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Ukraine-Krieg heute im News-Ticker: Besetztes Cherson verhängt Sperrstunde - Putin verteidigt Evakuierung

Nach Russlands Angriffen auf ukrainische Infrastruktur sind Millionen immer wieder ohne Heizung und Strom. Kiew setzt aber auf Sieg. Unterstützung kommt auch von den Partnern. Das sind die aktuellen News zum Ukraine-Krieg.

Der Krieg hinterlässt in der Ukraine eine Spur der Verwüstung. (Foto) Suche
Der Krieg hinterlässt in der Ukraine eine Spur der Verwüstung. Bild: picture alliance/dpa/AP | Andriy Andriyenko

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Bevölkerung angesichts der massiven russischen Angriffe auf die Energie-Infrastruktur des Landes zum Durchhalten aufgerufen. "Den russischen Energieterror auszuhalten, ist jetzt unsere nationale Aufgabe", sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache am Donnerstag. Er sprach von rund 4,5 Millionen Menschen, die insbesondere in Kiew und zehn weiteren Gebieten immer wieder von Notabschaltungen betroffen seien.

Dass Russland zuletzt verstärkt Heizkraftwerke und Stromanlagen attackiere, sei "ein Zeichen von Schwäche", sagte Selenskyj. Die russische Armee könne auf dem Schlachtfeld keine Erfolge erzielen und versuche nun, die Ukrainer auf diesem Weg zu "brechen". Dies werde aber nicht gelingen. Der Freitag ist der 254. Tag des Krieges.

Ukraine-Krieg im News-Ticker - alle aktuellen Geschehnisse am 04.11.2022 im Überblick

+++Besetztes Cherson verhängt Sperrstunde - Putin verteidigt Evakuierung +++

In der von russischen Truppen besetzten ukrainischen Stadt Cherson haben die Behörden eine Sperrstunde angeordnet und die Menschen mit Nachdruck zur Flucht aufgefordert. "In der Stadt Cherson wurde eine Sperrstunde verhängt, sie dauert 24 Stunden - nur dafür, dass wir unsere Stadt verteidigen können", sagte der Vize-Chef der Besatzungsverwaltung, Kirill Stremoussow, am Freitag in einer Videobotschaft. Die Menschen sollten zu ihrer eigenen Sicherheit das Gebiet Cherson verlassen. Kremlchef Wladimir Putin sagte in Moskau, die Evakuierung der Stadt sei notwendig, damit die Menschen nicht durch Kampfhandlungen gefährdet würden.

"Natürlich sollten jetzt jene, die in Cherson leben, sich aus der Zone der gefährlichen Handlungen entfernen", sagte Putin bei einem Treffen mit Freiwilligen, die Flüchtlingen aus der Ukraine helfen. Nach Angaben der russischen Besatzer, die eine Rückeroberung der Stadt durch ukrainische Truppen verhindern wollen, wächst in der umkämpften Region die Gefahr.

"Möglich sind Terroranschläge und Provokationen", sagte Stremoussow. "Deshalb bitten wir noch einmal die Einwohner von Cherson, die Stadt zu verlassen (.) und den Militärs die Möglichkeit zu geben, ihre Sache ohne Zivilisten zu erledigen."

Am 18. Oktober hatten die Besatzer angesichts massiven Beschusses von ukrainischer Seite zur Evakuierung der Stadt aufgerufen. Nach offiziellen Angaben sollen bereits 80 000 Menschen das Gebiet Cherson verlassen haben. Die Ukraine spricht von Verschleppung der Menschen.

In den umkämpften Teilen der Region sollen weiter 170 000 Menschen ausharren, die bisher nicht fliehen wollten oder konnten. Nach nicht überprüfbaren Angaben des russischen Verteidigungsministeriums werden weiter rund 5000 Menschen täglich über den Fluss Dnipro in Booten und über eine Pontonbrücke Sicherheit gebracht.

Cherson ist die bislang einzige Gebietshauptstadt, über die Kiew nach dem russischen Einmarsch schon Ende März die Kontrolle verloren hatte. Im September wurde das Gebiet nach einem Scheinreferendum von Russland annektiert, kein Land erkennt diesen Völkerrechtsbruch an. Die ukrainische Armee führt seit Wochen eine Offensive zur Befreiung der Region.

+++ Putin: Lage in der Ukraine war für Russland gefährlich +++

Der russische Präsident Wladimir Putin hat zum Feiertag der nationalen Einheit erneut den Krieg gegen die Ukraine gerechtfertigt und Vorwürfe gegen den Westen erhoben. "Die sogenannten Freunde der Ukraine haben die Lage so weit getrieben, dass sie für Russland gefährlich und für das ukrainische Volk selbstmörderisch wurde", sagte Putin nach Agenturangaben am Freitag in Moskau.

Die westliche Politik ziele auf "Schwächung, Teilung, Zerstörung Russlands" ab. "Wir werden das niemals zulassen. Wir werden unser Vaterland schützen, wie unsere Vorväter das getan haben", sagte der Kremlchef bei einer Rede vor Historikern und Religionsvertretern. Erneut verunglimpfte er die Führung in Kiew als "neonazistisch" und sagte, ein Zusammenstoß mit diesem "Regime" sei unausweichlich gewesen.

Putin hatte am 24. Februar den Einmarsch seiner Truppen in das Nachbarland befohlen. In über acht Monaten seitdem hat Russland schwere Verwüstungen in der Ukraine angerichtet und den besetzten südöstlichen Teil zu russischem Staatsgebiet erklärt. Die Ukraine wehrt sich mit ausländischer Unterstützung. Ihre Armee hat in den vergangenen Wochen russische Truppen an vielen Stellen zurückgedrängt.

Putin unterzeichnete gleichzeitig am Freitag zwei Gesetzesänderungen, die das Aufstocken seiner geschwächten Truppen in der Ukraine ermöglichen sollen. Er schuf eine Rechtsgrundlage für Freiwilligenbataillone. Außerdem wurde geregelt, dass Schwerverbrecher trotz ihrer Verurteilung zur Armee eingezogen werden können.

Der 4. November wird in Russland als Tag der nationalen Einheit begangen. Er erinnert an die Vertreibung polnischer Truppen aus Moskau 1612.

+++ Gesetz unterzeichnet: Putin erlaubt Rekrutrierung von Schwerverbrechern +++

Wladimir Putin hat am Freitag ein brisantes Gesetz unterzeichnet. Demnach wird die Mobilisierung von Schwerverbrechern für den Ukraine-Krieg erlaubt. Das berichten mehrere Medien unter Berufung auf die staatliche Nachrichtenagentur RIA Novosti. Lediglich Menschen seien von dem Gesetz ausgeschlossen, die wegen Spionage, Terrorismus, sexuellem Missbrauch von Kindern oder Verrat verurteilt wurden. Weitere Details wurden nicht bekanntgegeben.

+++ Ukrainische Armee berichtet von schweren Kämpfen im Donbass +++

Die ukrainische Armee berichtet von schweren Kämpfen mit russischen Truppen im Donbass. Schwerpunkte seien die Städte Bachmut und Awdijiwka, sagte Serhij Tscherewatyj, Sprecher der Armeegruppe im Osten des Landes, im ukrainischen Fernsehen. "Der Feind setzt seine Sturmangriffe fort und schießt mit allen Arten von Rohrartillerie, Mehrfachraketenwerfern, Panzern und Mörsern", sagte der Offizier am Freitag.

Die Militärangaben waren nicht unabhängig überprüfbar. Aber auch der ukrainische Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj berichtete dem Nato-Oberbefehlshaber Christopher Cavoli am Telefon, Russland habe seine Angriffe verdreifacht. Er sprach von bis zu 80 Angriffen täglich. Die Lage an der Front sei "angespannt, aber unter Kontrolle", teilte Saluschnyj auf Telegram mit.

Gegen die ukrainischen Stellungen in Bachmut im Gebiet Donezk laufen russische Truppen, vor allem die Söldnergruppe Wagner, seit Monaten an. Awdijiwka wenige Kilometer nördlich von Donezk ist seit 2014 Frontstadt. Die russischen Truppen und Einheiten der von Moskau kontrollierten Separatisten haben dort in acht Monaten Krieg nur kleine Geländegewinne erzielen können.

Angesichts der heftigen Gefechte geht der ukrainische Generalstab seit Tagen von hohen russischen Verlusten aus und spricht von täglich mehreren Hundert Toten. Militärexperten in Kiew sagten, selbst wenn die Zahlen zu hoch seien, sagten sie etwas über Verluste unter den frisch an die Front geworfenen russischen Reservisten aus.

Die Großstadt Saporischschja wurde nach Angaben der Gebietsverwaltung in der Nacht mit russischen Raketen aus dem Flugabwehrsystem S-300 beschossen. Über dem Gebiet Dnipropetrowsk gelang es den Ukrainern nach eigenen Angaben, acht russische Drohnen iranischer Bauart abzuschießen. Eine solche Drohne wurde auch über dem Gebiet Lwiw im Westen des Landes abgefangen.

+++ Xi Jinping warnt vor Einsatz von Atomwaffen im Ukraine-Krieg +++

Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hat mit Blick auf den Ukraine-Krieg vor dem Einsatz von Atomwaffen oder Drohungen damit gewarnt. In seinem Gespräch mit Kanzler Olaf Scholz am Freitag in Peking sagte der Präsident nach Angaben des Außenministeriums, die internationale Gemeinschaft solle sich dafür einsetzen, "dass Atomwaffen nicht eingesetzt werden können und nukleare Kriege nicht gekämpft werden dürfen".

In Eurasien müsse eine nukleare Krise vermieden werden. Die betreffenden Parteien müssten vernünftig sein, Zurückhaltung üben und Bedingungen für eine Wiederaufnahme von Verhandlungen schaffen. Die Weltgemeinschaft sollte auch alle Anstrengungen unternehmen, die für eine friedliche Lösung des Ukraine-Krieges förderlich seien. "Der Einsatz von nuklearen Waffen oder die Drohung damit muss abgelehnt werden", wurde Xi Jinping zitiert.

China unterstütze Deutschland und Europa, Friedensgespräche zu ermöglichen und eine nachhaltige Sicherheitsarchitektur in Europa aufzubauen, sagte Xi Jinping. Direkte Kritik an seinem strategischen Partner Russland wegen dessen Einmarsches in der Ukraine äußerte der chinesische Staats- und Parteichef aber weiterhin nicht.

Zu den Beziehungen mit Deutschland sagte Xi Jinping, beide Seiten sollten sich respektieren, ihre jeweiligen Kerninteressen achten und sich an Dialog halten. Auch sollten sie sich "gemeinsam Störungen durch Block-Konfrontation widersetzen", sagte der Präsident in einem Hinweis, der in China häufig gegen die USA gerichtet ist.

"Politisches Vertrauen ist leicht zerstört, aber schwer wieder aufzubauen", sagte Xi Jinping. Er bemühte auch ein Zitat des früheren Bundeskanzlers Helmut Schmidt, wonach Politiker die Gelassenheit haben sollten, die Dinge zu akzeptieren, die sie nicht ändern könnten, aber den Mut, die Dinge zu ändern, die sie ändern könnten - und die Weisheit haben sollten, zwischen beiden zu unterscheiden.

+++ Erdogan und Putin wollen bedürftigen Ländern gratis Getreide liefern +++

Moskau und Ankara planen türkischen Angaben zufolge Getreide kostenlos an bedürftige Länder zu liefern. "Bei meinem Gespräch mit Herrn Putin hat er gesagt: 'Lasst uns dieses Getreide kostenlos nach Dschibuti, Somalia und in den Sudan schicken.' Wir stimmten zu", sagte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan in Istanbul am Freitag. Details sollten beim G20-Gipfel in Bali besprochen werden. Ob der russische Präsident Wladimir Putin tatsächlich an dem Gipfel Mitte November teilnimmt, ist noch nicht klar.

Auch der Kreml hatte diese Woche mitgeteilt, Putin sei bereit, große Mengen an Getreide und Dünger unentgeltlich nach Afrika zu liefern. Russland ist, wie die Ukraine auch, großer Getreideexporteur. Das Land rechnet in diesem Jahr mit einer Ernte von 150 Millionen Tonnen Getreide - davon 100 Millionen Tonnen Weizen. Darin enthalten sind auch die Erträge des Ackerlandes, das sich Moskau durch die als völkerrechtswidrig eingestufte Annexion von vier Gebieten in der Ostukraine einverleibt hat.

Russische Exporte von Getreide und Düngemitteln unterliegen keinen Sanktionen der westlichen Länder. Trotzdem sind viele Transporteure, Versicherer und Geldgeber verunsichert und meiden derzeit diese Geschäfte.

+++ Buschmann verspricht in Kiew Unterstützung für EU-Beitritt +++

Deutschland und die Ukraine haben ein Arbeitsprogramm zur Zusammenarbeit im Justizbereich für die kommenden Jahre unterzeichnet. Bundesjustizminister Marco Buschmann reiste dazu erstmals seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor mehr als acht Monaten nach Kiew. "Wir stehen heute an der Seite der Ukraine, und wir werden es auch in Zukunft tun", versprach der FDP-Politiker bei der Ankunft am Bahnhof der Hauptstadt. Deutschland wolle das Land unterstützen, "auch die rechtsstaatlichen Standards im Rahmen des Aufnahmeverfahrens in die Europäische Union zu erfüllen".

Deutschland will der Ukraine damit helfen, die notwendigen Reformen für den gewünschten Beitritt zur EU umzusetzen. Ein weiterer Schwerpunkt des Besuchs ist die internationale Strafverfolgung von Kriegsverbrechen. Aus Sicht des FDP-Politikers sind die Ermittlungen zu russischen Kriegsverbrechen nicht nur für die Ukraine von großer Bedeutung. Zuvor schon hatte Buschmann betont: "Nur wenn die Staatengemeinschaft Russland in die Schranken weist, haben Freiheit und Sicherheit in der Welt eine Zukunft."

Die deutsche Justiz hat Erfahrung mit der Verfolgung von im Ausland begangenen Kriegsverbrechen. Im Januar verurteilte das Oberlandesgericht Koblenz den ehemaligen Vernehmungschef eines syrischen Geheimdienstgefängnisses zu lebenslanger Haft. Er soll für die Folter von mindestens 4000 Menschen und den Tod von mindestens 27 Gefangenen mitverantwortlich gewesen sein.

