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Ukraine-Krieg im News-Ticker: Biden fordert Kriegsverbrecher-Prozess gegen Putin nach Butscha-Massaker

Nach dem Rückzug russischer Truppen aus der Region um Kiew werden schreckliche Verbrechen bekannt. Präsident Selenskyj befürchtet gar Schlimmeres in anderen, noch von Russen besetzten Landesteilen. Alle aktuellen Entwicklungen im Ukraine-Krieg erfahren Sie hier im News-Ticker.

In der ukrainischen Stadt Butscha bietet sich nach dem Rückzug der russischen Armee ein Bild des Grauens. (Foto) Suche
In der ukrainischen Stadt Butscha bietet sich nach dem Rückzug der russischen Armee ein Bild des Grauens. Bild: picture alliance/dpa/AP | Rodrigo Abd

Nach dem Bekanntwerden von Hunderten zivilen Opfern im Kiewer Vorort Butscha hat die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft Untersuchungen angekündigt. "Das ist eine Hölle, die dokumentiert werden muss, damit die Unmenschen, die sie geschaffen haben, bestraft werden", schrieb die ukrainische Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa auf Facebook. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj geht von noch Schlimmerem aus.

Ukraine-Krieg, Tag 40 im News-Ticker - Alle aktuellen Geschehnisse am 04.04.2022 im Überblick

+++ Pentagon: Großteil der russischen Truppen um Kiew abgezogen +++

Russlands Militär hat nach Einschätzung der US-Regierung etwa zwei Drittel seiner Truppen rund um Kiew abgezogen. Die übrigen Soldaten seien weiter vor der ukrainischen Hauptstadt in Stellung gebracht, sagte ein hoher Pentagon-Vertreter am Montag. Es sei offen, ob und wann diese ebenfalls Richtung Norden abziehen würden. "Wir gehen weiterhin davon aus, dass die Truppen umgerüstet, mit Nachschub versorgt und vielleicht sogar mit zusätzlichen Kräften verstärkt werden, um dann in die Ukraine zurückgeschickt zu werden", sagte der Regierungsvertreter weiter. Die US-Regierung vermutet, dass sie in den Donbass im Osten der Ukraine geschickt werden.

Die Gräueltaten in der ukrainischen Stadt Butscha seien "widerlich" und "abscheulich", sagte der Vertreter weiter. "Wir haben schon vorher gesagt, dass die Russen bei dieser Invasion brutal vorgehen würden, und das haben sie auch bewiesen." Die US-Regierung gehe davon aus, dass Russland in der Ukraine Kriegsverbrechen begehe. Was man nun in Butscha sehe, bestärke diese Befürchtung, hieß es.

+++ Biden: Putin sollte Prozess wegen Kriegsverbrechen gemacht werden +++

Nach den Gräueltaten in der ukrainischen Stadt Butscha hat US-Präsident Joe Biden gefordert, den russischen Staatschef Wladimir Putin wegen Kriegsverbrechen vor Gericht zu stellen. "Er sollte zur Rechenschaft gezogen werden", sagte Biden am Montag im Garten des Weißen Hauses. "Dieser Kerl ist brutal. Es ist abscheulich, was in Butscha passiert, und alle haben es gesehen", sagte Biden. Es handle sich um ein Kriegsverbrechen. Untersuchungen müssten nun "alle Details" dokumentieren, "damit es einen Prozess wegen Kriegsverbrechen geben kann", sagte Biden.

Der Präsident erklärte zudem, die USA würden ihre Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffskriegs in der Ukraine weiter verschärfen. "Ich werde weiter Sanktionen hinzufügen", sagte Biden. Zudem würden die USA die Ukraine auch weiter mit Waffen für den Kampf gegen die russischen Angreifer versorgen, sagte er.

+++ Ukraine verzeichnet weitere Artillerieangriffe auf Charkiw +++

Der ukrainische Generalstab verzeichnet weiter russische Artillerieangriffe auf die belagerte Großstadt Charkiw in der Ostukraine. Auch bestehe die Wahrscheinlichkeit von Luft- und Raketenangriffen auf zivile Ziele in Charkiw, teilte der Generalstab in Kiew in einem Bericht am Montag mit. Zudem habe Russland die Luftabwehr für seine Truppen in der Region und für die Stadt Belgorod auf russischer Seite der Grenze verstärkt. In Belgorod war vergangene Woche ein Tanklager in Flammen aufgegangen, russische Quellen sprachen von Beschuss durch zwei ukrainische Helikopter.

