Zum Jahrestag des Ukraine-Krieges dreht Wladimir Putin den Propaganda-Hahn bis zum Anschlag auf - verstörte Reaktionen in den sozialen Medien und heftige Vorwürfe selbst aus den eigenen Reihen sind die unweigerliche Folge.
Kurz vor dem ersten Jahrestag des Beginns des Ukraine-Krieges legt Wladimir Putin in Sachen Propaganda nochmal eine ordentliche Schippe drauf. Kaum hatte der Kreml-Chef am Dienstag (21. Februar 2023) seine ausufernde Rede zur Lage der Nation gehalten und darin nicht nur dementiert, Russland habe den Krieg in der Ukraine begonnen, sondern auch wirre Lügen über den Westen verbreitete, sorgte eine weitere Propaganda-Großveranstaltung in Moskau für Kopfschütteln im Ausland.
Bizarre Putin-Propaganda in Moskau: Rap-Soldat im Olympiastadion sorgt für Kopfschütteln
Am Mittwoch (22. Februar 2023) zeigte sich Wladimir Putin vor Zehntausenden Zuschauern im Moskauer Luschniki-Olympiastadion, um seine russischen Soldaten zu würdigen. Im Vergleich zu Putins Rede zur Lage der Nation am Vortag dauerte dieser Auftritt nur wenige Minuten. Bevor der Kremlchef in seiner dunklen Winterjacke die Bühne betrat, waren zuvor patriotische Musiker aufgetreten - Mitschnitte des verstörenden Auftritts machten bei Twitter die Runde und traten eine Welle von Reaktionen los.
"Die rote Flagge wird über Berlin wehen": Putin-Soldat fantasiert in kriegsverherrlichendem Rap über Russland-Einmarsch in Deutschland
In dem Video ist ein russischer Soldat in Tarnkleidung zu sehen, wie er einen kriegsverherrlichenden Rap zum Besten gibt und Wladimir Putins wahnhafte Fantasien von der russischen Einnahme Berlins aufgreift. "Ich habe keine Angst davor, Blut an meinen Händen zu haben", rappt der Soldat, "es ist ein Krieg, den wir nicht begonnen haben, wir werden ihn beenden, doch wann, ist nicht gewiss. Die leuchtend rote Flagge wird über Berlin wehen, unterdessen wird die Erde von rotem Blut getränkt, unsere Nachfahren werden es den Großen Krieg nennen", beschließt der Putin-Musiker seine Darbietung, bevor ein Männerchor in Militäruniformen zu singen beginnt.
Attention, Germany!
— Anton Gerashchenko (@Gerashchenko_en) February 22, 2023
Russians sing about "Russian flag over Berlin" at Luzhniki stadium. pic.twitter.com/cBRixnlTgY
"Das ist das 3. Reich in Farbe": Twitter-Entsetzen nach Propaganda-Show in Moskau
Auch der "Focus"-Journalist Jan Fleischhauer teilte den Rap-Clip bei Twitter, etliche User posteten ihre Meinung zu der musikalischen Darbietung aus Moskau. "Nationalbesoffenheit frisst das Gehirn", meinte einer, ein anderer schrieb "Was ist das für ein kranker Mist!? Sagenhaft!", gefolgt von Kommentaren wie "Das ist das 3. Reich in Farbe", "Heiliger Bimbam was geht da vor sich" oder "Da wünscht man sich den Vorschlaghammer".
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Regionalpolitiker bezichtigt Putin wortlos der Lüge - viraler Nudel-Spott könnte Konsequenzen haben
Indes hat eine Spaß- und Protestaktion, die sich während Wladimir Putins Rede an die Nation abspielte, für einen russischen Regionalpolitiker möglicherweise ernsthafte Konsequenzen. Der kommunistische Abgeordnete Michail Abdalkinaus der Region Samara veröffentlichte nach der Rede vom Dienstag ein Video auf Youtube, das zeigt, wie er vor seinem Computer sitzt und Putin zuhört - an seinen Ohren hängen dabei Spaghetti. Was Michail Abdalkin damit auch ohne Worte ausdrückt, wird verständlich, wenn man den russischen Ausdruck "Nudeln an die Ohren hängen" kennt - das bedeutet so viel wie "belogen werden".
Auf der russischen Social-Media-Plattform Vkontakte veröffentlichte Abdalkin den 30 Sekunden langen Clip ebenfalls - und schrieb dort, offensichtlich mit einer gewissen Ironie, dazu: "Volle Unterstützung, ich bin voll und ganz einverstanden, großartiger Auftritt." Ein Sprecher der kommunistischen Partei nannte Abdalkins Aktion in einem Interview nun eine "Dummheit" und kündigte eine parteiinterne Aufarbeitung des Vorfalls an.
Von wegen kremltreu! Spott-Clip von Politiker könnte ernstes Nachspiel haben
Die kommunistische Partei Russlands gilt eigentlich als kremltreu. Parteichef Gennadi Sjuganow etwa lobte die "Entschlossenheit" von Putins Rede. Gerade in den Regionen des flächenmäßig größten Landes der Erde fallen Politiker, die nicht der Kremlpartei Geeintes Russland angehören, aber hin und wieder mit kritischen Bemerkungen auf. Putin hatte seine Rede zur Lage der Nation kurz vor dem ersten Jahrestag des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine gehalten. Während des fast zweistündigen Auftritts verteidigte der 70 Jahre alte Kremlchef die von ihm angeordnete Invasion und behauptete, der Westen habe "den Krieg losgetreten". International - aber auch von der russischen Opposition - wurden große Teile der Rede als reine Propaganda kritisiert.
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Entsprechend kam Abdalkins Nudel-Satire nun auch bei einigen Internetnutzern gut an: Es brauche viel mehr solcher Menschen für einen Wandel in Russland, schrieb etwa ein Mann in den Youtube-Kommentaren.
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loc/news.de/dpa
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