Die Entscheidung ist gefallen: Nicht nur die USA und Großbritannien, auch Deutschland wird Kampfpanzer in die Ukraine schicken. Mindestens eine Kompanie Leopard-2-Panzer sollen der Ukraine neue Offensiven ermöglichen.
Mehrere Wochen zogen sich Diskussionen hin: Welches Land schickt Kampfpanzer in die Ukraine, um das Land im Kampf gegen Wladimir Putins Angriffe zu stärken? Beteiligt sich auch Deutschland an der westlichen Allianz und schickt Leopard-2-Panzer gen Osten? Nun scheint die Entscheidung gefallen: Deutschland will Informationen aus Koalitionskreisen zufolge Leopard-2-Panzer in die Ukraine liefern und das auch anderen Ländern wie Polen oder Finnland erlauben, wie die Deutsche Presse-Agentur erfahren hat. Die USA wollen zudem nach Berichten mehrerer US-Medien ihre Abrams-Panzer bereitstellen. 30 bis 50 Exemplare seien im Gespräch, berichtet die "New York Times". Großbritannien hat 14 ihrer Challenger-Panzer bereits zugesagt.
Panzer-Debatte im Ukraine-Krieg: Selenskyjs Bitten nach Kampfpanzern wird erhört
Seit Monaten fordert die Ukraine Kampfpanzer westlicher Bauart für den Kampf gegen die russischen Angreifer. Die erste offizielle Anfrage bei der Bundesregierung erfolgte schon eine Woche nach Kriegsbeginn Anfang März 2022. In den vergangenen Wochen hat sich die Frontlinie in der Ostukraine kaum noch bewegt. Mit den Kampfpanzern hofft die Ukraine nun, wieder in die Offensive zu kommen und weiteres Gelände zurückzuerobern. Gleichzeitig wird für das Frühjahr eine Offensive Russlands befürchtet.
Berichte: Deutschland schickt eine Kompanie Leopard-2-Panzer in die Ukraine
Es wird erwartet, dass sich am Mittwoch (25.01.2023) die Panzer-Pläne der USAund Deutschlands konkretisieren. Die Bundesregierung will laut "Spiegel" mindestens eine Kompanie mit der Version Leopard 2A6 aus Beständen der Bundeswehr ausstatten. Dafür wären 14 Exemplare der Waffensysteme nötig. Das Kanzleramt äußerte sich aber zunächst nicht zu den Berichten.
Selenskyj zurückhaltend - Melnyk spricht von "Panzer-Doppelwumms"
Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj reagierte zurückhaltend. "Viele Bemühungen, Worte, Versprechen", sagte er am Abend des 24. Januar in einer Videoansprache. Die Diskussionen um die Lieferung von Panzern müssten jetzt in Entscheidungen münden, forderte Selenskyj. "Entscheidungen, die unsere Verteidigung gegen die (russischen) Terroristen wirklich stärken."
Geradezu euphorisch äußerte sich dagegen der ukrainische Vize-Außenminister Andrij Melnyk. Auch wenn die deutsche Entscheidung mit Verspätung erfolge, sei sie "ohne jeden Zweifel ein wahrer Durchbruch sowie ein Gamechanger für die Ukraine auf dem Schlachtfeld", sagte er der dpa. "Das wird in die Geschichte eingehen." Dass Scholz scheinbar sogar dabei geholfen habe, die USA von der Lieferung ihrer M1-Abrams-Panzer zu überzeugen, sei sogar "ein Panzer-Doppelwumms", sagte Melnyk. Nun sei es nötig, dass Deutschland "ein mächtiges Panzer-Bündnis" schmiede.
FDP und Grüne erleichtert nach Entscheidung für Kampfpanzer-Lieferungen in die Ukraine
Erleichterung gab es auch bei den Koalitionspartnern von Kanzler Scholz, der FDP und den Grünen, die auf eine Entscheidung für die Panzer-Lieferung gedrängt hatten. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), sagte der dpa in Berlin: "Die Entscheidung war zäh, sie dauerte viel zu lange, aber sie ist am Ende unausweichlich. Dass Deutschland die Lieferung seines Panzers Leopard 2 durch Partnerländer freigibt und auch selbst liefert, ist eine erlösende Nachricht für das geschundene und tapfere ukrainische Volk."
