Schon 2002 forderte Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele: "Gebt das Hanf frei!" und inspirierte damit Stefan Raab zu einem gleichnamigen Kult-Song. Nun könnte sein Traum wahr werden: Cannabis soll legalisiert werden.
Nach Widerstand aus Brüssel soll es von der Ampel-Koalition ursprünglich geplante Cannabis-Fachgeschäfte erst einmal nicht geben - zu einer Cannabis-Legalisierung soll es aber trotzdem kommen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD)und Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) stellten am Mittwoch ihre überarbeitetenPläne dazu vor. Durch diese soll der Besitz des Rauschmittels in Deutschland straffrei sein. Wie kommt das bei den Bürgern an?
Ampel-Koalition plant, Cannabis zu legalisieren
Wie Karl Lauterbach am Mittwoch mitteilte, soll die Gesetzgebung noch im April starten. Erlauben will die Ampel demnach künftig den Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis. Legal sein soll zudem der Eigenanbau von maximal drei Pflanzen. Auch sollen der Anbau und die Abgabe der Droge in Cannabis-Clubs ermöglicht werden, die darüber hinaus "sieben Samen oder fünf Stecklinge" für den Eigenanbau abgeben dürften.
Karl Lauterbachs Gesetzentwurf zur Cannabis-Legalisierung im April
Noch im April werde ein erster konkreter Gesetzentwurf zur Legalisierung vorgelegt. Dieser müsste nach Abstimmung in der Regierung und Kabinettsbeschluss später noch durch Bundestag und Bundesrat. Özdemir zufolge will die Ampel versuchen, das Gesetz so zu gestalten, dass der Bundesrat nicht zustimmen muss. Die Bundesländer könnten dann lediglich Einspruch erheben und das Gesetz verzögern. Wann die Regeln in Kraft treten könnten, ist noch unklar. An den Eckpunkten kann sich im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens noch einiges ändern. Bislang ist Folgendes vorgesehen:
- Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis bleibt straffrei und darf in der Öffentlichkeit mitgeführt werden
- Maximal drei "weibliche blühende Pflanzen" im Eigenanbau erlaubt - geschützt vor dem Zugriff durch Kinder und Jugendliche.
- "Nicht-gewinnorientierte" Vereine (max. 500 Mitglieder) dürfen gemeinschaftlich Cannabis zu Genusszwecken anbauen und nur an Mitglieder für den Eigenkonsum abgeben. Das Mindestalter ist 18. Die Clubs müssen Jugendschutz-, Sucht- und Präventionsbeauftragte benennen und dürfen nicht für sich Werbung machen. Eine Mitgliedschaft in mehreren Vereinen ist verboten.
- Club-Mitglieder dürfen max. 25 Gramm Cannabis pro Tag und max. 50 Gramm pro Monat kaufen. Für U-21-Jährige gilt eine Grenze von max. 30 Gramm pro Monat. Für sie ist zudem eine Obergrenze beim Wirkstoffgehalt geplant.
- Cannabis-Konsum und Alkoholausschank in Vereinsräumen ist nicht gestattet
- Mindestabstand für die Clubs zu Schulen und Kitas
- Öffentlicher Konsum nahe Schulen oder Kitas verboten und in Fußgängerzonen bis 20 Uhr
- Frühere Verurteilungen wegen Besitzes oder Eigenanbaus bis 25 Gramm oder maximal drei Pflanzen können auf Antrag aus dem Bundeszentralregister gelöscht werden. Auch entsprechende laufende Straf- und Ermittlungsverfahren werden beendet.
- Minderjährige, die mit Cannabis erwischt werden, müssen an Interventions- und Präventionsprogrammen teilnehmen.
In einem zweiten Schritt sollen zudem "kommerzielle Lieferketten" in Kommunen mehrerer Bundesländer in Modellprojekten ausprobiert und über fünf Jahre wissenschaftlich begleitet werden. Hier dürfe jedoch die EU mitbestimmen, da das Vorhaben "notifizierungspflichtig" sei.
Grünen-Chefin Ricarda Lang spricht von "Meilenstein für die Legalisierung von Cannabis"
Laut Grünen-Chefin Ricarda Lang seien die Pläne, die am Mittwoch vorgelegt wurden, ein "Meilenstein für die Legalisierung von Cannabis in Deutschland". Lauterbach und Özdemir verteidigten ihr Vorhaben und bekräftigten, dass mit durch dieses der Jugendschutz erhöht, der Schwarzmarkt zurückgedrängt und der Kriminalität der Boden entzogen werden solle. "Niemand soll mehr bei Dealern kaufen müssen, ohne zu wissen, was man sich da einhandelt", sagte Özdemir. "Der Schwarzmarkt wird sich, wenn man so will, schwarz ärgern."
