Das hätte leicht ins Auge gehen können: Olaf Scholz ist am Frankfurter Flughafen von einem Mann bedrängt worden, ohne dass die Personenschützer des Bundeskanzlers rechtzeitig eingriffen. Wie kam es zu der Sicherheitspanne?
Einen solchen Zwischenfall erlebt selbst ein Regierungschef wie Olaf Scholz nicht alle Tage: Ohne dass es seine Personenschützer rechtzeitig bemerkten, hat sich ein Außenstehender dem Bundeskanzler nähern und Olaf Scholz sogar eine herzliche Umarmung verpassen können. Die massive Sicherheitspanne, die sich am 24. Mai 2023 in Frankfurt auf dem Flughafen abspielte, hatte für den Bundeskanzler zwar keine dramatischen Folgen, hätte jedoch leicht eskalieren können.
Sicherheitsleute reagierten nicht! Bundeskanzler Olaf Scholz erlebte überraschende Begegnung
Was genau war passiert? Die "Bild" berichtete zwei Tage nach dem Zwischenfall über Details der Sicherheitspanne. Ein Autofahrer hatte sich demnach mit seinem Privatwagen unbefugt dem Konvoi von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angeschlossen und ihn nach dem Aussteigen umarmt, ohne dass die Personenschützer rechtzeitig eingeschritten sind. Ein Regierungssprecher sagte auf Anfrage: "Ich kann den Bericht im Wesentlichen bestätigen." Eine Sprecherin des Bundeskriminalamts (BKA) sagte der "Bild"-Zeitung: "Es wurde niemand verletzt. Die Person wurde ohne Widerstand von der Bundespolizei am Flughafen Frankfurt festgenommen." Eine Stellungnahme der Bundespolizei war zunächst nicht zu bekommen.
Bundeskanzler von Privatperson überrascht: Mann fährt in Konvoi mit und knuddelt Olaf Scholz
Dem Bericht zufolge kam es zu dem Zwischenfall, nachdem Scholz am 24. Mai 2023 vom Frankfurter Sitz der Europäischen Zentralbank zum Flughafen gefahren worden war. Der Wagen des Mannes konnte demnach zusammen mit dem Kanzlerkonvoi - trotz nicht angemeldetem Kennzeichen - auch die Sicherheitsschranke des Flughafens passieren. Als der Kanzler seine Limousine auf dem Rollfeld verließ, stürmte der Fahrer des Autos auf Scholz zu, schüttelte ihm die Hand und umarmte ihn. Scholz habe es geschehen lassen, schilderte die Zeitung. Erst in diesem Augenblick seien die BKA-Personenschützer und Polizisten auf die potenziell bedrohliche Situation aufmerksam geworden und hätten den Mann festgenommen.
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Personenschützer von Olaf Scholz ließen Kanzler-Umarmer gewähren
"Bild" zitierte Kanzleramtskreise mit den Worten: "Für Olaf Scholz war es in der konkreten Situation kein großer Vorfall, nur eine überraschend innige Umarmung. Im Rückblick stellt sich heraus, was da alles hätte passieren können." Scholz' BKA-Team habe intern zugegeben, dass es zu einer derartigen Situation nicht noch einmal kommen dürfe.
Regierungssprecher: Scholz fühlte sich bei Umarmungs-Vorfall nicht bedroht
Bundeskanzler Olaf Scholz geht nach Angaben eines Regierungssprechers gelassen mit dem Umarmungs-Vorfall am Frankfurter Flughafen um. "Der Bundeskanzler hat sich auch zu keiner Zeit bedroht gefühlt", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner am Freitag in Berlin. Weder Begegnung noch Umarmung seien von Scholz geplant gewesen. "Von daher war es überraschend für ihn, aber in der konkreten Situation kein großer Vorfall." Trotzdem stellten sich Fragen, die nun sorgfältig aufgeklärt werden müssten.
Ein Sprecher des Innenministeriums bezeichnete den Vorgang als "natürlich inakzeptabel". Es sei "auf den ersten Blick nicht ganz ersichtlich, wo der Fehler liegt". Deshalb werde die Situation analysiert. Betroffen seien Sicherheitsmaßnahmen von Landespolizei, Bundespolizei und Bundeskriminalamt. "Ziel der Aufarbeitung ist selbstverständlich, dass sich so ein Geschehen nicht wiederholen kann", hieß es.
