Während die Ampel-Regierung noch darüber streitet, ob die drei Atomkraftwerke in Deutschland länger am Netz bleiben, könnte die EU der Debatte ein Ende setzen. Wird Grünen-Minister Robert Habeck nun zur Atomwende gezwungen?
Die Energiekrise zwingt Europa zum Handeln! Beim Sondertreffen der EU-Energieminister an diesem Dienstag soll nicht nur ein Notfallplan zum Gassparen verabschiedet werden. Es könnte auch zu einer krassen Wende der deutschen Atom-Politik kommen. Demnach könnte Deutschland erstmals einer Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken zustimmen.
Energiekrise in Deutschland: FDP fordert Verlängerung der Atomkraftwerke
Bereits seit mehreren Wochen zoffen sich die Ampel-Parteien über eine mögliche Verlängerung der letzten drei Atomkraftwerke, um Gas für die Stromproduktion zu sparen. Eigentlich sollen die AKW am 31.12.2022 vom Netz gehen, doch die FDP spricht sich für eine Verlängerung aus. "Die Laufzeiten sollten bis Frühjahr 2024 verlängert werden", fordert der energiepolitische Sprecher der FDP-Fraktion Michael Kruse gegenüber der "Bild"-Zeitung. FDP-Fraktionschef Christian Dürr sieht eine Laufzeitverlängerung der drei noch verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland auch als eine Frage der europäischen Solidarität. "Nicht nur Deutschland steht vor einer schweren Energiekrise, sondern ganz Europa", sagte Dürr. Die EU verweise sogar explizit auf Kernenergie als Ausweichtechnologie. "Ich wüsste nicht, wie wir unseren europäischen Partnern erklären sollen, dass wir sichere Energiequellen aus ideologischen Gründen abschalten, während Frankreich mit einem Bein in einer Stromkrise steht."
Anders als Deutschland setzt Frankreich zur Stromerzeugung sehr auf Atomkraft. Rund die Hälfte der französischen Atomkraftwerke war zuletzt aber wegen Defekten oder Wartungen vom Netz, sodass die Meiler weniger Strom als üblich lieferten. Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) hatte am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Anne Will" darauf verwiesen, dass Deutschland im Moment Strom nach Frankreich exportiere. Dort könnten die Atomkraftwerke nicht mehr arbeiten, weil sie nicht heruntergekühlt werden könnten.
Robert Habeck unter Druck! Zwingt die EU uns zur Atomwende?
Eine Entscheidung über eine Verlängerung der Atomkraft in Deutschland gibt es noch nicht. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will zunächst die Ergebnisse eines zweiten Stresstests zur Sicherheit der Stromversorgung abwarten. Das Wirtschaftsministerium hatte vor einer Woche einen zweiten Stresstest angekündigt. Es gehe darum, festzustellen, ob die Versorgungssicherheit im Stromsektor und der sichere Betrieb des Netzes unter verschärften Annahmen gewährleistet seien. Mit Ergebnissen sei "in den nächsten Wochen" zu rechnen, bekräftigte eine Sprecherin von Minister Robert Habeck (Grüne). Es gehe nicht darum, deutsche Atomkraftwerke länger laufen zu lassen, um "kaputte" französische Atomkraftwerke zu ersetzen. Ein erster Stresstest vom März bis Mai dieses Jahres kam zum Ergebnis, dass die Versorgungssicherheit im kommenden Winter gewährleistet ist. Doch die EU könnte Habeck nun zur Atom-Wende zwingen.
In der ARD erklärteHabecks Staatssekretärin Franziska Brantner zuletzt, dass man bei der Entscheidung natürlich berücksichtige, "in welcher schwierigen Lage Frankreich gerade ist, weil eben dort sehr, sehr viele Atomkraftwerke nicht laufen". Deutschland wolle daher "im Zweifel auch solidarisch sein". Die EU-Kommission verlange von Deutschland Zugeständnisse, wenn es bei der Gasknappheit auf die Hilfe von EU-Nachbarn setze, schreibt die "Bild". Die Grünen, die Atomkraft ablehnen, geraten daher zunehmend unter Druck.
"Die Bundesregierung muss alle Möglichkeiten der Eigenversorgung mit Energie ausschöpfen. In unseren Nachbarländern gäbe es ansonsten angesichts der drohenden Energiekrise in Europa wenig Verständnis", sagte der Vorsitzende der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Manfred Weber (CSU), gegenüber der "Bild". Daher sollten die Restlaufzeiten der noch aktiven Meiler verlängert werden. Weber rief die Vertreter der EU-Staaten dazu auf, durch solidarisches Handeln eine Wirtschaftskrise zu verhindern.
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bua/sba/news.de/dpa
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