In Europas größtem Kernkraftwerk in der Ukraine sitzen russische Soldaten. Immer wieder schlagen in der Nähe Granaten ein. Die Weltgemeinschaft dringt darauf, sich unabhängig ein Bild zu machen. Alle aktuellen News zum Ukraine-Krieg lesen Sie hier.
Die bedrohliche Lage im russisch besetzten Kernkraftwerk Saporischschja in der Ukraine hat den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York beschäftigt. Zwar stelle das mehrfach beschossene größte Kernkraftwerk Europas derzeit kein Sicherheitsrisiko dar, berichtete der Leiter der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi. "Dies kann sich jedoch jederzeit ändern." Russlands UN-Botschafter Wassili Nebensja lehnte bei der Dringlichkeitssitzung die Forderung nach einem Abzug der Truppen ab. Er sagte aber russische Unterstützung für den Besuch einer internationalen Expertenkommission in dem AKW zu.
In Kiew forderte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj einen sofortigen Abzug der russischen Truppen aus dem Werk und warf Moskau "nukleare Erpressung" vor. "Niemand sonst hat ein Atomkraftwerk so offensichtlich benutzt, um die ganze Welt zu bedrohen und Bedingungen zu stellen", sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. Über der gesamten Ukraine wurde am Donnerstagabend zweimal Luftalarm ausgelöst. Der ukrainische Generalstab berichtete von heftigen Kämpfen im Osten des Landes, wo russische Truppen im Donbass vorzurücken versuchen.
Ukraine-Krieg im News-Ticker - Alle aktuellen Geschehnisse heute am 12.08.2022 im Überblick
- Dramatische Satellitenbilder entlarven Putin-Lüge
- Russen-Kaserne geht in Flammen auf
- "Zu blöd Fernglas zu bedienen!" Putin-Scherge blamiert sich mit Peinlich-Propaganda
- Alles Schrott! Brisante Enthüllung offenbart Russlands Schwachstellen
+++ Wann können internationale Experten ins AKW Saporischschja? +++
Nur wenige Stunden vor der von Russland beantragten Sitzung des mächtigsten UN-Gremiums war Europas größtes Atomkraftwerk erneut unter Beschuss geraten. Nach Angaben der Besatzungsbehörde wurde aus Orten unter ukrainischer Kontrolle geschossen. Der ukrainische Konzern Enerhoatom berichtete von zehn Einschlägen in der Nähe. Überprüfbar waren die Angaben nicht. Zuvor hatte die Ukraine Russland beschuldigt, das AKW ins Visier zu nehmen.
Grossi forderte Moskau und Kiew vor dem Sicherheitsrat auf, einen Besuch internationaler Experten schnell zu ermöglichen. «Ich persönlich bin bereit, eine solche Mission zu leiten.» Ohne physische Präsenz von Vertretern der IAEA könnten wichtige Fakten nicht zusammengetragen werden. Auch die USA drängten auf eine Reise von Experten: "Dieser Besuch kann nicht länger warten", sagte die Unterstaatssekretärin für Rüstungskontrolle, Bonnie Jenkins.
+++Heftiges Artilleriefeuer über dem Donbass +++
Nach Angaben des ukrainischen Generalstabs versuchten die russischen Truppen im Donbass weiter, im Schutz schweren Artilleriefeuers vorzurücken. Auch Kampfflugzeuge seien eingesetzt worden. Die Angriffe richteten sich vor allem gegen die Städte Bachmut und Awdijiwka. Ukrainische Truppen hätten die Attacken aber abgewehrt, hieß es in dem Lagebericht. Die Militärangaben waren nicht unmittelbar überprüfbar. Zwei Mal wurde am Donnerstagabend über der ganzen Ukraine Luftalarm ausgelöst, ohne dass zunächst von Einschlägen russischer Bomben berichtet wurde.
Präsident Selenskyj forderte in seiner Ansprache alle Behördenvertreter zu Verschwiegenheit auf. Sie sollten sich mit Kommentaren zur militärischen Lage zurückhalten, um Operationen nicht zu gefährden. Er dankte für die Militärhilfen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro, die bei einer Konferenz von Unterstützerländern in Kopenhagen zugesagt wurden. Das Geld soll in Waffen und in die Ausbildung ukrainischer Soldaten fließen.
+++ Moskauer Führung spricht mit ostukrainischen Separatisten +++
Die Spitzen des Moskauer Sicherheitsapparates berieten am Donnerstag mit den prorussischen Separatistenrepubliken Donezk und Luhansk im Osten der Ukraine über eine weitere Annäherung. Das Treffen im Auftrag von Präsident Wladimir Putin fand in Luhansk statt, wie der Vize-Sekretär des Sicherheitsrates und frühere Präsident Dmitri Medwedew mitteilte. Aus Moskau nahmen unter anderem Innenminister Wladimir Kolokolzew, Geheimdienstchef Alexander Bortnikow und der Vizechef des Präsidialamts, Sergej Kirijenko, teil. Es sei über die Angleichung von Gesetzen der Volksrepubliken Donezk und Luhansk an die russische Gesetzgebung beraten worden, schrieb Medwedew. Auch um den Wiederaufbau zerstörter Infrastruktur sei es gegangen.
+++ Hausarrest für russische Kriegsgegnerin Owsjannikowa +++
Wegen ihrer Kritik am Krieg gegen die Ukraine muss die frühere russische TV-Journalistin Marina Owsjannikowa vorerst in Hausarrest bis zum 9. Oktober. Das entschied ein Gericht in Moskau am Donnerstag. Der Arrest ist Teil eines Strafverfahrens, in dem Owsjannikowa (44) wegen der angeblichen Verbreitung von Falschinformationen über die russischen Streitkräfte angeklagt ist. Dabei drohen ihr der Agentur Interfax zufolge zwischen fünf und zehn Jahren Haft. Owsjannikowa war am Mittwoch festgenommen worden.
Die bis dahin als linientreu geltende Journalistin im russischen Staatsfernsehen hatte Mitte März in einer Live-Nachrichtensendung ein Anti-Kriegs-Plakat in die Kamera gehalten. Mitte Juli protestierte sie in Sichtweite des Kremls erneut gegen den Krieg.
+++ Ukrainisches Atomkraftwerk Saporischschja erneut unter Beschuss +++
Das ukrainische Atomkraftwerk Saprischschja ist nach Angaben der russischen Besatzer erneut unter Beschuss geraten. Das Kraftwerk sei mit schwerer Artillerie und Raketenwerfern angegriffen worden, teilte der Vertreter der Besatzungsbehörden, Wladimir Rogow, am Donnerstag im Nachrichtenkanal Telegram mit. Geschossen werde aus Ortschaften, die unter ukrainischer Kontrolle stünden. Überprüfbar waren die Angaben nicht. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte angesichts des Beschusses vor einer möglichen Atomkatastrophe gewarnt.
Der ukrainische Kraftwerksbetreiber Enerhoatom informierte bei Telegram über insgesamt zehn Einschläge in der Nähe des größten europäischen Atomkraftwerks im Süden der Ukraine. "Die Situation im Kraftwerk ist gerade unter Kontrolle", teilte der Konzern mit. Nach diesen Angaben gab es keinen Brand und auch keine erhöhten Radioaktivitätswerte.
Die Ukraine wirft den russischen Truppen vor, das AKW als Festung für Angriffe zu nutzen. Die prorussischen Separatisten wiederum beschuldigen die ukrainischen Streitkräfte, mit Beschuss den Westen zum Eingreifen in den Konflikt bewegen zu wollen. Russlands Staatsfernsehen zeigte Bilder, die Raketeneinschläge am Kraftwerk zeigen sollen.