Die Regierung in Kiew und das mit dem diesjährigen Friedensnobelpreis ausgezeichnete ukrainische Zentrum für bürgerliche Freiheiten setzen sich für ein Sondertribunal zur Verfolgung von russischen Verbrechen in der Ukraine ein. Die Regierung will, dass sich ein solches Tribunal mit der Völkerrechtsstraftat der Aggression befasst. Außerdem wirbt sie international um Unterstützung für zwei weitere Vorhaben: ein "Schadensregister" sowie individuelle Entschädigungen von Russland für erlittene Kriegsschäden.

+++ China hofft auf "baldiges Ende" des Ukraine-Kriegs +++

China hofft nach den Worten von Regierungschef Li Keqiang zusammen mit Deutschland auf ein "baldiges Ende" des Kriegs in der Ukraine. "Wir können uns keine weitere Eskalation leisten", sagte Li Keqiang nach Gesprächen mit Bundeskanzler Olaf Scholz am Freitag in Peking. Beide Seiten sollten zu Friedensgesprächen bewegt werden. Scholz hält sich zu seinem Antrittsbesuch in China auf. Dabei traf er auch als erster westlicher Regierungschef seit dessen Wiederwahl zum Parteichef mit Präsident Xi Jinping zuasmmen.

Mit der geäußerten Besorgnis ging Li Keqiang über bisherige Stellungnahmen der chinesischen Seite hinaus. Seit dem russischen Einmarsch in der Ukraine im Februar gab Peking dem russischen Präsidenten Wladimir Putin meist Rückendeckung und schob den USA und der Nato die Hauptverantwortung für den Konflikt zu.

Bislang unterstrichen Stellungnahmen meist nur allgemein die notwendige Wahrung der Souveränität und territorialen Integrität. Chinas Führung hob stets aber hervor, dass die legitime Sicherheitsinteressen aller Seiten berücksichtigt werden müssen, was sich vor allem auf Russland bezog.

+++ Medwedew zu Ukraine-Krieg: Wir verteidigen unsere Heimaterde +++

Der frühere russische Staatschef Dmitri Medwedew hat in einem Blog-Beitrag zum Tag der nationalen Einheit in Russland den Krieg gegen die Ukraine gerechtfertigt. Wie Präsident Wladimir Putin in seinen Reden stellte auch er die Ukraine als Teil Russlands dar. "Wir brauchen keine fremden Territorien, wir haben alles im Überfluss. Aber es gibt Heimaterde, auf der unsere Vorfahren gelebt haben und auf der heute unsere Menschen leben. Wir geben sie an niemanden her", schrieb Medwedew am Freitag auf Telegram.

Russlands Gegner in der Ukraine und im Westen seien "Teil einer sterbenden Welt", erklärte der Vizesekretär des Sicherheitsrates. Er griff das seit kurzem in Russland kursierende Propagandamotiv auf, man habe es in der Ukraine mit teuflischen Kräften zu tun. "Ziel ist, den obersten Herrn der Hölle aufzuhalten, welchen Namen er auch annimmt - Satan, Luzifer oder Iblis", schrieb er.

"Deshalb ist unsere Sache gerecht", schrieb er in Anlehnung an ein Zitat, mit dem die Sowjetunion 1941 zur Abwehr des deutschen Überfalls aufgerufen hatte. Medwedew, der als Präsident (2008-2012) die Hoffnung auf ein liberaleres Russland verkörperte, hat sich mehrfach besonders radikal zum Krieg in der Ukraine geäußert.

Putin will am Freitag in Moskau eine große historische Ausstellung eröffnen, in der die offizielle russische Sicht auf die Ukraine präsentiert wird. Russland hat das Nachbarland vor mehr als acht Monaten am 24. Februar angegriffen. Die Ukrainer wehren sich nach Kräften und werden dabei von einer Vielzahl westlicher Staaten unterstützt.

+++ Borrell besteht auf Ende iranischer Waffenlieferungen an Russland +++

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat den Iran aufgefordert, die Unterstützung Russlands im Krieg gegen die Ukraine zu beenden. «Wir bestehen darauf, dass der Iran aufhört, Waffen an Russland zu liefern», sagte er am Freitag am Rande des Treffens der Außenministerinnen und Außenminister der G7 in Münster. Der Iran bestreite die Lieferung von Waffen an Moskau. «Aber die Ukrainer haben Beweise für den Einsatz von Drohnen geliefert», sagte Borrell.

Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, hatte kürzlich gesagt, es bestehe weiter die Sorge, dass der Iran Moskau neben Kampfdrohnen auch andere Waffen wie Boden-Boden-Raketen liefern könne.

Borrell verurteilte außerdem das gewaltsame Vorgehen der iranischen Sicherheitsbehörden gegen die systemkritischen Proteste in dem Land. Man werde die Demonstranten - «besonders die mutigen Frauen» - weiter unterstützen. Auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte Teheran wegen der Menschenrechtslage in dem Land scharf kritisiert. Die Bundesregierung rief deutsche Staatsbürger zur Ausreise auf.

Der G7-Runde gehören neben Deutschland Frankreich, Italien, Japan, Kanada, die USA und Großbritannien an. An Treffen nehmen in der Regel auch EU-Vertreter teil. Deutschland hat bis Jahresende den Vorsitz, im nächsten Jahr übernimmt Japan die Präsidentschaft. Am zweiten Tag des Treffens in Münster stehen neben der Lage im Iran die Beziehungen zu Zentralasien und Gespräche mit Vertretern afrikanischer Länder im Mittelpunkt.

+++ London: Russland lässt wohl auf Deserteure in Ukraine schießen +++

Russland hat nach Einschätzung der britischen Regierung im Krieg gegen die Ukraine Einheiten im Einsatz, die die eigenen Soldaten an Rückzug und Fahnenflucht hindern sollen. "Wegen niedriger Moral und Scheu vor dem Kampf haben die russischen Streitkräfte wohl begonnen, 'Barrieretruppen' oder 'blockierende Einheiten' einzusetzen", hieß es am Freitag in einem Bericht des Verteidigungsministeriums in London. Diese Einheiten drohten damit, Soldaten auf dem Rückzug zu erschießen, um Offensiven zu erzwingen.

Ein solches Vorgehen sei auch aus früheren Konflikten bekannt. Russische Generäle seien wohl darauf aus, Stellungen bis zum Tod zu halten, so die Mitteilung weiter. "Die Taktik, Deserteure zu erschießen, ist wahrscheinlich ein Beleg für die geringe Qualität, niedrige Moral und schlechte Disziplin der russischen Streitkräfte."

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Damit will die Regierung der russischen Darstellung entgegentreten und Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine Desinformationskampagne vor.

+++ Ukraine bekommt durch Spendenaktion 60 Mannschaftstransportpanzer +++

Dank einer internationalen Spendenaktion bekommt die ukrainische Armee 60 gepanzerte Mannschaftstransporter aus alten britischen Beständen. Das teilte die Stiftung des prominenten ukrainischen TV-Moderators Serhij Prytula mit. Die Aktion hatte seit Mittwoch zum Ziel, umgerechnet 5,4 Millionen Euro für 50 Kettenfahrzeuge vom Typ FV103 Spartan zu sammeln. Am Donnerstagabend berichtete Prytula auf Twitter, das Ziel sei übertroffen. "Niemand wird unsere Nation besiegen, denn wir sind Ukrainer!", schrieb er.

Die kleinen Panzer sollen der ukrainischen Infanterie helfen, sich geschützt auf den Gefechtsfeldern im Donbass und im Süden bei Cherson zu bewegen. Die Transporter wurden von der britischen Armee ausgemustert. Sie sollen bis zum Jahresende eintreffen. Die Stiftung hat schon mehrere Spendenaktionen für die ukrainische Armee organisiert. So wurden türkische Bayraktar-Kampfdrohnen gekauft und die Nutzung eines Radarsatelliten organisiert.

+++ Selenskyj: G20-Teilnahme nur ohne Putin +++

Die Ukraine macht ihre Teilnahme am G20-Gipfel am 15. und 16. November in Indonesien von ihrem Kriegsgegner Russland abhängig. Sollte Kremlchef Wladimir Putin zu dem Treffen reisen, werde er nicht teilnehmen, sagte Selenskyj der Agentur Unian zufolge in Kiew. Dies sei seine "persönliche Position und die Position des Landes". Putin hat bisher offen gelassen, ob er nach Bali reist.

+++ USA: Ukraine kann Gebiete zurückerobern +++

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat sich zuversichtlich gezeigt, dass die Ukrainer noch von russischen Truppen besetzte Gebiete auf der Westseite des Flusses Dnipro und rund um die Stadt Cherson zurückerobern können. "Ich glaube, dass sie dazu in der Lage sind", sagte Austin am Donnerstag in Washington. "Am wichtigsten aber ist, dass die Ukrainer selbst glauben, dass sie dazu fähig sind."

Die USA spielen eine zentrale Rolle bei den Waffenlieferungen und anderen Hilfen für die Ukraine zur Verteidigung gegen den seit Februar laufenden russischen Angriffskrieg. Aus westlichen Sicherheitskreisen verlautete am Donnerstag, dass Russland den Rückzug aus dem südukrainischen Cherson vorbereite. Die strategisch wichtige Stadt wurde als eine der ersten von russischen Truppen besetzt und gehört zu den vier Gebieten, die Kremlchef Putin jüngst völkerrechtswidrig zu einem Teil Russlands erklärt hatte.

+++ Baerbock kündigt G7-Winterhilfe für Ukraine an +++

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat zur Winterhilfe für die Ukraine eine koordinierte Aktion der G7-Runde wirtschaftsstarker Demokratien angekündigt. "Den gemeinsamen Sanktionen, die wir auf den Weg gebracht haben, denen folgen jetzt die gemeinsamen Winterhilfen von G7-Partnern", sagte die Grünen-Politikerin am Donnerstag zum Auftakt der Beratungen in Münster. Viele andere Länder hätten bereits angekündigt, sich dem anzuschließen. Russland hatte zuletzt gezielt die Energieinfrastruktur der Ukraine angegriffen. "Diese Winterhilfe bedeutet auch, dass wir nicht akzeptieren, dass der Frieden und das internationale Recht über den Winter gebrochen werden", so Baerbock.

+++ OSZE arbeitet trotz russischen Vetos in der Ukraine weiter +++

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat ihre Arbeit zur Unterstützung der Ukraine trotz eines Vetos aus Moskau in eingeschränkter Form wieder aufgenommen. Mit rund 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Kiew sollen unter anderem psychosoziale Dienste gestärkt, Entminung vorangetrieben und illegaler Waffenhandel eingedämmt werden, wie OSZE-Diplomaten am Donnerstag am Sitz der Organisation in Wien berichteten. Deutschland, Polen, die USA und nordische Länder gehören zu den Staaten, die bislang etwa 7 Millionen Euro für 23 Projekte zugesagt haben.

+++ Moskau zitiert britische Botschafterin ins Außenministerium +++

Wegen der angeblichen Verwicklung Londons in einen ukrainischen Drohnenangriff auf die russische Schwarzmeerflotte hat das Außenministerium in Moskau die britische Botschafterin einbestellt. Das Gespräch mit Botschafterin Deborah Bronnert am Donnerstag habe etwa eine halbe Stunde gedauert, meldete die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass. Man wolle Bronnert Belege für die Beteiligung britischer Spezialisten an der Vorbereitung des Drohnenangriffs vom Samstag vorlegen, hatte Außenamtssprecherin Maria Sacharowa angekündigt. Die Belege sollten öffentlich gemacht werden.

+++ Inhaftierte Basketballerin Griner durfte US-Diplomaten treffen +++

Die in Russland inhaftierte US-Basketballerin Brittney Griner hat Mitarbeiter der US-Botschaft getroffen. Es gehe ihr so gut wie unter den Umständen möglich sei, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, am Donnerstag. Sie bekräftigte, dass die USA dem Kreml ein «bedeutendes Angebot» zur Freilassung von Griner und des ebenfalls in Russland inhaftierten Ex-Marines Paul Whelan unterbreitet hätten, auf das die russische Seite nach wie vor nicht eingegangen sei. Griner war im Februar an einem Moskauer Flughafen mit einer kleinen Menge Haschisch verhaftet worden und wurde Anfang August von einem Gericht in Moskau zu neun Jahren Haft verurteilt.

Ukraine-Krieg im News-Ticker - alle aktuellen Geschehnisse am 03.11.2022 im Überblick

+++ Westliche Kreise gehen von Rückzug russischer Truppen aus Cherson aus +++

Westlichen Sicherheitskreisen zufolge soll Russland den Rückzug seiner Truppen aus der südukrainischen Stadt Cherson vorbereiten. Die Russen hätten wohl entschieden, dass "die Stadt den Kampf nicht wert" sei, sagte ein hochrangiger Beamter einer westlichen Regierung am Donnerstag in einem Hintergrundbriefing vor Journalisten. Allerdings sei es immer möglich, dass sich die Militärführung kurzfristig umentscheide, auch wenn derzeit alles auf einen Rückzug hindeute, schränkte er ein.

Cherson liegt am rechten Ufer des Dnipro und war von Russland gleich zu Beginn des Angriffskriegs erobert worden. Ende September annektierte Kremlchef Wladimir Putin Cherson als eins von vier ukrainischen Gebieten auch offiziell für Russland. Die Lage der russischen Truppen westlich des Flusses hat sich aber gleichzeitig deutlich verschlechtert. Die ukrainischen Truppen haben systematisch die Nachschubwege der Russen über den Dnipro zerstört und rückten Anfang Oktober bei ihrer Gegenoffensive weiter auf die Stadt vor.

+++ IAEA findet in Ukraine bisher keine Belege für "schmutzige Bombe" +++

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hat nach eigenen Angaben bisher keine Hinweise auf den Bau einer "schmutzigen Bombe" durch die Ukraine gefunden. Das habe eine Inspektion von drei Standorten in der Ukraine ergeben, sagte IAEA-Direktor Rafael Grossi am Donnerstag. "Unsere bisher vorliegende technische und wissenschaftliche Auswertung der Ergebnisse ergab an diesen drei Standorten keine Hinweise auf nicht deklarierte nukleare Aktivitäten und Materialien."

Anlass der Untersuchung waren russische Vorwürfe, wonach Kiew angeblich eine "schmutzige Bombe" einsetzen wolle. Kiew hatte die Vorwürfe entschieden dementiert und um eine IAEA-Mission gebeten. Ein solche Bombe besteht aus radioaktivem Material, das mit konventionellem Sprengstoff freigesetzt wird. Im Unterschied zu einer Atombombe kommt es zu keiner nuklearen Kettenreaktion.

