Kaum ein Thema vermag die Laune der Deutschen so zu trüben wie die Energiepreise - doch die Bilanz zu Strom-Exporten sorgt nun für Stunk. Wieso verramscht Deutschland Strom-Überschüsse und kauft deutlich teurere Energie ein?
Die vom Bundeswirtschaftsministerium vorgelegten Zahlen zu Strom-Exporten der Bundesrepublik geben auf den ersten Blick Anlass zur Freude: Im Jahr 2022 verkaufte die Bundesrepublik 62,05 Terawattstunden Strom ins Ausland und kassierte dafür knapp 12,5 Milliarden Euro - im Vergleich zum Vorjahr mit 56,99 Terawattstunden exportierter Energie ein deutlicher Anstieg. Doch die Einnahmen sind nur eine Seite der Medaille - was Deutschland nämlich für Strom-Importe ausgibt, lässt Energie-Experten vor Wut toben.
Billig-Strom raus, Teuer-Strom rein: Deutschland-Bilanz zu Strom-Exporten und Importen lässt staunen
Die "Bild" berichtet aktuell, wie es um den von der Bundesregierung eingekauften Strom aus den deutschen Nachbarländern preislich bestellt ist und welche Unterschiede zwischen Import- und Exportpreisen klaffen. Auf dem Strommarkt herrscht seit jeher ein Geben und Nehmen - wird beispielsweise durch Solar- oder Windenergie mehr Strom produziert, als im eigenen Land genutzt werden kann, geht der Überschuss bei fehlenden Speichermöglichkeiten gegen ein Entgelt ins Ausland. Der Handel funktioniert auch in anderer Richtung: Wird in Deutschland der Strom knapp, wird aus dem benachbarten Ausland Energie dazugekauft, um die Versorgung zu sichern.
Keine Speicher, keine Nord-Süd-Leitungen: Deutschland muss Strom-Plus zu Billigpreisen verhökern
Was Deutschland dabei jedoch teuer zu stehen kommt: In der Bundesrepublik mangelt es an Speichermöglichkeiten für überschüssig produzierten Strom ebenso wie an Trassen, die grüne Energie, die beispielsweise an den Küsten durch Windkraft erzeugt wird, nach Süddeutschland transportieren können. Unterm Strich heißt das: Überschüssiger Strom muss notgedrungen ins Ausland verkauft werden. Die Preisgestaltung lässt jedoch stutzen: Die Bundesrepublik rückt exportierten Strom für Schleuderpreise heraus, zahlt bei Importen jedoch ordentlich drauf. Der "Bild" zufolge liegen die Differenzen bei mehr als 30 Prozent: Exportierter Strom geht für 20 Cent pro Kilowattstunde in den Handel, bei Importen wird die Bundesregierung mit 27 Cent pro Kilowattstunde zur Kasse gebeten. Unterm Strich macht das fette Verluste von mehr als vier Milliarden Euro.
Deutschland verschenkt 4 Milliarden Euro ins Ausland - Energie-Experten fassungslos
Fachleute wie Professor André Thess, der sich an der Universität Stuttgart unter anderem mit Energiespeicherung und Energiewandlung beschäftigt, macht diese Praxis fassungslos: "Der Erlös liegt deutlich unter den Großhandelspreisen für elektrische Energie aus dem Jahr 2022. Deutschland verkauft somit ein Produkt unter dem Marktpreis - zur Freude unserer europäischen Nachbarn, die uns bei Dunkelflaute teuren Strom verkaufen können", zitiert die "Bild" den Energie-Experten. Dessen Kollege, der Ökonom Prof. Jens Südekum, fügt hinzu:"Auf das Jahr betrachtet, exportieren wir den Strom viel günstiger, als wir ihn einkaufen. Würden wir den Strom zum selben Preis exportieren, wäre der Umsatz um Milliarden höher." Und weiter: "Wir müssen in Zukunft in der Lage sein, überschüssigen Strom selbst zu speichern und in den deutschen Strommarkt einzuspeisen."
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loc/news.de
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