien. Zudem hätten die Russen viele Hindernisse errichtet.
Laut des Generaloberst sind die russischen Truppen in der Überzahl. "Ich habe noch nie gegen eine geringere Zahl des Feindes gekämpft. Sie waren uns immer zahlenmäßig überlegen", unterstrich Syrskyj.
Zuvor hatte Präsident Wolodymyr Selenskyj in einem Interview eingeräumt, dass seine Truppen langsamer vorankämen, als erwartet. Von seinem Büro gab es dazu den Vorwurf, dass zögerliche westliche Waffenlieferungen der russischen Seite erst den Ausbau ihrer Verteidigungspositionen ermöglicht hätten.
Vor knapp drei Wochen hatte die ukrainische Armee ihre lang erwartete Gegenoffensive in der Südukraine gestartet. Dabei sind Kiew zufolge bisher über 110 Quadratkilometer befreit worden.
+++ Kiew: Westen schuld an geringem Tempo der ukrainischen Offensive +++
Die politische Führung in Kiew hat die bisher geringen Fortschritte der ukrainischen Gegenoffensive mit dem Zögern des Westens bei Waffenlieferungen erklärt. "Die bei der Überzeugung der Partner verlorene Zeit, die notwendigen Waffen zu liefern, spiegelt sich im konkreten Ausbau russischer Befestigungen wider", schrieb der Berater im Präsidentenbüro, Mychajlo Podoljak, am Freitag beim Kurznachrichtendienst Twitter. Die Russen hätten sich tiefer eingegraben und ein System von Minenfeldern angelegt.
Ein Durchbrechen der russischen Frontlinien erfordere nun einen "klugen und überlegten Ansatz". "Das Leben des Soldaten ist der höchste Wert für die Ukraine", unterstrich Podoljak. Der reale Krieg sei kein Blockbuster aus Hollywood. Die Militärführung würde sich daher bei ihrem Vorgehen nicht auf die "Fans auf den Tribünen" stützen, sondern auf die "Militärwissenschaft und den Verstand".
Vor etwa drei Wochen begann die ukrainische Armee ihre lang erwartete Offensive gegen die vor knapp 16 Monaten einmarschierten russischen Truppen. In dieser Zeit sind Kiewer Angaben nach in der Südostukraine acht Dörfer und rund 113 Quadratkilometer befreit worden. Medienberichten zufolge erlitten beide Seiten hohe Verluste an Menschen und Material. Kiew strebt eine Rückeroberung aller seiner Gebiete in den Grenzen von 1991 an.
+++Reaktion auf neue EU-Sanktionen: Russland weitet Einreiseverbote aus +++
Als Reaktion auf das neueste EU-Sanktionspaket hat Russland seine Reisebeschränkungen gegen europäische Bürger ausgeweitet. Die Liste der mit Einreiseverboten belegten Vertreter von EU-Institutionen und einzelner EU-Länder sei "erheblich erweitert" worden, teilte das Außenministerium in Moskau am Freitag mit. Betroffen seien etwa Sicherheitsbeamte, Geschäftsleute und Abgeordnete des EU-Parlaments. Konkrete Namen wurden nicht genannt.
Das bereits elfte EU-Sanktionspaket seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine vor 16 Monaten trat am Freitag in Kraft. Die Maßnahmen zielen etwa darauf ab, die Umgehung der bisherigen Sanktionen zu verhindern, und nehmen auch drei Unternehmen in China ins Visier. Das Paket umfasst außerdem Strafmaßnahmen gegen weitere Personen und Organisationen, die den Russlands Krieg unterstützen.
+++ Ukrainische Armee bekräftigt kleinere Geländegewinne im Süden +++
Die ukrainische Armee hat im Zuge ihrer Gegenoffensive Angaben über kleinere Geländegewinne im Süden bekräftigt. In der Region Saporischschja sollten nun befreite Positionen an den Stoßrichtungen Berdjansk und Melitopol verstärkt werden, teilte der ukrainische Generalstabssprecher Andrij Kowaljow am Freitag mit. Im Osten des Landes wurden derweil laut Verteidigungsministerium zwei russische Angriffe aufgehalten.
Die ukrainischen Verteidiger hätten die Vorstöße des Feindes bei Lyman und Kupjansk gestoppt haben, schrieb Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar auf Telegram. Zu Beginn der Woche hatte Maljar davon gesprochen, dass Russland versuche, bei Kupjansk im Gebiet Charkiw und bei Lyman im angrenzenden Luhansker Gebiet, die Initiative zurückzugewinnen. Auch im östlichen Gebiet Donezk halten demnach schwere Kämpfe an.
Russland hat das Nachbarland Ukraine am 24. Februar 2022 überfallen und führt seitdem einen Angriffskrieg. Vor wenigen Wochen hat die ukrainische Armee eine lang erwartete Gegenoffensive begonnen und konnte seitdem eigenen Angaben zufolge acht Dörfer und 113 Quadratkilometer Fläche befreien. Während auch internationale Beobachter immer wieder kleinere ukrainische Erfolge konstatieren, behauptet Moskau stets, alle Angriffe erfolgreich abzuwehren.