Rogow lehnte Forderungen der Gruppe sieben führender Industrienationen (G7) - darunter Deutschland - ab, das Kraftwerk wieder unter ukrainische Kontrolle zu geben. "Das wäre, als wenn man einem Affen eine Handgranate in die Hand gibt", sagte Rogow der russischen Staatsagentur Tass.
Die Sorge um einen atomaren Zwischenfall in Europas größtem Atomkraftwerk Saporischschja in der Ukraine beschäftigt auch die Vereinten Nationen. Auf Antrag Russlands stand am Donnerstag eine Sitzung des UN-Sicherheitsrats auf dem Programm. UN-Generalsekretär António Guterres warnte vor einer neuen Katastrophe.
Im ukrainischen Kernkraftwerk Tschernobyl hatte sich 1986 der schlimmste atomare Unfall auf europäischem Boden ereignet. International gibt es Befürchtungen, dass sich in Saporischschja durch Raketenangriffe etwas Ähnliches wiederholen könnte. Russland Krieg gegen das Nachbarland dauert inzwischen schon mehr als fünfeinhalb Monate.
+++ Ministerin fordert unabhängige Überprüfung von AKW Saporischschja +++
Bundesumweltministerin Steffi Lemke hat sich besorgt über die Lage am kürzlich beschossenen Atomkraftwerk Saporischschja in der Ukraine geäußert. Die Grünen-Politikerin dringt auf eine Überprüfung der von Russland besetzten Anlage durch internationale Experten. "Für ein objektives Bild von der tatsächlichen Sicherheitslage vor Ort müssen unabhängige Sachverständige der (Internationalen Atomenergie-Organisation) IAEO Zugang bekommen", sagte Lemke den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Das hatten zuvor auch die Außenminister und -ministerinnen der G7-Staaten gefordert.
Lemke bezeichnete die Lage an dem Kernkraftwerk im Süden der Ukraine als "unübersichtlich und gefährlich". Sie forderte, die Kontrolle über Saporischschja wieder in ukrainische Hände zu geben und jegliche Kriegshandlungen rund um das AKW einzustellen. Ein direkter militärischer Angriff oder auch gezielte Sabotage könnten verheerende Folgen für die Menschen in der Region haben. Lemke fügte aber hinzu: "Es liegen keine Hinweise vor, dass aufgrund des jüngsten Beschusses Radioaktivität aus dem Atomkraftwerk ausgetreten ist."
Das entspricht auch der Einschätzung des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS). Im Fall einer Freisetzung von Radioaktivität in Saporischschja schätzt das Amt die Gefahr für Deutschland nach wie vor als "relativ gering" ein. Einer älteren Untersuchung zufolge könnte "glücklicherweise nur in 17 Prozent aller Wetterlagen überhaupt kontaminierte Luft nach Deutschland gelangen", sagte Florian Gering, Leiter der Abteilung Radiologischer Notfallschutz im BfS, am Donnerstag dem Nachrichtenportal "ZDFheute.de".
Das AKW Saporischschja war am Wochenende mehrfach beschossen und teils beschädigt worden. Die kritische Infrastruktur soll aber weiter intakt sein. Russland und die Ukraine geben sich gegenseitig die Schuld.
+++ Scholz bietet Polen erneut Ringtausch für Ukraine-Waffen an +++
Kanzler Olaf Scholz hat Polen eine rasche Einigung im Streit um einen Ringtausch von Waffen angeboten, mit dem polnische Lieferungen an die Ukraine durch Ersatz aus Deutschland ausgeglichen werden sollen. Mit Tschechien sei ein solcher Tausch bereits finalisiert worden, mit anderen sei man kurz davor, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag vor der Bundespressekonferenz, dem Zusammenschluss der Hauptstadtjournalisten in Berlin. "Auch für Polen gilt die Bereitschaft, dass wir das gerne machen. Und Vereinbarungen, wie wir sie mit Tschechien gemacht haben, mit der Slowakei anstreben, mit Griechenland machen, sind mit Polen auch möglich", betonte er.
Ein solcher Ringtausch von Waffen ist mit Polen bislang nicht zustande gekommen. Die polnische Regierung hatte sich mit dem bisherigen Berliner Angebot von 20 Panzern vom Typ Leopard 2 mit Lieferung ab 2023 nicht zufrieden gezeigt.
+++ Selenskyj warnt vor neuer Atomkatastrophe +++
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die internationale Gemeinschaft vor einer neuen Atomkatastrophe ähnlich der von Tschernobyl 1986 gewarnt. Russland sei ein terroristischer Staat, der das Atomkraftwerk Saporischschja als Geisel halte und zur Erpressung nutze, sagte er am Donnerstag per Videoschalte zum Auftakt einer Ukraine-Geberkonferenz in Kopenhagen. Russland sei heute noch zynischer und noch gefährlicher als die Sowjetunion, die die Atomkatastrophe von Tschernobyl einst habe verheimlichen wollen.
"Wir müssen Europa vor dieser Bedrohung schützen", sagte Selenskyj. Saporischschja sei nicht nur das größte Atomkraftwerk Europas, sondern auch das drittgrößte der Erde. Die Reaktion auf das russische Vorgehen müsse umfassend sein. Die Ukraine brauche zur Verteidigung das Maximale an Bewaffnung und Munition. "Niemand braucht neue Katastrophen", sagte Selenskyj.
+++ Kiewer Überlegungen: Wie lange dauert der Krieg noch? +++
Selenskyj und der Chef seines Präsidialamtes, Andrij Jermak, gingen mit unterschiedlichen Schwerpunkten auf die Frage ein, wie lange der Krieg noch dauern werde. Die Kämpfe müssten dringend noch vor der Heizperiode beendet werden, sagte Jermak. Sonst bestehe das Risiko, dass Russland die Infrastruktur für Wärme und Energie zerstöre. "Das ist einer der Gründe, warum wir maximale Maßnahmen ergreifen wollen, um den aktiven Teil des Kriegs bis Ende Herbst zu beenden."
Selenskyj sagte, die Kriegsdauer hänge von den russischen Verlusten ab. "Je höher die Verluste der Okkupanten sind, desto schneller können wir unser Land befreien", sagte er. Dies wiederum hänge von der Militärhilfe für die Ukraine ab. Je entschiedener sie ausfalle, desto eher könnten die Ukraine und Europa wieder in Frieden leben.
+++ Explosionen in russisch besetzter Stadt Melitopol +++
Bei seiner Botschaft an die Bewohner in den besetzten Gebieten erinnerte Selenskyj an die Explosionen auf einer russischen Militärbasis auf der Halbinsel Krim vom Dienstag. Dort seien neun russische Kampfflugzeuge zerstört worden, sagte er. Erste westliche Satellitenbilder des Stützpunkte Saki belegen nach Einschätzung von Experten, dass Russland viele der dort stationierten Jets verloren hat. Das ukrainische Verteidigungsministerium vermutete am Donnerstagmorgen eine höhere Zahl als neun Flugzeuge.
Bei dem immer noch rätselhaften Vorfall haben nach inoffiziellen Angaben Kiew-treue Partisanen eine Rolle gespielt. Auch aus anderen besetzten Gebieten gibt es Berichte über Anschläge auf russische Einrichtungen und auf Ukrainer, die mit der Besatzung kooperieren. In der besetzten Stadt Melitopol im Süden ereigneten sich nach ukrainischen Berichten am Mittwochabend zwei Explosionen. Die Zufahrten zur örtlichen Polizeizentrale seien gesperrt worden. Russische Quellen deuteten die lauten Explosionen als Feuer der Flugabwehr. Unabhängige Berichte dazu gab es nicht.
