Die gesetzlichen Krankenkassen fahren Milliarden-Verluste ein. Die Politik diskutiert derzeit mehrere Maßnahmen, um die Finanzlöcher zu stopfen. Ein Vorschlag: die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze. Arbeitnehmer müssten dann bis zu 220 Euro mehr pro Monat an die GKV zahlen.
Ein gewaltiges Finanzloch klafft in den deutschen Krankenkassen! Nach Plänen der Bundesregierung sollen höhere Beiträge die Lücke stopfen. Gutverdienende müssten dann bis zu 220 Euro mehr pro Monat einzahlen. Doch damit nicht genug: Auch bei der Pflegeversicherung sollen die Beiträge steigen.
Beitragshammer für Versicherte droht! Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze gefordert
Die Ein- und Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) driften auseinander. Für 2023 erwarten Experten ein Minus von 17 Milliarden Euro. Um die Lücke zu stopfen, gibt es derzeit mehrere Lösungsansätze. Der Staat könnte mit Steuergeld aushelfen oder die Beiträge müssten steigen. Die Politik diskutiert derzeit über eine "deutliche Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze" in der GKV. Die Grenze könnte demnach künftig auf das Niveau angehoben werden, die auch die Rentenversicherung für sich beansprucht (7.100 Euro in Ostdeutschland, 7.300 Euro im Westen). "Dies würde für die gesetzliche Krankenversicherung deutliche Mehreinnahmen bedeuten und – anders als höhere Beitragssätze – lediglich Gutverdiener belasten", sagte Grünen-Fraktionsvize Maria Klein-Schmeink gegenüber dem "Handelsblatt". Die Beiträge könnten bei Spitzenverdienern dann um bis zu 220 Euro pro Monat steigen, rechnet Martin Werding, Mitglied im Gremium der sogenannten Wirtschaftsweisen, vor.Laut dem Unionsfraktions-Vize Sepp Müller würde eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze auf das Niveau der Rentenversicherung etwa 13 Milliarden Euro in die Krankenkassen spülen. Die FDP fordert hingegen Einsparmaßnahmen.
220 Euro mehr pro Monat von Arbeitnehmern! Verbände kritisieren Polit-Vorschläge
Gesetzlich Versicherte zahlen einen monatlichen Beitrag zur Krankenversicherung. Die Höhe richtet sich nach dem Einkommen. Der allgemeine Beitragssatz liegt derzeit bei 14,6 Prozent des Bruttoverdienstes. Versicherer dürfen zusätzlich einen Zusatzbeitrag bis zu 1,6 Prozent erheben. Jedoch gibt es eine Bemessungsgrenze. Wer mehr verdient, muss keinen höheren Beitrag zahlen. Die Beitragsmessungsgrenze wird jedes Jahr vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales an die allgemeine Einkommensentwicklung in Deutschland angepasst. 2023 liegt diese Grenze bei 4.987,50 Euro pro Monat. Bei einem durchschnittlichen Zusatzbeitrag von 1,6 Prozent liegt der Höchstbetrag zur GKV bei 807,98 Euro pro Monat. Für Kinderlose bei 977,55 Euro. Arbeitgeber und Arbeitnehmer zahlen je die Hälfte der Beiträge.
"Die Folgen für die Lohnzusatzkosten wären erheblich und ein klarer Standortnachteil", sagtBertram Brossardt von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft. "Eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze wäre nichts anderes als eine Sondersteuer auf den Faktor Arbeit." Demnach würden bei Arbeitgebern die von der Kranken- und Pflegeversicherung verursachten Lohnzusatzkosten um bis zu 46,4 Prozent steigen.
Durch die Änderung der Beitragsbemessungsgrenze würde sich auch die Versicherungspflichtgrenze verschieben. Diese gibt an, ab welchem Einkommen Arbeitnehmer und Beamte sowie Selbstständige in die private Krankenversicherung wechseln können. Dadurch könnten weniger Arbeitnehmer in eine private Krankenkasse wechseln. Der Verband der privaten Krankenkassen warnt bereits vor einer Einführung der "Bürgerversicherung durch die Hintertür".
GKV-Spitzenverbandschefin Doris Pfeiffer sieht andere Maßnahmen als deutlich sinnvoller, um die Finanzlücke zu schließen. Ein Vorschlag: Geringere Mehrwertsteuern auf Arzneimitteln. Eine Senkung von 19 auf 7 Prozent würde die Krankenkassen um rund sechs Milliarden Euro entlasten. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach schlägt ein Darlehen für Krankenkassen, eine Abgabe der Pharmaindustrie sowie weitere Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen vor.
Pflegeversicherungsbeitrag soll ebenfalls steigen
Zudem wird auch die Pflege in Deutschland immer teurer. Laut Plänen der Bundesregierung soll der Pflegebeitrag zum 1. Juli um 0,35 Prozentpunkte steigen - für Menschen ohne Kinder noch etwas stärker. Das soll auch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts umsetzen. Aktuell liegt er bei 3,05 Prozent des Bruttolohns, für Kinderlose bei 3,4 Prozent. Das zuletzt 2017 erhöhte Pflegegeld für Pflegebedürftige daheim soll Anfang 2024 um fünf Prozent steigen. Für Pflegebedürftige im Heim sollen 2022 eingeführte Zuschläge Anfang 2024 erhöht werden. Den Eigenanteil für die reine Pflege soll das stärker drücken. Hintergrund ist, dass die Pflegeversicherung - anders als die Krankenversicherung - nur einen Teil der Kosten trägt. Doch auch hier gibt es mächtig Kritik.
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bua/gom/news.de/dpa
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