Nach monatelangem Schweigen hat Altkanzlerin Angela Merkel die russische Invasion in der Ukraine scharf kritisiert. Bei einer öffentlichen Rede zum Abschied des DGB-Chefs Reiner Hoffmann fand sie deutliche Worte für Wladimir Putins Angriffskrieg.
Es war still geworden um Angela Merkel (67). Die Bundeskanzlerin außer Dienst zog sich nach dem Ende ihrer 16-jährigen Amtszeit Ende 2021 aus der Öffentlichkeit zurück, wollte sich erst einmal eine Pause gönnen. Doch nach der russischen Invasion in der Ukraine im Februar 2022 wurden die Rufe nach Merkel wieder lauter. Viele Politiker forderten eine Rechtfertigung ihrer Russland-Politik. Selbst CDU-Parteikollegen rechneten mit der ehemaligen Regierungschefin ab. Nach langem Warten hat sich Angela Merkel nun mit deutlichen Worten an Wladimir Putin gewandt.
Angela Merkel verurteilt Wladimir Putin für eklatanten Bruch des Völkerrechts
In ihrer ersten öffentlichen Rede seit rund einem halben Jahr hat die frühere Bundeskanzlerin den russischen Angriff auf die Ukraine als "tiefgreifende Zäsur" bezeichnet. Sie wolle als Bundeskanzlerin außer Dienst keine Einschätzungen von der Seitenlinie abgeben, sagte Merkel am Mittwochabend in Berlin. Doch zu sehr markiere Russlands Einmarsch in sein Nachbarland einen eklatanten Bruch des Völkerrechts in der Geschichte Europas nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs.
Ukraine-Krieg: Alt-Bundeskanzlerin spricht von einem "barbarischen Angriffskrieg Russlands"
"Meine Solidarität gilt der von Russland angegriffenen, überfallenen Ukraine und der Unterstützung ihres Rechts auf Selbstverteidigung", sagte Merkel in ihrer Laudatio vor 200 Personen beim Abschied des langjährigen DGB-Chefs Reiner Hoffmann (67). Sie unterstütze alle entsprechenden Anstrengungen der Bundesregierung, der EU, der USA, der Nato, der G7 und der Uno, "dass diesem barbarischen Angriffskrieg Russlands Einhalt geboten wird". Wie weitreichend die Folgen des Kriegs sein würden, könne seriös noch niemand einschätzen, sagte Merkel. Sie würden jedoch erheblich sein - vor allem für die Ukrainerinnen und Ukrainer. Merkel ging auf Menschenrechtsverletzungen gegenüber der Bevölkerung ein. "Butscha steht stellvertretend für dieses Grauen", sagte sie mit Blick auf die Erschießungen in der Stadt westlich von Kiew.
Angela Merkel wünscht sich Frieden in Europa
Ein kleiner, aber großartiger Lichtblick "in dieser unendlichen Traurigkeit" sei die enorme Unterstützung für die Ukrainerinnen und Ukrainer durch viele Nachbarländer - etwa Polen und Moldau, wie Merkel beispielhaft betonte. "Niemals sollten wir Frieden und Freiheit selbstverständlich nehmen", sagte Merkel. In der aktuellen Situation sei die Geschlossenheit der EU zentral. Die CDU-Politikerin, die bei der Bundestagswahl im September nicht mehr angetreten war, rief die Menschen in Deutschland auf, jeweils eigene Beiträge für die europäische Einigung zu leisten. Zugleich demonstrierte Merkel bei dem Auftritt Loslassen von ihren einstigen Pflichten. Irgendwie sei morgen schon wieder MPK oder auch übermorgen, sagte Merkel. Tatsächlich findet an diesem Donnerstag eine Ministerpräsidentenkonferenz statt. Merkel: "Ich krieg den Tag auch ohne rum."
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gom/bos/news.de/dpa