+++Russland-Sanktionen in Kraft - Drei Firmen mit Sitz in China gelistet +++
Das neue Sanktionspaket gegen Russland ist am Freitag offiziell in Kraft getreten. Die Maßnahmen zielen etwa darauf ab, die Umgehung der bisherigen Sanktionen zu verhindern, und nehmen auch drei Unternehmen in China ins Visier, wie aus einer Pressemitteilung der EU-Länder vom Freitag in Brüssel hervorging.
Die EU-Länder hatten sich als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine am Mittwoch auf das elfte Sanktionspaket geeinigt, das nun formell bestätigt wurde. Damit soll es möglich sein, ausgewählte Exporte in bestimmte Drittstaaten wegen einer mutmaßlichen Umgehung von Sanktionen einzuschränken. Aus den EU-Staaten dürfen schon seit Monaten viele Produkte nicht mehr nach Russland geliefert werden. Auch bestehende Transitverbote werden verschärft. Das bedeutet, dass bestimmte Hightech-Produkte oder Flugzeugteile, dem russischen Verteidigungssektor nützen, aus Drittstaaten nicht mehr nach Russland kommen können.
Neu in die Sanktionsliste aufgenommen wurden 87 Unternehmen mit Sitz in Armenien, Usbekistan, Syrien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und China. Sie unterliegen nun schärferen Ausfuhrbeschränkungen für Hightech und für Produkte, die im militärischen und im zivilen Bereich verwendet werden können.
Die EU-Kommission hatte ursprünglich vorgeschlagen, mehr chinesische Firmen als die drei nun gelisteten zu sanktionieren. Einige Länder sorgten sich jedoch über mögliche Vergeltungsmaßnahmen Chinas und negative Auswirkungen auf die Handelsbeziehungen.
Die neuen Sanktionen sehen außerdem vor, dass Schiffe, die etwa im Verdacht stehen, gegen das Einfuhrverbot für russisches Öl zu verstoßen, unter Umständen nicht mehr in EU-Häfen einlaufen dürfen. Wie schon zuvor wurden auch Strafmaßnahmen gegen Einzelpersonen verhängt. 71 Menschen wurden neu in die Sanktionsliste aufgenommen. Damit wolle man unter anderem auf die illegale Verschleppung ukrainischer Kinder nach Russland reagieren, hieß es.
+++ Zwei Tote durch russischen Beschuss im Flutgebiet in Cherson gemeldet +++
In der südukrainischen Stadt Cherson sind laut dortigen Behörden mindestens zwei Mitarbeiter eines städtischen Transportunternehmens durch russischen Beschuss getötet worden. Vier weitere Menschen seien verletzt ins Krankenhaus gebracht worden, wie die Militärverwaltung am Freitag auf Telegram berichtete. Die Hauptstadt des gleichnamigen Gebiets Cherson kämpft unter andauernden russischen Angriffen seit Wochen mit den Flutfolgen nach der Zerstörung des nahe gelegenen Kachowka-Staudamms.
Der Damm in der von russischen Truppen besetzten und unmittelbar an der Front gelegenen Stadt Nowa Kachowka war am 6. Juni zerstört worden. Daraufhin strömten riesige Wassermassen aus dem angrenzenden Stausee aus. Viele Orte wurden überschwemmt. Die Ukraine, die sich seit 16 Monaten gegen den russischen Angriffskrieg verteidigt, ist überzeugt, dass Russland das Bauwerk absichtlich gesprengt hat. Auch viele internationale Experten halten das für wahrscheinlich. Moskau dementiert den Vorwurf.
Die russischen Besatzer sprachen zuletzt von 46 Toten auf der Südseite des Flusses Dnipro. Da es kaum unabhängige Informationen aus dem okkupierten Gebiet gibt, werden dort allerdings deutlich mehr Opfer befürchtet. Auf der ukrainisch kontrollierten Seite starben offiziellen Angaben zufolge bislang mindestens 21 Menschen, 5 davon durch russischen Beschuss.
Alleine am Donnerstag schlugen laut Militärverwaltungs-Chef Olexander Prokudin 26 Mal russische Geschosse in der Stadt ein. Sieben Menschen seien dabei verletzt worden.
+++ Selenskyj fordert internationalen Druck in der Atomfrage +++
Die Welt müsse den Druck auf Moskau erhöhen, um eine atomare Katastrophe zu verhindern. Radioaktivität kenne keine Neutralität, sagte er in Richtung jener Länder, die im Konflikt bisher keine Position bezogen. Selenskyj wiederholte den Vorwurf, dass Moskau im Atomkraftwerk Saporischschja einen Anschlag plane, den es dann zynisch "unter dieser oder jener Katastrophe zu verbergen hofft". Er habe Vertreter der großen westlichen Industrienationen (G7) und der Industrie- und Schwellenländer (G20) sowie internationaler Organisationen über die Gefahr unterrichtet.
Konkrete Beweise für seine Anschuldigungen gegen Moskau nannte Selenskyj nicht. Stattdessen verwies er auf die Zerstörung des Kachowka-Damms. Nach dessen Beschädigung ist der Kachowka-Stausee ausgelaufen, große Teile des südukrainischen Gebiets Cherson sind überflutet. Kiew und der Westen machen Moskau dafür verantwortlich. Russland streitet ab, den Damm gesprengt zu haben.
