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+++ Kreml: Scholz könnte bei Telefonat mit Putin "Scheuklappen abwerfen" +++
Nach Darstellung des Kremls ist das von Bundeskanzler Olaf Scholz in Aussicht gestellte Telefonat mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin unwahrscheinlich, aber begrüßenswert. "Vielleicht würde das Berlin erlauben, wenigstens für eine Sekunde die Scheuklappen abzuwerfen, die es daran hindern, die Situation nüchtern zu beurteilen", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag im russischen Staatsfernsehen. Allerdings gebe es derzeit keine Bewegung diesbezüglich. Bei der Äußerung Scholz' zu einem möglichen Telefonat sei es "vermutlich um hypothetische Absichten gegangen".
Nach Einschätzung Peskows sind solche Gespräche allerdings notwendig. Es sei eigentlich völlig normal, dass Staatschefs selbst in schwierigsten Zeiten miteinander redeten. "Und es wäre vielleicht nicht schlecht, wenn so eine Aussprache stattfände, damit sie aus erster Hand wenigstens einmal unsere Position erfahren", sagte Peskow. Die Beziehungen zwischen Berlin und Moskau haben sich nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine massiv verschlechtert. Deutschland unterstützt die Ukraine bei ihrer Verteidigung und fordert den Abzug der russischen Truppen aus dem Nachbarland.
Scholz hatte Ende Mai erklärt, er wolle den Gesprächsfaden mit Putin wieder aufnehmen. "Mein letztes Telefonat ist schon einige Zeit her. Ich habe aber vor, zu gegebener Zeit auch wieder mit Putin zu sprechen", sagte er in einem Zeitungsinterview. Einen Termin für die Wiederaufnahme der Gespräche nannte er aber nicht.
+++ Ukraine bekommt von Nato-Staaten Hunderte Flugabwehrraketen +++
Die Ukraine bekommt von vier Nato-Staaten Hunderte zusätzliche Flugabwehrraketen für ihre Gegenoffensive gegen Russland und den Schutz von Infrastruktur. Damit sollten die dringendsten Bedürfnisse im Bereich der Luftverteidigung angegangen werden, teilten die USA, Großbritannien, Dänemark und die Niederlanden am Donnerstag nach einem Treffen der internationalen Kontaktgruppe zur Koordinierung von Militärhilfe in Brüssel mit.
Die Lieferung der Raketen kurzer und mittlerer Reichweite habe bereits begonnen und solle innerhalb einiger Wochen abgeschlossen sein. Der Schritt sei notwendig, um die kritische Infrastruktur der Ukraine zu schützen und den Erfolg der Gegenoffensive zu gewährleisten. Russland hatte vor mehr als 15 Monaten einen Angriffskrieg gegen das Nachbarland begonnen.
Deutschland beteiligt sich nach Angaben von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) daran nicht. "Bei der Luftverteidigung hat Deutschland schon im Vorfeld sehr, sehr viel geleistet. Ich glaube, niemand so viel wie wir", sagte Pistorius in Brüssel. Die Bundesregierung habe zuletzt in einem 2,7-Milliarden-Euro-Paket weitere Lieferungen angekündigt. "Wenn jetzt weitere vier sich mit einem eigenen Konzept anschließen, kann ich das nur begrüßen."
+++ Kiew verurteilt Schauprozess gegen ukrainische Gefangene in Russland +++
Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak hat einen Gerichtsprozess in Russland gegen 22 ukrainische Kriegsgefangene verurteilt. "Gelackte Staatsanwälte und gut gekleidete Geschworene 'urteilen' mit strahlendem Lächeln über Jungen und Mädchen, die wie Skelette nach Konzentrationslagern und Folter aussehen", schrieb Podoljak am Donnerstag auf Twitter. Damit bezog er sich auf ein Verfahren, das seit Mittwoch in Rostow am Don im Süden Russlands läuft. Ein solcher Schauprozess sei "einfach nur ekelhaft".
Dazu veröffentlichte Podoljak ein Foto der Angeklagten aus dem Gerichtssaal in einem Glaskasten. Bei den 14 Männern und acht Frauen soll es sich um Soldaten und Köchinnen des Asow-Bataillons handeln, das monatelang die ukrainische Hafenstadt Mariupol verteidigt hatte. Zwei weitere Angeklagte kamen im Zuge eines Gefangenenaustauschs frei. Medienberichten zufolge droht den angeklagten Ukrainern bis zu lebenslange Haft. Der Prozess soll am 28. Juni fortgesetzt werden.
+++ Ukrainische Armee: Sieben Orte und über 100 Quadratkilometer befreit +++
Im Zuge ihrer Gegenoffensive haben die ukrainischen Truppen eigenen Angaben zufolge bislang sieben Orte aus russischer Besatzung befreit. Im Gebiet Saporischschja seien die Russen seit vergangener Woche an zwei Abschnitten um drei bis sieben Kilometer zurückgedrängt worden, sagte der Generalstabsvertreter, Olexij Hromow, am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Kiew. "Es wurde die Kontrolle über 100 Quadratkilometer ukrainischen Gebiets wiederhergestellt."