Die Entscheidung für die Freigabe und Lieferung des Leopard 2 war zäh, aber unausweichlich. Sie ist eine erlösende Nachricht für die geschundene und tapfere Ukraine. Wir Freie Demokraten sind dankbar, dass kontinuierlicher Einsatz für die Menschen in der #Ukraine erfolgreich ist. https://t.co/6txdXZ5X03
— Marie-Agnes Strack-Zimmermann (@MAStrackZi) January 24, 2023
Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt twitterte auf Englisch: "Der Leopard ist befreit!" Sie schrieb: "Jetzt kann er hoffentlich schnell der Ukraine bei ihrem Kampf gegen den russischen Angriff und für die Freiheit der Ukraine und Europas helfen."
The #Leopard’s freed!
— Katrin Göring-Eckardt (@GoeringEckardt) January 24, 2023
Jetzt kann er hoffentlich schnell der Ukraine bei ihrem Kampf gegen den russischen Angriff und für die Freiheit der Ukraine und Europas helfen.https://t.co/uPJnCvUld0
Auch Unionsfraktionschef Friedrich Merz begrüßte die Entscheidung, warf Kanzler Olaf Scholz (SPD) aber zugleich Zögerlichkeit vor. "So bleibt das Bild eines Getriebenen, der zu lange gezögert hat", sagte er der dpa.
AfD macht Stimmung wegen Panzerlieferungen in die Ukraine, Linke warnt vor Drittem Weltkrieg
Die AfD im Bundestag bezeichnete die Entscheidung dagegen als "unverantwortlich und gefährlich". Fraktionschef Tino Chrupalla erklärte: "Deutschland droht dadurch direkt in den Krieg hineingezogen zu werden. Durch die Lieferung von Panzern aus Beständen der Bundeswehr werden unsere Streitkräfte weiter geplündert."
Auch Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch kritisierte die Entscheidung. "Die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern, womit ein weiteres Tabu fällt, führt uns potenziell näher an den Dritten Weltkrieg als Richtung Frieden in Europa", sagte er der dpa.
Scholz stand in der Frage der Leopard-Lieferungen seit Wochen in der Kritik - vorgeworfen wird ihm ein zu zögerliches Vorgehen. Die Regierung begründete ihr Vorgehen unter anderem mit dem Risiko einer Eskalation und der nötigen internationalen Abstimmung.
Deutschland nimmt Schlüsselrolle bei Leopard-2-Lieferungen ins Kriegsgebiet ein
Deutschland nimmt als Produktionsland in der Frage um die Leopard-Lieferung eine Schlüsselrolle ein. Werden Rüstungsgüter an andere Staaten verkauft, werden in die Verträge immer sogenannte Endverbleibsklauseln eingebaut. Darin ist geregelt, dass bei einer Weitergabe an dritte Länder die Bundesregierung zustimmen muss.
Ganz konkret unter Zugzwang stand Scholz zuletzt wegen eines offiziellen Exportantrags der polnischen Regierung. Polen macht in der Diskussion um die Kampfpanzer-Lieferungen schon seit längerem Druck auf Deutschland. Bereits in der vorvergangenen Woche hatte Präsident Andrzej Duda verkündet, man wolle der Ukraine 14 Leopard-Kampfpanzer überlassen.
Polen will breite Koalition - Tschechien will nicht auf deutsche Kampfpanzer verzichten
Von den 14 europäischen Staaten, die Leopard-Panzer haben, hatte neben Polen bisher nur Finnland öffentlich Bereitschaft signalisiert, einige Exemplare abzugeben. Am Dienstag zeigte sich dann auch der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte offen dafür, 18 von Deutschland geleaste Leopard-2-Panzer der Ukraine zur Verfügung zu stellen. "Wir haben sie geleast, das heißt, dass wir sie kaufen können, das heißt, dass wir sie spenden können", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Mittwoch) und einigen weiteren internationalen Medien in Brüssel.
Tschechien kündigte am 24. Januar an, nicht zugunsten der Ukraine auf die Leopard-2-Kampfpanzer verzichten zu wollen, die Deutschland im Zuge eines Ringtauschs zugesagt hat. "Es ist jetzt nicht möglich, die Leoparden weiterzuschicken, weil wir diese Panzer für unsere Sicherheit brauchen", sagte der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala der dpa nach einem Treffen mit Scholz in Berlin.
Tschechien hatte der Ukraine im vergangenen Jahr Dutzende T-72-Kampfpanzer sowjetischer Bauart zur Verfügung gestellt. Die Bundesregierung sagte der Regierung in Prag dafür im Zuge des sogenannten Ringtauschs 14 Leopard-2-Panzer und einen Bergepanzer zu. Der erste Leopard wurde im vergangenen Dezember geliefert.
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loc/news.de/dpa