Die Fachleute der IAEA hätten in den vergangenen Tagen alle geplanten Aktivitäten durchführen können und uneingeschränkten Zugang erhalten, teilte die Organisation weiter mit. Die Inspektoren sammelten den Angaben zufolge auch Umweltproben. Diese Probenahme sei eine häufig angewandte Sicherheitsmaßnahme mit ultraempfindlichen Analysetechniken, die Informationen über vergangene und aktuelle Aktivitäten im Zusammenhang mit Kernmaterial liefern könnten. Über die Ergebnisse der Umweltproben werde so schnell wie möglich berichtet, so Grossi.

+++ Kremlchef Putin will große Ukraine-Ausstellung in Moskau eröffnen +++

Der russische Präsident Wladimir Putin wird am nationalen Feiertag der Einheit des Volkes an diesem Freitag die Ausstellung "Ukraine. Im Wandel der Zeiten" eröffnen - nach inzwischen mehr als acht Monaten Krieg gegen das Nachbarland. Wie der Kreml am Donnerstag mitteilte, will Putin die Schau in der zentralen Ausstellungshalle Manege in Moskau besuchen. Dort werde auf 4000 Quadratmetern die russisch-ukrainische Geschichte bis zur Gegenwart nachgezeichnet. Zu sehen seien "einzigartige" Fotos, Filmaufnahmen, Karten und Archivdokumente, hieß es.

Putin, der seit 24. Februar Krieg gegen die Ukraine führt, hatte das Nachbarland in der Vergangenheit als künstliches Gebilde bezeichnet und ihm das Existenzrecht abgesprochen. Unlängst hatte Putin aber auch gesagt, dass es nach dem Krieg noch eine Ukraine geben könne.

Die Regierung in Kiew sieht Putin wegen der Invasion und angesichts Tausender Toter sowie schwerster Zerstörungen als "Kriegsverbrecher" und Russland als einen "Terrorstaat", der es auf die Vernichtung der Ukraine und ihres Volkes abgesehen habe. Putin will sich nach Kremlangaben an dem Feiertag in Moskau auch mit Historikern und Religionsvertretern treffen.

+++ Bern beharrt auf Nein zu Schweizer Gepard-Munition für Ukraine +++

Die Schweiz hat die Weitergabe von Panzermunition von Deutschland an die Ukraine zum zweiten Mal blockiert. Bern könne solch einer Lieferung von in der Schweiz hergestelltem Kriegsmaterial nicht zustimmen, wenn das Empfängerland in einen internationalen Konflikt verwickelt sei, schrieb der Schweizer Wirtschaftsminister Guy Parmelin der deutschen Verteidigungsministerin Christine Lambrecht am Donnerstag. "Die Schweiz wendet im Verhältnis Russland-Ukraine das Neutralitätsrecht an", hieß es in einer Mitteilung des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) in Bern.

Berlin hatte schon zuvor einmal in Bern wegen der rund 12 400 Patronen schweizerischen Ursprungs für den Flugabwehrpanzer Gepard für die Ukraine angesucht. Anfang Juni hatte Parmelin den Export mit Verweis auf die Schweizer Neutralität erstmals formell abgelehnt.

+++ Auch Bulgarien beschließt Militärhilfe für Ukraine +++

Mehr als acht Monate nach Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine will nun auch Bulgarien dem angegriffenen Land militärische Hilfe leisten. Trotz Protesten der prorussischen Partei Wasraschdane verabschiedete das Parlament in Sofia am Donnerstag einen entsprechenden Beschluss. Damit schließt sich das EU- und Nato-Mitglied einen Monat nach einer Neuwahl der militärischen Unterstützung seiner Nato- und EU-Partnerländer an. Unklar blieb zunächst, welche Rüstungsgüter Bulgarien liefern will.

Sofia unterstützt die Ukraine seit Kriegsbeginn bereits mit humanitärer Hilfe und der Aufnahme von Flüchtlingen. Für Waffenlieferungen stimmte nun eine große Mehrheit von 175 Abgeordneten aus fünf Parteien. Es gab 49 Nein-Stimmen bei einer Enthaltung. Möglich wäre, dass Bulgarien im Gegenzug für die Lieferung älterer Waffen aus Sowjetzeiten an die Ukraine von Partnerländern modernere Waffen erhält.

Einer militärischen Hilfe widersetzten sich die russlandfreundlichen Sozialisten und die prorussische Nationalisten von Wasraschdane (Wiedergeburt). Sie warnten vor einer "Einmischung in den Krieg" bedeuten. Sozialistische Abgeordnete hielten im Plenarsaal Flugblätter "Frieden" hoch. Auch Präsident Rumen Radew lehnt die Militärhilfen ab.

+++ Linke fordert vor China-Reise Diplomatie-Initiative für Ukraine +++

Die Linke hat Bundeskanzler Olaf Scholz vor seiner China-Reise dazu aufgefordert, sich in Peking für eine diplomatische Initiative für ein Ende der Kampfhandlungen im Ukraine-Krieg einzusetzen. Scholz müsse die Reise nutzen, China dafür zu gewinnen, sagte Parteichef Martin Schirdewan der Deutschen Presse-Agentur. "China könnte mit seinem wirtschaftlichen und geopolitischen Gewicht den entscheidenden Druck auf Russland ausüben, um die russische Regierung zum Einlenken und einem Waffenstillstand zu bewegen."

Schirdewan schlug ein "Brüssel-Peking-Format" vor, in dem die EU und China gemeinsam beide Seiten zu Waffenstillstandsverhandlungen einladen. "Damit das Bemühen um Frieden eine Chance hat, muss auch dem Aggressor Russland eine klare Perspektive geboten werden, dass bei Einstellung der Kampfhandlungen, Abzug seiner Truppen aus der Ukraine, Beachtung der UN-Resolutionen und Kooperation eine Aufhebung der Sanktionen und eine Rückkehr in partnerschaftliche Beziehungen möglich ist."

Scholz wollte an diesem Donnerstag zu einem nur elfstündigen Antrittsbesuch nach Peking aufbrechen. Dort wird er am Freitag Präsident Xi Jinping treffen - als erster westlicher Regierungschef seit dessen Wiederwahl zum Parteichef.

+++ Moskau zitiert britische Botschafterin ins Außenministerium +++

Wegen der angeblichen Verwicklung Londons in einen ukrainischen Drohnenangriff auf die russische Schwarzmeerflotte hat das Außenministerium in Moskau die britische Botschafterin einbestellt. Das Gespräch mit Botschafterin Deborah Bronnert am Donnerstag habe etwa eine halbe Stunde gedauert, meldete die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass.

Man wolle Bronnert Belege für die Beteiligung britischer Spezialisten an der Vorbereitung des Drohnenangriffs vom Samstag vorlegen, hatte Außenamtssprecherin Maria Sacharowa vorher angekündigt. Die Belege sollten auch öffentlich gemacht werden. Zudem vermutet Moskau Großbritannien auch hinter der Sabotage an den Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 in der Ostsee Ende September. London hatte das entschieden zurückgewiesen.

+++ Ukraine: Keine zusätzliche Sicherheitszusagen an Russland +++

Vor der Rückkehr Russlands in die Vereinbarung über ukrainische Getreideexporte hat Kiew nach eigenen Angaben keine zusätzlichen Sicherheitszusagen gemacht. Das Außenministerium in Kiew trat Moskauer Aussagen entgegen, die Ukraine habe versprochen, den Seekorridor im Schwarzen Meer nicht für militärische Zwecke zu nutzen. Russland hatte am Mittwoch von schriftlichen Sicherheitszusagen gesprochen.

"Die Ukraine hat den Getreidekorridor nicht für militärische Zwecke genutzt und plant auch nicht, dies zu tun", sagte Ministeriumssprecher Oleh Nikolenko am Donnerstag. Sie halte sich an die Vereinbarungen des Abkommens. "Unser Staat ist keine neuen Verpflichtungen eingegangen, die über die bestehenden im Getreideabkommen hinausgehen würden."

Die Rückkehr Russlands zu der Vereinbarung nach einigen Tagen Pause gehe auf Vermittlung von UN-Generalsekretär Antonio Guterres und des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zurück, sagte Nikolenko. Moskau hatte die Aussetzung der Vereinbarung mit einem ukrainischen Drohnenangriff auf die Schwarzmeerflotte in Sewastopol begründet. Dafür sei der geschützte Seekorridor genutzt worden. Die Ukraine, aber auch UN-Vertreter haben diese Darstellung zurückgewiesen.

+++ Kiew: AKW Saporischschja erneut ohne Strom von außen +++

Das von russischen Soldaten besetzte Atomkraftwerk Saporischschja in der Südukraine ist nach ukrainischen Angaben erneut ohne Strom von außen. Der ukrainische Kraftwerksbetreiber Enerhoatom teilte am Donnerstag mit, durch russischen Beschuss seien die zwei letzten Hochspannungsleitungen ausgefallen, die das AKW mit dem ukrainischen Energienetz verbinden.

Die Reaktoren fünf und sechs der größten Atomanlage Europas seien vollständig abgeschaltet worden. Zur Stromversorgung und Kühlung sei das Werk auf seine 20 Dieselgeneratoren angewiesen, deren Treibstoff etwa für 15 Tage reiche.

Enerhoatom wertete die Zerstörung der Leitungen als weiteren Moskauer Versuch, das AKW vom ukrainischen Netz abzukoppeln und an das russisch kontrollierte Stromnetz im Donbass und auf der Krim anzuschließen. Ein Vertreter des russischen Atomkonzerns Rosenergoatom wiederum warf der Ukraine vor, die zwei Leitungen zerstört und damit Gefahr für das Werk heraufbeschworen zu haben.

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) bemüht sich seit Monaten, um das Werk eine Schutzzone ohne Kämpfe einzurichten.

+++ London: Russische Soldaten wohl frustriert über alte Fahrzeuge +++

Nach enormen Verlusten fehlen Russland im Ukraine-Krieg nach Einschätzung britischer Geheimdienste moderne Kampffahrzeuge. Russische Soldaten seien mutmaßlich frustriert, dass sie alte Infanterie-Fahrzeuge nutzen müssten, die «Aluminiumdosen» genannt würden, hieß es am Donnerstag im täglichen Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums.

Mitte Oktober hätten die russischen Einheiten im Angesicht ukrainischer Gegenangriffe mehr als 40 Fahrzeuge pro Tag verloren, was den Briten zufolge etwa der Ausrüstung eines gesamten Bataillons entspricht. In den vergangenen Woche habe Moskau mindestens 100 zusätzliche Panzer und Infanterie-Kampffahrzeuge aus belarussischen Beständen gekauft. Mutmaßlich sei es jedoch schwierig für die russischen Einheiten, ausreichend geeigneten Ersatz für das beschädigte Material zu beschaffen, was der Offensive Probleme bereite.

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs Ende Februar unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Damit will London der russischen Darstellung des Geschehens entgegentreten und Verbündete bei der Stange halten. Moskau spricht von einer Desinformationskampagne.

+++ Putin schließt neuen Ausstieg aus Getreideabkommen nicht aus +++

Kremlchef Wladimir Putin schloss jedoch einen neuen Ausstieg aus dem Getreideabkommen mit der Ukraine nicht aus, sollte es aus russischer Sicht Verstöße dagegen geben. "Russland behält sich das Recht vor, aus diesen Vereinbarungen auszusteigen für den Fall, dass die Garantien seitens der Ukraine verletzt werden", sagte Putin am Mittwoch bei einer Videokonferenz mit dem nationalen Sicherheitsrat. Auch bei einem Ausstieg aus dem Abkommen sei Russland aber bereit, die für ärmere Länder bestimmten Getreidelieferungen durch den vereinbarten Korridor passieren zu lassen. Russland hatte zuvor über die Wiederaufnahme des Getreideabkommens informiert.

+++ Russland scheitert vor UN-Sicherheitsrat +++

Vor dem UN-Sicherheitsrat scheiterte Russland wie erwartet mit einer gegen die USA und die Ukraine gerichteten Resolution zu Biowaffen. Der Text, der sich an unbelegte russische Vorwürfe anlehnt, die USA würden biologische Waffen in der Ukraine produzieren, bekam am Mittwoch nur zwei Stimmen - die von Russland selbst sowie von China. Die USA, Großbritannien und Frankreich stimmten gegen die Beschlussvorlage. Die übrigen 10 Länder des 15-köpfigen Rates enthielten sich. Für eine Annahme wären mindestens neun Stimmen nötig gewesen. Die Resolution galt als erneuter Versuch Moskaus, seinen nicht belegten Behauptungen Geltung zu verschaffen.

+++ Ukrainer: Intensive Kämpfe im Donbass +++

Unterdessen berichtete die Ukraine von intensiven Kämpfen mit russischen Einheiten im Donbass um die Städte Bachmut und Soledar. "Dutzende Angriffe an einem Tag" seien zurückgeschlagen worden, sagte die stellvertretende Verteidigungsministerin Hanna Maljar am Mittwoch im ukrainischen Fernsehen. Rücke die russische Armee vor, antworte die Ukraine umgehend mit einer Gegenattacke. Russland setzte nach Angaben des Generalstabs in Kiew Angriffe mit Raketen und iranischen Drohnen auf Infrastruktur in mehreren Regionen fort. Unabhängig bestätigen ließen sich die Angaben aus dem Kampfgebiet nicht.

+++ Russland unterstreicht defensive Atomdoktrin +++

Nach Spekulationen über eine mögliche nukleare Eskalation im Ukraine-Krieg hat Russland den rein defensiven Charakter seiner Atomdoktrin unterstrichen. In der gegenwärtigen turbulenten Lage sei es die wichtigste Aufgabe, "jedwede militärische Konfrontation zwischen Nuklearmächten zu vermeiden", erklärte das Außenministerium in Moskau am Mittwoch. Russland halte sich in seiner Abschreckungspolitik daran, dass ein Atomkrieg unzulässig sei. Es gebe bei einem solchen Krieg keine Sieger, und er dürfe niemals entfesselt werden. Die russische Doktrin sei zutiefst defensiv.

+++ Geschätzt 400 000 Russen wegen Mobilmachung außer Landes geflohen +++

Laut westlichen Regierungsvertretern sind infolge der teilweisen Mobilmachung schätzungsweise 400 000 Russen aus ihrer Heimat geflohen. Bei der Zahl seien noch nicht jene berücksichtigt, die wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine das Land schon vorher verlassen hätten. Neben der Flucht ins Ausland seien auch viele Russen im eigenen Land untergetaucht, um der Einziehung in die Streitkräfte zu entgehen, sagten die Vertreter einer westlichen Regierung am Mittwoch im Gespräch mit Journalisten. Wenn man das zu der Zahl der Menschen addiere, die tatsächlich eingezogen wurden, sei der Rückgang der berufstätigen Bevölkerung "eine erhebliche zusätzliche Last für Russlands Wirtschaft und seine öffentlichen Finanzen", erklärten sie weiter.