+++ Kiew: Offensive schreitet in Südukraine voran +++
Während Selenskyj in seiner Videobotschaft das Geschehen an der Front weitgehend ausblendete, meldete das ukrainische Militär weitere Erfolge. Eigenen Angaben nach haben die Streitkräfte bei ihrer Offensive im Süden des Landes Geländegewinne erzielt. "Im Süden gehen die Angriffe unserer Streitkräfte weiter, wir kommen schrittweise voran, haben teilweise Erfolg, drängen den Gegner zurück und begradigen die Front", schrieb die Vizeverteidigungsministerin in Kiew, Hanna Maljar, auf ihrem Telegram-Kanal. Demnach laufen die Angriffe in Richtung Melitopol und Berdjansk.
Die von Maljar genannten Großstädte sind allerdings noch weit von der Front entfernt im russisch besetzten Hinterland der Südukraine. Trotz der proklamierten Fortschritte hat das ukrainische Militär offenbar keine weiteren Ortschaften eingenommen. In Maljars Bericht gibt es jedenfalls keine entsprechenden Angaben. Dabei hatte die Beamtin stets als eine der ersten die jeweilige Einnahme der bisher acht zurückeroberten Siedlungen gemeldet.
+++ UN-Bericht: Russland für Tötung von 136 Kindern verantwortlich +++
Die Vereinten Nationen werfen Russland beim Angriffskrieg gegen die Ukraine schwere Verbrechen gegen Kinder vor. Dies geht aus einem internen UN-Bericht hervor, den die Deutsche Presse-Agentur am Donnerstag in New York einsehen konnte. UN-Generalsekretär António Guterres machte Russland für die Tötung von 136 Kindern im vergangenen Jahr verantwortlich und zeigte sich "schockiert". Die russische Armee wurde auf eine UN-Liste von Organisationen aufgenommen, die schwere Vergehen gegen Kinder in bewaffneten Konflikten begehen. Zugleich legten die UN auch der Ukraine zur Last, für die Tötung von Kindern verantwortlich zu sein.
Nach der UN-Aufstellung wurden vergangenes Jahr in der Ukraine erwiesenermaßen 477 Kinder getötet. 136 Tötungen werden den russischen Streitkräften und Verbündeten zugeordnet, 80 den ukrainischen Truppen. Für die restlichen Opfer könne keine der beiden Kriegsparteien mit Sicherheit die Schuld gegeben werden. Die Kinder seien größtenteils durch Luftangriffe getötet worden, hieß es ergänzend. Solche Angriffe fliegen die russischen Streitkräfte auf ukrainische Städte und Dörfer. Die UN betonten, dass es wegen der strengen Richtlinien zur Verifikation solcher Fälle eine hohe "Dunkelziffer" gebe.
+++ Deutschland übernimmt "Staffelstab" für Ukraine-Wiederaufbaukonferenz +++
Nach Abschluss der zweitägigen Konferenz zum Wiederaufbau der Ukraine in London hat Deutschland den "Staffelstab" für die Veranstaltung im kommenden Jahr übernommen. Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze zog am Donnerstag ein positives Fazit von dem Treffen in der britischen Hauptstadt: "Die letzten zwei Tage haben eindrücklich gezeigt, dass wir als internationale Gemeinschaft weiterhin solidarisch an der Seite der Ukraine stehen", sagte die SPD-Politikerin einer Mitteilung zufolge.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatten sich bei dem Treffen am Mittwoch zuversichtlich geäußert, dass die Ukraine der EU beitreten werde. Die notwendigen Reformen sollten im Zentrum der Konferenz im nächsten Jahr stehen, kündigte Baerbock an.
+++ Russland verlängert Untersuchungshaft für US-Journalisten +++
Russlands Justiz bestätigte derweil die verlängerte Untersuchungshaft für den wegen angeblicher Spionage festgenommenen US-Reporter Evan Gershkovich. Ein Gericht in Moskau lehnte am Donnerstag eine Beschwerde von Gershkovichs Anwälten ab, wie die Agentur Interfax meldete. Der 31-Jährige arbeitet für die US-Zeitung "Wall Street Journal". Der Reporter war im März in der Millionenstadt Jekaterinburg im Ural vom Geheimdienst FSB festgenommen worden. Ihm wird zur Last gelegt, geheime Informationen über Russlands militär-industriellen Komplex für US-Stellen gesammelt zu haben.
+++ Was am Freitag, dem 23. Juni 2023, wichtig wird +++
Vor dem Hintergrund der ukrainischen Atomterror-Vorwürfe gegen Moskau besucht der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, Rafael Grossi, am Freitag Russland. In der russischen Ostsee-Exklave Kaliningrad trifft der Argentinier mit dem Chef der russischen Atombehörde Rosatom, Alexej Lichatschow, zusammen, um über die Lage im Kernkraftwerk Saporischschja zu sprechen.
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Übersicht: Ukraine-Krieg heute im News-Ticker
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