Der ukrainische Generalstab beobachtete nach eigenen Angaben die Bewegungen russischer Truppen, die aus dem Umland der ukrainischen Hauptstadt Kiew nach Belarus im Norden abgezogen worden seien. Von dort würden die Einheiten weiter in Richtung Russland transportiert, hieß es. Ziel sei mutmaßlich, die Truppen dann in Kämpfen in der Ostukraine wieder einzusetzen. Die Angaben des ukrainischen Militärs zum Kriegsgeschehen waren zunächst nicht unabhängig überprüfbar.

+++ Selenskyj besucht zerstörte Stadt Butscha - und spricht von "Genozid" +++

Nach Bekanntwerden eines Massakers an Zivilisten ist der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in die zerstörte Stadt Butscha gereist. In Butscha seien Kriegsverbrechen begangen worden, sagte Selenskyj am Montag vor Journalisten in der kleinen Stadt rund 25 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Kiew. "Die Welt wird das als Genozid anerkennen." Selenskyj trat in dunkelgrünem Pullover und einer Militärweste in Tarnmuster auf und machte sich in Begleitung von bewaffneten Sicherheitskräften ein Bild von den Zerstörungen.

Die Frage eines Reporters, ob es nun immer noch möglich sei, mit Russland über Frieden zu verhandeln, bejahte der ukrainische Staatschef: "Die Ukraine muss Frieden bekommen", sagte er. Zugleich betonte er, ein baldiger Verhandlungserfolg sei in Russlands Interesse: "Je länger die Russische Föderation den Gesprächsprozess verzögert, desto schlimmer wird es für sie."

Bilder von Einwohnern der kleinen Stadt bei Kiew, deren Leichen nach dem Abzug russischer Truppen auf den Straßen lagen, lösen seit dem Wochenende weltweit Entsetzen aus. Die ukrainische Seite macht russische Soldaten für die Verbrechen verantwortlich. Selenskyj hatte bereits am Sonntag von "Völkermord" gesprochen. Moskau hingegen streitet die Schuld für den Tod der Zivilisten vehement ab.

+++ Kreml zu Butscha: "Weisen alle Anschuldigungen kategorisch zurück"

Nach dem Fund Dutzender Leichen in dem ukrainischen Ort Butscha hat der Kreml Vorwürfe gegen russische Truppen vehement zurückgewiesen. "Wir weisen alle Anschuldigungen kategorisch zurück", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag der Agentur Interfax zufolge. Zugleich warnte er internationale Politiker vor voreiligen Schuldzuweisungen. Es müssten alle Seiten gehört werden.

Bilder von Einwohnern der kleinen Stadt bei Kiew, deren Leichen nach dem Abzug russischer Truppen auf den Straßen lagen, lösen seit dem Wochenende weltweit Entsetzen aus. Die ukrainische Seite macht russische Soldaten für die Verbrechen verantwortlich.

Peskow sagte, der Fall müsse auf höchster Ebene im UN-Sicherheitsrat besprochen werden. Er kritisierte, dass eine entsprechende Initiative blockiert worden sei. Zugleich stellte Peskow weiterhin die Echtheit der zahlreichen Aufnahmen der toten Zivilisten infrage.

Die Bilder stammen teils von internationalen Pressefotografen, die anders als der Kremlsprecher direkt vor Ort waren. Dennoch meinte Peskow: "Nach dem, was wir gesehen haben, ist dem Videomaterial in vielerlei Hinsicht nicht zu trauen, weil unsere Spezialisten aus dem Verteidigungsministerium dort Hinweise auf Videofälschungen und andere Fakes festgestellt haben."

+++ Ukrainischer Verteidigungsminister droht mit Vergeltung für Butscha +++

Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow hat der russischen Armee ein Massaker an Zivilisten in dem ukrainischen Ort Butscha vorgeworfen und mit Vergeltung gedroht. "So etwas Böses darf nicht ungestraft bleiben", sagte er am Montag in Kiew. "Unsere Aufklärung identifiziert systematisch alle Eindringlinge und Mörder. Alle! Jeder wird zu seiner Zeit bekommen, was er "verdient" hat", hieß es in der auf Facebook veröffentlichten Mitteilung.