Lauterbach sprach von einer kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene "in klaren Grenzen (...) flankiert durch Präventionsmaßnahmen für Jugendliche". Die bisherige Cannabis-Kontrollpolitik sei gescheitert. Dieses Argument wurde auch in einem Tweet des Bundesgesundheitsministeriums noch einmal hervorgehoben: "'Die bisherige #Cannabis-Politik ist gescheitert. Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz haben stetig zugenommen. Wir wissen, dass wir mit der Verschärfung des Strafrechts nicht weiterkommen' – @Karl_Lauterbach bei der Vorstellung der Cannabis-Eckpunkte mit @cem_oezdemir."
„Die bisherige #Cannabis-Politik ist gescheitert. Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz haben stetig zugenommen. Wir wissen, dass wir mit der Verschärfung des Strafrechts nicht weiterkommen“ – @Karl_Lauterbach bei der Vorstellung der Cannabis-Eckpunkte mit @cem_oezdemir ???????? pic.twitter.com/MJWhdmMnVn
— Bundesgesundheitsministerium (@BMG_Bund) April 12, 2023
Kritik von Union, Polizei und Bundesärztekammer
Scharfe Kritik an den Ampel-Plänen kam aus Bayern. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nannte das Vorhaben einen "Irrweg". Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) warf der Regierung vor, "krampfhaft" zu versuchen, "mit juristischen Winkelzügen Schlupflöcher für ihr ideologisches Legalisierungsprojekt zu finden". Die Argumentation, die Legalisierung führe zu mehr Jugendschutz, bezeichnete er als "schlechten Witz". Der CDU-Gesundheitspolitiker Tino Sorge kritisierte, die Koalition wolle eine Droge legalisieren, vor der Psychologen und Jugendmediziner seit Jahren warnten.
Der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Alexander Poitz, sprach von Klientelpolitik. "Die zusammengestutzte Cannabislegalisierung wirkt wie ein politisches Manöver, um die langsam ungeduldiger werdende Gruppe der Konsumenten ruhigzustellen", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Poitz erwartet nicht, dass die Pläne merklich den Schwarzmarkt zurückdrängen. Es liege auf der Hand, dass die Gesamtheit der getroffenen Regelungen den Schwarzmarkt nicht trockenlegen, sondern im Gegenteil erheblich ankurbeln werde, sagte der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt.
Pläne für Cannabis-Legalisierung spalten Twitter
Auf Twitter sind die Pläne zur Legalisierung von Cannabis großes Thema und polarisieren. Viele User zeigen sich von dem Vorhaben der Ampel-Koalition begeistert: "Ich liebe alles daran. Legalisierung sowieso. Dann Fehler zugeben, ein großer Punkt. 'Die Eckpunkte waren nicht so gut, da haben wir das neu gemacht.' Wann! hat man solche Worte das letzte Mal von einem Politiker gehört?" "Ne endlich gehts voran. Schnelle umsetzten, das Verbot ist nicht mehr zeitgemäß @OlafScholz" und "Endlich regiert Verstand und Vernunft!", heißt es in weiteren Tweets.
Ich liebe alles daran.
— Mariechen (@Industriefolie) April 12, 2023
Legalisierung sowieso.
Dann Fehler zugeben, ein großer Punkt.
"Die Eckpunkte waren nicht so gut, da haben wir das neu gemacht."
Wann! hat man solche Worte das letzte Mal von einem Politiker gehört?
Ne endlich gehts voran ????
— Dr.Grünschnabel???? (@SirHanfRitter) April 12, 2023
Schnelle umsetzten, das Verbot ist nicht mehr zeitgemäß @OlafScholz
Doch die Ampel-Pläne werden auch kritisiert: "Was heute vorgestellt wurde, finden weder die Cannabis-Befürworter noch die Cannabis-Gegner gut. Glückwunsch - das muss man erstmal schaffen! Die Ampel manövriert sich bei den Themen Atomkraft, Heizung, Cannabis etc. gerade komplett ins Aus." "Also muss man nur alles Illegale legal machen und schon hat man keine Straftaten mehr, sehr schlau", schreibt ein weiterer User. Ein anderer wünscht sich: "Bitte sorgt für vernünftige Grenzwerte im Straßenverkehr. Es wäre eine Ersatzbestrafung, nüchternen Fahrern den Führerschein zu entziehen."
Was heute vorgestellt wurde, finden weder die Cannabis-Befürworter noch die Cannabis-Gegner gut. Glückwunsch - das muss man erstmal schaffen! Die Ampel manövriert sich bei den Themen Atomkraft, Heizung, Cannabis etc. gerade komplett ins aus.
— intrope (@hightec_IOIO) April 12, 2023
Bitte sorgt für vernünftige Grenzwerte im Straßenverkehr. Es wäre eine Ersatzbestrafung nüchternen Fahrern den Führerschein zu entziehen.
— Cola Light Maggus (@MaggusLight) April 12, 2023
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rad/news.de/dpa
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