Selenskyj äußerte die Erwartung, dass die russischen Besatzer bald die Flucht ergreifen. "Sie haben bereits das Gefühl, dass die Zeit gekommen ist, aus Cherson und im Allgemeinen aus dem Süden unseres Landes zu fliehen. Es wird eine Zeit geben, in der sie aus dem Gebiet Charkiw, aus dem Donbass und von der Krim fliehen werden."
+++ Kämpfe und nächtliche Bombardements +++
Im Donbass in der Ostukraine setzten russische Truppen ihre Vorstöße begleitet von massivem Artilleriefeuer fort. Dabei wurden in der Stadt Bachmut am Mittwoch sieben Zivilisten getötet, wie die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft mitteilte. Selenskyj kündigte Vergeltung an für russische Luftangriffe im Gebiet Dnipropetrowsk, bei denen in der Nacht auf Mittwoch 13 Zivilisten getötet worden waren. In Donezk beklagten die von Russland kontrollierten Separatisten, dass durch ukrainischen Beschuss mehrere Zivilisten getötet worden seien. Durch Treffer auf eine Brauerei sei giftiges Ammoniak ausgetreten.
+++ Weitere Schiffe bringen ukrainisches Getreide auf den Markt +++
Nach dem Getreide-Deal zwischen Moskau und Kiew erwarten die Vereinten Nationen steigende Ausfuhren aus der Ukraine über das Schwarze Meer. Eine Reihe von Schiffen warte momentan auf die Genehmigung zur Fahrt in Richtung der ukrainischen Häfen, sagte der UN-Koordinator für die Ausfuhren, Frederick Kenney, in New York. "Wir erwarten einen großen Aufwärtstrend bei den Anträgen für den Transit." Am Mittwoch habe es mit fünf vertragsmäßig inspizierten Schiffen einen neuen Höchststand gegeben.
Im Juli hatten die Ukraine und Russland Abkommen mit der Türkei und den UN abgeschlossen für den Export von Agrarprodukten und Dünger aus drei ukrainischen Schwarzmeerhäfen. Ein Dutzend Schiffe hat seitdem die Häfen Tschornomorsk, Odessa und Piwdennyj mit über 370 000 Tonnen Fracht verlassen. Russland hatte nach seinem Angriff auf die Ukraine Ende Februar die ukrainischen Häfen blockiert.
+++ Ukraine: Sieben Zivilisten im Osten durch russischen Beschuss getötet +++
Durch russischen Artilleriebeschuss auf die Stadt Bachmut im Osten der Ukraine sind nach ukrainischen Angaben am Mittwoch mindestens sieben Zivilisten getötet worden. Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft in Kiew wurden Hochhäuser, Einfamilienhäuser und Läden im Stadtzentrum getroffen. Russland habe Mehrfachraketenwerfer des Typs Uragan eingesetzt. Sieben Anwohner seien durch Bombensplitter verletzt worden. Unabhängig zu überprüfen sind die Angaben kaum.
Die Generalstaatsanwaltschaft ermittelt nun wegen des Verdachts auf ein Kriegsverbrechen. Bachmut und die Nachbarstadt Soledar sind seit Tagen Ziel russischer Truppen, die in der Region Donbass vorzurücken versuchen. Westliche Militärbeobachter verzeichnen langsame Fortschritte der Russen. Die ukrainische Regierung hat alle Zivilisten aufgefordert, den Donbass zu verlassen. Der russische Angriffskrieg gegen das Nachbarland dauert inzwischen schon mehr als fünfeinhalb Monate.
+++ Selenskyjs Stabschef: Ukraine braucht Kriegsende vor Winter +++
Die Kämpfe in der Ukraine müssen nach Einschätzung des Präsidialamts in Kiew dringend noch vor Beginn der nächsten Heizperiode beendet werden. Ansonsten bestehe das Risiko, dass Russland die Infrastruktur für Wärme und Energie zerstöre, sagte der Stabschef von Präsident Wolodymyr Selenskyj, Andrij Jermak, nach Angaben der Agentur Interfax am Mittwoch in Kiew. Die russische Armee greife jetzt schon Infrastruktureinrichtungen an. "Das ist einer der Gründe, warum wir maximale Maßnahmen ergreifen wollen, um den aktiven Teil des Kriegs bis Ende Herbst zu beenden", sagte Jermak. Der Krieg dauert inzwischen fast schon ein halbes Jahr.
Jermak sagte weiter, die ukrainische Armee versuche alles, um die von Russland besetzten Gebiete zurückzuerobern. Je länger sich russisches Militär auf ukrainischem Gebiet verschanzen könne, desto schwieriger werde es. Russland ist am 24. Februar in die Ukraine einmarschiert. Inzwischen hält es einschließlich der Halbinsel Krim etwa ein Fünftel des Nachbarlandes besetzt. Auf eine mögliche Lösung am Verhandlungstisch gibt es derzeit keinerlei Hinweise.
+++ Ukrainischer Atomkonzern droht mit Zerstörung von Stromleitung +++
Die Ukraine hat für den Fall eines Anschlusses des Atomkraftwerks (AKW) Saporischschja an die von Russland annektierte Halbinsel Krim mit einem Kappen der Stromleitungen gedroht. "Ich denke, unsere Streitkräfte werden dazu bereit sein, wenn es nötig ist", sagte der Chef des staatlichen Atomkraftwerksbetreibers Enerhoatom, Petro Kotin, am Mittwoch der Agentur RBK-Ukrajina. Dazu könne es kommen, bevor das Kraftwerk vom ukrainischen Netz getrennt wird.
Kotin zufolge will Russland seit langem das AKW mit der Krim verbinden. "Dafür muss das Kraftwerk komplett vom ukrainischen Energiesystem abgeschaltet und an die Leitung angeschlossen werden, welche die Krim mit dem Wasserkraftwerk Kachowka verbindet", erklärte der 61-Jährige. Kotin sagte auch, dass die ukrainischen Truppen die Stromleitungen beschießen würden, wenn Russland das Atomkraftwerk an sein Netz anschließe.
Bei einem Ausfall des Kraftwerks wäre die Stromversorgung des gesamten russisch besetzten Südens gefährdet. Russland hat die Ukraine Ende Februar angegriffen und dann das größte europäische Atomkraftwerk Saporischschja Anfang März besetzt.
Die grünen Bundestagsabgeordneten Jürgen Trittin und Robin Wagener forderten einen Abzug der russischen Truppen aus dem AKW und uneingeschränkten Zugang für die Internationale Atomenergiebehörde IAEA. "Russland bricht alle internationalen Vorgaben für den gesicherten Betrieb von Atomkraftwerken und nutzt bewusst das Risiko eines nuklearen Super-GAUs als Druckmittel", erklärten sie. Dies zeige: "Atomkraftwerke bieten im Kriegsfall keine Sicherheit, sondern vervielfachen die Risiken für die Bevölkerung."
+++ Russland meldet Zerstörung eines deutschen Flugabwehrpanzers Gepard +++
Das russische Militär hat nach eigenen Angaben bei Luftangriffen im Süden der Ukraine auch einen Flugabwehrpanzer Gepard vernichtet. "Nahe der Ortschaft Nowopawliwka im Gebiet Mykolajiw wurde ein von Deutschland an das Kiewer Regime geliefertes Kampffahrzeug für den Flugabwehrkanonenkomplex Gepard zerstört", sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Mittwoch. Unabhängig lassen sich diese Angaben nicht überprüfen.