Die Bilder aus dem Kiewer Vorort mit Leichen auf den Straßen sorgen seit Sonntag international für Empörung. Resnikow machte die russischen Einheiten verantwortlich, die den Ort wochenlang besetzt gehalten hatten. Er verglich ihr Vorgehen mit dem der nationalsozialistischen Schutzstaffel (SS) in der Ukraine im Zweiten Weltkrieg. Er zog auch eine Parallele zum Bürgerkrieg in Jugoslawien: In Butscha seien mehr Menschen getötet worden als in Vukovar. 1991 waren in der kroatischen Stadt Vukovar mehr als 350 Zivilisten und Kriegsgefangene von serbischen Kräften und der jugoslawischen Armee ermordet worden.

In Butscha seien bislang etwa 340 Leichen gefunden worden, berichtete die "Ukrajinska Prawda" unter Berufung auf örtliche Bestattungsunternehmen. Russland streitet Gräueltaten gegen die dortige Zivilbevölkerung ab und spricht von ukrainischen Fälschungen.

Der Verteidigungsminister lobte Generalstabschef Walerij Saluschnyj und alle Offiziere und Soldaten, die dazu beigetragen hätten, den Gegner aus dem Umland von Kiew zu vertreiben. In den östlichen Gebieten Charkiw, Luhansk und Donezk werde weiter heftig gekämpft.

+++ Ausweisung russischer Diplomaten: "alle Optionen" auf dem Tisch +++ 

Die Bundesregierung prüft ein Vorgehen gegen russische Diplomaten, die der Geheimdienstarbeit verdächtigt werden. "Ganz klar ist natürlich: Alle Optionen sind auf dem Tisch", sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes am Montag in Berlin zu einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung". Sie habe aber "heute noch keinen neuen Stand zu berichten". Es sei nicht zweckmäßig, vorher ausführlich Stellung zu nehmen, falls solche Maßnahmen geplant seien. Die Zeitung hatte berichtet, die Bundesregierung erwäge, eine "signifikant hohe Zahl" russischer Diplomaten auszuweisen.

Einen solchen Schritt haben europäische Partner bereits unternommen. So hat Belgien in der vergangenen Woche wegen des Vorwurfs der Spionage 21 russische Diplomaten ausgewiesen. Sie seien an "Spionage und Operationen zur Einflussnahme beteiligt, die die nationale Sicherheit bedrohen", hatte Außenministerin Sophie Wilmès auf Twitter mitgeteilt.

Ebenfalls am Dienstag vergangener Woche hatte die niederländische Außenministerin mitgeteilt, 17 russische Diplomaten wegen des Vorwurfs der Spionage auszuweisen. Auch Tschechien hatte einen russischen Diplomaten des Landes verwiesen. Zur Begründung hatte das Außenministerium in Prag mitgeteilt, man verringere gemeinsam mit den Verbündeten die russische Geheimdienstpräsenz in der Europäischen Union.

+++ Russische Justiz eröffnet Verfahren zu "Falschmeldungen" aus Butscha +++

Russlands Ermittlungskomitee hat ein Verfahren wegen der Verbreitung von angeblichen Falschmeldungen zu Morden an Zivilisten in der ukrainischen Kleinstadt Butscha eingeleitet. Russlands Chefermittler Alexander Bastrykin habe die Behörde angewiesen, die "Provokation vonseiten der Ukraine" strafrechtlich zu bewerten, teilte das Ermittlungskomitee auf seinem Telegram-Kanal am Montag mit. Russland bestreitet, dass sein Militär Zivilisten in Butscha in der Nähe von Kiew getötet und die Leichen auf den Straßen hinterlassen habe.

Ermittelt wird nicht wegen des international verurteilten Verbrechens, sondern wegen der Veröffentlichung entsprechender Nachrichten. Eine Diffamierung der russischen Armee ist strafbar in dem Land. Anfang März hatte die russische Staatsduma ein umstrittenes Gesetz verabschiedet, dass "Falschnachrichten" über Handlungen des russischen Militärs im Ausland unter Strafe stellt.