+++ UN: Ukraine-Krieg hat zu größter Vertreibung seit Jahrzehnten geführt +++

Russlands Einmarsch in die Ukraine hat nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR zur größten Vertreibung von Personen seit Jahrzehnten geführt. "Etwa 14 Millionen Menschen wurden seit dem 24. Februar aus ihren Häusern vertrieben", sagte UNHCR-Chef Filippo Grandi am Mittwoch (Ortszeit) in New York. Die Situation verbessere sich vor einem mutmaßlich harten Winter nicht. Die humanitäre Hilfe müsse weiter ausgeweitet, der "sinnlose" Krieg beendet werden.

Wegen der Kriegsschäden an Strom- und Wärmeversorgung hatte die Ukrainische Regierung ins Ausland Geflüchtete zuletzt dazu aufgefordert, erst im kommenden Frühjahr zurückzukehren. Dem UNHCR zufolge haben mehr als sieben Millionen Menschen aus der Ukraine im Ausland Schutz gesucht - davon etwa eine Million in Deutschland.

Ukraine-Krieg im News-Ticker - alle aktuellen Geschehnisse am 02.11.2022 im Überblick

+++Kiew: Rückkehr zu Getreideabkommen ist Ende russischer Erpressung +++

Im Präsidialamt der Ukraine wird die Rückkehr Russlands zum Getreideabkommen als "Ende der Erpressung" durch Moskau verstanden. "Aus geopolitischer Sicht setzt das, was an diesen Tag passiert ist, einen Punkt hinter die viele Jahre lange Diplomatie der Erpressung, die Russland betrieben hat", schrieb Andrij Jermak, der Stabschef von Präsident Wolodymyr Selenskyj, auf Telegram. "Eine andere Diplomatie kennen sie dort nicht, deshalb verlieren sie auch in der modernen Welt", schrieb er am Mittwoch.

Jermak äußerte sich nicht zu ukrainischen Zusagen, die Moskau nach eigenen Angaben erhalten hat. Nach russischen Angaben hat die Ukraine schriftlich zugesichert, die Häfen und den Seekorridor für die Getreideexporte über das Schwarze Meer nicht für militärische Zwecke zu nutzen. Russland hatte die Vereinbarung am Samstag ausgesetzt. Allerdings ließen die Vermittler UN und Türkei sowie die Ukraine die Schiffstransporte weiterlaufen. Zugleich wirkten die Vereinten Nationen und Ankara auf Moskau ein, so dass Russland am Mittwoch wieder seine Mitarbeit erklärte.

+++ Kreml bezieht Stellung zu Spekulationen um Atomschlag +++

Nach Spekulationen über eine mögliche nukleare Eskalation im Ukraine-Krieg hat Russland den rein defensiven Charakter seiner Atomdoktrin unterstrichen. In der gegenwärtigen turbulenten Lage sei es die wichtigste Aufgabe, "jedwede militärische Konfrontation zwischen Nuklearmächten zu vermeiden", erklärte das Außenministerium in Moskau am Montag.

Russland halte sich in seiner Abschreckungspolitik daran, dass ein Atomkrieg unzulässig sei. Es gebe bei einem solchen Krieg keine Sieger, und er dürfe niemals entfesselt werden. Die russische Doktrin sei zutiefst defensiv: Sie erlaube den Einsatz von Atomwaffen nur, wenn Russland selbst mit Massenvernichtungswaffen angegriffen werde oder bei einem konventionellen Angriff, "der die Existenz des Staates bedroht". Dies unterliege keiner Auslegung und keinen Erweiterungen.

Kurz nach dem Angriff auf die Ukraine am 24. Februar hatte Russland seine Atomstreitkräfte in eine höhere Bereitschaftsstufe versetzt - mutmaßlich, um mögliche militärische Unterstützer der Ukraine abzuschrecken. Im Westen wurde zuletzt spekuliert, dass Russland auf die militärischen Misserfolge in der Ukraine vom Spätsommer mit dem Einsatz einer taktischen Atombombe reagieren könnte.

Die Zeitung "New York Times" berichtete am Mittwoch unter Berufung auf US-Informationen, dass ranghohe russische Militärs den Einsatz einer solchen Bombe erwogen hätten. Putin sei in die Diskussion nicht eingebunden gewesen. Die Erkenntnisse der Geheimdienste von Mitte Oktober lösten in Washington demnach Besorgnis aus.

+++ Ukrainische Militärführung berät über Lage der Flugabwehr +++

Angesichts russischer Luftangriffe mit Raketen, Drohnen und Marschflugkörpern hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mit der Militärspitze über die Lage der Flugabwehr beraten. Der Präsident habe die Notwendigkeit betont, schnell ein effektives Flugabwehrsystem aufzubauen, teilte das Präsidialamt am Mittwoch mit.

Es seien aber auch Erfolge der Luftverteidigung zur Kenntnis genommen worden wie der Abschuss mehrerer Kampfdrohnen in der Nacht zuvor. Neben der Lage an der Front sei auch der Wiederaufbau der von Russland zerstörten Energie-Infrastruktur besprochen worden.

Die ukrainische Luftwaffe teilte mit, in der Nacht seien 12 von 13 anfliegenden Kampfdrohnen vom Typ Schahed-136 iranischer Bauart abgefangen worden. Nach Darstellung der Ukrainer setzt Russland seit einigen Wochen verstärkt solche Drohnen ein.

Sechs Drohnen seien im Anflug auf Kiew abgeschossen worden, teilte die Stadtverwaltung am Mittwoch mit. Die sechs anderen Drohnen wurden nach regionalen Angaben über dem Gebiet Dnipropetrowsk abgefangen.

Über dem Gebiet Odessa im Süden wurden nach Behördenangaben drei Marschflugkörper Ch-59 abgeschossen, die von russischen Flugzeugen über dem Schwarzen Meer gestartet worden waren.

Die ukrainischen Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

+++ USA überzeugt: Nordkorea liefert heimlich Artilleriegeschosse an Putin +++

Die US-Regierung wirft Nordkorea vor, Russland im Krieg gegen die Ukraine heimlich mit Militärausrüstung zu unterstützen. Nordkorea versuche die Lieferungen von Artilleriegeschossen über andere Länder etwa im Nahen Osten zu verschleiern, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, am Mittwoch. "Wir werden weiterhin beobachten, ob die Lieferungen tatsächlich ankommen."

Es handle sich um eine "beträchtliche Zahl". Die US-Regierung gehe aber nicht davon aus, dass diese Lieferungen den Verlauf des Krieges beeinflussen könnten, so Kirby weiter. Die Lieferungen zeigten nicht nur, wie sehr Nordkorea bereit sei, Russland zu unterstützen. Es sei auch ein Zeichen für Russlands Mangel an militärischer Ausrüstung, so Kirby. "Ich habe bereits in der Vergangenheit darüber gesprochen, dass es Hinweise darauf gab, dass die Russen ihre Hand nach Nordkorea ausstrecken würden", sagte er weiter.

+++ Geschätzt 400.000 Russen wegen Mobilmachung außer Landes geflohen +++

Laut westlichen Regierungsquellen sind infolge der teilweisen Mobilmachung schätzungsweise 400 000 Russen aus ihrer Heimat geflohen. Bei der Zahl seien noch nicht diejenigen berücksichtigt, die wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine das Land schon vorher verlassen hätten. Neben der Flucht ins Ausland seien auch viele Russen im eigenen Land untergetaucht, um der Einziehung in die Streitkräfte zu entgehen, so die Regierungsvertreter am Mittwoch im Gespräch mit Journalisten.

Wenn man das addiere mit der Zahl der Menschen, die tatsächlich eingezogen wurden, sei der Rückgang der berufstätigen Bevölkerung "eine erhebliche zusätzliche Last für Russlands Wirtschaft und seine öffentlichen Finanzen", erklärten sie weiter.

In der vergangenen Woche hatte Moskau mitgeteilt, dass die Ende September begonnene Teilmobilmachung von 300.000 Reservisten für den Krieg in der Ukraine inzwischen abgeschlossen wurde. Rund 82.000 der Männer seien bereits an der Front im Einsatz, die übrigen würden derzeit in Russland auf den Kampf vorbereitet. Neue Maßnahmen der Mobilmachung seien nicht geplant.

Die Soldaten an der Front sollen sicherstellen, dass Russland die von der Ukraine annektierten und teilweise besetzten Gebiete Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson nicht wieder verliert. Putin hatte erklärt, es gehe darum, einen Frontverlauf von rund 1.100 Kilometern Länge zu sichern. Die Ukraine will die Gebiete - und die bereits 2014 von Moskau annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim - wieder befreien.

+++ Kornabkommen: UN-Ernährungsprogramm begrüßt Moskaus Wiedereinstieg +++

Das Welternährungsprogramm (WFP) sieht in dem Wiedereinstieg Russlands in das mit der Ukraine ausgehandelte Getreideabkommen eine gute Nachricht für Hungernde auf der Welt. "Für Millionen Notleidende weltweit sind diese Schiffe Hoffnungsträger, die Leben retten können", sagte Martin Frick, Leiter des Berliner Büros der UN-Organisation, der Deutschen Presse-Agentur. Seit der Unterzeichnung des Abkommens im Sommer habe das WFP mehr als 220 000 Tonnen Weizen von ukrainischen Häfen aus für Hungernde in Afghanistan, Äthiopien und Jemen abtransportiert. Weitere 160 000 Tonnen sollten bald folgen.

Russland hatte am Mittwoch mitgeteilt, wieder in das am Samstag ausgesetzte Abkommen zum Export von Getreide aus der Ukraine über das Schwarze Meer einzusteigen. Frick forderte, dass die Nahrungsmittelexporte weitergehen müssten. "Wir müssen alle Hebel in Bewegung setzen, damit Nahrung für die Ärmsten der Armen verfügbar und bezahlbar ist."

+++ Selenska: "Russland stellt Technologie in den Dienst des Terrors" +++

Die Frau des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Olena Selenska, hat Russland vorgeworfen, moderne Technologien für die Verbreitung von Terror einzusetzen. "Russland nutzt solche Technologien - Drohnen, Internetspionage und Internetangriffe auf kritische Infrastrukturen - um Schrecken zu verbreiten", sagte Selenska am Dienstagabend auf der jährlichen Technologie-Konferenz Web Summit in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon vor Tausenden Zuhörern. Sie bat die Teilnehmer, ihr Wissen und Können für die Unterstützung der Ukraine einzusetzen.

Zu Videos der Schäden, die die russischen Luftangriffe unter anderem mit Drohnen in der Ukraine angerichtet haben, sagte Selenska, in ihrem Land falle jeden Tag das Licht, der Strom und das Internet aus. "Russland stellt Technologie in den Dienst des Terrors", klagte sie.

Der Auftritt der Frau des ukrainischen Präsidenten bei der Konferenz war aus Sicherheitsgründen bis zuletzt geheim gehalten worden.

Der Angreifer Russland hat nach Angaben Kiews mit Drohnen- und Raketenangriffen vor allem auf Anlagen zur Energieversorgung in der Ukraine in den vergangenen Wochen rund 40 Prozent des Energienetzes schwer beschädigt. Um eine Überlastung des Netzes zu vermeiden und Reparaturen zu ermöglichen, wird den Kunden zeitlich gestaffelt der Strom abgeschaltet.

+++ Russland bekräftigt militärische Zusammenarbeit mit Belarus +++

Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu hat bei einem Besuch in Minsk das Ziel einer engen militärischen Zusammenarbeit mit Belarus bekräftigt. Der Aufbau eines gemeinsamen Verteidigungsraums sei besonders wichtig mit Blick auf die sich verschärfende Konfrontation zwischen dem Westen und Russland, sagte Schoigu am Mittwoch bei einem Treffen mit seinem Kollegen Viktor Chrenin. Es gebe bereits unter anderem eine gemeinsame Militärdoktrin und ein System der Luftverteidigung, sagte Schoigu.

Russland hatte zuletzt Tausenden Soldaten, Panzer und schwere Militärtechnik nach Belarus verlegen lassen - an die Grenze zur Ukraine. Die Regierung in Kiew sieht auch Belarus als Kriegspartei, weil das Land russischen Truppen seine Militärbasen für Angriffe auf die Ukraine überlassen hatte. Nach Darstellung von Minister Chrenin in Minsk haben Belarus und Russland mit der Vorbereitung eines neuen Militärmanövers für 2023 zum Schutz des Unionsstaates begonnen.

Schoigu warf der Nato vor, ein gewaltiges System der kollektiven Verteidigung nahe der Grenzen zu Russland aufzubauen. Schoigu warf dem Westen vor, die Ukraine mit Waffen und Munition auszurüsten; die Nato versorge das Land mit militärischen Aufklärungsdaten und schicke Militärberater in das Land. Der Minister behauptete einmal mehr auch, dass der Westen versuche, Russland etwa mit Sanktionen zu zerstören.

Wegen zunehmender wirtschaftlicher Probleme durch die westlichen Strafmaßnahmen setzt Russland auf die Produktion im Ausland oder auf Importe über nicht sanktionierte Nachbarländer. Der belarussische Regierungschef Roman Golowtschenko sagte der staatlichen Nachrichtenagentur Belta zufolge, dass Russland einen neuen Kredit von 1,5 Milliarden US-Dollar (1,52 Milliarden Euro) gewähren werde. Mit dem Geld sollten etwa auch Kapazitäten im Maschinenbau ausgeweitet werden, damit nach dem Abzug westlicher Firmen aus Russland für das Nachbarland produziert werden könne. Es gehe überwiegend um zivile, aber auch militärische Projekte, sagte er.

+++ Russland steigt wieder in Getreideabkommen mit Ukraine ein +++

Russland steigt wieder in das am Samstag ausgesetzte Abkommen zum Export von Getreide aus der Ukraine über das Schwarze Meer ein. Das teilte das russische Verteidigungsministerium am Mittwoch in Moskau mit. Dank der Vermittlung der Türkei habe die Ukraine zugesichert, den Seekorridor nicht für Kampfhandlungen gegen Russland zu nutzen.

+++ London: Russische Truppen in Ukraine kommen äußerst langsam voran

Die russischen Truppen kommen bei ihren Angriffen in der Ukraine nach Einschätzung britischer Geheimdienste nur äußerst langsam voran. Das Verteidigungsministerium in London verwies am Mittwoch auf Aussagen des Chefs der Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, wonach seine Einheiten täglich 100 bis 200 Meter vorrückten. Prigoschin habe zwar gesagt, dies sei in der modernen Kriegführung normal. Das britische Ministerium betonte aber, die russische Militärdoktrin sehe Vorstöße von 30 Kilometern pro Tag vor.

