Einigung im Kanzleramt: Nach einem Verhandlungsmarathon gibt es ein drittes Entlastungspaket als Ausgleich für die drastischen Preissteigerungen. Bei einer Pressekonferenz um 11 Uhr verkündete Kanzler Scholz die neue Maßnahmen.
Die Koalition hat sich nach stundenlangen Verhandlungen auf weitere finanzielle Entlastungen für die Menschen in Deutschland geeinigt.
Drittes Entlastungspaket kommt! Pressekonferenz mit Kanzler Scholz um 11 Uhr
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gab die Ergebnisse um 11 Uhr auf einer Pressekonferenz bekannt. Das hatte das Kanzleramt bereits während der noch laufenden Beratungen der Spitzen von SPD, Grünen und FDP angekündigt.Die Verhandlungen hatten am Samstagmittag begonnen. Geplant war im Vorfeld ein Paket mit zielgenauen Entlastungen, die die drastischen Preissteigerungen im Zuge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ausgleichen sollen. Dem Spitzentreffen waren wochenlange Diskussionen vorangegangen.
Pressekonferenz zum dritten Entlastungspaket mit Kanzler Olaf Scholz
+++ Entlastungspaket: Bundeskanzler Scholz will zeitnahe Strompreisbremse +++
Die im dritten Entlastungspaket vorgesehene Strompreisbremse soll nach dem Willen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) so schnell wie möglich in Kraft treten. "Wir müssen ganz viele Entscheidungen treffen, viele Regelungen durchsetzen, damit das gelingt. Das erste ist, dass wir die Zufallsgewinne, die jetzt auf dem Strommarkt erzielt werden, abschöpfen", sagte Scholz am Sonntag im Sommerinterview des ZDF.
Die Ampel-Koalition hatte am Sonntag ein drittes Entlastungspaket vorgestellt. Eine geplante Maßnahme ist, dass für einen gewissen Basisverbrauch an Strom ein vergünstigter Preis gelten soll. Für einen zusätzlichen Verbrauch darüber hinaus wäre der Preis nicht begrenzt. Finanziert werden soll die Preisbremse, indem übermäßige Gewinne am Strommarkt abgeschöpft werden sollen.
Scholz sagte im ZDF, es gehe um Gewinne, «die nichts mit dem zu tun haben, was man eigentlich wirtschaftlich tut." Wer seit Jahren erfolgreich Windkraftanlagen, Solaranlagen, Kohle-, Wasser- oder Atomkraftwerke betreibe, produziere zu viel geringeren Kosten als diejenigen, die Strom mit Gas herstellten. "Aber der Preis für Strom wird gegenwärtig nach dem europäischen Marktdesign bestimmt durch diese Gaskraftwerke", sagte Scholz.
Der SPD-Politiker wollte keine konkreten Angaben dazu machen, mit wie viel Geld durch das Abschöpfen von übermäßigen Gewinnen zu rechnen sei. Das hänge auch von der Entwicklung auf den Strommärkten ab, die man nur begrenzt voraussehen könne. "Wenn dort solche Zufalls-, Übergewinne im großen Maßstab anfallen, haben wir viele, viele Milliarden, um sie an die Bürgerinnen und Bürger zurückzugeben."
Der Kanzler zeigte sich zuversichtlich, dass es wieder Zeiten mit günstigen Energiepreisen geben werde. "Denn das kann man sagen, mit jedem neuen Offshore-Windpark, mit jeder Windanlage an Land, mit all' den Solaranlagen, mit viel Biomasse, mit dem Ausbau unseres Stromnetzes werden wir unabhängiger", sagte er im Sommerinterview.
# Notizblock
+++ Bund will Zusatzzahlungen an Beschäftigte steuerfrei stellen +++
Zusatzzahlungen von Arbeitgebern an ihre Beschäftigten wegen der hohen Preise in Deutschland sollen bis zu einer Höhe von 3.000 Euro steuer- und abgabefrei sein. Das kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Sonntag in Berlin bei der Vorstellung des geplanten dritten Entlastungspakets der Koalition an. FDP-Chef Christian Lindner sagte: "Wir machen eine steuerfreie Einmalzahlung, also eine Inflationsprämie möglich."
Scholz verwies auf die konzertierte Aktion, also eine von ihm initiierte Gesprächsrunde mit Gewerkschaftern und Arbeitgebern. Im Ergebnispapier zum Koalitionsausschuss heißt es dazu, die Sozialpartner entwickelten dort praxisnahe Lösungen. "Der Bund ist bereit, bei zusätzlichen Zahlungen der Unternehmen an ihre Beschäftigten einen Betrag von bis zu 3000 Euro von der Steuer und den Sozialversicherungsabgaben zu befreien." Die zweite Runde der konzertierten Aktion ist für Mitte September geplant.
+++ Scholz kündigt "größte Wohngeldreform" an +++
Mehr Menschen als bisher sollen Wohngeld erhalten. Der Kreis der Wohngeldberechtigten werde auf zwei Millionen Bürgerinnen und Bürger erweitert, so dass mehr Menschen in Zeiten stark steigender Energiekosten anspruchsberechtigt werden, wie SPD, Grüne und FDP am Sonntag in Berlin mitteilten. Das Wohngeld werde zudem eine dauerhafte Klimakomponente und eine dauerhafte Heizkostenkomponente enthalten, um die steigenden Energiepreise stärker abzufedern. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte die Pläne als die seit langem "größte Wohngeldreform" an. "Das hilft denjenigen, die ein kleines Einkommen haben", sagte Scholz.