Insgesamt will Deutschland als Teil seiner Waffenhilfe an die Ukraine 30 Gepard-Flugabwehrpanzer liefern. Nach Angaben des deutschen Verteidigungsministeriums wurden bisher fünf Geparden verschickt. Die ukrainische Seite hat die Ankunft von drei Panzern bestätigt.
In der Vergangenheit hatte das russische Verteidigungsministerium mehrfach über die Vernichtung der US-Raketenwerfer Himars berichtet. Bereits bis Anfang August sind so laut den Angaben Konaschenkows 6 der insgesamt 16 von den USA gelieferten Waffen zerstört worden. Washington und Kiew haben dies später stets dementiert.
+++ Mindestens zehn Flugzeuge bei Explosion auf Krim zerstört +++
Bei den Explosionen auf einem Luftwaffenstützpunkt auf der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim sind nach ukrainischen Angaben mindestens zehn Flugzeuge zerstört worden. "Nach der Explosion, die wir gesehen haben, ist klar, dass das Kontingent der Luftwaffe getroffen wurde", sagte der Sprecher des ukrainischen Luftwaffenstabs, Juri Ihnat, im Fernsehen. Laut Ihnat sind dort Kampfflugzeuge der Typen Suchoi Su-30M und Su-24 sowie Transportflugzeuge vom Typ Iljuschin Il-76 stationiert.
Die Führung in Kiew hat nicht die Verantwortung für die Explosionen übernommen. Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak schrieb allerdings auf Twitter: "Das ist nur der Anfang." Den Militärexperten des US-amerikanischen Institute for the Study of the War zufolge will die russische Führung einen ukrainischen Angriff aus Imagegründen nicht eingestehen. Dann würde Moskau einräumen müssen, dass seine Luftabwehr versagt habe, teilte das Institut in seiner Analyse mit.
+++ Russland rekrutiert Freiwillige für neue Kampfeinheiten +++
Nach Einschätzung britischer Geheimdienste soll Russland zur Stärkung seiner Offensive in der Ukraine Freiwillige für ein neues Armeekorps rekrutieren. Den Rekruten - Männern bis zum Alter von 50 und mit mittlerem Schulabschluss - würden lukrative Boni angeboten, hieß es in einem Update des britischen Verteidigungsministeriums. Hauptquartier der neuen Einheit, die von den Briten als "3rd Army Corps (3AC)" bezeichnet wird, soll Mulino, eine Siedlung im Gebiet Nischni Nowgorod östlich von Moskau, sein.
Es sei allerdings unwahrscheinlich, dass es den Ukraine-Krieg entscheidend beeinflussen werde, hieß es weiter aus London. Es werde den Russen voraussichtlich nicht gelingen, das neue Korps auf die übliche Truppenstärke von 15 000 bis 20 000 zu bringen. Nach erheblichen Verlusten kämpfen die Russen in der Ukraine derzeit einerseits daran, ihre Offensive im Donbass weiter voranzutreiben und andererseits ukrainische Gegenangriffe im Süden abzuwehren. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar veröffentlicht die britische Regierung regelmäßig Geheimdienstinformationen zu dessen Verlauf. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor.
+++ Beschossenes Atomkraftwerk in Ukraine läuft weiter - Streit um Pläne +++
Das von russischen Truppen besetzte ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja ist trotz des Beschusses vor wenigen Tagen weiter in Betrieb. Zuvor hatte der Chef der Behörde die russischen Truppen beschuldigt, mit dem Beschuss das Kraftwerk vom ukrainischen Netz abkoppeln zu wollen. Aktuell sind nach der Notabschaltung eines Blocks zwei Reaktoren des Kraftwerks in Betrieb.
Das Kraftwerk im Ort Enerhodar im südukrainischen Gebiet Saporischschja ist mit sechs Blöcken und einer Nettoleistung von 5700 Megawatt das größte Atomkraftwerk Europas. Am Dienstag hatte der Chef von Enerhoatom, Petro Kotin, den Russen vorgeworfen, gezielt drei Hochspannungsleitungen zerstört zu haben. Damit solle der Anschluss des Atomkraftwerks an die 150 Kilometer entfernte Halbinsel Krim vorbereitet werden. "Um das AKW auf die Krim umzustellen, müssen sie den gesamten Süden der Ukraine, den besetzten Teil der Gebiete Cherson und Saporischschja abschalten", erläuterte Kotin im Fernsehen. Danach würden diese Gebiete schrittweise von der Krim aus wieder ans Stromnetz angeschlossen und seien dann mit dem russischen Stromnetz synchronisiert. Dann könne das AKW Saporischschja nicht mehr an das ukrainische Energienetz angeschlossen werden.
Hintergrund ist eine Mitteilung vom Juli, wonach die 2015 zerstörten Stromleitungen zur von Russland annektierten Krim repariert worden seien. Zudem hatte die Ukraine sich mit dem benachbarten Moldau kurz nach Kriegsbeginn Ende Februar vom ehemals sowjetischen Stromnetz abgekoppelt. Im März hatten sich beide Staaten dann an den europäischen Stromnetzverbund angeschlossen.
+++ War es ein ukrainischer Angriff auf die Krim? +++
Auf dem Luftwaffenstützpunkt Saki nördlich von Sewastopol hatte Russland Bomber vom Typ Suchoi Su-24 und Mehrzweckkampfflugzeuge vom Typ Suchoi Su-30 stationiert. Von der Basis aus wurden viele Angriffe auf Ziele im Süden der Ukraine geflogen. Erste, noch nicht verifizierte Videos von dem Stützpunkt zeigten zahlreiche ausgebrannte Autos, aber auch eine zerstörte Su-24.
Während das russische Verteidigungsministerium davon sprach, es sei durch Fahrlässigkeit Munition explodiert, berichtete die "New York Times" von einem ukrainischen Angriff. Dabei sei eine von der Ukraine entwickelte Waffe eingesetzt worden, zitierte die Zeitung einen ranghohen ukrainischen Militär. Bei der Attacke hätten auch Partisanen, die loyal zur Ukraine stehen, eine Rolle gespielt.
Auch Selenskyjs Berater Olexij Arestowytsch sprach inoffiziell von einem Angriff mit einer neuen ukrainischen Waffe, "während die Partner uns noch keine weitreichenden Raketen schicken". Die ukrainische Rüstungsindustrie mache Fortschritte. Arestowytsch erwähnte auch den möglichen Einsatz von Partisanen. Das Augenmerk von Militärexperten richtet sich vor allem auf neue ballistische Kurzstreckenraketen Hrim-2. Sie wurden in der Ukraine entwickelt und haben angeblich eine Reichweite bis zu 500 Kilometern.
+++ Selenskyj: Dieser Krieg beginnt und endet mit der Krim +++
Mit der Annexion 2014 habe Russland die Krim in einen der gefährlichsten Orte Europas verwandelt, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. "Die Schwarzmeerregion kann nicht sicher sein, solange die Krim besetzt ist", erklärte er. "Dieser russische Krieg gegen die Ukraine, gegen das ganze freie Europa, hat mit der Krim begonnen und muss mit der Krim enden, mit ihrer Befreiung." Russland betrachtet die Halbinsel als sein Staatsgebiet und hat für den Fall ukrainischer Angriffe mit massiver Vergeltung gedroht. Die meisten Staaten erkennen an, dass die Krim völkerrechtlich weiter zur Ukraine gehört.
+++ Sorge wegen des Atomkraftwerks Saporischschja +++
Wegen angeblicher ukrainischer Angriffe auf das Kernkraftwerk Saporischschja beantragte Russland, das Thema im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu behandeln. Das meldete die russische Agentur Tass aus New York. Zuletzt hatte die russische Militärverwaltung des besetzten Gebiets Saporischschja mitgeteilt, am größten Kernkraftwerk Europas werde Luftabwehr stationiert.