Zum Vergleich teilte die Behörde weiter mit: "Im Februar planten die russischen Streitkräfte einen 1000 Kilometer weiten Vormarsch durch die Ukraine innerhalb eines Monats. Im September erzielten die ukrainischen Einheiten Vorstoße von mehr als 20 Kilometern pro Tag."

Prigoschin habe in den vergangenen zwei Monaten jeden Vorwand aufgegeben, wonach er keine Verbindungen zur Wagner-Gruppe habe, und sich öffentlich viel deutlicher geäußert, teilte das Ministerium weiter mit. "Er versucht wahrscheinlich, seine Glaubwürdigkeit innerhalb des gestressten russischen nationalen Sicherheitssystems aufzupolieren."

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs Ende Februar unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Damit will London der russischen Darstellung des Geschehens entgegentreten und Verbündete bei der Stange halten. Moskau spricht von einer Desinformationskampagne.

+++ Selenskyj: EU-Kommission soll koordinieren +++

Bei der Wiederherstellung der Energie-Infrastruktur seines Landes sollte die EU-Kommission eine koordinierende Rolle spielen, regte Selenskyj an. Er erinnerte an die Ukraine-Kontaktgruppe, das sogenannte Ramstein-Format, in dem die Unterstützerländer ihre Rüstungshilfe koordinieren. Für Wirtschaft und Energie sollte es ebenfalls ein "Ramstein" geben, sagte er laut Medienberichten. "Ich bin sicher, dass wir alles wiederherstellen werden", so Selenskyj.

Der Brüsseler Behörde zufolge werden in den kommenden Tagen unter anderem die Kommission und das ukrainische Energieministerium zusammen eine Kampagne starten, um weitere Unterstützung aus dem Privatsektor zu mobilisieren.

+++ Selenskyj spricht mit Macron über Schutz gegen Angriffe +++

Mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron hatte Selenskyj zuvor über einen verstärkten Schutz gegen russische Raketen- und Drohnenangriffe gesprochen. "Es muss einen Luftschutz für die Ukraine geben - das wurde heute klar gesagt", betonte der ukrainische Präsident, ohne dazu nähere Angaben zu machen.

+++ USA fürchten weitere Waffenlieferungen aus dem Iran +++

Die USA befürchten unterdessen mögliche weitere iranische Waffenlieferungen an Russland für den Krieg gegen die Ukraine. Es bestehe weiter die Sorge, dass der Iran Moskau neben Kampfdrohnen auch andere Waffen wie Boden-Boden-Raketen liefern könnte, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums kündigte an, die USA würden offenlegen, sobald sie beobachteten, dass solche Waffen aus dem Iran in der Ukraine zum Einsatz kämen. Der Iran hat bislang Waffenlieferungen an Russland dementiert.

Die US-Regierung hatte im Oktober angeprangert, dass Kampfdrohnen aus dem Iran im Ukraine-Krieg eingesetzt wurden - und dass Teheran eigens Militärpersonal auf die Krim geschickt habe, um die Russen beim Umgang mit den Drohnen zu trainieren und technische Hilfe zu bieten.

+++ Präsidentenberater Podoljak: Iran als Konfliktpartei einstufen +++

Angesichts der Berichte über neue Waffenlieferungen an Russland rief der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak dazu auf, den Iran in Europa als Konfliktpartei und Beteiligten an der Aggression einzustufen. "Wenn der Iran Russland Raketen übergibt, weiß er genau, dass damit unsere Städte angegriffen werden", schrieb Podoljak auf Twitter. "Teheran ist ein Komplize in der Aggression und muss offiziell auch als solcher erkannt werden."

Ukraine-Krieg im News-Ticker - alle aktuellen Geschehnisse am 01.11.2022 im Überblick

+++ Selenskyj will EU-Hilfe für Reparaturen am Energiesystem +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hofft auf Hilfe der EU bei der Wiederherstellung des durch russische Angriffe schwer angeschlagenen Energienetzes in seinem Land. 40 Prozent des Energiesystems seien zerstört, sagte der Staatschef bei einem Treffen mit der EU-Energiekommissarin Kadri Simson am Dienstag in Kiew.

Bei der Wiederherstellung der Energie-Infrastruktur sollte die EU-Kommission eine koordinierende Rolle spielen, regte Selenskyj an. Er erinnerte an die Ukraine-Kontaktgruppe, das sogenannte Ramstein-Format, in dem die Unterstützerländer ihre Rüstungshilfe koordinieren. Für Wirtschaft und Energie sollte es ebenfalls ein "Ramstein" geben, sagte er nach Medienberichten.

"Ich bin sicher, dass wir alles wiederherstellen werden", sagte Selenskyj. "Und in einer ruhigeren Zeit, wenn die Lage in unserem Energiesystem wieder stabil ist, werden wir wieder Strom nach Europa exportieren."

+++ Russische Besatzung lässt Zivilisten auch Südufer des Dnipro räumen +++

Die russische Besatzung im ukrainischen Gebiet Cherson lässt nach dem Nordufer des Flusses Dnipro jetzt auch einen Streifen am Südufer von Zivilisten räumen. Die Aktion werde in höchstens drei Tagen abgeschlossen sein, sagte Verwaltungschef Wladimir Saldo am Dienstag im russischen Fernsehen. Es gehe um einen 15 Kilometer breiten Streifen auf dem südlichen Ufer. Saldo machte keine Angaben zur Zahl der Zivilisten in dem Gebiet.

Die russische Armee erwartet einen großen ukrainischen Angriff auf ihren Brückenkopf nördlich des Dnipro, vor allem auf die Gebietshauptstadt Cherson. Von dort sind seit Mitte Oktober Zivilisten tiefer in russisch kontrolliertes Gebiet gebracht worden, die Ukraine spricht von einer Verschleppung ihrer Bürger. Russland hat das Gebiet Cherson für annektiert erklärt.

+++ Moskau will Angriffe auf ukrainische Infrastruktur fortsetzen +++

Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu hat eine Fortsetzung der Raketenangriffe auf die ukrainische Infrastruktur angekündigt. Damit würden "effektiv" Objekte zerstört und das militärische Potenzial der Ukraine reduziert, sagte Schoigu am Dienstag bei einer Militärsitzung in Moskau. Am Vortag hatte Russland einmal mehr viele ukrainische Energieanlagen beschossen. Die Ukraine wirft Russland "Energieterror" vor. In vielen Regionen gab es wegen der Schäden an Kraftwerken keinen Strom.

Minister Schoigu informierte auch über den Beginn der Einberufung neuer Soldaten zum Wehrdienst mit dem 1. November. Er betonte, dass die neuen Rekruten nicht ins Kriegsgebiet geschickt werden sollten. Solche Ankündigungen gab es auch zu Kriegsbeginn im Februar; danach stellte sich heraus, dass dort auch Wehrdienstleistende kämpften. Alle würden nach dem Dienst nach Hause geschickt, sagte Schoigu nun.

Zugleich bekräftigte der Minister, dass die Teilmobilmachung von 300.000 Reservisten für den Kriegsdienst in der Ukraine nun abgeschlossen sei. 87.000 von ihnen seien inzwischen im Kampfgebiet, sagte Schoigu. Die anderen würden weiter ausgebildet.

Der Kreml stellte am Dienstag klar, dass es kein Dekret von Kremlchef Wladimir Putin über das Ende der Teilmobilmachung geben werde. "Wir teilen mit: Ein Erlass ist nicht nötig", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow nach tagelangen Diskussionen in Russland dazu, ob Putin die verfügte Teilmobilmachung auch wieder offiziell beenden müsse. Putin räumte am Montag ein, dass er das selbst nicht wisse und mit Juristen klären müsse.

Peskow betonte, der Erlass vom 21. September sei erfüllt, damit sei das erledigt. Die Kreiswehrersatzämter würden per Telegramm über das Ende der Mobilmachung informiert und dürften dann keine Reservisten mehr einziehen, sagte er mit Blick auf Berichte aus dem Riesenreich, dass die umstrittene Mobilmachung teils weiter laufe. Hunderttausende Russen haben das Land verlassen, um nicht eingezogen zu werden.

Die Kreiswehrersatzämter sind seit Dienstag mit dem Einzug der Wehrdienstleistenden beschäftigt. Der Termin war vom 1. Oktober auf den 1. November verlegt worden, weil die Einberufungsstellen mit der Teilmobilmachung ausgelastet waren.

+++ Ukrainisches Außenministerium fordert Ausschluss Russlands aus G20 +++

Wegen der russischen Angriffe auf die Infrastruktur der Ukraine hat das Außenministerium in Kiew erneut einen Ausschluss Russlands aus der G20 gefordert. Der russische Präsident Wladimir Putin müsse vom Gipfeltreffen großer Industrie- und Schwellenländer Mitte November auf Bali in Indonesien ausgeladen werden. Das sagte der Sprecher des Außenministeriums, Oleh Nikolenko, am Dienstag.

"Putin hat öffentlich zugegeben, Raketenangriffe auf ukrainische Zivilisten und die Energie-Infrastruktur befohlen zu haben", schrieb Nikolenko auf Twitter. "Mit diesem Blut an den Händen darf er nicht mit den Führern der Welt am Tisch sitzen."

Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert wegen des von Putin befohlenen Angriffskrieges den Ausschluss Russlands aus der G20. Putin selbst ließ am Montag offen, ob er zu dem Treffen am 15./16. November nach Bali reisen werde. Der Kremlchef wäre dort gegenüber den westlichen Staaten isoliert. Russland hat in der G20 aber China als Verbündeten; wichtige Schwellenländer wie Indien, Brasilien oder Südafrika stehen freundlich oder neutral zu Russland.

+++ Viele Regionen in Ukraine nach Angriffen zeitweise ohne Strom +++

Nach den russischen Raketenangriffen auf die Energie-Infrastruktur der Ukraine kommt es in der Hauptstadt Kiew und sechs weiteren Regionen zu Einschränkungen bei der Stromversorgung. Das Licht werde für Kunden zeitlich gestaffelt abgeschaltet, teilte der Energieversorger Ukrenerho am Dienstag in Kiew mit. Betroffen seien auch die Regionen Tschernihiw, Tscherkassy, Schytomyr sowie Sumy, Charkiw und Poltawa.

Durch die Abschaltungen solle eine Überlastung des Stromnetzes verhindert werden, hieß es. Das gebe Experten auch die Möglichkeit, die durch Raketen- und Drohnenangriffe beschädigten Anlagen zu reparieren und wieder ans Netz zu bringen. Die Bevölkerung der Ukraine muss schon seit Wochen mit Beschränkungen leben: Die Menschen sind aufgerufen, besonders während der Spitzenzeiten morgens und abends Strom zu sparen. Waschmaschinen und Heizungen sollen möglichst nur nachts laufen, unnötige Lichtquellen aus bleiben.

In dem seit mehr als acht Monaten andauernden russischen Angriffskrieg gegen das Nachbarland ist die lebenswichtige Energie-Infrastruktur ein Hauptziel der Attacken. Die Ukraine wirft Russland "Energieterror" vor mit dem Ziel, die Menschen in Dunkelheit, Kälte und Angst zu stürzen. Kremlchef Wladimir Putin wolle so Menschen in die EU treiben, um dort die Lage durch eine Vielzahl an Flüchtlingen zu destabilisieren, heißt es in Kiew.

Die jüngsten massiven Angriffe am Montag gelten auch als Antwort auf den Drohnenbeschuss der russischen Schwarzmeerflotte auf deren Stützpunkt in Sewastopol auf der Halbinsel Krim am Wochenende. "Teils ist das so. Aber das ist auch nicht alles, was wir hätten tun können", sagte Putin am Montagabend vor Journalisten auf die Frage, ob die Angriffe Vergeltung dafür gewesen seien.

+++ London: Moskau will Belarus als Verbündeten darstellen +++

Russland will in seinem Krieg gegen die Ukraine nach Einschätzung britischer Geheimdienste das gemeinsame Nachbarland Belarus gegenüber dem Westen verstärkt als Verbündeten darstellen. Moskau habe dort auf einem Flugplatz mutmaßlich zwei Abfangjäger des Typs MiG-31 und einen großen durch einen Erdwall geschützten Container stationiert, hieß es am Dienstag in einem Bericht des Verteidigungsministeriums in London. Dazu veröffentlichte das Ministerium ein Satellitenbild.

Die Stationierung stehe wahrscheinlich in Zusammenhang mit russischen Hyperschallraketen AS-24 Killjoy ("Spielverderber"). Diese Raketen sind nach Einschätzung der Nato mit herkömmlicher Flug- oder Raketenabwehr kaum abzufangen - daher der Spitzname. Moskau habe solche Raketen bereits seit 2018 im Einsatz, so die Briten. Bislang seien aber keine in Belarus stationiert gewesen. Angesichts einer Reichweite von rund 2000 Kilometern bringe dies im Ukraine-Krieg wohl auch keinen strategischen Vorteil, sondern solle eher ein Signal an den Westen senden.

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs Ende Februar unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Damit will London der russischen Darstellung des Geschehens entgegentreten und Verbündete bei der Stange halten. Moskau spricht von einer Desinformationskampagne.

+++ Klitschko: Wasserversorgung in Kiew läuft wieder +++

Nach dem russischen Raketenbeschuss auf die Ukraine ist die Wasserversorgung in der Hauptstadt Kiew nach Angaben von Bürgermeister Vitali Klitschko wieder hergestellt. Experten der kommunalen Dienstleister hätten auch die Stromversorgung wieder instandgesetzt, teilte Klitschko am Dienstag mit. Trotzdem komme es zu Ausfällen, weil das Defizit im Energiesystem nach den "barbarischen Angriffen des Aggressors" vom Montag bedeutend sei.

Am Montagabend hatte der Bürgermeister mitgeteilt, dass es an 40 Prozent der Verbrauchsstellen noch kein Wasser gegeben habe und rund 250 000 Wohnungen ohne Strom seien. Er hatte da bereits eine Besserung der Lage in Aussicht gestellt, kündigte aber auch Stromsparmaßnahmen an. Russland hatte die Ukraine am Montag massiv mit Raketen beschossen und dabei besonders Energieanlagen als Ziel im Visier.