Die Bilder aus der Vorortgemeinde der ukrainischen Hauptstadt, wo nach dem Abzug russischer Truppen zahlreiche Leichen von Bewohnern auf den Straßen gefunden worden waren, hatten weltweit Entsetzen ausgelöst. Die Ukraine macht für das Massaker russische Truppen verantwortlich, die die Stadt bis vor kurzem besetzt hatten. Nach russischen Angaben handelt es sich bei den Meldungen um "eine gezielte Diskreditierung" der russischen Streitkräfte. Das Verteidigungsministerium in Moskau hatte am Sonntag von einer "Inszenierung" gesprochen.

Moskau hat zudem wegen der Vorfälle die Einberufung einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats gefordert. Der stellvertretende russische UN-Botschafter Dmitri Poljanski kündigte an, dabei "die ukrainischen Provokateure und ihre Schutzpatrone im Westen zu entlarven".

+++ Bundesregierung warnt vor russischer "Desinformationskampagne" +++

Die Bundesregierung hat in Deutschland lebende Menschen mit russischen Wurzeln aufgefordert, sich vernünftig über den Krieg in der Ukraine zu informieren. "Die Bundesregierung bittet die russischsprachigen Menschen in Deutschland, sich umfassend in den verschiedenen nationalen und internationalen Medien zu informieren", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner, am Montag in Berlin. "Niemand sollte der Desinformationskampagne der russischen Staatsmedien mit ihren zynischen und verharmlosenden Darstellungen Glauben schenken", fügte er hinzu.

Etwa 900 Menschen hatten am Sonntag in Berlin an einem Autokorso mit russischen Fahnen teilgenommen. Der Umzug mit mehreren hundert Fahrzeugen wurde als Veranstaltung mit dem Titel "Keine Propaganda in der Schule - Schutz für russischsprechende Leute, keine Diskriminierung" angemeldet, wie die Berliner Polizei mitteilte. Dem Bundesinnenministerium sei es wichtig, "dass dieser Krieg nicht in unsere Gesellschaft hineingetragen werden darf", sagte der Sprecher des Ministeriums, Maximilian Kall.

+++ Russische Truppen beschießen Stützpunkte der ukrainischen Armee +++

Russische Truppen haben nach Angaben aus Moskau in der Nacht auf Montag weitere Kommandopunkte, Munitions- und Treibstofflager der ukrainischen Armee beschossen. Dabei seien auch zwei Abschussvorrichtungen von Flugabwehrsystemen des Typs Buk zerstört worden, sagte Generalmajor Igor Konaschenkow. Eines der Systeme stand demnach in Werchnjotorezke im ostukrainischen Gebiet Donezk.

Die russische Luftabwehr habe außerdem sechs ukrainische Drohnen abgeschossen. Konaschenkow nannte dazu Orte im Süden der Ukraine wie Mykolajiw und Cherson. Auf dem Flugplatz Balowne bei Mykolajiw seien drei ukrainische Hubschrauber getroffen worden. Die Angaben waren zunächst nicht unabhängig überprüfbar.

+++ Ukrainischer Botschafter kritisiert Berlin wegen Autokorsos +++

Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk hat der Berliner Landesregierung wegen eines pro-russischen Autokorsos aus mehreren hundert Fahrzeugen schwere Vorwürfe gemacht. Auf Twitter wandte sich Melnyk am Montag an die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD): "Um Himmels willen, wie konnten SIE diese Auto-Corso der Schande mitten in Berlin zulassen? Und zwar am Tag, als die russischen Massaker an ukrainischen Zivilitsten in Butscha ans Licht kamen?" Die Autos waren am Sonntag mit russischen Fahnen durch die Hauptstadt gefahren.

Der Korso war als Veranstaltung mit dem Titel "Keine Propaganda in der Schule - Schutz für russischsprechende Leute, keine Diskriminierung" angemeldet. Melnyk kritisierte in diesem Zusammenhang auch die Polizei. Nach dem Rückzug russischer Truppen aus dem Gebiet rund um die ukrainische Hauptstadt Kiew hatten am Sonntag Fotos von getöteten Menschen in der zurückeroberten Stadt Butscha für Entsetzen gesorgt.

+++ Merkel rechtfertigt Entscheidung gegen Nato-Aufnahme der Ukraine +++

Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich trotz massiver Kritik des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hinter die Entscheidung gestellt, die Ukraine 2008 nicht in die Nato aufzunehmen. "Bundeskanzlerin a.D. Dr. Angela Merkel steht zu ihren Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Nato-Gipfel 2008 in Bukarest", teilte eine Sprecherin Merkels am Montag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Berlin mit. Zugleich unterstützte die Ex-Kanzlerin die internationalen Bemühungen, den russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu beenden.