Im östlichen Donezker Gebiet würden ukrainische Einheiten weiter südlich und nördlich der russisch kontrollierten Stadt Bachmut angreifen, fügte Hromow hinzu. Zugleich betonte Vizeverteidigungsministerin Hanna Maljar, dass der Feind "heftigen Widerstand" leiste. Die ukrainischen Vorstöße würden durch dichte Minenfelder, starkes Artilleriefeuer und sogenannte Kamikazedrohnen erschwert. "Der Feind gibt seine Positionen nicht einfach auf", sagte Maljar.
+++ Offensive der Ukraine: Nato sieht Bedarf an Munition und Ersatzteilen +++
Nach Einschätzung der Nato brauchen die ukrainischen Streitkräfte für eine erfolgreiche Offensive gegen die russischen Invasionstruppen vor allem Munition und Ersatzteile für die vorhandenen Waffensysteme. Die Ukraine benötige viele unterschiedliche Arten von Unterstützung, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Rande eines Treffens der internationalen Kontaktgruppe zur Koordinierung von Militärhilfe für die Ukraine in Brüssel. Ein Schwerpunkt liege nun aber darauf, dafür zu sorgen, dass die vorhandenen Fähigkeiten während der gesamten Offensive genutzt werden könnten.
Zum bisherigen Verlauf der Offensive sagte Stoltenberg: "Was wir sehen, sind heftige Kämpfe." Es sei noch früh, aber man sehe, dass die Ukraine Gewinne mache und besetztes Land befreien könne. "Das liegt am Mut, an der Tapferkeit, an den Fähigkeiten der ukrainischen Soldaten", sagte er. Es zeige aber auch, dass die Unterstützung, die die Nato-Staaten der Ukraine seit vielen Monaten leisteten, auf dem Schlachtfeld einen Unterschied mache.
Zu den Beratungen der Ukraine-Kontaktgruppe im Nato-Hauptquartier in Brüssel reiste auch der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow an. Er traf sich am Donnerstagmorgen zunächst mit US-Verteidigungsminister Lloyd Austin. Nach dem Treffen der Kontaktgruppe sollte am Nachmittag ein zweitägiges Nato-Verteidigungsministertreffen beginnen.
+++ Drohnenangriffe auf Südukraine und Halbinsel Krim gemeldet +++
Russland hat die Ukraine bei neuen Luftangriffen mit Drohnen und Marschflugkörpern beschossen. Dabei seien in Industrieobjekte im Gebiet Dnipropetrowsk drei Marschflugkörper eingeschlagen, teilten die ukrainischen Luftstreitkräfte am Donnerstag in Kiew mit. In der Stadt Krywyj Rih in dem Gebiet sei ein 38 Jahre alter Mann verletzt worden, hieß es von den Behörden. Die Stadt war bereits in der Vergangenheit Ziel russischer Angriffe. Nach einer Attacke am Dienstag starben dort 12 Menschen.
Bei dem neuen Luftalarm in der Ukraine habe die Flugabwehr die meisten Objekte abgeschossen, darunter einmal mehr auch 20 Drohnen, hieß es in Kiew. Allein in Odessa am Schwarzen Meer seien 13 Drohnen zerstört worden.
+++ London: Konflikt zwischen Wagner und Russlands Militär spitzt sich zu +++
In der Rivalität zwischen dem russischen Militär und der Söldnertruppe Wagner steht nach Ansicht britischer Militärexperten womöglich ein entscheidender Moment bevor. Am 1. Juli laufe eine Frist für Söldnertruppen in Russland ab, sich vertraglich dem russischen Verteidigungsministerium unterzuordnen, hieß es im täglichen Geheimdienstbericht zum Ukraine-Krieg des Verteidigungsministeriums in London. Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin habe aber klar gemacht, dass seine Kämpfer die Verträge nicht unterzeichnen werden. Das, obwohl die Forderung ausdrücklich von Präsident Wladimir Putin unterstützt worden sei.
Bislang habe Prigoschin "ätzende Kritik" am russischen Verteidigungsministerium geübt, sich aber Putins Autorität gebeugt. Nun entwickle sich die Rhetorik des Wagner-Chefs aber hin zu "Missachtung breiterer Teile des russischen Establishments", so die Mitteilung weiter.
Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London eine Desinformationskampagne vor.
+++ Alle Ruinen müssen wiederaufgebaut werden +++
Daneben berichtete der ukrainische Staatschef über Vorbereitungen für eine Konferenz in London, die dem Wiederaufbau seines Landes dienen soll. Sein Anliegen sei, alle Ruinen in der Ukraine wieder aufzubauen. "Wenn die Ruinen verschwinden, verliert nicht nur der Angreifer, sondern auch die Idee der Aggression", sagte er.