Die Internationale Atombehörde (IAEA) sah nach dem Beschuss des AKW keine unmittelbare Bedrohung der nuklearen Sicherheit. Das teilte IAEA-Chef Rafael Mariano Grossi am Sitz der Behörde in Wien mit. Die Ukraine habe die IAEA informiert, dass es zwar Schäden gebe, die Strahlungsmessungen aber weiterhin auf normalem Niveau lägen. Russland stellte einer IAEA-Mission einen Besuch in dem Werk in Aussicht.
Das in der Stadt Enerhodar gelegene AKW Saporischschja war am vergangenen Wochenende mehrfach beschossen und teils beschädigt worden. Die kritische Infrastruktur soll aber weiter intakt sein. Moskau und Kiew geben sich gegenseitig die Schuld. Unabhängig zu überprüfen sind die Vorwürfe bislang nicht.
+++ Russische Truppen stationieren Luftabwehr um Atomkraftwerk +++
Nach mehrfachem Beschuss des südukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja stationieren die russischen Besatzungstruppen eigenen Angaben zufolge Luftabwehrsysteme rund um die Anlage. "Die Luftabwehrsysteme des Kraftwerks werden verstärkt", sagte der Chef der von Moskau eingesetzten Militärverwaltung in der Region, Jewgeni Balizki, im russischen Staatsfernsehen. Moskau und Kiew hatten sich in den vergangenen Tagen wiederholt gegenseitig für Angriffe auf das AKW verantwortlich gemacht. Unabhängig lassen sich die Angaben nicht überprüfen.
Balizkis Angaben zufolge arbeitet das Kraftwerk derzeit normal. Die Stromleitungen und beschädigten Blöcke des Meilers seien repariert, sagte er. Das Atomkraftwerk Saporischschja verfügt über insgesamt sechs Blöcke mit einer Gesamtleistung von 5700 Megawatt. Damit ist es das leistungsstärkste Kernkraftwerk in Europa. Bis zum Beschuss am Wochenende waren davon laut ukrainischen Angaben noch drei Blöcke in Betrieb.
+++ Selenskyj fordert Reiseverbot für Russen +++
"Die wichtigsten Sanktionen sind es, die Grenzen zu schließen, denn die Russen nehmen anderen ihr Land weg", sagte Selenskyj der US-Zeitung "Washington Post". Die Russen sollten "in ihrer eigenen Welt leben, bis sie ihre Philosophie ändern". Er reagierte damit auf die Ankündigung der Besatzungsbehörden im südukrainischen Gebiet Saporischschja, ein Referendum über den Beitritt zu Russland abzuhalten. Ähnliche Pläne gibt es für das besetzte Gebiet Cherson.
Selenskyjs Äußerungen treffen auf eine wachsende Diskussion in der EU, die Erteilung von Touristenvisa an Russen zu erschweren oder ganz einzustellen. Auch wenn der Reiseverkehr durch gekappte Flug- und Bahnverbindungen erschwert ist, sind doch im Sommer viele Russen trotz Krieges in die EU gereist. Russlands Nachbar Lettland im Baltikum hat bereits die Visa-Bestimmungen verschärft. Finnland erwägt dies, fordert aber eine Lösung für den ganzen Schengen-Raum. Es sei nicht gerecht, dass Russland einen brutalen Krieg führe, aber Russen als Touristen ganz normal Europa besuchen könnten, sagte Ministerpräsidentin Sanna Marin.
+++ Washington hilft der Ukraine mit Milliarden +++
Das neue US-Rüstungspaket für Kiew umfasst dem Pentagon zufolge unter anderem zusätzliche Munition für die Raketenwerfersysteme des Typs Himars und Nasams und 1000 Panzerabwehrraketen vom Typ Javelin. Hinzu kommen 50 gepanzerte medizinische Behandlungsfahrzeuge sowie medizinisches Material, darunter Erste-Hilfe-Kästen, Verbandsmaterial oder Monitore. Die Ausrüstung soll ausschließlich aus den Beständen des Verteidigungsministeriums direkt an die Ukraine gegeben werden.
Insgesamt haben die USA der Ukraine seit Antritt der Regierung von US-Präsident Biden vor gut eineinhalb Jahren mit dem neuen Paket nun Waffen und Ausrüstung im Wert von rund 9,8 Milliarden Dollar zugesagt - so die Angaben. Für laufende Ausgaben des ukrainischen Staates stellen die USA darüber hinaus 4,5 Milliarden US-Dollar zu Verfügung, wie die US-Behörde für internationale Entwicklung mitteilte.
+++ Pentagon schätzt russische Verluste auf 80.000 Mann +++
Im Ukraine-Krieg sind nach Schätzung des US-Verteidigungsministeriums bislang 70.000 bis 80.000 russische Soldaten getötet oder verletzt worden. Das sagte der Pentagon-Spitzenbeamte Colin Kahl. Aktuelle Angaben der offiziellen Stellen in Russland zu Opferzahlen gibt es nicht. Kahl sagte weiter, der russische Präsident Wladimir Putin habe keines seiner Ziele erreicht. "Sein übergeordnetes Ziel war es, das gesamte Land zu überrennen, einen Regimewechsel in Kiew herbeizuführen und die Ukraine als unabhängige, souveräne und demokratische Nation auszulöschen. Nichts von alledem ist geschehen."
+++ Sorge um AKW Saporischschja +++
Sorge bereitet der Ukraine und der internationalen Gemeinschaft die Lage im Kernkraftwerk Saporischschja. Das größte Akw Europas ist von russischen Truppen besetzt und in den vergangenen Tagen mehrmals mit Raketen beschossen worden. Die Kriegsparteien geben sich gegenseitig die Schuld daran. Selenskyj warf Russland "nuklearen Terrorismus" vor.
Noch gibt es keine Hinweise auf freigesetzte Radioaktivität, wie das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) mitteilte. Ähnlich äußerte sich das Weiße Haus in Washington. Aber die Angst vor möglichen Schäden wächst. UN-Generalsekretär António Guterres warnte: "Jeder Angriff auf ein Atomkraftwerk ist eine selbstmörderische Angelegenheit." Die Ukraine fordert, dass dringend eine Mission der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEO) das Kraftwerk besuchen solle.
+++ Ukrainische Getreide-Exporte per Schiff laufen an +++
Mehrere ausländische Schiffe mit Getreide an Bord haben in den vergangenen Tagen ukrainische Schwarzmeerhäfen verlassen können. Der erste Frachter namens "Razoni" wurde allerdings vom Zielhafen Tripoli im Libanon in die Türkei umgeleitet und lag laut dem Informationsdienst Marine Traffic am frühen Dienstagmorgen vor der türkischen Küste vor Anker. Im Libanon habe der Besteller die seit Kriegsausbruch verzögerte Maisfracht nicht annehmen wollen, berichteten ukrainische Medien unter Berufung auf Diplomaten.
+++ USA: Keine erhöhte Strahlungswerte an ukrainischem Atomkraftwerk +++
Durch die Kampfhandlungen um das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja ist es nach Erkenntnissen der USA bislang nicht zu einer Freisetzung von Radioaktivität gekommen. "Wir beobachten die Aktivitäten weiterhin genau: Das Kraftwerk, das Energieministerium und die Nationale Behörde für nukleare Sicherheit berichten, dass die Strahlungssensoren weiterhin Daten liefern - und glücklicherweise haben wir keine Anzeichen für erhöhte oder abnormale Strahlungswerte festgestellt", sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, am Montag.
