Karl Lauterbach plant eine Krankenhausreform, um die Versorgung zu verbessern und Klinikschließungen zu verhindern. Doch Verbände und Politiker sehen die Pläne kritisch. Sie befürchten offenbar ein Kliniksterben.
"Nicht die Ökonomie, sondern die Patienten müssen wieder im Mittelpunkt stehen", sagt Bundesgesundheitsminister Prof. Lauterbach. Der Gesundheitsminister will deswegen die medizinische Versorgung in deutschen Kliniken verändern. Die von ihm angestoßene und von der Ampel-Koalition mitgetragene Krankenhausreform sorgt aber bereits jetzt für Unmut, dabei gibt es noch gar keine gesetzliche Regelung.
Karl Lauterbach plant Krankenhausreform: Kliniken kategorisiert, Aus für Fallpauschale
Mit der Reform sollen Finanzierung und Struktur der Krankenhäuser in Deutschland neu geordnet und gleichzeitig die Qualität verbessert werden. Unter anderem ist eine stärkere Spezialisierung der Kliniken geplant. Im Kern soll das Vergütungssystem mit Pauschalen für Behandlungsfälle geändert werden, um Kliniken von ökonomischem Druck zu lösen. Bislang finanzieren sie sich durch Fallpauschalen. Im Blick steht auch, das Kliniknetz in drei Versorgungsstufen einzuordnen - von der wohnortnahen Grundversorgung über eine zweite Stufe mit weiteren Angeboten bis zu Maximalversorgern wie Universitätskliniken.
Nach Informationen von "The Pioneer" will Lauterbach die Finanzierung der Kliniken zu Jahresbeginn 2025 umstellen. Zahlungen solle es dann bereits für das Bereitstellen bestimmter Klinik-Leistungen geben. Andere Leistungen sollen jedoch weiter über Fallpauschalen abgerechnet werden.
Lauterbach-Pläne sorgen für Unmut: Kretschmer und Co. sorgen sich um Klinik-Aus
Über die Pläne berät sich Karl Lauterbach am 23. Mai mit den Gesundheitsministern der Länder. Im Vorfeld wird in der Reform aber ein drohendes Klinik-Aus gesehen, wenn sie kategorisiert werden. Politiker in Ostdeutschland machen sich Sorgen, wie die medizinische Versorgung gerade im ländlichen Raum und in wohnortnähe gewährleistet werden kann. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer sagt, dass durch die Reform Regionen abgehängt werden, berichtet die "Tagesschau". "Wenn sie im ländlichen Raum 50 oder 60 Kilometer fahren müssten zu einem Krankenhaus, dann wird die Akzeptanz weg sein", so Kretschmer. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sagte mit Blick auf die Gespräche am Dienstag, er sehe in vielen Punkten "erheblichen Nachbesserungsbedarf", gerade bei der Finanzierung. "Im Vordergrund der Reform muss eine gute stationäre Versorgung der Menschen überall in Deutschland stehen. Deshalb müssen auch die Anliegen der Flächenländer angemessen berücksichtigt werden."
Drohender Krankenhaus-Kahlschlag? Verbände kritisieren Lauterbachs Krankenhausreform
Laut "Bild"-Bericht warnen Verbände offenbar vor einem "staatlich organisiertem Kahlschlag". Gerade auf dem Land könnte es so zum Kliniksterben kommen. Viele Kliniken hätten aktuell aber mit Defiziten und höheren Kosten durch die Inflation und die Energiekrise zu kämpfen. Gerd Landsberg, Chef des Städte- und Gemeindebundes sieht zwar einen reformbedarf, auf Grund des finanziellen Defizits bei vielen Kliniken, aber er fürchtet sich auch vor fehlender Versorgung. "Wir müssen die klassische Notfallversorgung wohnortnah sicherstellen. Es darf nicht so weit kommen, dass der Rettungswagen an den Kliniken vorbeifährt, nur weil sie heruntergestuft wurden."
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Das sagt das Gesundheitsministerium zu den angeblichen Klinikschließungen
Das Bundesgesundheitsministerium selbst spricht aber nicht von Klinikschließungen. Im Gegenteil, Es will Klinikschließungen vermeiden und "flächendeckend eine qualitativ hochwertige Versorgung auch in ländlichen Regionen sicherzustellen." Das Ministerium ergänzt: "Das System der Fallpauschalen hat die Krankenhäuser zu stark ökonomischen Zwängen ausgesetzt. Viele Krankenhäuser sind von der Schließung bedroht, wenn sich nichts ändert. Deswegen wurde eine Regierungskommission eingesetzt, die Vorschläge erarbeitet, die dann von Bund, Ländern und Fraktionen in einem vereinbarten Verfahren konkretisiert werden."
Lauterbach dementiert Berichte zu Schließung jeder zweiten Klinik
Mit Blick auf die umstrittene Krankenhausreform hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Medienberichte zu einer Schließung von fast jeder zweiten Klinik dementiert. "Nein, das stimmt nicht", sagte Lauterbach am 24. Mai im ARD-"Morgenmagazin". "Wir sind mit der Reform weitergekommen. Und die Reform erlaubt es vielen Krankenhäusern, die sonst aus dem Geschäft heraus gedrückt wurden, (...) noch zu überleben."
Sie müssten dann etwas mehr ambulante Leistungen erbringen, "aber sie überleben dort, wo sie benötigt werden", betonte der SPD-Politiker. Die "Bild"-Zeitung hatte am Dienstagabend berichtet, durch die geplante Reform werde in einigen Bundesländern jede zweite Klinik abgeschafft. Kurz danach hatte Lauterbach bereits in einem Tweet auf den Bericht reagiert und diesen als "Falschmeldung" bezeichnet.
Hinsichtlich der geplanten Pflegereform mit Nachbesserungen für pflegende Angehörige wies der Gesundheitsminister Kritik aus der Opposition zurück, es handele sich lediglich um eine kleine Reform: "Das ist keine kleine Reform. Wir geben fast 7 Milliarden mehr aus pro Jahr. Das ist eine Zunahme von etwa 12 Prozent." Am Dienstag wurden noch einmal Nachbesserungen bekannt. Demnach soll ein flexibel nutzbares Budget mit Entlastungs-Leistungen für pflegende Angehörige kommen. Im Gegenzug soll voraussichtlich eine geplante spätere Anhebung von Pflegeleistungen etwas geringer ausfallen. Die Union hatte der Koalition vorgeworfen, dass Pflegebedürftigen das zusätzliche Geld für das Entlastungsbudget bei den Pflegeleistungen wieder entzogen werde. Das Gesetz soll am Freitag im Bundestag verabschiedet werden.
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bos/news.de/dpa
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