"Angesichts der in Butscha und anderen Orten der Ukraine sichtbar werdenden Gräueltaten finden alle Anstrengungen der Bundesregierung und der internationalen Staatengemeinschaft, der Ukraine zur Seite zu stehen und der Barbarei und dem Krieg Russlands gegen die Ukraine ein Ende zu bereiten, die volle Unterstützung der Bundeskanzlerin a.D.", erklärte die Sprecherin.

Selenskyj hatte Merkel zuvor zu einer Reise nach Butscha aufgefordert, wo in den vergangenen Tagen nach dem Abzug russischer Truppen mehr als 300 Todesopfer gefunden wurden. In dem Kiewer Vorort könne sich Merkel - ebenso wie Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy - ein Bild ihrer gescheiterten Russland-Politik machen. Beim Gipfel 2008 hatten die Nato-Staaten der Ukraine eine Aufnahme in Aussicht gestellt, dann aber aus Rücksicht auf Russland einen Rückzieher gemacht. Merkel und Sarkozy blockten Forderungen anderer Nato-Partner nach einem raschen Beitritt ab.

Selenskyj sagte nun: "Ich lade Frau Merkel und Herrn Sarkozy ein, Butscha zu besuchen und zu sehen, wozu die Politik der Zugeständnisse an Russland in 14 Jahren geführt hat. Sie werden die gefolterten Ukrainer und Ukrainerinnen mit eigenen Augen sehen." Die Bilder aus Butscha sorgen international für Entsetzen. Die Ukraine macht für das Massaker russische Truppen verantwortlich. Moskau bestreitet das.

+++ Bundesregierung lehnt Energie-Lieferstopp aus Russland weiter ab +++

Die Bundesregierung lehnt einen Stopp russischer Energielieferungen weiterhin ab. Ein sofortiges Embargo mit einem Stopp von Gaslieferungen würde die deutsche Wirtschaft deutlich mehr schädigen als dies Putins Wirtschaft schade, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Oliver Krischer (Grüne), am Montag bei einem Online-Pressetermin der nordrhein-westfälischen Grünen.

"Aber wir werden nach den Bildern des Wochenendes noch mal überprüfen, wie wir schneller mit weiteren Maßnahmen unsere Abhängigkeit reduzieren können und dadurch, dass wir es Putin nicht mehr abkaufen, quasi ein Embargo de facto durch Nichtkauf und Nichtverbrauch mit konkreten Einspar- und Ersatz- und Diversifizierungsmaßnahmen voranbringen." Es werde im Moment diskutiert, "welche Maßnahmen wir da noch gemeinsam auch europäisch ergreifen", um am Ende auch Putin dazu zu zwingen oder einen entscheidenden Beitrag zu leisten, "dass er von seinem Tun ablässt", so Krischer weiter.

+++ Ukrainische Medien: Bislang 340 Leichen in Butscha geborgen +++

Nach dem Massaker in der Stadt Butscha bei Kiew sind ukrainischen Medienberichten zufolge deutlich mehr als 300 Leichen von Zivilisten geborgen worden. Bis Sonntagabend seien bereits 330 bis 340 leblose Körper eingesammelt worden, schrieb die Zeitung "Ukrajinska Prawda" am Montag unter Berufung auf einen Bestattungsdienst. Am Montag wurde die Suche nach weiteren Opfern fortgesetzt. Einige Leichen seien in Hinterhöfen vergraben, hieß es.

Die Bilder aus der Vorortgemeinde der Hauptstadt, wo nach dem Abzug russischer Truppen zahlreiche Leichen von Bewohnern auf den Straßen gefunden worden waren, haben international für Entsetzen gesorgt. Die Ukraine macht für das Massaker russische Truppen verantwortlich, die die Stadt bis vor kurzem besetzt hatten. Moskau bestreitet das. Die russische Botschaft in Berlin sprach beispielsweise von einer "Inszenierung des Kiewer Regimes für westliche Medien".