Die USA forderten Russland auf, alle militärischen Operationen in oder in der Nähe von ukrainischen Atomanlagen einzustellen und die volle Kontrolle an die Ukraine zurückzugeben. Zudem unterstützten die USA weiterhin die Bemühungen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), ihr Mandat zur technischen Sicherheitsüberwachung zu erfüllen und die Ukraine bei Maßnahmen zur nuklearen Sicherheit zu unterstützen, sagte Jean-Pierre.
+++ Selenskyj kündigt "gute Nachrichten" an +++
Wolodymyr Selenskyj deutete an, dass weitere Waffen an die Ukraine geliefert werden könnten. "Nächste Woche erwarten wir Neuigkeiten von Partnern bezüglich der Hilfspakete. Gute Nachrichten!", sagte Selenskyj in seiner Videoansprache. Schlüssel der erfolgreichen Verteidigung seien nach wie vor Waffenlieferungen aus dem Westen. Nach Angaben Selenskyjs verlaufen die härtesten Kämpfe im Donbass. Die Lage dort bleibe schwierig. Die Verteidigung von Orten wie "Awdijiwka, Pisky, Marjinka und Bachmut erfordern unsere Hauptanstrengung und leider viele Leben", sagte er. Zudem erneuerte er seine Vorwürfe an Russland, das AKW Saporischschja im Süden der Ukraine beschossen zu haben.
+++ Eskalation um AKW Saporischschja droht +++
Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage warfen sich Moskau und Kiew gegenseitig den Beschuss der Anlage vor. Die ukrainische Armee habe in der Nacht zum Sonntag eine Rakete auf das AKW-Gelände abgefeuert, meldete die russische Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf die Besatzungsverwaltung der Stadt Enerhodar, in der das Kraftwerk liegt.
Die ukrainische Atombehörde Enerhoatom hingegen beschuldigte die Russen, das unter ihrer Kontrolle stehende Gelände selbst beschossen zu haben. Die Angaben beider Seiten ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Die Internationale Atombehörde fordert von beiden Seiten, unabhängigen Atomexperten den ungehinderten Zugang zu der Anlage zu ermöglichen.
+++ Erster Frachter kommt in ukrainischem Hafen an +++
Nach dem Ende der russischen Seeblockade hat erstmals wieder ein Frachtschiff in einem ukrainischen Hafen angelegt. "Der Schüttgutfrachter Fulmar S ist im Hafen Tschornomorsk angekommen und bereit zum Beladen", teilte das ukrainische Infrastrukturministerium auf seinem Telegram-Kanal mit. Die in den letzten Tagen aus den ukrainischen Häfen ausgelaufenen Schiffe hingen dort bereits seit Kriegsbeginn fest. Die Wiederaufnahme des Schiffsverkehrs und der damit verbundenen Getreidelieferungen aus der Ukraine sind wichtig für die Stabilisierung der Lebensmittelpreise weltweit.
Bisher sind aus den ukrainischen Häfen seit Anfang August schon acht Schiffe mit Getreide ausgelaufen. Sie gehörten zu den Dutzenden Frachtern, die dort seit Kriegsbeginn im Februar wegen der russischen Seeblockade und der Verminung der eigenen Häfen durch das ukrainische Militär stecken geblieben waren. Mit dem Einlaufen der Fulmar S habe der Getreidekorridor nun einen "Ein- und Ausgang", erklärte Infrastrukturminister Olexander Kubrakow.
+++ Amnesty bedauert "Schmerz" in Kiew nach umstrittenen Bericht +++
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International verteidigte ihren umstrittenen Bericht zur Kriegsführung der ukrainischen Armee und erklärte zugleich ihr Bedauern über dessen Auswirkungen. "Amnesty International bedauert tief den Schmerz und Ärger, den unsere Pressemeldung über die Kampftaktiken des ukrainische Militärs ausgelöst hat", heißt es in einem Statement der Organisation. Amnesty hält dabei an den wichtigsten Erkenntnissen des Berichts fest.
In dem am Donnerstag veröffentlichten Bericht hatte Amnesty der ukrainischen Armee vorgeworfen, sich in Wohnvierteln zu verschanzen und damit Zivilisten unnötig in Gefahr zu bringen. "Obwohl wir voll zu unseren Erkenntnissen stehen, bedauern wir den entstandenen Schmerz und wollen ein paar entscheidende Punkte klar stellen", teilte Amnesty nach der daraufhin einsetzenden Kritik nun mit. So habe die Organisation an 19 verschiedenen Orten ukrainische Verstöße gegen das Kriegsrecht festgestellt. Dies rechtfertige aber nicht die russischen Kriegsverbrechen. Amnesty habe diese Verbrechen in den vergangenen Monaten mehrfach thematisiert.
+++ Roger Waters entsetzt mit Kriegs-Äußerung +++
Der britische Musiker Roger Waters, Ex-Frontman von Pink Floyd, hat mit Äußerungen zum russischen Angriffskrieg für Empörung in Kiew und für Beifall in Moskau gesorgt - und rief ansonsten Irritationen hervor. Hatte er zu Kriegsbeginn den russischen Angriff noch als Akt eines Gangsters bezeichnet, schob er nun die Schuld auf US-Präsident Joe Biden, was Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew freute. "Es gibt noch adäquate Leute im Westen. Pink Floyd forever", schrieb dieser auf seiner Seite im sozialen Netzwerk vkontakte.
+++ Russlands Armee meldet Zerstörung von Nato-Militärhilfen in Ukraine +++
Russlands Armee hat eigenen Angaben zufolge tonnenweise Munition zerstört, die Nato-Staaten an die Ukraine geliefert haben. In der südukrainischen Region Mykolajiw sei ein Lager mit insgesamt 45 000 Tonnen Munition getroffen worden, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Sonntag. Unabhängig überprüfen ließ sich das nicht. Konaschenkow berichtete zudem von fünf weiteren Waffenlagern, die angegriffen worden seien - eines davon im besonders schwer umkämpften östlichen Gebiet Donezk.
In Donezk hätten Russlands Luftstreitkräfte zudem die Kleinstadt Bachmut attackiert und dabei bis zu 130 ukrainische Soldaten getötet, hieß es aus Moskau. Auch das ließ sich nicht verifizieren. Bachmut gilt als Eckpfeiler eines Verteidigungswalls, den die ukrainische Armee rund um den Ballungsraum der Großstädte Slowjansk und Kramatorsk aufgebaut hat. Dieser gerät zunehmend unter Druck.
+++ Russland bringt weiter Technik nach Belarus +++
Angaben des ukrainischen Generalstabs zufolge verlegt Russland weiter Kriegstechnik ins benachbarte Belarus. Unter anderem im Grenzbereich zum westukrainischen Gebiet Wolhynien würden auf belarussischem Gebiet zusätzliche Kräfte und Ausrüstung zur Luftverteidigung stationiert, teilte der Generalstab in Kiew am Sonntag mit. Unabhängig überprüfen ließ sich das zunächst nicht.
Die frühere Sowjetrepublik Belarus ist zwar nie offiziell mit in Russlands Krieg eingestiegen. Der autoritäre Machthaber Alexander Lukaschenko hat aber bereits kurz nach Beginn der Invasion Ende Februar eingeräumt, dass von belarussischem Staatsgebiet russische Raketen in Richtung Ukraine abgefeuert wurden. Lukaschenko gilt als enger Partner von Kremlchef Wladimir Putin. Ins Ausland geflohene belarussische Oppositionelle beschuldigen Lukaschenkos Machtapparat der Kollaboration.
