Der Tankrabatt könnte im Chaos enden. Experten vermuten, dass sich die Steuersenkung nicht positiv auf den Geldbeutel der Autofahrer:innen auswirken könnte. Vielmehr können Engpässe drohen.
Die in der Folge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine extrem gestiegenen Spritpreise sollen von Juni bis August durch eine Senkung der Energiesteuer gedrückt werden. Benzin könnte damit um rund 35 Cent pro Liter billiger werden und Diesel um etwa 17 Cent pro Liter. Ab Mittwoch, den 1. Juni sollen Autofahrer:innen so an der Zapfsäule finanziell entlastet werden. So lauten die Pläne. Es könnte aber anders kommen. Die Angst vor steigenden Benzinpreisen und Engpässen an der Tankstelle ist groß. Sind diese Sorgen begründet?
Günstiger Sprit? Von wegen! Benzinpreise sinken trotz Tankrabatt erst langsam
Wer mit günstigeren Preisen rechnet, wird wohl enttäuscht. Die Benzinpreise sind vor dem Start bereits deutlich gestiegen. Bundesweit kostete der Liter E10 im Schnitt am Mittwoch (25. Mai) 2,07 Euro und am Montag (30. Mai) 2,13 Euro. Auch beim Diesel gab es in den letzten Tagen eine deutliche Preissteigerung. Am Mittwoch lag der Preis noch bei 1,98 Euro und am Montag stieg er auf 2,05 Euro.
Tanken wird in Deutschland trotz der niedrigeren Kraftstoffsteuer ab Mittwoch möglicherweise erst nach und nach billiger. Die Steuerlast der an den Tankstellen abgegebenen Kraftstoffe sinke sukzessive, hieß es aus dem Bundesfinanzministerium. Wurden Kraftstoffe bereits im Mai an die Tankstelle geliefert, so seien sie noch mit den alten und höheren Steuern belastet. Das hat auch damit zu tun, dass die Ölkonzerne die Kraftstoffe noch teuer einkauften, so der ADAC. Diese Kraftstoffe würden nach und nach verkauft, gegebenenfalls auch noch im Juni.
Wie kräftig verdienen die Ölkonzerne mit?
Wegen der gestiegenen Energiepreise senkt der Bund im Juni, Juli und August die Steuer auf Kraftstoffe. Die Energiesteuer fällt nicht erst beim Tanken an, sondern in Raffinerien und Tanklagern. Für die Mineralölkonzerne besteht allerdings keine Pflicht, die Steuersenkung an die Kunden weiterzugeben. "Die Gefahr ist groß, dass die längst überfällige Steuerentlastung nicht beim Autofahrer ankommt. Wenn die Bundesregierung zulässt, dass die Mineralölkonzerne auf Kosten der Steuerzahler ihre Bilanzen aufbessern, wäre das ein Skandal", sagte der Verkehrsexperte der CDU, Thomas Bareiß gegenüber "Bild". Der Sprecher des Tankstellenverbands TIV denkt, dass sich die Ölkonzerne "eine goldene Nase" verdienen.
Update 01.06.2022: Gesenkte Spritsteuer - Preise an Tankstellen fallen teils deutlich
Die seit Mitternacht geltende Senkung der Energiesteuer hat zu teils deutlich sinkenden Spritpreisen an Tankstellen geführt. Das zeigt eine Schnellauswertung der Preise an rund 400 Tankstellen in München, Berlin und Hamburg im Zeitraum zwischen 6.00 und 7.00 Uhr durch die Deutsche Presse-Agentur mithilfe der Spritpreis-Daten des ADAC am Mittwoch. Zwar haben nicht alle Tankstellen ihre Preise stark gesenkt, bei der überwiegenden Mehrheit ergab sich allerdings bereits wenige Stunden nach der Steuersenkung ein klarer Unterschied.