Wie erlebte Olaf Scholz den Zwischenfall?
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich gelassen über einen Zwischenfall am Frankfurter Flughafen geäußert, bei dem ihm ein Mann umarmt hatte. "Was die Frage betrifft, dass mir Leute guten Tag sagen und mich begrüßen, ist das nie etwas, was mich besonders beeindruckt", sagte Scholz am Freitag bei einer Pressekonferenz in der estnischen Hauptstadt Tallinn. "Ich hab auch diese Situation nicht als dramatisch empfunden." Auf die Frage nach möglichen Konsequenzen antwortete der Kanzler: «Die Polizei leistet gute Arbeit, ich fühle mich in sicheren Händen." Scholz äußerte sich in einer Pressekonferenz nach einem Treffen mit den Regierungschefs der drei baltischen Staaten in Tallinn.
Bundesinnenministerin will auf Sicherheitspanne um Scholz reagieren
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat nach der Sicherheitspanne um ihren Parteikollegen und Bundeskanzler Olaf Scholz Konsequenzen angekündigt. "Das darf nicht passieren", sagte die SPD-Politikerin am Freitag nach einem Treffen mit dem tschechischen Innenminister Vit Rakusan am Grenzübergang Petrovice-Bahratal. Man werde jetzt "sehr genau aufarbeiten, woran es lag, um die Dinge dann auch möglichst abstellen zu können".
Bundeskanzler Scholz kam noch glimpflich davon - doch Personenschützer können nicht immer das Schlimmste verhindern
Deutsche Politiker können sich relativ frei bewegen. Für ihren Schutz ist das Bundeskriminalamt zuständig. Deren Personenschützer können aber nicht jede ungeplante Annäherung verhindern.
Vor allem in Wahlkämpfen gilt Bürgernähe als höchstes Gut - auch im wörtlichen Sinne. Doch nicht erst seit das Wort "Wutbürger" die Runde macht, kennen Politiker Angriffe aus dem Wahlvolk: Angela Merkels Personenschützer machten 2017 in Sachsen eine mutmaßliche Angreiferin aus, die mit ihrem Regenschirm auf die CDU-Kanzlerin losgehen wollte. Ihr Vorgänger Gerhard Schröder (SPD) wurde 2004 in Mannheim bei einer Wahlveranstaltung von einem Arbeitslosen geohrfeigt. Und der langjährige Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) wollte 1991 in Halle (Sachsen-Anhalt) am liebsten selbst gegen Demonstranten vorgehen, die ihn mit Eiern, Tomaten und Farbbeuteln beworfen hatten - Mitarbeiter und Absperrgitter konnten ihn stoppen.
Auch politische Aktivistinnen und Demonstranten schaffen es immer wieder, Sicherheitskordons zu durchbrechen, um es mit ihren Anliegen auf die politische Bühne zu schaffen. 2020 eroberte ein als "Querdenker" bekannter Thüringer das Mikrofon des Kanzlerkandidaten Armin Laschet - seine CDU übernahm die Szene in einen Wahlkampfspot. 2019 wurde der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in Schleswig-Holstein von zwei halb nackten Femen-Aktivistinnen überrascht, die gegen eine Studie zu Schwangerschaftsabbrüchen protestierten. Auch Merkel hat Erfahrung mit den Aktionen der Frauenrechtsgruppe gemacht, etwa als 2013 fünf entblößte Frauen auf die Kanzlerin und den russischen Präsidenten Wladimir Putin zustürmten, als diese gemeinsam die Messe in Hannover besuchten.
Es gab in Deutschland aber auch schon viel gravierendere Vorfälle: Der CDU-Spitzenpolitiker Wolfgang Schäuble sitzt seit dem Attentat eines geistig Verwirrten 1990 im Rollstuhl. Der damalige SPD-Kanzlerkandidat Oskar Lafontaine wurde im selben Jahr durch eine Messer-Attacke schwer verletzt. Die Angreiferin, die ihn nahe der Halsschlagader traf, war psychisch krank.
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loc/news.de/dpa
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