Die Angriffe galten auch als Antwort auf den Drohnen-Beschuss der russischen Schwarzmeerflotte auf ihrem Stützpunkt in Sewastopol auf der Halbinsel Krim am vergangenen Samstag. "Teils ist das so. Aber das ist auch nicht alles, was wir hätten tun können", sagte der russische Präsident Wladimir Putin am Montagabend vor Journalisten auf die Frage, ob die Angriffe eine Vergeltung für den Drohnen-Beschuss der Kriegsschiffe gewesen sei.

+++ Moskau will Alleingänge bei Getreideexporten nicht dulden +++

Am Montag war ein Konvoi von mehr als einem Dutzend Getreidefrachtern aus ukrainischen Häfen auf dem Schwarzen Meer unterwegs Richtung Bosporus - ohne Zustimmung Russlands. Aber russische Kräfte behinderten den Konvoi auch nicht. Die Vereinbarung darüber war zwischen UN, Türkei und Ukraine am Sonntag im Koordinationszentrum der Getreideexporte in Istanbul getroffen worden.

Moskau versuchte, dieses Vorgehen auf verschiedenen diplomatischen Ebenen zu verhindern. Die Vereinbarung könne "nicht ohne uns umgesetzt werden", sagte der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja bei einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates in New York. Auch die Passage der Getreideschiffe durch den Bosporus sei ohne russische Beteiligung an den Kontrollen nicht möglich. Allerdings machen auch bei den Überprüfungen der Schiffe auf dem Weg in die Ukraine und zurück die drei anderen Partner nun ohne Moskau weiter.

Zwischen den Verteidigungsministerien und den Außenministerien Russlands und der Türkei wurde am Montag telefoniert. Das russische Verteidigungsministerium warf der Ukraine erneut vor, den geschützten Seekorridor bei einem nächtlichen Drohnenangriff auf die Schwarzmeerflotte missbraucht zu haben.

+++ UN-Nothilfekoordinator: Nachts ist das Schwarze Meer frei +++

Dieser Auffassung trat in New York der UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths entgegen. "Wenn sich Schiffe der Initiative nicht in dem Gebiet befinden, hat der Korridor keinen besonderen Status", sagte er im Sicherheitsrat. In der Nacht des angeblichen Angriffs am Samstag seien auch keine Frachtschiffe in dem Seegebiet gewesen. "Der geschützte Schiffskorridor ist morgens um vier nicht offen." Deshalb habe es keine Verletzung der Vereinbarungen gegeben.

+++ Viele Kiewer noch ohne Strom und Wasser +++

Nach dem russischen Raketenangriff auf die Energieversorgung der ukrainischen Hauptstadt waren dort am Montagabend immer noch rund 250 000 Wohnungen ohne Strom. Bürgermeister Vitali Klitschko teilte mit, in 40 Prozent der Verbrauchsstellen gebe es noch kein Wasser. Damit hat sich die Lage gegenüber dem Morgen zwar gebessert, die Reparaturarbeiten gingen aber weiter. Klitschko kündigte für Dienstag weitere Stromsparmaßnahmen im öffentlichen Nahverkehr an. So werde die U-Bahn seltener fahren. Stromgetriebene Straßenbahnen und Oberleitungsbusse sollten durch normale Busse ersetzt werden.

+++ Lob von Selenskyj für die Luftabwehr +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj unterstrich nach dem Tag mit schweren russischen Raketenangriffen die Erfolge der Flugabwehr. Von etwa 50 russischen Marschflugkörpern und Raketen seien 45 abgeschossen worden, sagte er in seiner Videobotschaft. Sein Land brauche weitere Waffen zur Abwehr der Angriffe aus der Luft, forderte er. Schon jetzt müsse Russland für einen Treffer mehr Raketen einsetzen als früher.

Die russische Armee verfolgt mit den Raketenangriffen seit Oktober eine neue Taktik und beschießt vor allem Anlagen der Energieversorgung. Deshalb sagten viele Staaten Hilfe zur Verstärkung der Flugabwehr zu. Aus Deutschland traf das erste von vier Systemen vom Typ Iris-T ein, das die Ukrainer als sehr treffsicher loben.

+++ Scholz und Selenskyj telefonieren +++

Das Lob für die Iris-T brachte Selenskyj auch in einem Telefonat mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Montag an. Es sei über weitere Möglichkeiten gesprochen worden, wie Deutschland die Ukraine unterstützen könne, so Selenskyj. Vor allem gehe es um die Erneuerung der ukrainischen Infrastruktur nach den russischen Luftangriffen.

Scholz sagte nach Regierungsangaben, Deutschland werde die Ukraine politisch, finanziell und humanitär bei der Verteidigung ihrer Souveränität unterstützen, "einschließlich bei Waffenlieferungen". Der Bundeskanzler habe den "anhaltenden gezielten Beschuss" ziviler Infrastruktur durch die russischen Streitkräfte verurteilt, sagte ein Sprecher. Scholz und Selenskyj hätten dazu aufgerufen, das Getreideabkommen unter Ägide der UN nicht zu gefährden, um die globale Ernährungssituation nicht weiter zu belasten.

+++ Bomben-Vorwurf: IAEA beginnt Inspektionen in der Ukraine +++

Die IAEA hat nach russischen Vorwürfen, Kiew wolle eine "schmutzige Bombe" einsetzen, mit ihren geplanten Inspektionen in der Ukraine begonnen, wie Behördenchef Rafael Grossi am Montag mitteilte. Überprüft werden demnach zwei Standorte, um mögliche nicht deklarierte nukleare Aktivitäten und Materialien aufzuspüren. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte der Ukraine vorgeworfen, an einer atomar verseuchten Bombe zu arbeiten. Kiew hatte die Vorwürfe entschieden dementiert und um eine IAEA-Mission gebeten. Grossi will noch in dieser Woche über die Ergebnisse der Kontrollen berichten.

Ukraine-Krieg im News-Ticker - alle aktuellen Geschehnisse am 31.10.2022 im Überblick

+++Russisches Raketenteil trifft Dorf in Republik Moldau +++

Bei dem schweren Luftangriff auf die Ukraine am Montag sind Teile einer abgeschossenen russischen Rakete in ein grenznahes Dorf im Norden der Republik Moldau gestürzt. Das teilte das Innenministerium in der Hauptstadt Chisinau mit. In einigen Häusern des Ortes Naslavcea seien Fenster geborsten, Verletzte gebe es nach ersten Erkenntnissen nicht. Nach ukrainischen Militärangaben sollte die russische Rakete das etwa zehn Kilometer entfernte Wasserkraftwerk am Fluss Dnister bei Nowodnistrowsk treffen. Die ukrainische Luftabwehr habe die Rakete im Anflug abgeschossen.

Das Verteidigungsministerium der Moldau bestätigte, dass die russische Rakete nicht den moldauischen Luftraum verletzt habe. Bei einem ähnlich großangelegten Luftangriff am 10. Oktober waren drei russische Raketen durch den Luftraum der nicht am Krieg beteiligten Republik Moldau geflogen.

+++ Russland beschießt Ukraine mit Raketen - Explosionen auch in Kiew +++

Russland hat am Montag zu Beginn der neuen Woche wieder zahlreiche Städte in der Ukraine mit Raketen beschossen. In weiten Teilen des Landes gab es Luftalarm, die ukrainische Flugabwehr war aktiv, wie die dortigen Behörden mitteilten. Auch in der Hauptstadt Kiew, in Charkiw und Saporischschja waren demnach Explosionen zu hören. Die Behörden riefen die Menschen auf, sich in Schutzbunkern und anderen Räumen in Sicherheit zu bringen. Teils gab es Berichte über Stromausfälle. Der russische Angriffskrieg gegen das Nachbarland dauert an diesem Montag bereits 250 Tage.

Ersten offiziellen Angaben starteten die russischen Truppen - wie an den vergangenen Montagen - wieder Dutzende Raketenangriffe im morgendlichen Berufsverkehr. Dabei gab es immer wieder Tote und Verletzte. Über neue Opfer war am Morgen zunächst nichts bekannt. Russland hatte erklärt, besonders die Energie-Infrastruktur des Nachbarlands ins Visier zu nehmen. Die Ukraine spricht von «Energieterror» mit dem Ziel, die Menschen in Dunkelheit, Kälte und Angst zu stürzen und so in die Flucht in die EU zu treiben.

Russland setze seine Angriffe gegen die zivile Infrastruktur fort, teilte der Chef des ukrainischen Präsidialamtes, Andrij Jermak, in seinem Blog im Nachrichtenkanal Telegram mit. «Wir werden durchhalten. Und diese Schande wird ganze Generationen von Russen teuer zu stehen kommen», kündigte er an. Zugleich forderte er vom Westen mehr Waffen und neue Sanktionen gegen Russland.

Ukraine-Krieg im News-Ticker - alle aktuellen Geschehnisse am 30.10.2022 im Überblick

+++ Moskauer Militär: Ukrainische Drohnen nutzten Getreidekorridor +++

Das russische Militär hat angebliche Details zum Angriff von Schwimmdrohnen auf die Basis der Schwarzmeerflotte in Sewastopol auf der Halbinsel Krim genannt. Den Angriff vom Samstagmorgen hatte Moskau als Anlass genommen, um die Vereinbarung über freies Geleit für Schiffstransporte mit ukrainischem Getreide auszusetzen.

Die ferngesteuerten Kampfboote seien nachts in der Nähe der ukrainischen Hafenstadt Odessa gestartet worden, teilte das russische Verteidigungsministerium am Sonntag in Moskau mit. Die Boote hätten zunächst den für die Getreidetransporte festgelegten Seekorridor genutzt, um dann Kurs auf Sewastopol zu nehmen. Beweise dafür wurden der schriftlichen Mitteilung nicht beigefügt.

Russische Experten hätten aus der Elektronik der Schwimmdrohnen den Fahrweg herausgelesen. Es lasse sich vermuten, dass wenigstens eine Drohne auf See von einem der Getreideschiffe aus gestartet worden sei. Auch dies wurde nicht belegt - es wurde auch kein Schiffsname genannt. Die Navigationstechnik der kajakförmigen Boote stamme aus Kanada, hieß es. Moskau wiederholte den Vorwurf, dass britische Instrukteure den Ukrainern bei dem Einsatz geholfen hätten.

Offiziell spricht Moskau von geringen Schäden durch den Angriff der Kampfdrohnen zur See und aus der Luft. Das genaue Ausmaß ist nicht bekannt. Für die russische Kriegsführung gegen die Ukraine bedeutet es aber, dass die Schwarzmeerflotte als Herzstück der Militärmacht auf der annektierten Krim nicht sicher vor Angriffen ist.

+++ UN-Generalsekretär Guterres will Getreideabkommen retten +++

UN-Generalsekretär António Guterres will das von Russland ausgesetzte Getreideabkommen für Exporte aus der Ukraine übers Schwarze Meer retten. Der ehemalige portugiesische Ministerpräsident sei "zutiefst besorgt" und führe intensive Kontakte mit dem Ziel, die Aussetzung des im Juli geschlossenen Abkommens wieder rückgängig zu machen, teilte UN-Sprecher Stepháne Dujarric am Sonntag in New York mit. Einzelheiten nannte er nicht.

Der Generalsekretär der Vereinten Nationen verschob deshalb auch seine Abreise zu einem Gipfeltreffen der Arabischen Liga in Algerien. Russland hatte am Samstag die Aussetzung des Abkommens angekündigt. Als Grund nannte Moskau Drohnenangriffe der ukrainischen Streitkräfte gegen die russische Schwarzmeerflotte.

+++ Kiew zu Moskaus Verhandlungsangebot: Erst Abzug aller Truppen +++

Nach wiederholten Angeboten Moskaus zu Verhandlungen im Krieg hat Kiew einen vollständigen russischen Truppenabzug als Voraussetzung dafür genannt. "Der einzige realistische Vorschlag sollte die sofortige Beendigung des russischen Krieges gegen die Ukraine sein und der Abzug der russischen Streitkräfte von ukrainischem Gebiet", teilte der Sprecher des Außenministerium in Kiew, Oleh Nikolenko, am Sonntag mit. Er reagierte damit auf neue Äußerungen von Russlands Außenminister Sergej Lawrow, der das Angebot von Kremlchef Wladimir Putin an die Ukraine zu Verhandlungen bekräftigte.

Wenn Russland wirklich Verhandlungen wolle, müsse es aufhören, die Energieinfrastruktur des Landes zu zerstören, damit die Menschen im Winter nicht erfrören, sagte Nikolenko. Wer verhandeln wolle, dürfe auch nicht Wohnviertel in der Ukraine beschießen, 300 000 Reservisten mobilisieren für den Kampf und nicht - wie nun seit Samstag - Getreideausfuhren des Landes blockieren.

Lawrow werfe vor dem Hintergrund der Niederlage der russischen Armee Nebelkerzen, meinte der Diplomat. Solange Russland in der Ukraine Verbrechen begehe, könne die Antwort der Ukraine nur sein, dass die Schlacht auf dem Feld entschieden werde. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj lehnte Gespräche mit Putin per Dekret ab.

Kremlsprecher Dmitri Peskow bekräftigte im Staatsfernsehen wie Lawrow die Bereitschaft zu Verhandlungen. Dabei sagte er zu der Frage, ob solche Angebote an die Ukraine nicht ein Zeichen von Schwäche seien, dass nur "starke Menschen" die Hand zum Frieden ausstrecken könnten. Peskow erklärte auch, dass es für solche Gespräche vor allem die Bereitschaft der USA brauche, Russlands Position anzuhören.

"Offensichtlich ist die entscheidende Stimme in Washington", sagt er. Russland wirft der Führung in der Ukraine vor, sie werde von den USA gesteuert. Zudem sieht der russische Machtapparat Washington wegen der milliardenschweren Waffenlieferungen als Kriegspartei.

+++ IAEA schweigt zu Inspektionen in der Ukraine wegen Bomben-Vorwurfs +++

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hat sich am Wochenende zunächst nicht über die eigentlich geplanten neuen Inspektionen in der Ukraine geäußert. IAEA-Chef Rafael Grossi hatte am Donnerstag bekräftigt, dass Inspekteure auf Einladung ukrainischer Behörden noch im Laufe der Woche zwei Standorte überprüfen wollten, an denen nach russischen Vorwürfen an einer "schmutzigen Bombe" gearbeitet werde. Ein IAEA-Sprecher ging am Sonntag nicht auf Fragen ein, wie es um diese Mission steht. Er verwies lediglich auf die Mitteilung von Donnerstag.