Am Sonntag hatte die ukrainische Seite bereits vom Fund eines Massengrabes mit etwa 280 Toten berichtet, die während der russischen Angriffe nicht würdig hätten bestattet werden können. Die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft kündigte eine Obduktion der Leichen an, um das Verbrechen aufzuklären. Auch internationale Ermittler sollen eingeschaltet werden. Insgesamt sollen im Kiewer Gebiet bislang die Körper von mehr als 400 toten Zivilisten geborgen worden sein.

+++ Ukrainische Hafenstadt Odessa meldet weiteren Raketenangriff +++

Russische Truppen haben die südukrainische Hafenstadt Odessa nach Angaben der Regionalverwaltung in der Nacht zum Montag erneut mit Raketen angegriffen. Dies teilte die Behörde auf Facebook mit. Einzelheiten sollten später bekannt gegeben werden. Von russischer Seite gab es zunächst keine Bestätigung.

Die Millionenstadt am Schwarzen Meer war bereits am Wochenende mit Raketen angegriffen worden. Aus dem Verteidigungsministerium in Moskau hieß es dazu, von Schiffen und Flugzeugen aus seien eine Ölraffinerie und drei Treibstofflager in der Nähe der Stadt beschossen worden.

+++ Verkehrsverbindung zwischen Kiew und Tschernihiw wiederhergestellt +++

Der Transport von Hilfsgütern zwischen der nordukrainischen Stadt Tschernihiw und der Hauptstadt Kiew soll von diesem Montag an wieder möglich sein. Ab 10 Uhr werde die Route entlang der Autobahn in beide Richtungen wieder aufgenommen, schrieb Verwaltungschef Wjatscheslaw Tschaus in der Nacht zu Montag auf Telegram. Demnach gibt es eine Gewichtsbegrenzung von fünf Tonnen. Außerdem werde stellenweise mit Staus gerechnet.

Russische Truppen hatten die Stadt Tschernihiw dicht an der Grenze zu Russland und Belarus seit längerem eingekesselt. Von dort aus führt eine strategisch wichtige Straße 125 Kilometer nach Süden in die Hauptstadt Kiew.

+++ Nach Butscha-Massaker: Selenskyj befürchtet weitere Verbrechen +++

Präsident Selenskyj befürchtet, dass sich noch "schrecklichere Dinge auftun könnten" als das, was bisher über die Verbrechen in Butscha bekannt geworden ist. Andere Regionen des Landes stünden noch unter russischer Kontrolle. Dort könnten "noch mehr Tote und Misshandlungen" bekannt werden, sagte Selenskyj. Der Präsident schaltete sich zudem per Video zur Verleihung der US-Musikpreise Grammys und bat um Unterstützung für sein Land. "Unterstützt uns auf jegliche Art und Weise, die euch möglich ist", sagte er bei der live im US-Fernsehen übertragenen Veranstaltung.

Die Bilder aus der kleinen Stadt Butscha, wo nach dem Abzug russischer Truppen zahlreiche Leichen von Bewohnern auf den Straßen gefunden worden waren, sorgten international für Entsetzen. Die Ukraine macht für das Massaker russische Truppen verantwortlich, die die Stadt bis vor kurzem besetzt hatten. Moskau bestreitet das.

Selenskyj lud die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel zu einer Reise nach Butscha ein. Merkel könne sich dort - ebenso wie der ehemalige französische Präsident Nicolas Sarkozy - ein Bild von ihrer gescheiterten Russland-Politik der vergangenen Jahre machen, sagte Selenskyj in einer Videobotschaft.

+++ Generalstaatsanwaltschaft: Leichen werden obduziert +++

Seit Freitag wurden nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft bereits 140 der bisher 410 geborgenen Leichen aus der Region Kiew obduziert. Außerdem nahmen demnach mehr als 50 Mitarbeiter von Staatsanwaltschaft und der Nationalen Polizei erste Ermittlungen zu den Verbrechen im Gebiet Butscha auf. Auch in anderen Regionen soll es Untersuchungen geben.

+++ Kriegsverbrecher-Tribunal gefordert +++

Nach den Kriegsgräueln in Butscha fordert die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Nicola Beer, ein "Sonderkriegsverbrecher-Tribunal ähnlich wie bei den Jugoslawien-Kriegen" gegen die Verantwortlichen. "Für uns alle ist die Monstrosität dieser Taten unbegreiflich", sagte die FDP-Politikerin bei Bild-TV. "Das sind schwerste Verbrechen gegen die Menschlichkeit, das sind Kriegsverbrechen."