Als kurzfristige Maßnahme für die Heizperiode soll zudem von September bis Dezember 2022 einmalig ein weiterer Heizkostenzuschuss an die Bezieherinnen und Bezieher von Wohngeld gezahlt werden. Danach werde der Zuschuss für die Wohngeldberechtigten dauerhaft in das Wohngeld integriert. "Er beträgt einmalig 415 Euro für einen 1-Personen-Haushalt", so das Ergebnispapier des Koalitionsausschusses der Ampel zum dritten Entlastungspaket. 540 Euro seien es für zwei Personen; für jede weitere Person seien es zusätzliche 100 Euro.
+++ Koalition will Kindergeld um 18 Euro erhöhen +++
Die Ampelkoalition will Familien spürbar entlasten. So soll das Kindergeld deutlich steigen, wie aus den am Sonntag vorgelegten Ergebnissen des Koalitionsausschusses hervorgeht. Es soll zum Jahresbeginn um 18 Euro monatlich für das erste und zweite Kind steigen.
+++ Koalition will Regelsätze für Bedürftige erhöhen +++
Mit der geplanten Einführung des Bürgergelds Anfang kommenden Jahres wollen SPD, Grüne und FDP die Regelsätze für Bedürftige auf rund 500 Euro erhöhen. Das beschloss der Koalitionsausschuss des Ampelbündnisses in Berlin, wie aus den am Sonntag vorgelegten Ergebnissen hervorgeht. Heute erhalten Alleinstehende in der Grundsicherung 449 Euro pro Monat.
+++ Drittes Entlastungspaket mit mehr als 65 Milliarden Euro +++
Das dritte Entlastungspaket der Ampel-Koalition soll ein Gesamtvolumen von mehr als 65 Milliarden Euro haben. Das geht aus dem Beschlusspapier des Koalitionsausschusses von SPD, Grünen und FDP hervor, das am Sonntag in Berlin veröffentlicht wurde.
+++ Neues bundesweites Nahverkehrsticket soll kommen +++
Die Ampel-Koalition will ein neues bundesweit gültiges Nahverkehrsticket schaffen. Ziel sei eine Preisspanne zwischen 49 und 69 Euro im Monat, heißt es im Beschlusspapier des Koalitionsausschusses von SPD, Grünen und FDP, das am Sonntag in Berlin veröffentlicht wurde. Die Länder müssen der Finanzierung noch zustimmen.
+++ Energiepauschale für Rentner und Studierende +++
Rentnerinnen und Rentner sollen zum 1. Dezember eine einmalige Energiepreispauschale von 300 Euro erhalten. Studierende und Auszubildende sollen einmalig 200 Euro erhalten, wie aus den am Sonntag vorgelegten Ergebnissen des Koalitionsausschusses hervorgeht. Für Berufstätige war bereits eine Energiepreispauschale von 300 Euro auf den Weg gebracht worden.
+++ Ampel-Koalition will Strompreis für Basisverbrauch vergünstigen +++
Für einen gewissen Basisverbrauch an Strom soll nach dem Willen der Ampel-Koalition künftig ein vergünstigter Preis gelten. Für einen zusätzlichen Verbrauch darüber hinaus wäre der Preis nicht begrenzt. Das geht aus dem Beschlusspapier des Koalitionsausschusses von SPD, Grünen und FDP hervor, das am Sonntag in Berlin veröffentlicht wurde.
Ampel-Gipfel mit Olaf Scholz, Robert Habeck, Christian Lindner und Co.
Neben Scholz hatten unter anderemVizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) an den Verhandlungen teilgenommen. Auch weitere Minister sowie die Spitzen der drei Bundestagsfraktionen und Parteien waren im Kanzleramt versammelt.
Der Druck auf die Koalitionäre war vor der Entscheidung immer weiter gewachsen. Sie hatten die Erwartungen auch selbst hochgeschraubt. So hatten Lindner und SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich von einem "wuchtigen Paket" gesprochen.
Steuersenkungen, 9-Euro-Ticket-Nachfolger: Darauf dürfen die Deutschen beim Entlastungspaket hoffen
Scholz hatte bei einer Kabinettsklausur Mitte der Woche ein "möglichst maßgeschneidertes, möglichst effizientes, möglichst zielgenaues Entlastungspaket" angekündigt. Im Gespräch waren unter anderem gezielte Hilfen für Rentner und Studierende, Steuersenkungen und eine Nachfolgeregelung für das 9-Euro-Nahverkehrsticket. Scholz hatte bei der Klausur in Meseberg bei Berlin gesagt: "Wir arbeiten am großen Bauwerk, und die Architektur dieses Bauwerks hängt eben von allen Einzelteilen ab, die aber nur zusammen eine gute Konstruktion ergeben."
Energiepauschale und Spritpreis-Stütze: So wurden die Deutschen bereits entlastet
Mit den ersten beiden Entlastungspaketen wurde bereits der Strompreiszuschlag zur Förderung erneuerbarer Energien (EEG-Umlage) abgeschafft, es gibt eine Energiepauschale von 300 Euro für alle Beschäftigten und eine Einmalzahlung von 100 bis 200 Euro für alle Arbeitslosen, das Kindergeld wurde einmalig um 100 Euro pro Kind aufgestockt, drei Monate lang bis August wurde der Spritpreis gestützt, und es gab für die Monate Juni, Juli und August das 9-Euro-Ticket im öffentlichen Nahverkehr.
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fka/news.de/dpa
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