Dabei kritisierte er erneut die ungenügende Durchsetzung der Sanktionen gegen Russland. Wie tags zuvor ging er dabei auf einen russischen Raketenschlag ein - diesmal gegen die Hafenstadt Odessa. Viele Bauteile dieser Raketen stammten aus dem Ausland. Würden die Sanktionen konsequent durchgesetzt, könnte Russland die Ukraine nicht mehr beschießen, argumentierte Selenskyj.
+++ Kiew meldet hohe russische Verluste nach ukrainischer Offensive +++
Das ukrainische Militär hat den russischen Besatzungstruppen bei seiner Offensive hohe Verluste zugefügt - zumindest behauptet das die Regierung. "Die ukrainische Armee hat, trotz gegenteiliger russischer Falschnachrichten, während ihrer Offensive im Vergleich zu den Okkupanten nur einen Bruchteil von deren Verlusten erlitten", schrieb die ukrainische Vizeverteidigungsministerin Hanna Maljar am Mittwoch auf Telegram. Ihren Angaben nach liegt das Verhältnis im Raum Bachmut bei fast 1:9, im Süden der Ukraine bei gut 1:5. Unabhängig sind diese Angaben nicht zu überprüfen.
In den vergangenen Tagen hatte das russische Verteidigungsministerium mehrfach erklärt, die Offensive der Ukrainer vereitelt und den angreifenden Truppen große Verluste zugefügt zu haben. Kremlchef Wladimir Putin sprach - offenbar unter Bezug auf die Zahlen des Ministeriums - von "katastrophalen Verlusten" für Kiew. Maljar dementierte diese Angaben und bezeichnete sie als Teil einer Desinformationskampagne mit dem Ziel der Demoralisierung.
Die Medienberichten nach zu urteilen seit Anfang Juni laufende ukrainische Offensive kommt nur langsam voran. Zwar konnten die Truppen im Süden der Ukraine einige Ortschaften erobern und die Russen bei Bachmut an den Flanken zurückdrängen. Ein Frontdurchbruch ist den Ukrainern bislang jedoch nicht geglückt. Im Süden der Ukraine behindern auch starke Regenfälle das Vorwärtskommen der Truppen.
+++ Posse um Vertrauten von Tschetschenenchef Kadyrow +++
Für Verwirrung sorgte derweil der tschetschenische Machthaber Ramsan Kadyrow mit einer Suchmeldung für seinen Cousin, den Duma-Abgeordneten Adam Delimchanow. Erst schrieb der Chef der russischen Teilrepublik, Delimchanow sei im Kriegsgebiet in der Ukraine verschollen. Er könne ihn einfach nicht finden. "Er meldet sich nicht." Stunden später behauptete Kadyrow dann auf Telegram, Delimchanow sei weder verschwunden noch getötet, "nicht mal verletzt". Er habe die Gerüchte über das Verschwinden seines Cousin in erster Linie befeuert, um ukrainische Medien hereinzulegen.
Kadyrows Kämpfer, die für ihre besondere Brutalität berüchtigt sind, kämpfen in Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und wurden zuletzt insbesondere nach Marjinka verlegt. Die inzwischen weitgehend zerstörte Kleinstadt westlich von Donezk versuchen die russischen Truppen seit Monaten zu erobern.
+++ Russland: Brand im Wärmekraftwerk führt zu Stromengpässen in Rostow +++
Im Süden Russlands nahe der Grenze zur Ukraine ist derweil ein Brand in einem Wärmekraftwerk ausgebrochen. Rund 150 Mitarbeiter des Kraftwerks in Nowotscherkassk wurden Angaben des russischen Zivilschutzes zufolge am Mittwoch evakuiert. Der Betrieb wurde vorübergehend eingestellt. Der Gouverneur der Region Rostow, Wassili Golubew, berichtete auf Telegram von drei verletzten Arbeitern. Im Internet veröffentlichte Videos vom Ort des Geschehens zeigten schwarze Rauchschwaden, die vom Dach des Kraftwerks aufstiegen.
Der Zivilschutz sprach auf Telegram von einem Gasleck als Ursache des Brandes und schloss "Außeneinwirkung" aus. Zuletzt waren mehrfach Industrieanlagen nach Drohnenangriffen in Flammen aufgegangen.
Das Wärmekraftwerk ist der wichtigste Energieversorger der Region Rostow. Wegen der brandbedingten Abschaltung des Kraftwerks müsse die Bevölkerung der Region mit Stromengpässen rechnen, schrieb Golubew. Örtliche russische Medien berichteten am Mittwoch bereits über weitflächige Stromabschaltungen in der Region. Nachrichtenkanäle verbreiteten Fotos von stillstehenden Elektrobussen in Rostow.
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