Polens Präsident Andrzej Duda twitterte zu den Verbrechen in Butscha: "Kriminelle müssen als Kriminelle bezeichnet, vor Gericht gestellt und verurteilt werden." Die Bilder aus der Stadt widerlegten die Annahme, "dass wir um jeden Preis einen Kompromiss suchen müssen." Er forderte "Waffen, Waffen und noch mehr Waffen" für die Ukraine.

"Angriffe auf unschuldige Zivilisten und zivile Infrastruktur sind Kriegsverbrechen", twitterte der australische Regierungschef Scott Morrison am Montag. "Russland muss und wird für die Aktionen seiner Streitkräfte zur Rechenschaft gezogen werden."

+++ Tote und Verletzte in Charkiw +++

In der ostukrainischen Millionenstadt Charkiw wurden nach ukrainischen Angaben 34 Menschen durch russischen Beschuss verletzt. Mindestens sieben Menschen seien getötet worden, schrieb die Staatsanwaltschaft der Region auf Telegram. Unter den Verletzten waren demnach drei Kinder.

In der westukrainischen Stadt Ternopil soll es einen Luftangriff gegeben haben. Die nordukrainische Stadt Tschernihiw ist nach Angaben des dortigen Bürgermeisters inzwischen zu 70 Prozent zerstört.

Russland bestätigte derweil mehrere Luftangriffe auf Militäreinrichtungen und Treibstofflager in Regionen Kiew und Mykolajiw. Unweit von Kiew sei in Wassylkiw ein Kontrollzentrum der Luftwaffenbasis zerstört worden, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums in Moskau, Igor Konaschenkow.

+++ Ukraine: Russische Truppen ziehen sich aus Region Sumy zurück +++

Russische Truppen sollen damit begonnen haben, sich aus der ostukrainischen Region Sumy zurückzuziehen. Es sei aber noch zu früh, um von einer Befreiung der Region zu sprechen, sagte der Chef der Gebietsverwaltung von Sumy, Dmytro Schywyzkyj, der Agentur Unian zufolge in der Nacht zu Montag in einer Videobotschaft.

+++ London: Mariupol Schlüsselziel der russischen Invasion +++

Die ukrainische Hafenstadt Mariupol ist nach Ansicht der britischen Militäraufklärung "höchstwahrscheinlich" ein Schlüsselziel der russischen Invasion in die Ukraine. Mit der Einnahme der weiterhin schwer umkämpften Stadt könnte eine direkte Landverbindung zwischen Russland und der besetzten Halbinsel Krim hergestellt werden, verlautete in der Nacht zum Montag aus einem Update des britischen Verteidigungsministeriums unter Berufung auf Geheimdienstinformationen.

Russlands bisher einzige Verbindung vom Festland zur Halbinsel ist eine Brücke über die Meerenge von Kertsch. Mariupol bleibe weiterhin Ziel "intensiver und wahlloser" Angriffe.

+++ Tausenden gelingt Flucht aus umkämpften Städten +++

Mehr als 2.600 Menschen wurden nach ukrainischen Angaben am Sonntag aus besonders umkämpften ukrainischen Städten in Sicherheit gebracht. Von den 2.694 Menschen seien fast 1.500 aus der Region Luhansk gerettet worden, sagte die ukrainische Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk nach Angaben der Zeitung "Ukrajinska Prawda".

+++ Generalstab: Verlegung russischer Truppen nach Belgorod +++

Der ukrainische Generalstab erwartet verstärkte Angriffe auf Donezk und das Dorf Tawrytscheske im Osten des Landes. Er teilte in der Nacht zu Montag außerdem mit, dass Russland einzelne Einheiten aus Belarus nach Russland verlege.

+++ Wirtschaftsminister Habeck kündigt zügige weitere Sanktionen an +++

Weitere Sanktionen der EU gegen Russland werden nach den Worten von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck noch in dieser Woche kommen. Das dann fünfte Sanktionspaket könne Maßnahmen umfassen «in der ganzen Bandbreite von persönlichen Sanktionen gegen weitere Menschen aus dem Putin-Regime über technische Güter; den Finanzmarkt werden wir uns auch noch einmal anschauen», sagte er im ZDF.

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/news.de/dpa

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