Ziel der geplanten Kontrollbesuche ist es nach Angaben der IAEA, mögliche nicht deklarierte nukleare Aktivitäten und Materialien im Zusammenhang mit der Entwicklung "schmutziger Bomben" aufzuspüren. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte der Ukraine vorgeworfen, an einer solchen atomar verseuchten Bombe zu arbeiten. Die Regierung in Kiew wolle "die Spuren des Baus einer 'schmutzigen Bombe' verwischen". Er wisse auch in etwa, wo der Bau stattfinde. Kiew hat die Vorwürfe entschieden dementiert und um eine IAEA-Mission gebeten.

Eine "schmutzige Bombe" besteht aus radioaktivem Material, das mit konventionellem Sprengstoff freigesetzt wird. Im Unterschied zu einer Atombombe kommt es zu keiner nuklearen Kettenreaktion. Die Atomenergiebehörde in Wien kontrolliert regelmäßig zivile Nuklearanlagen in der Ukraine und auf der ganzen Welt, um sicherzustellen, dass kein spaltbares Material für militärische Zwecke missbraucht wird.

+++ Baerbock: Moskau darf Sicherheit der Getreideschiffe nicht gefährden +++

Außenministerin Annalena Baerbock hat Russland zur Einhaltung seiner Verpflichtungen aus dem Abkommen für ukrainische Getreideexporte über das Schwarze Meer aufgefordert. "Millionen Menschen auf der Welt hungern, und Russland stellt erneut die Sicherheit von Getreideschiffen zur Disposition. Das muss aufhören", sagte die Grünen-Politikerin am Sonntag in Berlin. "Ob Familien in Libanon, Niger oder Bangladesch ihre nächste Mahlzeit bezahlen können, darf nicht von den Kriegsplänen des russischen Präsidenten abhängen."

Baerbock verwies darauf, dass Dutzende Schiffe aktuell auf dem Weg seien, um Getreide aus der Ukraine in andere Länder zu bringen. "Wir fordern Russland auf, die Sicherheit dieser Schiffe nicht zu gefährden und seine Zusagen an die internationale Gemeinschaft wieder einzuhalten." Seit Inkrafttreten des Abkommens im Sommer seien die Getreidepreise auf dem Weltmarkt endlich wieder auf ein erträgliches Niveau gefallen, betonte Baerbock mit Blick auf die Ukraine.

Russland hatte am Samstag die Aussetzung eines im Juli unter Vermittlung der Türkei und der UN geschlossenen Abkommens verkündet. Es hatte die monatelange Blockade der ukrainischen Getreideausfuhren über das Schwarze Meer infolge des russischen Angriffskriegs beendet. Russland begründete dies mit ukrainischen Drohnenangriffen auf seine Schwarzmeerflotte auf der Halbinsel Krim, die Moskau seit 2014 völkerrechtswidrig annektiert hat.

+++ Slowenien liefert 28 Kampfpanzer an Ukraine +++

Slowenien hat 28 Kampfpanzer des sowjetischen Typs M-55S an die von Russland angegriffene Ukraine abgegeben. Dies berichtete das slowenische Nachrichtenportal "24ur.com" am Sonntag unter Berufung auf das Verteidigungsministerium in der Hauptstadt Ljubljana. Die Panzer wurden mit der Eisenbahn über Polen in die Ukraine gebracht. Das EU- und Nato-Partnerland Slowenien wird nun von Deutschland im Rahmen eines sogenannten Ringtauschs 43 schwere Militärlastwagen erhalten.

Bei solchen Vereinbarungen liefern mittel- und osteuropäische Bündnispartner Waffen sowjetischer Bauart in die Ukraine und erhalten dafür im Gegenzug Militärgerät aus Deutschland. Die Waffen sowjetischer Bauart können von den ukrainischen Soldaten leichter bedient werden als Geräte aus westlicher Produktion, die für sie neu sind. Bereits im Juli hatte Slowenien 35 Schützenpanzer an die Ukraine geliefert.

Beim M-55S handelt es sich um eine grundlegend modernisierte Version des sowjetischen Kampfpanzers T-55. Er ist mit einer neuen, effizienteren Kanone, einem verbesserten Motor und hochmoderner Elektronik zur Zielerfassung ausgestattet. Experten sprechen von einem völlig anderen Kampfgerät als dem ursprünglichen T-55.

Slowenien war bis 1991 Teil des sozialistischen Jugoslawiens, das in jener Zeit in einer Folge blutiger Kriege zerfiel. Die Streitkräfte Jugoslawiens hatten sich bei ihrer Ausrüstung stark auf sowjetische Waffensysteme gestützt. Slowenien hatte die T-55-Panzer, die es sich aus jenen Beständen gesichert hatte, in den 1990er Jahren zu modernisieren begonnen.

+++ London: Wagner-Gruppe stellt bei Söldnern Masse über Erfahrung +++

Die russische Söldnergruppe Wagner hat nach Einschätzung britischer Geheimdienste wegen erheblicher Verluste ihre strengen Einstellungskriterien deutlich abgeschwächt. "In früheren Konflikten hat sie relativ hohe Rekrutierungsstandards aufrechterhalten, und viele ihrer Söldner hatten zuvor als professionelle russische Soldaten gedient", teilte am Sonntag das Verteidigungsministerium in London mit. Zuletzt habe Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin in einem Online-Beitrag aber nahegelegt, dass die Gruppe nun auch Häftlinge mit schweren Krankheiten wie zum Beispiel Hepatitis C rekrutieren würde.

"Die Aufnahme von Gefangenen mit ernsthaften medizinischen Bedenken unterstreicht, dass jetzt Menge über Erfahrung oder Qualität gestellt wird", kommentierte das britische Ministerium. Prigoschin habe zudem vor kurzem Pläne zur Errichtung einer 200 Kilometer langen Abwehrstellung namens "Wagner-Linie" in der Ostukraine erörtert. "Dieses Unterfangen würde große Arbeitskraft erfordern. Es besteht die realistische Möglichkeit, dass einige der aus Strafanstalten rekrutierten Häftlinge zunächst zum Aufbau der Verteidigungsanlagen eingesetzt werden", hieß es in London.

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Damit will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor.

+++ Litauen wartet weitere Panzerhaubitzen für die Ukraine +++

Litauen hat zwei weitere Panzerhaubitzen 2000 nach ihrer Instandsetzung in dem baltischen EU- und Nato-Land wieder in die von Russland angegriffene Ukraine zurückgeschickt. Die beiden Artilleriegeschütze seien diese Woche an die ukrainische Armee übergeben worden, teilte das Verteidigungsministerium in Vilnius am Samstagabend mit. Zwei weitere Haubitzen sollen sich zudem auf dem Weg zur Reparatur nach Litauen befinden.

Die Panzerhaubitzen waren von Deutschland und den Niederlanden als Militärhilfe für den Kampf gegen Russland an die Ukraine geliefert worden. Wegen der hohen Schussfolge im Gefecht sollen nach einem Bericht des "Spiegels" von Anfang Oktober aber gut ein Drittel der deutschen Geschütze bereits reparaturbedürftig sein.

Nach Angaben des Ministeriums in Vilnius sollen mindestens zwölf Haubitzen in Litauen repariert werden. Dafür seien bislang fast zwei Millionen Euro bereitgestellt worden, hieß es. Die litauische Armee setzt die Panzerhaubitze 2000 auch als Waffensystem ein.

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte sich bei ihrem Besuch in Litauen vor drei Wochen ausdrücklich für die Möglichkeit bedankt, die Haubitzen in dem Nato-Partnerland instand setzen zu können. Dort gibt es seit dem Sommer ein Wartungszentrum für Gefechtsfahrzeuge, das von den beiden deutschen Rüstungsfirmen Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und Rheinmetall gegründet worden war.

+++ EU-Chefdiplomat Borrell kritisiert erneute russische Getreideblockade +++

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat Russlands erneute Blockade von ukrainischen Getreideexporten über das Schwarze Meer kritisiert. Die Entscheidung gefährde "die wichtigste Exportroute für dringend benötigtes Getreide und Düngemittel zur Bewältigung der durch den Krieg gegen die Ukraine verursachten weltweiten Nahrungsmittelkrise", schrieb der EU-Chefdiplomat am Sonntag auf Twitter. Die EU fordere Moskau dringend dazu auf, die Entscheidung rückgängig zu machen.

Russland hatte am Wochenende die Aussetzung eines im Juli unter Vermittlung der Türkei und der UN geschlossenen Abkommens verkündet. Es hatte die monatelange Blockade der ukrainischen Getreideausfuhren im Zuge des russischen Angriffskrieges beendet. Als Grund für die Aussetzung gab Russland Drohnenangriffe auf die Schwarzmeerflotte in der Stadt Sewastopol auf der 2014 von Moskau völkerrechtswidrig annektierten Halbinsel Krim an.

+++ Berichte: Spezialeinheit tötet Wagner-Vize +++

Eine ukrainische Spezialeinheit soll angeblich den Vize-Chef der Wagner-Gruppe getötet haben. Wie "Kyiv Independent" berichtet, soll die die Spezialtruppe auf Hunderte Wagner-Söldner getroffen sein und 200 von ihnen getötet haben. Darunter auch der Vize-Chef. Nähere Informationen gibt es bislang nicht.

+++ Wladimir Putin setzt Generaloberst ab +++

Laut Medienberichten soll Wladimir Putin einen wichtigen Generaloberst abgesetzt haben. Demnach soll der russische Generaloberst Alexander Lapin von seinem Posten als Kommandeur des Zentralen Militärbezirks abberufen worden sein. Offiziell wurde diese Information jedoch noch nicht bestätigt. Seit 2017 ist Lapin Kommandeur des Zentralen Militärbezirks Russlands. Die von ihm geführte Truppe nahm die Region Luhansk in der Ukraine ein. Im Sommer wurde er vom Kreml-Chef mit dem Titel "Held Russlands" ausgezeichnet.

+++Ukraine-Botschafter: Aufnahme russischer Deserteure wäre falsch +++

Der neue ukrainische Botschafter in Berlin, Oleksii Makeiev, hat vor der Aufnahme russischer Kriegsdienstverweigerer gewarnt. "Es wäre falsch von Deutschland, russische Deserteure aufzunehmen", sagte der Diplomat der "Bild am Sonntag". Er bezeichnete diese Russen als "Sicherheitsrisiko".

Er halte diejenigen, die im Zuge der vom russischen Präsidenten Wladimir Putin angeordneten Teilmobilmachung geflohen sind, für "junge Männer, die nichts bereuen, sich trotzdem vor dem Militärdienst drücken wollen", sagte Makeiev. Die Bundesregierung hatte Mitte Oktober erklärt, die Entscheidungspraxis des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zur Aufnahme russischer Kriegsdienstverweigerer werde aktuell überprüft.

Makeiev ist seit Montag offiziell neuer Botschafter seines Landes in Deutschland. Er folgte auf Andrij Melnyk, der sich mit für einen Diplomaten ungewöhnlich scharfer Kritik an der Bundesregierung einen Namen gemacht hatte. Makeiev sagte, als Botschafter wolle er dafür sorgen, dass die Solidarität der Deutschen mit der Ukraine anhalte. "Denn ohne Deutschland an unserer Seite können wir nicht überleben."

Bei der Unterstützung für den Abwehrkampf gegen die russischen Angreifer müsse es aber "mehr Tempo" geben, forderte er. "Wenn ich Deutschlands Agieren in diesem Krieg anschaue, denke ich manchmal: Da fährt ein deutscher Sportwagen mit Tempo 30 über die Autobahn." Statt schnell zu liefern, was im Kampf helfen würde, werde wochenlang erklärt, warum sich Forderungen nicht erfüllen ließen. Deutschland helfe am Ende - "allerdings erst, wenn es schon fast zu spät ist".

Ukraine-Krieg im News-Ticker - alle aktuellen Geschehnisse am 29.10.2022 im Überblick

+++ Russland gibt Ukraine Schuld für Aussetzung von Getreideabkommen +++

Russland hat der Ukraine die Verantwortung für die Aussetzung des Abkommens zum Getreideexport über das Schwarze Meer gegeben. Die ukrainischen Streitkräfte hätten unter Deckung des humanitären Korridors für die Getreideausfuhren per Schiff Angriffe aus der Luft und vom Meer aus gegen die russische Schwarzmeerflotte verübt, teilte das Außenministerium in Moskau am Samstagabend mit. Dabei sei am Samstag die Infrastruktur des Flottenstützpunkts in Sewastopol auf der Halbinsel Krim beschossen worden.

Im Zusammenhang mit diesen Attacken, die die Ukraine unter Anleitung britischer Spezialisten ausgeführt habe, könne die russische Seite nicht mehr die Sicherheit der zivilen Getreideschiffe gewährleisten, hieß es in der Mitteilung des Ministeriums. Russland könne deshalb seine Teilnahme an dem unter Vermittlung der Türkei und der Vereinten Nationen geschlossenen Abkommen nicht mehr halten - und setze sie deshalb für unbestimmte Zeit aus.

Zugleich kündigte das Ministerium an, gemeinsam mit anderen russischen Behörden Maßnahmen gegen die britischen Spezialisten zu ergreifen, die an dem "Terroranschlag" im Schwarzen Meer beteiligt gewesen seien. Großbritannien wies eine Beteiligung entschieden zurück. Auch die Ukraine hat die Drohnenangriffe nicht bestätigt.

Das russische Verteidigungsministerium hatte zuvor erklärt, es habe Informationen über eine Beteiligung der Briten auch an den Explosionen an den Ostsee-Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 im September. Russland hatte immer wieder kritisiert, dass es an den internationalen Ermittlungen zur Aufklärung der Explosionen nicht beteiligt werde.

Im Juli hatte Russland unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei den Getreideausfuhren zugestimmt, aber stets auch gedroht, die auf vier Monate angelegte Vereinbarung platzen zu lassen. Moskau beklagt seit langem, dass ein Teil der Vereinbarung vom Sommer nicht umgesetzt werde. Im Abkommen hat sich Russland zur Beendigung der Blockade ukrainischer Seehäfen für den Getreideexport bereiterklärt, forderte aber im Gegenzug Erleichterungen für die eigene Ausfuhr von Dünge- und Lebensmitteln. Russland und die Ukraine sind beide große Getreideexporteuren, die mit den Ausfuhren Milliarden verdienen.

+++ Ukraine kritisiert russische Aussetzung des Getreidedeals +++

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hat die von Russland verkündete Aussetzung des Abkommens zum Transport von ukrainischem Getreide kritisiert. Moskau blockiere unter einem Vorwand die Transporte, "die Lebensmittelsicherheit für Millionen Menschen bedeuten". Das schrieb Kuleba am Samstagabend auf Twitter. "Ich rufe alle Staaten auf, zu fordern, dass Russland seine 'Hunger Games' stoppt und sich wieder an seine Verpflichtungen hält." Die Ukraine habe seit längerem davor gewarnt, dass Moskau aus der Vereinbarung aussteigen könnte.