+++ Ukrainischer Generalstab: Vorstöße von Russen in Donezk abgewehrt +++
Es seien russische Offensiven in Richtung der Städte Slowjansk, Bachmut und Awdijiwka zurückgeschlagen worden, teilte der ukrainische Generalstab in seinem Abendbericht mit. Insbesondere um Bachmut toben seit Tagen heftige Kämpfe. Die Kleinstadt gilt als ein Eckpfeiler des Verteidigungssystems rund um den letzten von Ukrainern gehaltenen Ballungsraum im Donbass. Sollten Bachmut und andere kleinere Orte fallen, wäre der Weg für Russlands Truppen weitgehend frei in Richtung der Großstädte Slowjansk und Kramatorsk.
+++ Selenskyj lobt Erfolge ukrainischer Armee - und westliche Waffen +++
Der ukrainische Präsident Selenskyj lobte unterdessen seine Streitkräfte für erfolgreiche Gegenangriffe - und hob dabei die Rolle westlicher Waffen hervor. In der vergangenen Woche habe die ukrainische Armee "starke Ergebnisse" bei der Zerstörung russischer Kriegslogistik erzielt, sagte Selenskyj in seiner Videoansprache in der Nacht zum Sonntag.
Selenskyj dankte westlichen Partnern für bisherige Waffenlieferungen. Er verwies insbesondere auf die USA, die vor einigen Tagen weitere Rüstungslieferungen an die Ukraine in einem Umfang von 550 Millionen Dollar angekündigt hatten. Darin sollen unter anderem Munition für das Mehrfachraketenwerfersystem Himars und 75.000 Artilleriegranaten enthalten sein. Zugleich bat Selenskyj um weitere Militärhilfe.
+++ Russische Besatzungsverwaltung in Cherson meldet Tod von Mitglied +++
Im südukrainischen Gebiet Cherson ist Angaben der russischen Besatzungsverwaltung zufolge eines ihrer Mitglieder nach einem Anschlag gestorben. Der stellvertretende Leiter der von den Russen in der Stadt Nowa Kachowka eingesetzten Verwaltung, Witalij Gura, sei seinen Verletzungen erlegen, schrieb die prorussische Politikerin Jekaterina Gubarewa auf Telegram. Auch die staatliche russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti meldete Guras Tod. Demnach soll er früher am Tag in der Nähe seines Hauses von Unbekannten mit einer Schusswaffe angegriffen worden sein.
Infolge des seit rund fünfeinhalb Monaten andauernden Angriffskriegs gegen die Ukraine haben russische Truppen in der Südukraine mehrere Gebiete erobert und dort eigene Verwaltungen installiert. Insbesondere in Cherson gab es seitdem wiederholt Proteste aus der Bevölkerung gegen die neuen Besatzungsmacht. Immer wieder berichteten russische und prorussische Medien auch von Anschlägen.
+++ Ankunft des Getreidefrachters im Libanon verschiebt sich +++
Das erste Frachtschiff mit ukrainischem Getreide seit Kriegsbeginn legt später als erwartet im Libanon an. Die für diesen Sonntag geplante Ankunft des Schiffes "Razoni" sei abgesagt worden, berichtete die ARD unter Berufung auf den ukrainischen Botschafter im Libanon. Zu den Gründen wurden keine Angaben gemacht. Die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass berichtete unter Berufung auf eine Quelle der Hafenverwaltung im nordlibanesischen Tripoli, der Frachter werde dort am Dienstag anlegen - er habe seine Route geändert.
+++ Aus Protest gegen Bericht: Ukrainische Amnesty-Leiterin tritt zurück +++
Als Reaktion auf einen umstrittenen Bericht zur Kriegsführung der ukrainischen Armee trat die Leiterin der ukrainischen Filiale der Menschenrechtsorganisation Amnesty International zurück. "Wenn Sie nicht in einem Land leben, in das Besatzer einfallen, die es in Stücke reißen, verstehen Sie wahrscheinlich nicht, wie es ist, eine Armee von Verteidigern zu verurteilen", schrieb Oxanna Pokaltschuk auf Facebook.
Amnesty hatte in einem am vergangenen Donnerstag veröffentlichten Bericht der ukrainischen Armee unter anderem vorgeworfen, sich in Wohnvierteln zu verschanzen und damit Zivilisten unnötig in Gefahr zu bringen. Pokaltschuk hielt ihren ehemaligen Kollegen nun vor, der Bericht sei nicht sauber genug aufbereitet. In Kiew wird außerdem kritisiert, durch den Fokus auf Verfehlungen der Armee des angegriffenen Landes werde eine Täter-Opfer-Verkehrung betrieben.
+++ Ukraine-Botschafter nährt Hoffnung auf baldigen Papst-Besuch +++
Reist der Papst in Kürze in die Ukraine? Dieses Gerücht hat der ukrainische Botschafter im Vatikan nach einer Audienz bei Franziskus befeuert. Die Ukraine warte seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf das Oberhaupt der katholischen Kirche, schrieb Andrij Jurasch bei Twitter. Und man werde sich freuen, "ihn noch vor seiner Reise nach Kasachstan zu begrüßen". Der Pontifex plant für den 13. September einen Drei-Tages-Trip nach Kasachstan. Der Vatikan machte keine Details der Unterredung mit Jurasch öffentlich, sondern bestätigte nur das Treffen am Samstagvormittag.
+++ Moskau: Himars-Raketenwerfer vernichtet, fast 600 Ukrainer getötet +++
Das russische Militär hat nach eigenen Angaben mit Luft- und Artillerieschlägen fast 600 ukrainische Soldaten getötet. "Nahe der Ortschaft Bilohirka im Gebiet Cherson wurden durch Luftschläge und Artilleriefeuer der zeitweise Standort der 46. ukrainischen Luftsturmbrigade getroffen", sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Samstag. Mehr als 400 "Nationalisten" seien getötet worden. Daneben seien durch Raketenangriffe an der Front in Cherson mehr als 70 weitere Soldaten getötet und 150 verletzt worden. Bei Raketenangriffen im Gebiet Dnipropetrowsk seien mehr als 80 "ausländische Söldner" gestorben.
Konaschenkow berichtete zudem über die Vernichtung mehrerer Artilleriesysteme der Ukraine. So sei eine Batterie von "Olcha"- und Himars-Raketenwerfern zerstört worden. Himars sind präzise US-Mehrfachraketenwerfer mit hoher Reichweite. Moskau hat schon in der Vergangenheit mehrfach die Außergefechtsetzung dieser Waffensysteme gemeldet. Kiew und Washington dementierten dies dann später. Auch für den aktuellen Bericht Konaschenkows gibt es keine unabhängige Bestätigung.
+++ Großbritannien: Ukraine-Krieg vor neuer Phase +++
Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine tritt nach britischen Informationen in eine neue Phase ein. Das britische Verteidigungsministerium rechnet damit, dass sich die schwersten Gefechte auf eine knapp 350 Kilometer lange Frontlinie verlagern, die sich südwestlich nahe Saporischschja bis nach Cherson erstreckt und damit parallel zum Fluss Dnepr verläuft. Das teilte das Ministerium am Samstagmorgen in seinem regelmäßigen Geheimdienst-Update zum Ukraine-Krieg mit. In Saporischschja befindet sich ein von Russland besetztes ukrainisches Atomkraftwerk, das leistungsstärkste in Europa. Cherson ist über eine strategisch wichtige Zugstrecke mit der besetzten Schwarzmeer-Halbinsel Krim verbunden.
In Erwartung der ukrainischen Gegenoffensive oder vorbereitend für einen möglichen Angriff versammelten sich die russischen Streitkräfte mit ziemlicher Sicherheit im Süden der Ukraine, schrieben die Briten. Lange russische Militärkonvois bewegten sich weiterhin weg von der ukrainischen Donbass-Region in Richtung Südwesten. Militärische Ausrüstung soll auch aus den russisch besetzten Gebieten Melitopol, Berdiansk und Mariupol sowie über das russische Festland über die Kertsch-Brücke auf die Krim gebracht worden sein.