So kostete am Mittwoch bei rund 350 der untersuchten Tankstellen der Liter Super E10 weniger als 1,90 Euro. Im gleichen Zeitraum am Dienstag hatte es im untersuchten Bereich nur eine einzige Tankstellen gegeben, die E10 für weniger als 2 Euro anbot. Bei der Mehrheit lag der Preis damals zwischen 2,10 und 2,30 Euro. Der theoretische Preisunterschied für Superbenzin durch die Steuerentlastung läge bei 35 Cent pro Liter. Das liegt angesichts der vorliegenden Daten grob abgeschätzt in Reichweite der Senkungen. Für eine genauere Bewertung ist es allerdings noch zu früh.
Auch bei Diesel ergab sich ein klarer Trend in Richtung fallender Preise. Hatte es den Kraftstoff noch am Dienstagmorgen nur in seltenen Fällen für weniger als 2 Euro gegeben, machten diese Preise am Mittwoch bereits die Mehrheit aus. Mehr als 2,10 Euro wurden dagegen kaum verlangt. Das war am Dienstag noch fast in der Hälfte aller Fälle so gewesen. Bei Diesel liegt die Entlastung durch die Steuersenkung mit knapp 17 Cent pro Liter deutlich niedriger.
Im Vorfeld war erwartet worden, dass die Spritpreise am Mittwoch nicht abrupt fallen werden. Grund dafür ist, dass die gesenkte Steuer nicht beim Verkauf an der Zapfsäule sondern ab Tanklager beziehungsweise Raffinerie anfällt. Das bedeutet, dass alle vor Mitternacht gelieferten Vorräte der Tankstellen noch mit dem normalen höheren Steuersatz belastet sind. Dass die Mehrheit der Tankstellen dennoch bereits jetzt die Preise kräftig senkte, könnte eine Folge der hohen öffentlichen Aufmerksamkeit und des damit einhergehenden Wettbewerbsdrucks sein.
Für die Analyse wurden die Preise an rund 400 Tankstellen in und um München, Berlin und Hamburg auf der Homepage des ADAC am Dienstag und Mittwoch jeweils zwischen 6.00 und 7.00 Uhr abgerufen und verglichen.
Tankrabatt ab 1. Juni in Deutschland: Drohen Sprit-Engpässe?
Aufgrund des günstigeren Sprits wird mit einem Andrang an den Tankstellen gerechnet. Dadurch könnte es in "Einzelfällen" aber zu Engpässen kommen. Experten des TIV raten daher, schon vor Einführung des Tankrabatts den Tank zu füllen. Ab dem Wochenende soll sich die Situation aber wieder gebessert haben, so der ADAC.
Damit es nach dem Ende der steuerlichen Vergünstigungen nicht in einer Katastrophe endet, müsse die Politik etwas tun, sonst drohen "Lieferengpässe durch ein Massensterben in unserer Branche, was die Versorgung in Deutschland akut gefährden würde", sagte der Chef des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) bei "Bild". Wenn die Ölkonzerne das nicht machen, muss das Bundeskartellamt darauf schauen, fordern Experten.
Christian Lindner: Finanzministerium will die Steuersenkung an Bürger:innen weitergeben
Aus dem Finanzministerium hieß es, erst ab dem 1. Juni könnten die Tankstellen Kraftstoffe, die mit dem gesenkten Steuersatz besteuert wurden, beziehen. Die Preisgestaltung für an der Tankstelle verkaufte Kraftstoffe obliege jedoch ungeachtet der energiesteuerlichen Belastung dem Betreiber. Die Steuersenkung solle vollständig an die Endverbraucher weitergegeben werden. "Wir lassen die Menschen nicht allein, die auf das Auto angewiesen sind. Vom hohen Spritpreis sollte der Staat nicht noch profitieren." Dass der "Tankrabatt" bei den Menschen ankomme, das sei nun "Aufgabe von Kartellamt und Co.", schrieb Christian Lindner bei Twitter.
Wir lassen die Menschen nicht allein, die auf das Auto angewiesen sind. Vom hohen Spritpreis sollte der Staat nicht noch profitieren. Dass der #Tankrabatt bei den Menschen ankommt, das ist nun Aufgabe von Kartellamt und Co! CL https://t.co/dmU8pc6vxA
— Christian Lindner (@c_lindner) May 30, 2022
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bos/loc/news.de/dpa
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