Russland hat die Vereinbarungen für ukrainische Getreideexporte wegen eines Drohnenangriffs auf die Schwarzmeerflotte in Sewastopol ausgesetzt, es nannte diesen einen Terrorakt. Die Ukraine habe die Vereinbarung nicht mit Russland, sondern mit den Vereinten Nationen und der Türkei geschlossen, sagte Serhij Nykyforow, Sprecher von Präsident Wolodymyr Selenskyj. Kiew warte also auf deren Reaktion.

+++ UN: Stehen wegen Getreidedeal in Kontakt mit Russland +++

Trotz der von Russland verkündeten Aussetzung des Abkommens zum Transport von ukrainischem Getreide aus den Häfen im Schwarzen Meer haben die Vereinten Nationen die Hoffnung auf ein Fortbestehen des Deals noch nicht aufgegeben. Man habe die Berichte über die Aussetzung gesehen, sagte ein UN-Sprecher am Samstag in New York.

"Wir stehen mit den russischen Behörden in dieser Sache in Kontakt", hieß es weiter. "Es ist unerlässlich, dass alle Seiten jegliche Handlungen unterlassen, die das Getreideabkommen gefährden, das eine entscheidende humanitäre Anstrengung ist, die eindeutig einen positiven Einfluss auf den Zugang zu Lebensmitteln für Millionen von Menschen weltweit hat."

Als Grund für die Aussetzung hatte Russland zuvor die Drohnenangriffe auf der Krim genannt. UN-Generalsekretär António Guterres hatte bereits in der Nacht zum Samstag alle Seiten aufgefordert, "alle Anstrengungen" für eine Verlängerung des Abkommens zu unternehmen. Der Deal war bis zum 18. November befristet, hätte aber - wenn keine Seite widersprochen hätte - nach UN-Angaben automatisch verlängert werden können.

+++ Russland kündigt Getreidedeal mit Ukraine auf +++

Russland hat nach den Drohnenangriffen auf der Krim das Abkommen zum Transport von ukrainischem Getreide aus den Häfen im Schwarzen Meer aufgekündigt. Grund seien die "Terroranschläge" auf die Schwarzmeerflotte in Sewastopol, teilte das Verteidigungsministerium am Samstag in Moskau mit.

+++ Moskau: Kriegschiff auf Krim durch Drohnenangriff beschädigt +++

Bei den Drohnenangriffen auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim ist nach russischen Angaben in Sewastopol ein Kriegsschiff der Schwarzmeerflotte getroffen worden. Das Minenräumschiff «Iwan Golubez» und auch Anlagen in einer Bucht seien leicht beschädigt worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau am Samstag mit. Die Angriffe seien unter Anleitung britischer Spezialisten in der Ukraine erfolgt. Diese Einheiten seien auch für die Anschläge auf die Ostsee-Gasleitungen Nord Stream 1 und 2 im September verantwortlich, behauptete das Ministerium.

"Heute Morgen um 4.20 Uhr ist vom Kiewer Regime ein Terroranschlag auf die Schiffe der Schwarzmeerflotte verübt worden", erklärte das das Ministerium. Insgesamt seien 16 Drohnen auf Sewastopol abgefeuert worden. Die meisten seien abgefangen worden. Das Ministerium wies darauf hin, dass die Kriegsschiffe der Schwarzmeerflotte an dem unter Vermittlung der Türkei und der Vereinten Nationen geschlossenen Abkommen für den Export von Getreide aus ukrainischen Häfen beteiligt seien. Russland hatte immer wieder gedroht, das Abkommen im Fall von Terror- oder Sabotageakten platzen zu lassen.

Zuvor hatte der Gouverneur von Sewastopol, Michail Raswoschaejew, über Angriffe informiert. "In der Stadt sind keine Objekte getroffen worden", schrieb er im Nachrichtenkanal Telegram. Nach Angaben der Behörden wurde der Fährverkehr in der Bucht sicherheitshalber eingestellt. Sewastopol ist wichtig als Basis der Schwarzmeerflotte.

Die Ukraine hatte immer wieder erklärt, sich die von Russland seit 2014 besetzte Krim zurückzuholen. Seit Monaten werden dort immer wieder Drohnen abgeschossen. Erst am Donnerstag hatte Raswoschaejew mitgeteilt, dass eine Drohne beim Anflug auf ein Kraftwerk abgefangen worden sei. Immer wieder wird die Halbinsel auch von Explosionen erschüttert, für die Russland die Ukraine verantwortlich macht.

+++ Ukrainischer Fußball-Präsident fordert Russlands und Irans Ausschluss +++

Der Präsident des ukrainischen Fußballverbandes, Andrij Pawelko, hat den Ausschluss Russlands und des Iran aus dem Weltverband FIFA gefordert. "Jeder ist verantwortlich für das, was in seinem Land passiert und dafür, dass er Vertreter eines Landes ist, das die ganze Welt als Bedrohung für die ganze Welt erkannt hat", sagte Pawelko in einem Interview der ARD-"Sportschau" (Samstag). Russland sei eine "terroristische Organisation, die Menschen tötet", ergänzte der 47-Jährige.

Russische Fußball-Mannschaften sind wegen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine seit Ende Februar von allen internationalen Wettbewerben ausgeschlossen. Der russische Verband ist aber weiter Mitglied in der FIFA und der Europäischen Fußball-Union (UEFA).

Dies müsse sich ändern, sagte Pawelko. Denn Russland forciere derzeit die Integration von Mannschaften von der Krim in den eigenen Ligenbetrieb. "Es liegt ein unmittelbarer Verstoß gegen die Satzung vor", sagte Pawelko über die russischen Integrationspläne. Die Halbinsel Krim wurde 2014 von Russland völkerrechtswidrig annektiert. Nur wenige Staaten, darunter Belarus, erkennen die Krim als russisches Staatsgebiet an.

"Daher wäre es eine wichtige Entscheidung von FIFA und UEFA, nach einem solchen Verstoß den russischen Fußballverband auszuschließen", sagte Pawelko. Ein entsprechender Antrag sei an FIFA und UEFA gestellt worden.

+++ EU-Kommissar erwartet Kriegsverbrecherprozesse noch dieses Jahr +++

EU-Justizkommissar Didier Reynders hält wegen des Ukraine-Kriegs auch eine Anklage gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin vor einem internationalen Gericht für möglich. Es sei nicht seine Aufgabe, die Strafverfolgung einzelner Personen zu empfehlen, sagte der belgische Politiker dem "Hamburger Abendblatt" (Samstag). "Aber wenn Strafverfolger auch an der höchsten Ebene ansetzen wollen, sollen sie es tun." In einem solchen Fall bestehe lebenslang die Möglichkeit, zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Reynders zeigte sich "ziemlich sicher", dass die ersten Kriegsverbrecher-Prozesse vor dem Internationalen Strafgerichtshof gegen Russen noch dieses Jahr beginnen. Weiter sagte der EU-Kommissar, die vom Westen eingefrorenen Vermögen des russischen Staates und von Oligarchen können beim Wiederaufbau in der Ukraine helfen. So könne der Westen 300 Milliarden Euro aus Devisenreserven der russischen Zentralbank so lange als Garantie behalten, "bis Russland sich freiwillig am Wiederaufbau der Ukraine beteiligt".

+++ Ukraine: Russland trotz Teilmobilmachung ohne Erfolge +++

Russland hat nach Darstellung der Ukraine im Krieg gegeneinander auch nach der Teilmobilmachung keine Fortschritte gemacht. Trotz eines Übergewichts bei den Waffen und weiterer Soldaten - einschließlich eingezogener Reservisten - sei der Feind nicht erfolgreich, sagte der Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, Waleryj Saluschnyj, am Samstag in Kiew. Das russische Verteidigungsministerium hatte zuvor mitgeteilt, die Teilmobilmachung von 300 000 Reservisten sei abgeschlossen.

Die Ukraine konzentriere sich weiter darauf, besetzte Gebiete zu befreien und die Einnahme neuer Regionen durch die russischen Besatzer zu verhindern, sagte Saluschnyj nach eigenen Angaben bei einem Gespräch mit US-Generalstabschef Mark Milley. Zudem sei die Flugabwehr aktiv, um wichtige Infrastruktur vor Raketenangriffen zu schützen.

Dem ukrainischen Generalstab zufolge wurden allein im Gebiet Donezk 300 Besatzer "vernichtet". Im Gebiet Luhansk meldeten die ukrainischen Behörden, dass bei Artilleriefeuer auf Kasernen und Militärtechnik der russischen Besatzer bis zu 20 Besatzer getötet worden seien. Überprüfen ließen sich diese Angaben von unabhängiger Seite zunächst nicht. Die russische Seite meldet fast täglich, dass Hunderte ukrainische Soldaten getötet worden seien.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte die russischen Soldaten schon mehrfach aufgefordert, sich in Gefangenschaft zu begeben, um nicht als "Kanonenfutter" und "Dünger" auf dem Feld zu enden. Sollten sie sich ergeben, werde ihr Leben verschont.

+++Krim: Schwarzmeerflotte wehrt Drohnenangriffe in Sewastopol ab +++

Auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim haben Kriegsschiffe der russischen Schwarzmeerflotte nach amtlichen Angaben in der Bucht von Sewastopol mehrere Drohnenangriffe abgewehrt. "In der Stadt sind keine Objekte getroffen worden", teilte Gouverneur Michail Raswoschaejew am Samstag im Nachrichtenkanal Telegram mit. "Wir bewahren die Ruhe. Die Lage ist unter Kontrolle." Den Behörden zufolge wurde der Fährverkehr in der Bucht sicherheitshalber vorübergehend eingestellt. Sewastopol ist wichtig als Basis der Schwarzmeerflotte.

Die Ukraine hat immer wieder erklärt, sich die von Russland seit 2014 besetzte Krim zurückzuholen. Seit Monaten werden dort immer wieder Drohnen abgeschossen. Erst am Donnerstag hatte Raswoschaejew mitgeteilt, dass eine Drohne beim Anflug auf ein Kraftwerk abgefangen worden sei. Immer wieder wird die Halbinsel auch von Explosionen erschüttert, für die Russland die Ukraine verantwortlich macht. Die Behörden machen dafür "Saboteure" und "Terroristen" verantwortlich. Die Ukraine bekennt sich nicht offiziell dazu.

+++ Plant Wladimir Putin weitere Mobilmachung von Reservisten? Selenskyj erwartet mehr russische Soldaten +++

Der ukrainische Staatschef reagierte damit auf das in Moskau von Verteidigungsminister Sergej Schoigu verkündete Ende der Einberufung von 300.000 Reservisten für den Krieg in der Ukraine. Die Teilmobilmachung ist in der russischen Gesellschaft umstritten - auch weil damit der Krieg erstmals in den meisten Familien greifbar wird. Viele Einberufene sind inzwischen in Särgen wieder nach Russland übergeführt worden.

Hunderttausende Russen haben aus Angst, in den Kriegsdienst eingezogen zu werden, das Land verlassen. In Russland sind viele Arbeitsplätze verwaist, weil die Menschen entweder im Krieg dienen oder geflohen sind. Dass Putin nun das Ende der Mobilmachung verkündete, wurde deshalb als Versuch gesehen, Männer wieder ins Land zu locken. Experten warnen aber vor einer Rückkehr nach Russland, weil das Ende einer Teilmobilmachung noch durch einen Erlass des Präsidenten besiegelt werden müsse. Das ist bisher nicht geschehen.

+++ Selenskyj setzt weiter auf Hilfe des Westens +++

Selenskyj äußerte sich einmal mehr auch zu den Stromausfällen im Land durch die von russischen Raketen zerstörte Energieinfrastruktur. Vier Millionen Ukrainer würden derzeit mit den Einschränkungen leben. Betroffen seien unter anderem die Hauptstadt Kiew, die Regionen Sumy und Charkiw. In den besetzten Regionen hätten die russischen Okkupanten auch medizinisches Gerät aus Krankenhäusern entwendet, um die Lage zu destabilisieren. Betroffen sei etwa die Region Cherson im Süden, die Russland durch Evakuierungen zu einer «Zone ohne Zivilisation» mache.

Selenskyj dankte den USA für ein neues militärisches Hilfspaket, das dabei helfe, die besetzten Gebiete zu befreien. Besonders lobte er Kanada, das als erstes Land Anleihen für eine halbe Milliarde Dollar aufgelegt habe, um der Ukraine zu helfen. Selenskyj informierte auch über ein Telefonat mit der neuen italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni, mit der er Fragen einer Zusammenarbeit auf verschiedenen Feldern erörtert habe.

+++ USA stellen weitere Militärhilfe für Ukraine bereit +++

Zur Unterstützung der Ukraine im russischen Angriffskrieg stellen die USA dem Land weitere Militärhilfen im Wert von 275 Millionen US-Dollar zur Verfügung. Die Hilfe beinhaltet zusätzliche Waffen, Munition und Ausrüstung aus US-Beständen sowie vier Antennen für Satellitenkommunikation, wie das Pentagon am Freitag in Washington mitteilte. Den Angaben zufolge erhöht sich die Militärhilfe für die Ukraine aus den USA damit auf 18,5 Milliarden US-Dollar seit Beginn der Amtszeit von US-Präsident Joe Biden im Januar 2021.

US-Außenminister Antony Blinken teilte mit, man arbeite daran, die Luftverteidigungsfähigkeit der Ukraine zu verbessern. Die beiden bodengestützten Luftverteidigungssysteme des Typs Nasams, zu deren Lieferung sich die Vereinigten Staaten verpflichtet hätten, würden nächsten Monat in die Ukraine gebracht.

+++ Militärexperte: Russische Offensivfähigkeit in der Ukraine gebrochen +++

Der Militärexperte Niklas Masuhr sieht indes für Russland bei seinem Feldzug in der Ukraine schwere Probleme kommen. Desolate Truppenmoral und Waffenmangel stellen Russland im kommenden Winter in der Ukraine nach seiner Einschätzung vor große Probleme. "Auch ohne Einwirkung der Ukrainer wird der Winter eine große Herausforderung für die Russen", sagte der Forscher am angesehenen Center for Security Studies der Universität ETH in Zürich der Deutschen Presse-Agentur. "Für die Russen geht es noch darum, sich über den Winter einzugraben. Die Truppen sind in so schlechtem Zustand, dass nicht klar ist, ob sie das schaffen."

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/news.de/dpa

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