Nach dem Massaker in Butscha will der Westen weitere Sanktionen gegen Russland beschließen. Auch über einen Gas- und Öl-Stopp wird weiter diskutiert. Nur Deutschland entschließt sich bislang nicht dazu. Diese Maßnahmen können dem Kreml drohen.
Nach den schockierenden Gräueltaten in der ukrainischen Stadt Butscha hat der Westen härtere Sanktionen gegen Russland gefordert. die Europäische Union arbeitet an neuen Strafmaßnahmen. Die Ampelkoalition ist bislang nicht bereit dazu. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und die britische Außenministerin Liz Truss forderten bereits neue Schritte einzuleiten. Gespalten ist die Gemeinschaft allerdings noch, ob sie einen drastischen Schritt wie einen sofortigen Stop der Gas-Importe aus Russland gehen soll. Die Bundesregierung hält sich noch zurück, aber hat bereits einen drastischen Schritt beschlossen.
Nach Massaker in Butscha: Bundesregierung will härtere Sanktionen gegen Putin beschließen
Am Sonntag hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) betont weitere Sanktionen gegen Russland auf den Weg zu bringen. "Wir werden im Kreis der Verbündeten in den nächsten Tagen weitere Maßnahmen beschließen", sagte er, ohne sich dazu näher zu äußern. Am Montag folgte in Berlin eine erste scharfe diplomatische Maßnahme. Man habe entschieden, "eine erhebliche Zahl von Angehörigen der russischen Botschaft zu unerwünschten Personen zu erklären", teilte Außenministerin Annalena Baerbock mit. Werden Diplomaten zu unerwünschten Personen erklärt, kommt dies einer Ausweisung gleich. Mit Blick auf die Bilder aus Butcha sprach sie von einem "Vernichtungswillen, der über alle Grenzen hinweggeht".
Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte: "Wir haben 40 Personen ausgewählt, die wir den russischen Nachrichtendiensten zurechnen." Es gehe darum, Deutschland gegen russische Spionage, Versuche der Einflussnahme, Lügen und Kriegspropaganda zu schützen. Auch Frankreich entschied, zahlreiche russische Mitarbeiter mit Diplomaten-Status des Landes zu verweisen. Nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP sind 35 Personen betroffen.
Spione rauswerfen und Waffenlieferungen an Ukraine! Kommt auch ein Gas- und Öl-Stopp?
Die Bundesregierung werde weitere Reaktionen gemeinsam mit den Partnern Deutschlands auf den Weg bringen, betonte Baerbock. "Wir werden die bestehenden Sanktionen gegen Russland weiter verschärfen, wir werden unsere Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte entschieden ausbauen und auch die östliche Flanke der NATO stärken." Man prüfe außerdem die Lieferung weiterer Verteidigungssysteme an Kiew. Die Bundesregierung bleibt bislang bei ihrer Haltung, weiter Energie aus Russland zu beziehen - aus Sorge vor den Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft.
Ukraine-Krieg: EU plant weitere Sanktionen gegen Russland
Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis sagte unterdessen mit Blick auf weitere - und härtere - Maßnahmen gegen Russland: "Was die Europäische Kommission betrifft, ist nichts vom Tisch." Auch Italien zeigte sich bereit zu weitreichenden Maßnahmen gegen den Energiesektor Russlands, man werde gegen solche Sanktionen kein Veto einlegen, sagte Außenminister Luigi Di Maio. "Wir werden nicht diejenigen sein, die zu den Ländern gehören, die bei Kriegsverbrechen wegschauen und dann sagen, die wirtschaftlichen Interessen sind wichtiger." Österreichs Finanzminister Magnus Brunner äußerte sich skeptischer: Sanktionen seien nur sinnvoll, wenn sie einen selbst nicht mehr träfen als den zu Treffenden.
Ursula von der Leyen: Russsiche Besatzung für Gräueltaten im Ukraine-Krieg verantwortlich
Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell zeigte sich im Namen der Mitgliedsstaaten bestürzt: "Die erschreckenden Bilder von zahlreichen zivilen Todesopfern und Verletzten sowie die Zerstörung ziviler Infrastruktur zeigen das wahre Gesicht des brutalen Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine und ihr Volk", heißt es in der Erklärung. "Die Massaker in der Stadt Butscha und anderen ukrainischen Städten werden in die Liste der Gräueltaten aufgenommen werden, die auf europäischem Boden verübt wurden."
Borrell machte zudem deutlich, dass aus Sicht der EU die russischen Behörden für die während der Besatzung verübten Grausamkeiten verantwortlich sind. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte an, Ermittlungsteams in die Ukraine zu schicken, um die mutmaßlichen Kriegsverbrechen aufzuklären. Die EU-Justizbehörde Eurojust und die Strafverfolgungsbehörde Europol seien zu Unterstützung bereit, eine gemeinsame Ermittlungsgruppe solle Beweise sammeln und Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit aufklären. "Diese entsetzlichen Bilder dürfen und werden nicht folgenlos bleiben", sagte von der Leyen.
Folgen Sie News.de schon bei Facebook und YouTube? Hier finden Sie brandheiße News, aktuelle Videos, tolle Gewinnspiele und den direkten Draht zur Redaktion.
bos/bua/news.de/dpa