+++ Ukrainischer Verteidigungswall im Donbass gerät unter Druck +++
Die russischen Truppen attackieren nach Angaben aus Kiew mit aller Härte Bachmut, einen Eckpfeiler des Verteidigungssystems rund um den letzten von Ukrainern gehaltenen Ballungsraum im Donbass. Die prorussischen Rebellen hatten am Vortag vermeldet, es gebe Gefechte bereits innerhalb des Stadtgebiets. Unabhängig können die Angaben beider Seiten nicht überprüft werden. Seit der Eroberung des Gebiets Luhansk konzentrieren sich die russischen Offensivbemühungen in der Ostukraine auf das benachbarte Gebiet Donezk. Schrittweise konnten die russischen Invasoren in den vergangenen Wochen die ukrainischen Verteidiger zurückdrängen. Sie kontrollieren inzwischen etwa 60 Prozent des Territoriums. Das Hauptquartier der ukrainischen Truppen im Donbass befindet sich im Ballungsraum Slowjansk - Kramatorsk, wo vor dem Krieg gut eine halbe Million Menschen lebten. Von Osten her ist dieser Raum durch die Festungslinie Siwersk - Soledar - Bachmut gesichert.
Diese gerät nun an mehreren Stellen ins Wanken. Russische Truppen stehen auch vor Siwersk und Soledar. Die schwersten Gefechte laufen aber derzeit um den Verkehrsknotenpunkt Bachmut, den die Russen mit Artillerie und Panzern beschießen. Auch direkt vor der ehemaligen Gebietshauptstadt Donezk, seit 2014 in der Hand prorussischer Separatisten, dauern die Gefechte an. Die moskautreuen Truppen versuchen hier, die Ukrainer weiter abzudrängen. Im Raum der Kleinstadt Awdijiwka, nördlich von Donezk, habe es mehrere Angriffsversuche gegeben, die seien abgewehrt worden, meldete der Generalstab. Großflächig wird das Gebiet mit Artillerie beschossen.
Im Süden des Landes geht die Initiative hingegen auf die Ukrainer über. Dort konzentrierten sich die russischen Truppen darauf, ihre Positionen in den besetzten Gebieten zu verteidigen, heißt es im Lagebericht. Die Kommandostelle "Süd" des ukrainischen Militärs hatte zuvor bereits berichtet, mindestens sechs russische Waffen- und Munitionsdepots sowie zwei Kommandopunkte im Gebiet Cherson vernichtet zu haben. Auch für diese Angaben gibt es keine unabhängige Bestätigung.
+++ Wolodymyr Selenskyj fordert neue Sanktionen gegen Russland +++
"Wer nukleare Bedrohungen für andere Völker schafft, ist definitiv nicht in der Lage, Nukleartechnologie sicher einzusetzen", sagte Selenskyj in der Nacht zum Samstag. Konkret verlangte er etwa Strafmaßnahmen gegen den russischen Staatskonzern Rosatom. Erst vor wenigen Tagen hatte sich die Internationale Atomenergiebehörde IAEA besorgt gezeigt angesichts der Lage um das Kraftwerk, das mit sechs Blöcken und einer Leistung von 6000 Megawatt das größte Atomkraftwerk Europas ist. Eine Inspektion zur Prüfung der technischen Sicherheit sei dringend erforderlich, sagte IAEA-Chef Rafael Grossi. Aber es sei momentan sehr schwierig für die IAEA, überhaupt ins Kriegsgebiet nach Saporischschja zu kommen.
In Teilen der Stadt Enerhodar, in der das Kraftwerk liege, seien Strom- und Wasserversorgung ausgefallen, teilte das russische Verteidigungsministerium mit - und machte die ukrainische Armee dafür verantwortlich. Zudem habe ein Block des Akw teilweise abgeschaltet werden müssen. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden. Von ukrainischer Seite hieß es hingegen, die Russen hätten das Gelände selbst beschossen. Infolge der russischen Angriffe sei eine Hochspannungsleitung zum benachbarten Wärmekraftwerk beschädigt worden, teilte der ukrainische staatliche Atomkonzern Enerhoatom mit. Das ukrainische Außenministerium appellierte an die internationale Gemeinschaft, sich dafür einzusetzen, dass die Russen den Ukrainern die Kontrolle über das Akw zurückgeben.
+++ Putin und Erdogan wollen Wirtschaftsbeziehungen ausbauen +++
Der russische Präsident Wladimir Putin und sein türkischer Kollege Recep Tayyip Erdogan einigten sich bei ihrem Treffen auf den Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen ihrer Länder. Bei dem Treffen am Freitag in der südrussischen Touristenmetropole Sotschi seien "sehr wichtige Entscheidungen" im Bereich von Handel und Wirtschaft getroffen worden, sagte Russlands Vize-Regierungschef Alexander Nowak. So sollen etwa für russische und türkische Unternehmen die Bedingungen für eine Zusammenarbeit erleichtert werden.
Mit Spannung erwartet worden war vor allem, ob Putin und Erdogan über einen möglichen Erwerb von türkischen Kampfdrohnen durch Russland sprechen würden. Im Zuge seines Kriegs gegen die Ukraine hatte Moskau zuletzt Interesse an den Waffen vom Typ Bayraktar TB2 geäußert. Am Abend hieß es jedoch von Journalisten der staatlichen Nachrichtenagentur Ria Nowosti, die beiden Präsidenten hätten das Thema nicht angesprochen.
+++ Lettland setzt Visa-Vergabe an Russen auf unbestimmte Zeit aus +++
Lettland hat die Ausstellung von Visa für Russen angesichts des Kriegs in der Ukraine auf unbestimmte Zeit weiter eingeschränkt. Die lettische Botschaft in Moskau werde von nun an nur noch Visa-Anträge von russischen Staatsbürgern entgegennehmen, die an der Beerdigung eines nahen Verwandten in Lettland teilnehmen müssten, teilte die Auslandsvertretung des baltischen EU- und Nato-Landes mit.
+++ SPD-Chefin: Schröder handelt im eigenen Interesse +++
Die SPD-Co-Vorsitzende Saskia Esken hat Altkanzler Gerhard Schröder für seine Äußerungen über eine angebliche Verhandlungsbereitschaft von Russlands Präsident Wladimir Putin im Ukraine-Krieg scharf kritisiert. "Gerhard Schröder agiert nicht als Ex-Kanzler, sondern als Geschäftsmann, und so sollten wir seine Äußerungen auch interpretieren", sagte Esken den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Mit allem, was er tut und sagt, handelt er im eigenen Interesse und in dem seiner Geschäftspartner."
Schröder steht seit Langem wegen seiner Nähe zu Putin und zur russischen Öl- und Gaswirtschaft in der Kritik. Auch nach der russischen Invasion in die Ukraine im Februar hat er sich nach Auffassung auch vieler SPD-Genossen nicht ausreichend von Russland distanziert. Ende Juli war der Altkanzler erneut zu Besuch bei Putin in Moskau und gab anschließend dem Magazin "Stern" sowie den Sendern RTL und ntv ein Interview, in dem er mit Blick auf den Ukraine-Krieg behauptete: "Die gute Nachricht heißt: Der Kreml will eine Verhandlungslösung." Diese und andere Äußerungen in dem Interview stießen in Deutschland parteiübergreifend, aber auch international auf massive Kritik.
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rut/news.de/dpa
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